Protokoll der Sitzung vom 14.01.2010

Ich habe in einer Kleinen Anfrage gelesen – das ist möglicherweise ein exemplarisches Beispiel –, wie landeseigene Wohnungsbaugesellschaften bei Neuvermietungen verfahren. Es gibt eine Drucksache 12797, das war der Kollege Dr. Lederer, der hatte gefragt nach der GESOBAU und Neuvermietungen in Pankow. Es ging um Wohnungen am Bürgerpark. Ich zitiere die Antwort des Senats zu der Frage 10:

Bei der Vermietung der oben angeführten hochwertig sanierten und modernisierten Objekte in Pankow werden Haushalte mit mittlerem und höherem Einkommen als Zielgruppe angesprochen. Auch für Haushalte mit geringem Einkommen bietet die GESOBAU AG im Pankower Gebiet

wo ist das? –

Wohnraum mit entsprechenden Mietpreisen an.

Wir alle sprechen darüber: Segregation heißt, dass Arm und Reich getrennt werden, dass Menschen aus bestimmten Lagen verdrängt werden. Das sollten die Wohnungsbaugesellschaften, die in Landeseigentum sind, gerade nicht tun. Aber in diesem Fall wird deutlich, dass die GESOBAU ganz klar Wohnungen für Bessergestellte macht und die anderen auf andere Ortsteile verweist, möglicherweise mit einem schwierigen sozialen Niveau. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen, nämlich Mischung der Bevölkerung. Alle sozialen Schichten sollen die Chance haben, in einem Ortsteil zu leben.

[Beifall bei den Grünen]

Dieser Antrag soll die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften verpflichten. Jetzt haben wir gehört, der Regierende Bürgermeister hat auch das zur Chefsache gemacht. Ich halte mich da aber lieber an Frau Junge-Reyer, die ist auch anwesend. Wir möchten Sie auffordern mit diesem Antrag: Greifen Sie ein, und steuern Sie die landeseigenen Gesellschaften so, wie wir das wollen! Die sollen eine soziale Funktion haben, die sollen vorbildlich sein im Klimaschutz, und die sollen das alles machen bei wirtschaftlich verantwortlichem Umgang mit dem Landesvermögen. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege Otto! – Das Wort für die SPDFraktion hat Dr. Arndt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Stadtpolitik ist Sache der SPD.

[Gelächter bei den Grünen]

Wir wollen Weltoffenheit, Liberalität sowie Zusammenhalt und wirtschaftliche Entwicklung in dieser Stadt bewahren und weiterentwickeln. Die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft, sozialer Lage und Lebensorientierung ist nicht nur eine soziale Frage und Aufgabe der Stadt, sondern dient dem Stadtfrieden. Dies gilt vor allem da, wo Identitäten und der Zusammenhalt der Menschen aufgrund ungezügelter Globalisierungsprozesse bedroht sind. Eine Wohnungspolitik – da spreche ich einmal die FDP an –, die auf dem Prinzip einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft beruht, hat nichts, aber auch gar nichts mit einer Politik zu tun, die allein auf die Kräfte des Marktes setzt. Aufgabe einer marktwirtschaftlichen Wohnungspolitik ist vor allem, der wirtschaftlichen Spekulation in allen Bereichen des Lebens, damit auch bei der Spekulation mit Wohnraum, entgegenzusteuern. Dafür haben wir starke Wohnungsbaugesellschaften in unserer Stadt. Dies hat Herr Otto eben noch einmal dankenswerterweise begründet. Eine Stadt, wo bestimmte Bereiche einer erhöhten Spekulation ausgesetzt sind, das sind momentan die Innenbereiche, da hat die Politik nicht wegzuschauen, da hat sie hinzugucken und behutsame Maßnahmen einzuleiten. Und das auch sicherlich mithilfe dieser städtischen Gesellschaften. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften erwirtschaften eine Stadtrendite, die nicht nur ökonomische Faktoren berücksichtigt, sie übernehmen gesellschaftliche Verantwortung für das Wohnumfeld und die Quartiersentwicklung und können die verschiedenen Akteure in einen Kiez konstruktiv einbinden. Wir wollen dieses Engagement und diese Möglichkeiten in städtischer Hand behalten und aktiv fortführen.

[Beifall von Dr. Fritz Felgentreu (SPD) und Frank Jahnke (SPD)]

Dieses Abgeordnetenhaus und der Senat haben sich bereits – und da sind wir bei Ihrem Antrag – dafür eingesetzt und auch umgesetzt, dass sich die landeseigenen Wohnungsunternehmen auch vor dem Hintergrund ihrer Vorbildfunktion für die sonstige Wohnungswirtschaft bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ausschließlich an den Berliner Mietspiegel zu halten haben. Da haben wir aufgrund von Fehlentwicklungen bei der WBM vorgenommen. Das haben Sie gut in Erinnerung.

2008 und 2009 – da kommen wir zum Komplex Wohnungsmieten, Neumieten – vorgenommene Untersuchungen zeigen, dass bei Neuvermietungen zwischen dem Mietspiegeldurchschnitt und den neu vermieteten Wohnungen eine Differenz von maximal fünf Prozent besteht. Aber in der Tat, es gibt Bezirke, in denen Bestands- und Neuvertragsmieten stärker auseinanderfallen als in anderen. Der Bezirk mit der größten Differenz ist Friedrichshain-Kreuzberg. Daher sicherlich auch Ihr Interesse! Anderswo ist diese Differenz wesentlich geringer. Trotzdem – und das gilt auch für Friedrichshain-Kreuzberg – gibt es in jedem Bezirk auch bei den Neuvertragsmieten günstige Mieten. Vor diesem Hintergrund sollte eine differenzierte räumliche Neumietenpolitik angedacht werden. Hier sind – und das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns – Zielvereinbarungen mit den städtischen

Gesellschaften sicherlich ein geeigneteres Instrument. Generelle Regelungen für die Berliner Wohnungswirtschaft schwächen und stärken nicht die städtischen Unternehmen, sondern auch die Berliner Wohnungswirtschaft in Gänze.

Die SPD wird sich im Rahmen der Diskussion Ihres Antrags über den Stand der Verhandlungen mit der städtischen Wohnungswirtschaft berichten lassen. Das ist die Aufgabe der nächsten Wochen. Am Mittwoch werden wir vielleicht noch nicht dazu kommen.

[Gelächter bei der CDU]

Aber ich gehe davon aus, dass wir und 14 Tage später oder in der darauffolgenden Sitzung mit dieser Thematik auseinandersetzen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Klatschen bei der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo!]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dr. Heide.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst mal danke ich dem Kollegen Arndt für seine offenen und auch klaren Worte. Sein Ziel ist es, sich berichten zu lassen. Ich finde, das ist bei einem solchen Thema, wo Sie vorher die Wichtigkeit betont haben, etwas wenig. Ich erwarte von einer Regierungsfraktion, dass sie sich nicht nur berichten lässt, sondern sich selber Gedanken macht, dass sie selber mal ein Konzept entwickelt und nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starrt und auf den Senat wartet, von dem wir wissen, dass er bereits seit zehn Jahren auf diesem Gebiet gar nichts macht und das Thema der Mietpreisentwicklung in dieser Stadt mehr oder minder den Marktkräften überlassen hat.

[Beifall bei der CDU und den Grünen – Zuruf von Klaus-Peter von Lüdeke (FDP)]

Nun haben wir auf der einen Seite auch festgestellt, dass es in vielen Bereichen hinsichtlich der Mietsteigerungen Raten sind, die unterhalb der Inflationsrate liegen, und dass die Mieten nach wir vor in Berlin noch relativ günstig sind. Das entbindet uns aber nicht davon, uns irgendwann mal die Frage zu stellen, was eigentlich die Aufgabe der städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist. Ist es auf der einen Seite so, wie der Finanzsenator es sieht, einen möglichst großen Obolus an den Landeshaushalt abzuliefern, oder ist es, so wie wir als Miet- und Sozialpolitiker es eigentlich sehen müssten, die Aufgabe, möglichst preiswerten Wohnraum für große Teile der Bevölkerung sicherzustellen? Dieses Gesamtkonzept, die Frage, wie man diesen Widerspruch auflöst, das ist ein Gesamtkonzept, auf das wir seit Jahren warten, das wir als CDU vielfach angemahnt haben, aber vom Senat nicht gekommen ist.

Was wir vom Senat sehen, das sind widersprüchliche Handlungen, die auf der einen Seite die Betriebskosten und damit die Warmmiete steigern. Ich darf hier nur an das Thema der Grundsteuererhöhungen erinnern, die relativ maßlos sind. Ich darf an das Thema erinnern, dass Berlin die höchsten Wasserpreise aller deutschen Millionenstädte hat. Alles dieses sind Dinge, die genauso auf die Mieten Einfluss nehmen wie das Straßenausbaubeitragsgesetz, der Wegfall der Anschlussförderung und andere Dinge. Das heißt, wir haben auf der einen Seite den Senat, der hier dabei ist, zu einer Steigerung der Mieten beizutragen, und auf der anderen Seite einige Anträge eingebracht hat, wie die vorzeitige Ablösung der entsprechenden Aufwendungsdarlehen, die angeblich mietsenkend sein sollen, wo aber die genaue Wirkung und die genauen Kosten noch im Dunkeln sind.

Gleiches gilt im Übrigen auch für den Antrag, den wir hier haben. Mich würde mal interessieren, Herr Otto, wie viel Prozent der städtischen Wohnungen es denn überhaupt sind, die sich über Mietspiegel vermieten lassen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Genau!]

Ich befürchte, nachdem wir die Gesellschaften, die Bestände in guten Gegenden haben, weitestgehend veräußert haben, wird sich dieses auf eine geringe Anzahl beschränken. Und dann muss man sich auch angucken, an wen da eigentlich vermietet wird, wie hoch die Kosten im Verhältnis zu der Umgebung sind und wie hoch die Relevanz dieser Wohnungen für den Mietspiegel überhaupt ist.

Die zweite Frage, die man sich stellen muss, ist: Welchen Einfluss hat eine solche Wohnung, wo ich administrativ die Neuvermietung reguliert habe, überhaupt auf die Bewertung des Mietspiegels? Kann ich sie überhaupt für die Neubewertung oder Neufestsetzung der Mieten noch mit einziehen, oder kann ich dieses nicht machen? Das sind Dinge, die aus meiner Sicht entsprechend geklärt werden müssen.

Dann sollten wir eines nicht vergessen: Ich habe nichts davon, wenn ich eine Wohnung günstiger vermiete und zum Schluss, ich sage mal, das Steuerberaterehepaar oder das Anwaltsehepaar, das es momentan hip und trendy findet, in den Prenzlauer Berg zu ziehen, dort einziehen und eventuell noch, wie wir es aus alten Berliner Zeiten kennen, für einen alten Küchenschrank noch 15 000 Euro an irgendjemand bezahlen, damit sie diese Wohnung bekommen. Das ist bei städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit Sicherheit nicht das Problem. Aber wir müssen dann noch aufpassen, dass diese Wohnungen an die Bedürftigen vermietet werden, die in ihrem angestammten Kiez größeren Wohnraum suchen, weil sie Kinder bekommen usw.

Insofern mahne ich noch einmal ausdrücklich dieses Gesamtkonzept an, Herr Arndt! Wir haben die Anträge zum Thema Mietpreishöhe dreimal vertagt, weil die Koalition nicht aussagefähig ist. Ich hoffe ja, dass wir am Mittwoch dazu kommen, dass wir endlich dort entsprechende Ent

scheidungen fällen, weil diese Entscheidungen überfällig sind. Ich glaube in der Tat auch, dass man sich bestimmte Dinge überlegen muss, auch die Frage: Ist eine Zielvereinbarung mit den Gesellschaften u. U. besser als eine Bundesratsinitiative? Ich glaube, dass dort die Erfolgschance wesentlich höher ist, als wenn ich hier lange erst über den Bund gehe, wo in großen Teilbereichen der Bundesrepublik völlig andere Voraussetzungen sind als in Berlin.

Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen: Wichtig ist, dass wir uns um dieses Thema kümmern, dass wir selber Initiativen entwickeln und uns nicht nur berichten lassen und dass wir dann irgendwann zu einer Regelung mit Augenmaß kommen, die es auf der anderen Seite auch ermöglicht, dass eine Quersubventionierung innerhalb der Bestände der landeseigenen Gesellschaften stattfindet, denn wie wir wissen: Es gibt noch viel zu tun, es gibt viel zu sanieren. Und wenn wir auf der anderen Seite gute Bestände haben wollen, dann müssen die Gesellschaften auch die Mittel haben, um diese Sanierung vorzunehmen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Heide! – Das Wort für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Doering.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Otto, zu Ihrem Antrag, zu dem Sie auch gesprochen hatten: Bundesratsinitiative Mietpreisbegrenzung. Sie haben auf einer Abstimmung bestanden, und das Ergebnis war natürlich, dass wir abgelehnt haben.

[Zuruf von den Grünen: Ach!]

Ja, ich sagen Ihnen auch warum. Ich stelle die Frage wieder: Was nützt es, wenn das Bundesland Berlin als einziges Bundesland im Bundesrat eine Initiative zur Mietpreisbegrenzung einbringt, wenn wir nicht sichergestellt haben, dass andere Bundesländer dort mitziehen? Da komme ich zu meiner Spezialfrage: Wie sieht es da mit Hamburg – Grün – und Bremen – Grün – aus?

[Zuruf von Ralf Hillenberg (SPD)]

Fragen Sie doch mal die CDU, wie es da mit BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern aussieht!

[Zuruf von Andreas Gram (CDU)]

Und dann können Sie sich die Erfolgschance einer solchen Initiative ausrechnen. Genau darüber wollten wir mit Ihnen diskutieren: Wann macht eine solche Initiative Sinn? Wann können wir mit Erfolgsaussichten rechnen?

[Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Zu Ihrem vorliegenden Antrag: Natürlich – – Ja, darüber müssen Sie doch mal nachdenken, Herr Esser, ein bisschen mal nachdenken, nicht nur Populismus!

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Kommen wir mal zu Ihrem vorliegenden Antrag! Persönlich teile ich Ihre Ansinnen und Überlegungen, die zu Ihrem Antrag geführt haben. Natürlich teilen wir auch die Auffassung, dass die städtischen Wohnungsbaugesellschaften für breite Bevölkerungsschichten preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellen sollen. Das sieht ja die CDU auch so. Ich habe aber eben in der Debatte bemerkt, Herr Otto, dass wir uns mal über die Frage unterhalten müssen, wie wir „breite Bevölkerungsschichten“ definieren. Nur die, die wenig Einkommen haben? Oder sprechen wir auch die an, die normales und mittleres Einkommen haben? Warum denn nicht? Warum sollen die denn nicht in städtischen Wohnungsbaugesellschaften wohnen, um auch dort das soziale Gefüge zu stabilisieren? – Und natürlich haben wir auch über die Frage diskutiert: Wie gehen wir mit dem Thema „Neuvermietungsmieten bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften“ um? Das liegt auf der Hand – das haben Sie auch gesagt –, weil das eines der wenigen Instrumente der Landespolitik ist, um in den Mietenmarkt regulierend einzugreifen.

Genau aus diesem Grund – das hat Herr Arndt schon gesagt – hat Rot-Rot vor zwei Jahren, im November 2007, einen Antrag eingebracht, der den Senat auffordert, bei den Wohnungsbaugesellschaften dafür Sorge zu tragen, dass der Mietspiegel eingehalten wird. Und Herr Otto hat – genau wie ich – eine Kleine Anfrage zu der Mietenentwicklung in den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften gestellt. Und die Antwort ist bei beiden: Die Wohnungsbaugesellschaften halten sich bei den Durchschnittsmieten durchaus im Rahmen des Mietspiegels und gehen nicht darüber hinaus. Das sollte man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

Jetzt zu dem Thema Neuvermietungsproblematik. In der Antragsbegründung, die Sie, Herr Otto, selber geschrieben haben, heißt es:

Auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nutzen lageabhängig sich bietende Erhöhungsspielräume aus.

Da bin ich bei der Frage, die auch von der CDU gekommen ist: Wo und wie geschieht dies konkret? Genau das müssten wir im Ausschuss diskutieren und uns darstellen lassen. Ihre eigene Formulierung sagt ja, dass dies nicht generell und nicht überall geschieht.

Dann gibt es noch die Frage: Wie entwickeln sich die Mieten, und was sind die Ursachen für Mieterhöhungen, auch gerade bei kommunalen Wohnungsbausgesellschaften? Nicht immer ist die Gewinnorientierung die Triebkraft, die Mietpreise steigen lässt. Denn wir selber als Politiker haben eine gewisse Erwartungshaltung an unsere eigenen Landeswohnungsbaugesellschaften. Wir erwarten zu Recht die Sanierung und vor allen Dingen die energetische Sanierung von Wohnungen und Häusern. Wir erwar