Protokoll der Sitzung vom 14.01.2010

Dann gibt es noch die Frage: Wie entwickeln sich die Mieten, und was sind die Ursachen für Mieterhöhungen, auch gerade bei kommunalen Wohnungsbausgesellschaften? Nicht immer ist die Gewinnorientierung die Triebkraft, die Mietpreise steigen lässt. Denn wir selber als Politiker haben eine gewisse Erwartungshaltung an unsere eigenen Landeswohnungsbaugesellschaften. Wir erwarten zu Recht die Sanierung und vor allen Dingen die energetische Sanierung von Wohnungen und Häusern. Wir erwar

ten von den kommunalen Wohnungsbausgesellschaften den altersgerechten Ausbau von Wohnungen. Wir erwarten von den Wohnungsbausgesellschaften, dass sie im sozialen Wohnungsbau die Mieten deckeln. Wir erwarten von den Wohnungsbausgesellschaften – das hat Herr Arndt auch schon angesprochen – eine Wohnumfeldverbesserung, die zur strukturellen Stabilisierung in den Wohngebieten beiragen soll. Spätestens hier, Herr Otto, muss man sich die Frage stellen, wie dies die kommunalen Wohnungsbausgesellschaften stemmen sollen. Das alles kostet Geld.

Und wie sieht die Gegenrechnung aus? Wo kommen denn die Einnahmen der Wohnungsbausgesellschaften her? – In der Regel über die Miete. Da staune ich, Herr Esser, dass in Ihrer Fraktion dieser Antrag so durchgegangen ist, ohne offensichtlich diese Frage zu klären und zu diskutieren. Wie können wir unsere Wohnungsbausgesellschaften in die betriebswirtschaftliche Lage versetzen, um all die Anforderungen, die wir an sie stellen, zu erfüllen und trotzdem günstigen Wohnräume für breite Bevölkerungsschichten zur Verfügung zu stellen? Diese Frage müssen wir uns stellen.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Herr Esser! Damit habe ich Sie getroffen. Genau das haben Sie versäumt zu diskutieren. Genau diese Frage – da bin ich auch bei Herrn Heide – müssen wir im Ausschuss diskutieren und klären. Wir müssen mit den Wohnungsbausgesellschaften diskutieren, wie sie auf der einen Seite die Anforderungen, die wir an sie haben, erbringen und trotzdem preisgünstigen Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten zur Verfügung stellen können. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für eine Kurzintervention hat der Kollege Otto von den Grünen.

Sehr geehrter Herr Kollege Doering! Es ist in Ordnung, dass auch Sie wirtschaftlich denken. Das finde ich gut. Und dass alles auch seinen Preis hat, ist richtig. Das muss man wissen. Das gilt auch für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Aber wir fragen uns natürlich – und diese Frage ist angebracht und zulässig: Wozu haben wir diese Unternehmen, welche Funktion erfüllen sie, und wie steuert man das eigentlich?

[Beifall bei den Grünen]

Sie haben gefragt: Was sind breite Schichten der Bevölkerung? – Das ist erst einmal ein ziemlich breiter Begriff – das sind möglicherweise alle. Das sind die mit ganz wenig Einkommen, das sind die mit einem mittleren Einkommen, und das sind die mit ganz viel Einkommen. Das sind alle. Darüber kann man sich relativ schnell einigen.

Aber – und jetzt kommt die soziale Frage: Wie macht man das eigentlich? Weiß das überhaupt jemand? Ich habe auch den Senat gefragt: Wer wohnt denn eigentlich bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften? Wissen Sie das? Und da hat man mir geantwortet: Nein, das wissen wir nicht. Das sind ja breite Schichten. – So stellen wir uns das nicht vor! Ich möchte, und da lassen Sie mich dieses GESOBAU-Beispiel noch einmal bemühen, dass auch eine Hartz-IV-Familie in Pankow am Bürgerpark eine Wohnung finden kann. Jawohl! Und dies ist ein berichtigtes Ansinnen.

[Beifall bei den Grünen]

Darum geht es! Wir wollen mit diesem Antrag die Diskussion anstoßen.

Sie haben noch einmal auf die Bundesratsinitiativen abgehoben. Ich habe sie erwähnt. Ich habe begründet, dass wir jetzt auf die lokale Ebene wollen, weil das mit der Bundesebene leider an Ihnen gescheitert ist. Sie können das hier noch fünfmal diskutieren. Wir wollen mit diesem Antrag auf die lokale Ebene. Lassen Sie sich doch mal auf dieses Thema ein! – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen]

Zur Erwiderung Herr Abgeordneter Doering!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesratsinitiative haben Sie angesprochen, nicht ich. Sie waren derjenige, der darauf unbedingt noch verweisen musste. Aber gut, lassen wir das.

Noch einmal zu der Frage der Wohnungsbaugesellschaften. Erstens: Natürlich bin ich bei Ihnen, dass auch in Pankow Menschen mit geringem Einkommen, auch Hartz-IV-Empfangende, wohnen können und sollen. Die Vermutung – aufgrund der Kleinen Anfrage – aber, dass das zum Beispiel bei der GESOBAU so nicht gewünscht sei, und die Rückkopplung, dass habe etwas mit den Neuvermietungsmieten zu tun, ist eine Schlussfolgerung, die Sie nicht belegen können. Deswegen sage ich, wir müssen darüber diskutieren.

Ich bin auch bei Ihnen, dass wir bei einer solchen Debatte – übrigens für alle landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften – natürlich eine gewisse Transparenz brauchen. Ich möchte gern nachvollziehen, wie sich die Mietpreise bei den kommunalen Wohnungsunternehmen aufbauen und wie sie zu der Höhe kommen, bei der sie jetzt sind. Wir werden uns sicher auch wundern, wie hoch der Mietanteil der Maßnahmen ist, die wir von den Wohnungsbaugesellschaften verlangen.

[Ralf Hillenberg (SPD): Energetische Sanierung zum Beispiel!]

Das war nur meine Ansage. Wir gucken uns allein mal Buch an. Da wird jetzt energetisch saniert, eine Sache, die wir zusammen auch gefordert haben. Und wir sehen jetzt die ersten Bürger auf der Straße, die Angst vor Mieterhöhungen haben – berechtigte Angst. Darüber möchte ich auch gern mit Ihnen diskutieren, dass wir auf der einen Seite Anforderungen stellen, die Geld Kosten, und irgendwo müssen sich die Kosten dann niederschlagen und die Beträge dafür eingebracht werden. Darüber müssen wir diskutieren.

Natürlich vermieten Wohnungsbaugesellschaften in Größenordnungen – das haben wir im Ausschuss gehört – an Hartz-IV-Empfangende, bestimmte Wohnungsbaugesellschaften bis zu 20 Prozent. Die spannende Frage ist – da bin ich bei Ihnen –, wie viele von diesen Neuvermietungen in der Innenstadt sind und wie viele in den Außenbezirken. Das möchte ich gern auch anhand dieses Antrags diskutieren. Vielleicht kommen wir dann aufgrund dieser Debatte zu einem gemeinsamen Beschluss. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Weingartner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Grüne! Sehr geehrter Herr Otto! Sie stellen hier einen Antrag, der sich mit der Miethöhe in Berlin beschäftigt. Das ist per se in Ordnung. Allerdings betrachten Sie – wie Sie uns mitgeteilt haben – die Wohnungspolitik ausschließlich aus der sozialen Perspektive und offensichtlich überhaupt gar nicht aus der wirtschaftlichen Perspektive.

Wenn man zwischen den Zeilen Ihres Antrags liest, hat man durchaus den Eindruck, dass dort stehen könnte: Wir möchten gern potenzielle Mieter im öffentlichen Wohnungsbau und öffentliche Wohnungsanbietern, die den Antrag lesen, motivieren, Wähler der Grünen zu werden. Welche Mittel wollen Sie dafür ansetzen, wollen Sie dafür eingesetzt sehen? Sie wollen weiter im Wohnungsmarkt in Berlin regulieren. Sie wollen damit den freien Wohnungsmarkt und auch das allgemeine Bundesmietrecht irgendwie aushebeln. Dafür möchten Sie gern Sonderpflichten für die öffentlichen Wohnungsanbieter implementieren. Sie sollen sozusagen Zuckerstückchen bei der Neuvermietung an Interessierte verteilen müssen, wenn sie bei ihnen mieten, dass sie günstigere Mieten bekommen können, als der Markt in der üblichen Größe darstellt. Das sehen wir als ein gewisses Hineinpfuschen in die Geschäftsführung aller öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, was wir als Liberale nicht mittragen können und mittragen wollen.

[Beifall bei der FDP]

Sie wollen politische Entscheidungen gelten lassen, zulasten von Marktmechanismen im gesetzlichen Rahmen. Die Konsequenz davon: Es ergeben sich Marktverzerrungen zulasten der nichtöffentlichen Wohnungsanbieter, der privaten Anbieter also, hinter denen kein Senat, kein Staat steht, der eventuelle Verluste ausgleichen kann.

Sie wollen aber im gleichen Zuge – das wurde schon mehrfach angesprochen – die Investitionsfähigkeit im öffentlichen Wohnungsbereich belasten. Wo kein Geld ist, kann man schlecht investieren, es sei denn, man bekommt das Geld woanders her. Fazit: Begrenzungen sind ein Instrument, das man eher in einer DDR vermuten würde als in einer sozialen Marktwirtschaft. Das lehnen wir ab.

[Beifall bei der FDP]

Einschränkungen bei der finanziellen Beweglichkeit der betroffenen öffentlichen Unternehmen, nämlich der Wohnungsbaugesellschaften, lehnen wir ebenfalls ab. Die Unterminierung der Glaubwürdigkeit des Mietspiegels würde damit gefördert, denn je mehr politisch begrenzte Mieten in den Mietspiegel einfließen, desto mehr entfernt sich ein jetzt anerkannter Mietspiegel vom Spiegel der Mieten in Berlin. Darüber hinaus zieht so etwas den Landeshaushalt in Mitleidenschaft. Sie wollen Flexibilisierungsmechanismen im Markt zugunsten von statischen Vorgaben beseitigen.

Wir halten den Antrag für unvorteilhaft für die meisten Mietwohnungssuchenden und die betroffenen Anbieter. Er behindert die Entwicklungsmöglichkeiten der Immobilien und das Wirken von Marktmechanismen. Auf der anderen Seite fordern Sie bessere energetische Sanierungen im Wohnungsbestand trotz sinkender Mieteinnahmen. Sie wollen uns die Möglichkeit der Quadratur des Kreises vorgaukeln. Das nehmen wir Ihnen nicht ab und können dem Antrag deshalb nicht zustimmen.

[Beifall bei der FDP]

Lassen Sie uns doch über die Reduzierung der sogenannten zweiten Miete reden, nämlich der Nebenkosten. Da muss man ansetzen, um Sanierungspotenziale zu generieren, die die Mieter am Ende nicht mehr belasten, aber entsprechende Ausstattungen ermöglichen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/2900 an den Ausschuss für Bauen und Wohnen, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Wir kommen jetzt zur gemeinsamen Priorität der Fraktionen der SPD und der Linken, zur

lfd. Nr. 4 b:

a) II. Lesung

Ende der Klassengesellschaft: Lernmittelfreiheit für alle Schülerinnen und Schüler – Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Berlin

Beschlussempfehlungen BildJugFam und Haupt Drs 16/2821 Antrag der CDU Drs 16/2456

b) Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Einführung der integrierten Sekundarschule

Beschlussempfehlungen BildJugFam und Haupt Drs 16/2912 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/2624

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU vor, Drucksache 16/2624-1, sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der Grünen, Drucksache 16/2624-2.

c) Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften

Beschlussempfehlungen BildJugFam und Haupt Drs 16/2913 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/2739

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU vor, Drucksache 16/2739-1.

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, jeweils die Einzelberatung der zwei Artikel der Drucksache 16/2456, der zwei Artikel der Drucksache 16/2624 sowie die neun Artikel der Drucksache 16/2739 miteinander zu verbinden. Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also die Überschrift, die Einleitung sowie die jeweiligen Artikel der genannten Drucksachen. Für den Senat hat zunächst Senator Dr. Zöllner das Wort. – Bitte schön!