Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

berufsbegleitende Erzieher/-innenausbildung für Assistenten, die bereits in Kitas arbeiten,

Möglichkeiten für den Seiteneinstieg in den Erzieher/innenberuf schaffen, aus anderen pädagogischen Berufen mit einem möglichst unbürokratischen Anerkennungsverfahren nach klar bestimmten Kriterien sowie aus anderen, z. B. Handwerksberufen. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt und eine Nichtschülerprüfung absolviert werden. Näheres hierzu befindet sich bereits auf der Webseite der Senatsverwaltung für Bildung und Wissenschaft.

In diesem Zusammenhang soll übrigens zugleich auch der Anteil von Pädagogen und Pädagoginnen mit Migrationshintergrund erhöht werden. Außerdem sollen als weitere Maßnahme Kriterien erstellt werden, nach denen BA- und MA-Absolventen und Absolventinnen eine Erzieher/-innen-Anerkennung erhalten können. Dies ist schon ein ziemlich komplexes Maßnahmenpaket. Darüber hinaus halten wir es für sinnvoll, Möglichkeiten für die Qualifizierung von Seiteneinsteigern über die Bundesagentur für Arbeit zu erschließen.

Selbstverständlich gehört auch die Entfristung von Arbeitsverträgen und von befristet aufgestockten Teilzeitverträgen in ein solches Maßnahmepaket, um das vorhandene Potenzial auszuschöpfen.

Es ist richtig, dass auch jetzt ein Teil der Erzieher/-innen nur befristet beschäftigt ist und sich die Befristung nicht einmal am Schuljahr orientierte. Der Druck am Jahresende war groß, und erst relativ spät konnte die Senatsbildungsverwaltung die Verträge von ca. 120 in den Schulen befristet beschäftigten Erziehern und Erzieherinnen bis

zum 31. August 2010 verlängern und ebenso ca. 90 befristete Stundenaufstockungen. Erzieher/-innen in diesem Umfang werden sicherlich auch über das laufende Schuljahr hinaus benötigt. Deshalb ist auch für mich hier eine Entfristung nötig.

Generell auf befristete Arbeitsverträge zu verzichten, wie es der CDU-Antrag beinhaltet, ist sicher nicht sinnvoll und eher realitätsfern. Sicher wird es auch künftig eine Möglichkeit befristeter Einstellungen geben müssen, um angesichts der Haushaltslagen mit Schwankungen in den Schüler/-innenzahlen flexibel umgehen zu können. Notwendig ist allerdings dreierlei: Angesichts des sich klar abzeichnen Mehrbedarfs an Erziehern und Erzieherinnen in Kitas und Schulen ist eine Erhöhung der personellen Mittel erforderlich, was Auswirkungen auf die Zahl unbefristeter Arbeitsverträge haben sollte. Zum anderen sollte für befristete Einstellungen eine Option für Entfristung unter klar definierten Kriterien enthalten sein. Und drittens muss das Land angesichts der absehbaren Leere auf dem Erzieher/-innenmarkt ein Interesse daran haben, Fachkräfte vertraglich an das Land Berlin zu binden und dies auch in der eigenen Einstellungspraxis berücksichtigen.

Mangelhaftes Personalmanagement, mangelndes Personalplanungsvermögen, all das kennen wir doch hier in dieser so schönen Stadt. Das ist nichts Neues – leider! Seit Jahren wissen wir: Es fehlt das Personal an Schulen. Es fehlt an Lehrkräften, Erziehern und Sozialarbeitern. Und wir wissen schon lange: Lateinlehrer, Physiklehrerinnen, Musiklehrer und andere Fachlehrer sind Mangelware. Und was tut der Senat? – Zunächst erst einmal nichts.

Drei lange Jahre sind ins Land gezogen ohne Personalplanung. Junge gut Ausgebildete gingen nach Hamburg oder Baden-Württemberg. Neuerdings ist das Land Brandenburg natürlich die Attraktion – da muss man noch nicht einmal umziehen! Was macht diesen Umzug für die Jungen so attraktiv? Nun, es ist die Verbeamtung. Die lockt!

Es fehlt auch das Personal an den Kitas. Es werden 1 800 Stellen neu besetzt, aktuell fehlen 900 Stellen im Bereich der Erzieher, der Horte und der Schulen. Was nützt ein neues Kitagesetz, wenn die Basis, die Grundlage nicht zur Verfügung steht, nämlich das gut ausgebildete Personal? Das wird gebraucht, gut ausgebildetes Personal und genügend Personal. Ohne dies geht es nun mal nicht im Bildungsbereich. Genügend Personal ist notwendig, um die Startchancen unserer Kinder zu verbessern, die Eltern mit in das „Erziehungsboot“ zu nehmen, kurz und gut: den Kindern eine Basis zu vermitteln, damit sie gut gerüstet eingeschult werden können und den Schulbeginn und den Schulalltag besser als bisher schaffen.

Und nun ist die Situation in Berlin so, wie sie ist: 1 800 neue Stellen im Kitabereich, aktuell fehlen 900 Stellen in Kitas, Horten und Schulen. Ich will fair sein und den

Bedarf der 1 800 Erzieherinnen zunächst einmal außen vor lassen, denn dieser Bedarf hat sich erst durch den Druck der Initiatoren des Volksbegehrens gestellt.

Richten wir also den Blick zunächst nur auf die 900 fehlenden Stellen! Das ist das Ergebnis einer völlig verfehlten Personalpolitik in den letzten Jahren. Es ist wie immer hier in Berlin: Eine Planung findet nicht statt, auf Kooperationen und Gespräche mit den Fachhochschulen wird gepfiffen, der Beruf ist insbesondere für Männer nicht attraktiv in Anbetracht der geringen Vergütung, des persönlichen Fortkommens – also der beruflichen Perspektive.

Nun, der Senat sieht hier wohl auch ein Problem, und er wurde tätig: Ein neues Quereinsteigerprogramm wurde initiiert. Hopplahopp werden 100 Menschen zum Erzieher ausgebildet. 100 Personen – gebraucht werden 900! Nach Adam Riese fehlen also noch 800! Das mit den Quereinsteigern geht ja nun ganz schnell. Und diese Schnelligkeit lässt vermuten, dass das Konzept wieder einmal mit der heißen Nadel gestrickt wird. Nein, ich habe nichts gegen Quereinsteiger – ohne die wird es gar nicht gehen. Aber an erster Stelle muss doch ein valides Konzept stehen, bevor man loslegt. Die Frage nach der Ausbildung, wer macht sie, wo passiert sie, welche Verantwortung übernimmt der „Neue“? Gibt es Mentoren, welche Funktion übernimmt die Kitaleitung? Da sind viele Fragen, aber die werden ja gar nicht gestellt, denn dann müssten ja die Antworten auch geliefert werden – und das ist ja das Problem bei diesem Senat. Der Mangel an Erzieherinnen ist eklatant, der Lehrermangel nicht minder.

Was nützt ein neues Schulgesetz, wenn gut ausgebildetes Personal für den rhythmisierten Ganztagsbetrieb quantitativ nicht annähernd vorhanden ist? Was nützt ein neues Schulgesetz, wenn die Präsenzzeit für die Lehrkräfte immer noch nicht geregelt ist? Wir verabschieden Gesetze, ohne die Folgen zu berücksichtigen. Das ist fatal! Herr Senator, werden Sie endlich aktiv, erstellen Sie ein zukunftsfähiges Personaltableau! Denken Sie daran, dass Sie motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen brauchen, die auch eine persönliche Lebensplanung brauchen.

Es wird empfohlen, den Antrag Drucksache 16/2969 an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie zu überweisen, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Die lfd. Nrn. 27 und 28 stehen auf der Konsensliste. Die lfd. Nr. 29 war Priorität der Fraktion der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 4 a.

Wir kommen jetzt zur letzten Rederunde unter

lfd. Nr. 30:

Antrag

Nutzungsmöglichkeiten von Brandenburger Gefängnissen ernsthaft prüfen

Antrag der Grünen Drs 16/2973

Für die Beratung sind jeweils fünf Minuten vorgesehen. Das Wort für die Fraktion der Grünen hat Herr Behrendt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einer Frage an Sie, Frau von der Aue, beginnen: Wie würden Sie denn, wenn Sie noch Landesrechnungshofpräsidentin in Brandenburg wären, Ihr jetziges Verhalten bewerten?

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Da kommt der Brandenburger Justizminister Schöneburg, bietet an: Liebe Berliner! Wir haben große Überkapazitäten in unseren Haftanstalten, wir haben 655 Haftplätze frei, Ihr habt eine Überbelegung, Ihr habt ein Problem mit Altbaubeständen in Justizvollzugsanstalten. Lasst uns doch einmal ins Gespräch miteinander kommen, ob man da nicht zueinander kommen kann, sodass Ihr unsere Gefangenen bei uns unterbringt und damit womöglich auf einen eigenen Anstaltsneubau verzichten könnt!

Nun hat Ihr Staatssekretär uns gestern im Hauptausschuss damit überrascht, dass er gesagt hat, es gebe gar kein Angebot aus Brandenburg. Das stand zwar in vielen Zeitungen – nun mag es sein, dass die Zeitungen das alles falsch geschildert haben –, aber Sie selbst, Frau Senatorin, haben am 22. Januar eine Presseerklärung herausgegeben, die schon in der Überschrift lautet: Justizsenatorin von der Aue – wörtliches Zitat –: „Brandenburgs Angebot ist unredlich“. – Was stimmt denn nun? Gab es ein Angebot, das Sie als unredlich betrachten, oder stimmt das, was Ihr Staatssekretär im Hauptausschuss erzählt hat, dass es überhaupt kein Angebot gegeben habe? Eins kann ja nur stimmen. Und es wäre ganz schön, wenn Sie uns vielleicht einmal erklärten, was denn eigentlich in der Sache zutreffend ist.

[Beifall bei den Grünen]

Zur Verweigerung: Sie verweigern sich ja halsstarrig jeglichen Gesprächen mit Brandenburg. Man hat in der Brandenburger Presse lesen müssen, dass der dortige Justizminister Schöneburg auf Sie zugegangen sei und Sie da keine Gesprächsbereitschaft gezeigt hätten. Sie führen regelrecht wie eine Monstranz eine Entscheidung des Kammergerichts zur Unterbringung einer weiblichen Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Luckau vor sich her. Da hat das Kammergericht im September 2008 entschieden, dass die Unterbringung dieser Frau in Luckau rechtswidrig ist. Die Frage, die sich aber stellt, ist, ob aus diesem Beschluss eigentlich folgt, dass generell die Unterbringung von Berliner Gefangenen in Brandenburg unzulässig ist. Wenn dem so sei, frage ich Sie: Wie wollen Sie uns denn eigentlich erklären, dass Sie in Brandenburg eine

neue Haftanstalt bauen und dort die Berliner Gefangenen unterbringen wollen? Das wäre dann offenbar auch rechtswidrig, wenn dem so ist.

Das hat das Kammergericht aber nicht in der Sache entschieden, sondern es hat gesagt, im Einzelfall sei die Unterbringung deswegen unzulässig, weil diese Haftanstalt Luckau, die hinter dem Spreewald liegt, so weit von Berlin entfernt ist, dass hier die familiären Bindungen, die in diesem Fall besonders ausgeprägt waren, weil der Ehemann der Frau erkrankt war, es ihr nicht zumutbar machen, dass sie dort im Luckau im Spreewald untergebracht wird. Es gibt aber Anstalten in Brandenburg – und darauf bezieht sich das Angebot von Herrn Schöneburg –, die deutlich näher an der Stadt liegen als nun gerade diese. Ich erinnere an die Anstalten in Brandenburg an der Havel oder auch in Neuruppin. Da sollte man in ernsthafte Gespräche einsteigen.

Denn wir haben nicht nur diesen Beschluss des Kammergerichts, sondern wir haben auch den Beschluss des Landesverfassungsgerichts vom November 2009. Danach ist die Unterbringung in Haus 1 der Justizvollzugsanstalt Tegel verfassungswidrig, weil sie gegen die Menschenwürde verstößt. Da ist die Frage, Frau Senatorin: Wollen Sie eigentlich diese menschenwürdewidrigen Zustände duldend hinnehmen, bis irgendwann einmal Großbeeren – wir wissen alle, dass es da nicht vorangeht, das Kammergericht hat die Vergabe gestoppt – fertig ist? Dort in Tegel soll dann verfassungswidrig untergebracht werden? Das betrifft immerhin 258 Haftplätze in Tegel. Gestern waren dort 246 Gefangenen verfassungswidrig nach Beschluss unseres Landesverfassungsgerichts untergebracht. Darüber sollten Sie einmal ernsthaft nachdenken, wie Sie hier schleunigst Abhilfe schaffen, und nicht, wie Sie es bisher in Vorlagen für dieses Haus getan und darauf hingewiesen haben: Wir können leider gar nichts machen, wir müssen hoffen, dass irgendwann einmal Großbeeren fertig ist.

Sie sollten hier auf den Justizminister in Brandenburg zugehen. Sie sollten das ernsthaft ausloten, was er an Angeboten hat, beispielsweise die Übertragung einer gesamten Anstalt. Sie sollten mit ihm auch ausloten, wie viele Gefangene wir kurzfristig dort unterbringen können. Es gibt 655 freie Haftplätze in Brandenburg. Hier sollte man ins Gespräch miteinander eintreten und das ausloten und – ich wiederhole – hier die Häftlinge, die nach Beschlüssen des obersten Gerichts dieser Stadt verfassungswidrig und menschenwürdewidrig in Tegel untergebracht sind, möglichst schnell dort rechtmäßig unterbringen.

[Beifall bei den Grünen]

Es ist im Übrigen der Berliner Bevölkerung auch immer schwerer vermittelbar, weshalb hier 120 Millionen Euro ausgegeben werden sollen, immerhin Steuergelder, obwohl überall Einsparungen vorgenommen werden, um ein neues Gefängnis in Brandenburg zu bauen, während Gefängnisse in Brandenburg zu einem Drittel leerstehen. Das kann nun wirklich niemand verstehen. Es ist im Hinblick auf die angestrebte engere Zusammenarbeit mit Branden

burg besonders begründungsbedürftig. Kehren Sie ein, reden Sie mit dem Kollegen Schöneburg ernsthaft und lassen Sie uns hier die Probleme angehen! – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Herr Kollege Behrendt! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Kohlmeier.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen, lieber Kollege Behrendt, für diese großartige Rede und zweitens dafür, dass ich mich bei meiner Fraktion unbeliebt mache, weil die Kollegen meiner Fraktion ja glauben, ich hörte mich hier vorne selbst gerne reden.

[Andreas Otto (Grüne): Ach was?]

Angemeldet ist die Rederunde aber von Ihnen, lieber Kollege Behrendt. Sie sind davon leider nicht abgegangen. Deshalb zum Thema Gefangenentourismus, Problemlösung oder Schnapsidee.

Es ist wichtig, dass wir über das Angebot des Brandenburger Justizministers, Berliner Gefangene in Brandenburg unterzubringen, reden – keine Frage, das will auch keiner irgendwie wegdrücken. Es ist auch richtig, dass wir uns dann Gedanken darüber machen, welche Konsequenzen das hat, insbesondere – wie Sie gerne wollen – für Heidering. Aber so, wie Sie, lieber Kollege Behrendt, liebe Kollegen der Grünen, es sich vorstellen, geht es dann doch nicht.

[Heidi Kosche (Grüne): Wir hören!]

Ja, Sie können zuhören.

Erstens: Wir brauchen Heidering. Sie haben gerade die Urteile, die vom Landesverfassungsgericht zur menschunwürdigen Unterbringung ergangen sind, angesprochen. Wir haben in der Teilanstalt I der JVA Tegel Gefangene in 258 zu kleinen Hafträumen. Wir haben in Plötzensee ein Haus in der Lehrter Straße mit 104 Plätzen, das ebenfalls geschlossen werden muss, weil es noch aus dem 19. Jahrhundert ist. Und Sie, selbst Jurist, Herr Kollege Ratzmann selbst nicht da, Strafverteidiger, Sie alle sind dort vor Ort. Sie alle wissen, wie es dort aussieht, Sie wissen alle, dass wir die Gefangenen so nicht unterbringen wollen, wie sie dort untergebracht sind.

[Joachim Esser (Grüne): Hat er doch gerade alles selbst gesagt!]

Wir wollen die Doppelbelegung abschaffen. Die Erfahrung aus Siegburg kennen Sie alle. Wir brauchen diese 650 neuen Haftplätze in Heidering, um diese Zustände, die Sie eben selbst beschrieben haben, abzuschaffen.

[Beifall von Dr. Andreas Köhler (SPD)]

Ich habe heute mit dem Bund der Strafvollzugsbediensteten noch einmal telefoniert und nachgefragt, ob sich möglicherweise ein neuer Sachstand ergeben hat. Auch da wurde mir bestätigt, dass aus Berliner Sicht natürlich gefordert ist, dass die JVA in Heidering gebaut wird. Und die Meinung, die da bisher vorherrschte, steht auch zukünftig.

Zu dem Angebot des Brandenburger Kollegen Volkmar Schöneburg, ein relativ neuer Justizminister. Ich kenne ihn noch aus früheren Tagen an der Universität. Ich kenne ihn auch als Rechtsanwalt. Und da weiß ich, der ist eigentlich schlau genug, um zu wissen, dass, wenn er der „Märkischen Oderzeitung“ ein Interview gibt und sagt, Berliner Gefangene können eben mal nach Brandenburg, dass es so nicht funktioniert. Ich erwarte von dem Brandenburger Justizminister, dass er erstens die rechtlichen Urteile, die er lesen kann und die er auch versteht, umsetzt und zur Kenntnis nimmt. Ich erwarte zweitens von dem Brandenburger Justizminister, dass er dann, wenn er so einen Vorschlag öffentlich in der Presse äußert, sich gegebenenfalls einmal an die Justizsenatorin wendet.

[Benedikt Lux (Grüne): Ist die beleidigt, oder was?]