In diese Richtung geht auch die hier zu diskutierende Vorlage. Gesetzesänderungen bei einem innovativen Gesetz sind nicht neu. Straßenausbaubeitragsgesetze und deren Rechtsprechungen stehen überall in der Bundesrepublik auf der Tagesordnung. Wir machen Präzisierung, und das wird noch nicht die letzte sein. In diese Richtung geht die hier zu diskutierende Vorlage. Die grundsätzliche Idee der Gesetzesänderung des Straßenausbaubeitragsgesetzes ist, zukünftig bestimmte Teilstrecken abschnittsweise abrechnen zu können. Das ist insbesondere bei langen Straßenverläufen – wie sie in Berlin üblich sind – sinnvoll und gerechter.
Deutlich wird das am Beispiel des Kurfürstendamms und des Tauentziens. Nach der gegenwärtigen Rechtslage müssten bei einer Baumaßnahme in Höhe Halensee, die unter das Straßenausbaubeitragsgesetz fällt, auch die Eigentümer in unmittelbarer Nähe des KaDeWe zur Mitfinanzierung der Maßnahme herangezogen werden. Das ist aus Sicht der Koalition und vor allem der SPDFraktion ungerecht. Wir wollen daher ein Mehr an Gerechtigkeit bei der Anwendung des Straßenausbaubeitragsgesetzes und dessen Abrechnung durchsetzen.
Dieses Ansinnen, Herr Czaja, teilt auch der Rat der Bürgermeister. Der Rat der Bürgermeister präferiert jedoch noch zwei weitere Änderungen. Die wichtigste Änderung ist die Ausdehnung der Abschnitte. Der Rat der Bürgermeister will 300 Meter anstatt 200 Metern. In diesem Zusammenhang sollen auch die Kriterien der Begrenzung
Die SPD-Fraktion und Koalition, Herr Doering, hat es schon angekündigt, zu den Vorschlägen des Rats der Bürgermeister noch keine abschließende Meinung gebildet und wird das intensiv erörtern. Es gibt gute, aber auch negative Argumente für die Position des Rats der Bürgermeister. Ich schlage deshalb vor, die vorliegende Gesetzesänderung im Ausschuss sorgfältig zu beraten. Hierzu sollte auch eine Anhörung vorgenommen werden. Unser Ziel ist es, dieses innovative, moderne Gesetz zweckmäßiger und gerichtsfester zu machen. Die Akzeptanz des Straßenausbaubeitragsgesetzes wird sich insgesamt sicherlich erhöhen. Das Ergebnis wäre für die Berliner Straßenlandschaft und damit auch für unsere Stadt gut. – Viele Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Arndt! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Schneider das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wir sprechen heute über die Zweite Änderung des Straßenausbaubeitragsgesetzes. Diese wurde hier im Parlament zum Anlass genommen, das Gesetz grundsätzlich erneut in Frage zu stellen. Wir möchten klarstellen: Die Grünen unterstützen grundsätzlich das Gesetz, denn es führt dazu, dass beim Ausbau von Straßen mehr Maß gehalten wird – sowohl was den Umfang als auch was die Kosten angeht. So können wir auch Steuern sparen und in weniger großem Umfang immer breiter, immer mehr, immer schöner Straßen ausbauen – viele Jahre lang ist ja auch die Bauwirtschaft gut mit Aufträgen durch den sehr großzügigen Ausbau von Straßen rein durch Steuermittel versorgt worden.
Heute besprechen wir die Änderung, die vorsieht, die Stückelung in Teilstrecken bis auf ein Maß von 200 Metern zuzulassen. Der Rat der Bürgermeister hat sich dagegen gestellt; er unterstützt zwar grundsätzlich das Zulassen von Teilstrecken, schlägt aber vor, dies auf 300 Meter zu erweitern, damit nicht allzu kleine Strecken von bereits 66 Metern voll umlagefähig sind, bei denen man doch eher von einer Reparatur sprechen könnte oder müsste.
Auch wir sind dafür, diese Frage mit dem Rat der Bürgermeister und dem Bauausschuss intensiv zu besprechen, denn die Bezirksbürgermeister und Baustadträte müssen das vor Ort in den Bezirken mit den Bürgern und Anwohnern durchkämpfen.
Wir finden es nicht gut, dass immer wieder Anhörungen umfangreicher Art durchgeführt werden, dann aber der Senat die wichtigen eingebrachten Bemerkungen der Basis einfach abwiegelt und für nichtig erklärt.
Einen weiteren Punkt möchte ich noch ansprechen, der auch zu Unmut und Nervosität bei den Bürgern führt. Es gibt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts BerlinBrandenburg aus dem Jahr 2007 – also nach Einführung des Straßenausbaubeitragsgesetzes –, das aussagt, dass der erweiterte Anlagenbegriff anzuwenden sei, nicht nur der enge erschließungsrechtliche Begriff. Das heißt, dass auch Infrastrukturmaßnahmen auf Straßenausbaubeiträge abrechenbar und umlagefähig sind. Das führt z. B. dazu, dass Entwässerungsanlagen der Straßen umgelegt werden können, und das betrifft ausgerechnet die hier bereits vielbesprochenen privaten Wasserwerke. Hier laufen im Moment mehrere Verfahren, die umgelegt werden sollen.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen fordern an dieser Stelle mehr Transparenz über die Kostenstrukturen und mehr Mitbestimmung, um den Bürgern stärker entgegenzukommen.
Die Kostenstrukturen müssen – und das ist auch das Anliegen unserer Fraktion – bei dem Wunsch nach Einsicht in die Verträge beispielsweise mit den Wasserbetrieben transparent und deutlich werden, damit sichergestellt wird, dass die Bürger nicht dreifach zahlen: erst Steuern, dann Nutzungsgebühren und drittens noch Straßenausbaubeitragsgebühren.
Es muss klar und deutlich sein, wie teuer Maßnahmen sind und wofür die Bürger zahlen. Es kann nicht sein, dass sie mit den Nutzungsgebühren bereits Investitionsrückstellungen, Abschreibungen und ähnliches über 10, 20 Jahre gezahlt haben und wenn dann ausgebaut wird, dann wird ein Investitionsbeitrag im Rahmen des Straßenausbaubeitragsgesetztes gefordert – das kann nicht sein.
Daher fordern wir eine intensive Mitbestimmung und Transparenz dieser Daten für die Bürger, sie sollen auch bei dem gewünschten Umfang der benötigten Maßnahmen beteiligt werden. Natürlich wird von den Bezirken einiges kolportiert – wenn man die Bürger fragt, ob sie diese Maßnahme haben wollen, sagen sie, um Gottes Willen, wir brauchen keine Bürgersteige, wir brauchen auch keine Parkplätze. Daran wird schon deutlich, dass stark an den Kosten und dem Umfang der Ausbaumaßnahmen gespart wird, wenn die Bürger die Möglichkeit haben, mitzureden.
Wichtig ist auch – was der Rat der Bürgermeister gefordert hat–, dass die Darstellung der Änderungen im Gesetz klar werden, dass nicht rückwirkend noch vorhandene Maßnahmen abgerechnet werden können, sondern nur das, was nach Inkrafttreten der Änderung an kleineren Ausbaumaßnahmen erfolgt.
Wie gesagt, die Grünen sind für einen geringeren und angemessenen, nicht verschwenderischen Ausbau der Straßen und daher für dieses Gesetz. Wir sind für Transparenz und für Mitbestimmung der Bürger. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schneider! – Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Weingartner das Wort. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Czaja! Mit Interesse haben wir Ihren Ausführungen gelauscht, für wie furchtbar Sie das Straßenausbaubeitragsgesetz halten – das tun wir auch, da sind wir ganz bei Ihnen. Leider beteiligen sich an dieser Straßenräuberei, wie Sie es genannt haben, Ihre Stadträte in den Bezirken.
Den Worten könnten mehr Taten folgen; diesen Spagat haben Sie nicht ganz hinbekommen. Das nennt man Scheinheiligkeit – so viel zu Ihren Ausführungen.
Nun zu einem Zitat von Frau Junge-Reyer aus dem Jahr 2005 zu Beginn der Diskussion über das Straßenausbaubeitragsgesetz:
Wir erwarten – ganz anders, als wir es vielleicht von Verwaltungen gewohnt sind, wenn es darum geht, Bürgerinnen und Bürgern zu Beiträgen heranzuziehen –, von vorneherein Darstellungen von Varianten und möglicherweise entstehenden Kosten in einer Tiefe, Breite und mit einer Sicherheit, wie es nach meiner Einschätzung ungewöhnlich ist.
Nach unserer Einschätzung, Frau Junge-Reyer, ist das einzige, was an diesem Straßenausbaubeitragsgesetz ungewöhnlich ist, die Schlampigkeit und Unsolidität – auch nach fast vier Jahren seit seiner Einführung.
Wir haben das bürgerfreundlichste Gesetz gemacht, wohlwissend, dass es kein schönes Gesetz ist, weil wir den Leuten in die Tasche greifen. Das wissen wir, aber wir halten es für notwendig und richtig.
Der Bürger macht und tut, bezahlt seine Steuern, immer höher, immer schneller, und, seit diesem Gesetz, auch immer weiter gefasst. Eine neue Bemessungsgrundlage für Abgaben war geboren. Eigentümer sollen auch hier zu sportlichen Höchstleistungen gebracht werden. Die FDP hat sich von Anfang an gegen ein solches Gesetz ausgesprochen – in den Diskussionen und auch in den Abstimmungen und dies nicht nur inhaltlich, sondern auch wegen der handwerklichen Fehler, die diese gesetzliche Regelung beinhaltet. Seitdem hat die FDP mehrere Initiativen ergriffen, auf dass wir das Gesetz wieder loswerden, leider in diesem Gremium ohne Erfolg. Der Bürger hat aber inzwischen gemerkt, wie viel soziale Kälte und wie viel Unsolidarität in diesem Gesetz enthalten ist. Er zeigt den Initiatoren dieses Gesetzes auf, was ihr gesetzgeberisches Handwerk wert ist. Zwar liegt der ausführende schwarze Peter bei den Bezirken, aber die Verantwortlichen für dieses Gesetz sitzen in diesem Plenum.
Auch diese Gesetzesänderung macht das Gesetz nicht besser. Zwar bestätigt das Vorblatt zur Gesetzesvorlage unsere handwerklichen Bedenken gegenüber dem Gesetz selbst, durch zukünftige Zerstückelung der abrechnungsfähigen Teilstrecken von Verkehrsanlagen wird das Gesetz nicht solidarischer, den betroffenen steuerzahlenden Anwohnern gegenüber nicht gerechter. Wir lehnen es ab, dass auf die Anwohner und Anrainer überfällige Ausbau- und Erneuerungskosten von Straßen, die seit Jahren, teils Jahrzehnten vernachlässigt wurden, teilweise abgewälzt werden; dass nur gut 10 Prozent der Berliner Bevölkerung – die Grundstückseigentümer – bis zu 75 Prozent der beitragsfähigen Straßenbaumaßnahmen zu tragen haben und sie für politisch motivierte Maßnahmen wie z. B. Radfahrwege, Verkehrsberuhigungszonen, Erneuerungen von Gehwegen und Neuanlagen von Parkhäfen bluten sollen.
Darüber hinaus führt die ständige Änderung – auch Herr Dr. Arndt hat heute angekündigt, dass es noch weitere Änderungen geben soll – zu erheblichen Unsicherheiten bei den Haus- und Grundstückseigentümern.