Und wenn Sie sich noch einmal die rote Nummer ansehen, die wir im April im Hauptausschuss hatten, dann werden Sie dies auch dort alles nachvollziehen können. Sie werden auch feststellen, dass die Höhe der unverbrauchten Mittel – die gibt es ja – von Jahr zu Jahr enorm schwankt. Und da liegt Ihr Denkfehler. Eine Ausbildung dauert drei Jahre, und deshalb muss eine Ausbildung drei Jahre finanziert werden. Es reicht also nicht, den Blick nur auf ein Jahr zu richten. Nichtsdestotrotz finden auch wir, dass das Problem der Altbewerberinnen und Alt
bewerber nach wie vor vorhanden ist – nicht erst seit heute –, und wir haben darüber schon sehr oft gesprochen.
Es gibt vielfältige Gründe, warum diese jungen Menschen keinen Ausbildungsplatz erhalten haben. Wir sind davon überzeugt, dass nicht alle Probleme bei den Jugendlichen liegen. Aber es heißt immer wieder, dass sie nicht ausbildungsfähig sind. Das ist die Klage der Arbeitgeber seit vielen Jahren. Wenn die Altbewerber von der Schule kommen, werden sie dann in Maßnahmen geschickt. Diese Maßnahmen sollen dazu dienen, die Ausbildungsfähigkeit herzustellen. Frau Herrmann hat eben auch so gern diesen Begriff benutzt: Wenn sie ihre Ausbildungsfähigkeit hergestellt haben, wird es bei jeder Bewerbung negativ angesehen. Man redet von Warteschleifen. Das ist einfach ungerecht.
Die Zugangsvoraussetzungen für Ausbildungen haben sich in den letzten Jahren immer weiter verändert; sie wurden hochgeschraubt. Sie wurden so hochgeschraubt, dass Jugendliche ohne mittleren Schulabschluss heute kaum eine Chance haben. Auch das ist unwürdig. Das Problem ist und bleibt, dass wir nicht genug Ausbildungsplätze zur Verfügung haben. Die Wirtschaft drückt sich davor auszubilden.
Doch, das stimmt. Die Fachkräftestudie BerlinBrandenburg hat erneut aufgezeigt, dass der Schlüssel zur Fachkräftesicherung betriebliche Ausbildungsplätze sind und bleiben. Wenn Sie jetzt sagen, dass es nicht stimmt, kann ich nur auf die Zahlen verweisen. Schauen Sie sich diese einmal genau an! Sie werden feststellen, dass die Berliner Wirtschaft, die über Fachkräftemangel klagt, rund einem Drittel der jährlichen Ausbildungsplatzbewerber überhaupt keinen Ausbildungsplatz anbietet.
Schon rein rechnerisch kann sich so die Zahl der Wartenden nicht abbauen. Damit sägt die Berliner Wirtschaft an dem Ast, auf dem sie sitzt, und verwehrt ganz vielen Jugendlichen die berufliche Zukunft. Hier liegt der Skandal.
Wen trifft es? – Es trifft besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund. Wenn Sie sich da die Zahlen anschauen, werden Sie feststellen, dass deren Anteil noch einmal weit niedriger ist als die Jugendlichen in anderen Ausbildungsplätzen. Hier werden Potenziale vergeudet. Was wir brauchen, sind betriebliche Ausbildungsplätze und am besten in zukunftsträchtigen Berufen.
Hier liegen im öffentlichen Dienst ungenutzte Potenziale. Ich bedauere es, dass der Senat unsere Vorschläge hier eben nicht ausreichend aufgenommen hat, und finde nach wie vor, dass neue Wege angebracht sind. Das ist aber ein anderes Thema, das wir an anderer Stelle diskutieren
sollten. Ihr Antrag von der CDU ist nicht geeignet, um zu einer substanziellen Vermittlung der Altbewerber hin zu führen. Er ist auch finanztechnisch nicht umsetzbar. Deshalb werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Breitenbach.! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Czaja das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Breitenbach! Was für ein Quatsch! Warum beantworten Sie nicht die Frage, warum die Berliner Wirtschaft nicht mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt? – Sie beantworten Sie deshalb nicht, weil Sie vor dem Scherbenhaufen Ihrer Bildungspolitik stehen und die Jugendlichen nicht mehr ausbildungsfähig sind und nicht mehr die Ausbildungsfähigkeit besitzen, die sie benötigen. Das ist doch das eigentliche Problem.
[Beifall bei der FDP – Lars Oberg (SPD): Das ist doch völlig absurd! – Udo Wolf (Linksfraktion): Das ist Propaganda!]
Nun zu erkennen, dass wir nicht genügend Fachkräfte haben, so weit ist zumindest schon Ihr Senat und gibt uns natürlich auch zum nächsten Hauptausschuss eine rote Nummer zur Kenntnis, in der berichtet wird, dass er am 19. Mai 2010 –
Lassen Sie mich den Gedanken zu Ende ausführen. – eine Sonderkommission zur Ausbildungsplatzsituation und zum Fachkräftemangel – vor allen Dingen auch zum Entgegenwirken – eingerichtet hat, die dann auch gleich tagte.
Nun kann man denken, dass in der Nummer wunderbar Gutes und Geistreiches steht. Das ist nicht der Fall. Es ist die pure Erkenntnis, dass man ein Problem hat. Es gibt aber keinerlei Erkenntnis. Womöglich war es wieder eine Ihrer Keks- und Kaffeerunden, die Sie abgehalten haben. Aber das Problem an der Stelle haben Sie nicht gelöst.
Umso richtiger ist an der Stelle der Impuls, der im Antrag der CDU-Fraktion steckt. Allerdings ist dieser Impuls nur darauf gerichtet, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Was wir strittig und fragwürdig finden, ist die Tatsache, dass er wieder einmal nur die Symptome bekämpft und nicht die Ursachen. Sie wissen, Herr Kollege Luchterhand, dass wir Ihnen das auch schon in einer anderen
Debatte an dieser Stelle vorgeworfen haben. Wir erwarten, dass wir über die Ursachen reden und nicht immer nur die Symptome in Augenschein nehmen, wenn Sie die Zustimmung der FDP an dieser Stelle möchten.
Es bleiben nach wie vor drei wesentliche Fragen in Ihrem Antrag offen. Sollen Betriebe die zusätzlichen Ausbildungsplätze schaffen und dafür womöglich Zuschüsse erhalten? Sollen damit Träger in den außerbetrieblichen Ausbildungen gefördert werden? Soll das Geld gezielt zur Förderung der Ausbildungsfähigkeit eingesetzt werden? Wenn ja, wie und bei welchen institutionellen Trägern soll das geschehen?
Herr Czaja, es bleibt nach wie vor der Wunsch von Frau Breitenbach. Den Gedanken haben Sie wohl beendet.
Herr Czaja! Ich frage jetzt doch noch einmal nach. Sind Sie tatsächlich der Meinung, dass nur die Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz erhalten, ausbildungsfähig sind und alle anderen nicht in der Lage sind, eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren?
An der Stelle haben Sie mir nicht zugehört. Das habe ich weder behauptet noch hier so dargestellt. Ich kann es Ihnen im Detail gerne auflisten, wo wir der Auffassung sind, dass die Ausbildungsfähigkeit nicht mehr in dem Maße und dem Rahmen vorhanden ist. Darüber können wir gern in einen konstruktiven Dialog im Ausschuss eintreten. Ich glaube, dass es an der Stelle auch notwendig ist, damit Sie unsere Ansätze hier verstehen.
Die Gefahr – um auf den Antrag der CDU-Fraktion zurückzukommen – besteht darin, dass insbesondere nicht klar ist, was mit den Geldern passiert und wer die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt, dass entsprechend auch Bedenken erhoben werden, wie beispielsweise die Vereinigung der Leitung berufsbildender Schulen in einem Brief am 18. Mai zu Papier gebracht hat. Ich darf zitieren:
Das wollen wir nicht. Wir wollen – hier haben wir eine Gemeinsamkeit mit den Grünen – reale Ausbildungsplätze. Die realen Ausbildungsplätze sind zu schaffen.
Wenn wir an dieser Stelle einen weiteren Impuls in die Debatte einbringen, wäre es sinnvoll, darüber nachzudenken, wie wir es letztlich schaffen, diejenigen, die nicht die nötige Ausbildungsfähigkeit haben, die eben aus dem Scherbenhaufen dieser Schulstrukturreform und auch aus dieser Schullandschaft in Berlin emporgestiegen sind, in Ausbildung zu bringen. Lassen Sie uns über Modularisierung sprechen, inwieweit wir hier mit den entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten, die jeder Einzelne hat, im Sinne der Jugendlichen, die willig sind, eine Ausbildung zu absolvieren, entsprechend fördern und fordern können.
Zuletzt bleibt an dieser Stelle von uns nur festzuhalten, dass es uns darum geht, alle Talente und Begabungen entsprechend zu erkennen und zu fördern. Darin liegt unserer Meinung nach das Potenzial, um auch zukünftig die Innovationsfähigkeit und den Wohlstand unserer Gesellschaft letztlich zu erhalten. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Czaja! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/3230 an den Ausschuss für Integration, Arbeit, berufliche Bildung und Soziales sowie an den Hauptausschuss, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Das ist die Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit Tagesordnungspunkt 13. Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Herr Abgeordneter Otto hat das Wort. – Bitte sehr!