aber nicht in die Qualifizierung nach einem von Ihnen vorher aufgestellten Qualifizierungskatalog schicken. Das wird nichts mehr bessern.
Es wird noch viel klarer, mit welcher heißen Nadel Sie das gestrickt haben, an Ihrem Beispiel BVG: Wer war denn der Aufsichtsratsvorsitzende in der beginnenden Finanzkrise, als die Spitzbuben in Nadelstreifen von JP Morgan den Finanzmüll noch aus den Bilanzen an andere Blöde kriegen mussten? Wer war denn der Aufsichtsratsvorsitzende, der dieses CDO-Paket mit einem Verlust von höchstwahrscheinlich 156 Millionen Euro gekauft hat? – Das war der – ach so – qualifizierte heutige Vorstand der Bundesbank Thilo Sarrazin.
Was ist bringt da Auswahl und Qualifizierung von Aufsichtsräten? W-+as ist denn mit Ihrem Fortbildungskatalog, der Herrn Sarrazin dazu verpflichtet, jährliche Fortbildungen zu machen? Wird er jetzt ein besserer Bundesbankvorstand, einer, der solche komplizierten Finanzderivate, komplexe strukturierte Produkte besser versteht, qualifizierter ist, diesen Job auszuüben, und nachträglich ein besserer Aufsichtsrat der BVG? – Nein! Dem Mann muss man vorwerfen, ihn hat das Motiv getragen, dass er anderenfalls hätte deutlich machen müssen, dass er 4 Millionen Euro in Folge von Cross-Border-LeasingGeschäften ausgeben musste. Und er wollte weder über diese 4 Millionen Euro und den dadurch entstehenden Verlust in der Bilanz der BVG noch über das ungeliebte Thema Cross-Border-Leasing diskutieren. Dafür ist er bereit gewesen, das CDO-Paket zu kaufen, um das zu verbergen. Solche Fehler von selbstüberzeugten Leuten können Sie nicht durch Seminare verhindern.
Das Gleiche würde ich abschließend zum Thema HOWOGE sagen. Weil Sie gesagt haben, die wissen im Aufsichtsrat nicht, was sie tun. Herr Wegner! Auch das ist eine Verharmlosung. Das mag für die – wie wir sie erlebt haben, durchaus qualifizierten – Aufsichtsratsvorsitzende stimmen. Bei der stellen wir aber fest: Sie kommt von außerhalb, nicht aus dem Berliner Sumpf – was man eigentlich gut findet. Aber das Problem war: Die Berliner Verhältnisse kennt sie nicht. Sie hat uns glaubhaft versichert, sie wusste bis zu dem Skandal gar nicht, wer Herr Hillenberg ist. Aber Herr Schulgen, ihr Stellvertreter: Glauben wir, dass er nicht weiß, was da gespielt wird? Glauben wir, dass sich mit einem Schulungskurs à la Thiel bei ihm etwas ändert? – Das glaube ich nicht.
Deshalb werden wir letztlich Ihrem Antrag nicht zustimmen, da wir glauben, dass dies nicht die geeigneten Mittel in dieser schwierigen Auseinandersetzung sind, die wir in der Tat mit einigen Herrschaften in den Landesunternehmen haben.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/3320 an den Hauptausschuss, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Abstimmungsgesetz verbessern: Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid
Beschlussempfehlungen InnSichO und Haupt Drs 16/3365 Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/2985
In Bezug auf Drucksache 16/3309 eröffne ich die erste Lesung. Ich hatte den Antrag bereits vorab an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung überwiesen. Ihre nachträgliche Zustimmung stelle ich fest. Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei beziehungsweise vier Artikel miteinander zu verbinden, wozu ich keinen Widerspruch höre. Ich rufe
also die Überschrift und die Einleitung sowie die jeweiligen Artikel 1 und 2 beziehungsweise 1 bis 4 der Drucksachen 16/2975, 16/2985 und 16/3365 auf. In der gemeinsamen Beratung hat jede Fraktion eine Redezeit von maximal fünf Minuten. Es beginnt die SPD-Fraktion. – Bitte, Herr Kollege Felgentreu!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es heute mit relativ heterogenen Gesetzesvorlagen zu tun. Heterogen nicht nur, weil sie sich auf zwei verschiedene Ebenen beziehen – die Landes- und die Bezirksebene –, sondern auch, weil die einen in zweiter Lesung zu beraten sind und die andere in erster Lesung. Dennoch macht es Sinn, das in der vorliegenden Form zu verbinden, denn letztlich geht es um den gleichen Gegenstand, nämlich um die Frage, wie wir nach den großen Schritten, die wir auf dem Gebiet der direkten Demokratie in der letzten Legislaturperiode gegangen sind, jetzt unsere Gesetzgebung an die gemachten Erfahrungen anpassen, und zwar sowohl auf Bezirks- als auch auf Landesebene. Dabei ist die Voraussetzung klar, dass wir hier keinen großen Wurf machen wollen und sollen. Der ist in der letzten Legislaturperiode gelungen, als wir gesagt haben: Wir schaffen in Berlin die Strukturen, um direkte Demokratie auf Bezirksebene erst einmal zu ermöglichen und um sie auf Landesebene so attraktiv zu gestalten, dass die Bürgerinnen und Bürger davon Gebrauch machen. Diesen ersten großen Schritt haben wir gemeinsam getan. Jetzt kommt es darauf an, behutsame Anpassungen vorzunehmen und an Stellen, an denen Probleme aufgetreten sind, Glättungen vorzunehmen.
Da ist es auch okay, dass sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Fraktionen abzeichnen. Hierbei ist der große Konsens der Demokraten nicht mehr zwingend erforderlich. Das kann man auch kontrovers diskutieren.
Kollege Lux, eine größtmögliche Einigkeit ist natürlich erstrebenswert. Aber da, wo wir keine Einigkeit erzielen können, ist das auch legitim.
Einige Punkte, auf die es der SPD-Fraktion besonders ankommt: Beim Volksabstimmungsgesetz hat uns der Verfassungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass wir eine Regelungslücke haben entstehen lassen. Wir haben dem Senat in der Gesetzgebung die Möglichkeit genommen zu prüfen, ob ein Volksbegehren, ein Volksentscheid in seinem Inhalt gegen höherrangiges Recht verstößt, also gegen Landesverfassungsrecht, Bundesrecht oder das Grundgesetz. Das darf der Senat nach geltendem Recht nicht mehr prüfen. So hat es uns der Verfassungsgerichtshof ins Stammbuch geschrieben. Das ist schlecht, und zwar nicht für den Senat, dem das eigentlich egal sein kann, sondern für die direkte Demokratie. Das kann nämlich dazu führen, dass wir hier im Land eine politische Debatte haben, in der das Volk einem bestimmten Vorhaben zustimmt und es durch Volksentscheid zum Gesetz macht und sich erst hinterher durch eine Verfahren vor
dem Verfassungsgerichtshof oder sogar vor dem Bundesverfassungsgericht herausstellt, dass das Gesetz keinen Bestand haben kann, weil es gegen höherrangiges Recht verstößt.
Das wäre Gift für die direkte Demokratie. Das rächt sich nicht an den Trägerinnen und Trägern eines solchen Begehrens, sondern am Volk von Berlin, das diesem Begehren Rechnung getragen hat und es unterstützt hat. Die Leute werden nicht verstehen, warum man ihnen ein solches Gesetz hinterher wieder durch Rechtsprechung aus der Hand nimmt, nachdem sie es als Volk gewollt und verabschiedet haben. Deswegen ist es notwendig, dass wir diese Regelung wieder einführen und es dem Senat ermöglichen, in solchen Fällen das Verfahren prüfen zu lassen. Wir schlagen vor, dass der Senat künftig Volksbegehren, bei denen er der Auffassung ist, dass sie gegen höherrangiges Recht verstoßen, dem Verfassungsgerichtshof vorlegt – wie das in Bayern geschieht –, damit dieser abschließend darüber befinden kann, ob sie zulässig sind oder nicht. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Der zweite wichtige Punkt ist die Transparenz. Volksbegehren, Volksentscheide, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide müssen ihrer Struktur nach – das ist in der Sache so angelegt – einseitigen Interessen dienen. Weil das so ist, ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger Aufschluss darüber gewinnen können, wer hinter diesen einseitigen Interessen steht. Deswegen brauchen wir klare Transparenzregelungen. Wir müssen sicherstellen, dass die Öffentlichkeit über große Spender informiert wird, wenn starke Finanziers auftreten. Wir wollen zudem ausschließen, dass Fraktionen in Parlamenten und BVVen und landeseigene Unternehmen durch eigene Zuwendungen Volksbegehren unterstützen und vorantreiben. Das sind für uns die wichtigsten Punkte auf Landesebene.
Auf Bezirksebene ist ganz wichtig, dass wir parallele Strukturen zu der Art, wie eine Entscheidung auf Landesebene gefällt wird, herstellen. Deswegen ändern wir die Gesetzgebung für die Bezirksebene, kommen weg von dem bisherigen Beteiligungsquorum von 15 Prozent und führen stattdessen – in Übereinstimmung mit dem Kollegen von den Grünen – ein Zustimmungsquorum von 10 Prozent ein. Das ist auf Bezirksebene realistisch. Das haben die uns bekannten Zahlen gezeigt. Das ist der Weg, den wir gehen wollen. Das ist vernünftig und ein angemessenes Resultat aus den Erfahrungen, die wir gemacht haben. – Ich bitte in beiden Fällen um Zustimmung – im einen Fall natürlich erst nach der zweiten Lesung. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Kollege Felgentreu! – Für die CDUFraktion hat nun der Kollege Gram das Wort. – Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch mein Beitrag beschäftigt sich mit den heutigen Tagesordnungspunkten 5 und 8 F. Ich denke, deren Behandlung in einer Rede ist zum einen der hohen Temperatur im Saal geschuldet und zum anderen auch für die Parlamentseffizienz wünschenswert. Alle Anträge befassen sich – das hatte Kollege Dr. Felgentreu schon ausgeführt – mehr oder weniger mit direkter Demokratie im Land und den Bezirken.
Wir diskutieren dieses Thema schon seit geraumer Zeit, sodass sich mir nicht ganz erschließt, was so dringlich ist, dass wir es nicht abwarten können, bis ein wichtiges Wortprotokoll zu den sehr schwierigen Fragen vorliegt. Zum Antrag Drucksache 16/3309 hatten wir nämlich eine gemeinsame Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses von Vertretern der Bezirke, der Gerichtsbarkeit und des Rates der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlungen. Diese Anhörung dauerte fast anderthalb Stunden und war davon geprägt, dass zu allen Fragen – gelinde gesagt – sehr ausführlich Stellung genommen wurde. Wir haben ein Wortprotokoll anfertigen lassen, das sich eigentlich alle Kollegen zu Gemüte führen sollen, um sich auf dessen Basis ein Urteil zu bilden.
Nur am Rande sei erwähnt, dass sich die Anhörung vor allem auch mit der Frage beschäftigte, ob in Zukunft die BVV die gleichen Verwaltungszuständigkeiten erhalten soll wie das Bezirksamt. Diese Frage kam in letzter Minute auf die Tagesordnung, und hierzu hat der WPD in bemerkenswerter Schnelligkeit ein Gutachten gefertigt, das zu dem Schluss kommt, dass eine solche Doppelzuständigkeit verfassungsrechtlich sehr bedenklich ist. Wir werden dieses Thema ohnehin noch vertieft miteinander besprechen, aber meine Fraktion sieht sich in ihrer Grundauffassung hier bereits rechtlich bestätigt.
Nun zu den Anträgen selbst: Zur Einführung einer Einwohnerfragestunde in den Sitzungen der BVVen ist mir bekannt, dass es das bereits verschiedentlich in ähnlicher Form gibt. Hier holen wir uns vor einer abschließenden Beurteilung noch die Erfahrungsberichte darüber ein. Der Einwohnerantrag ist für uns eher „Schaufensterdirektdemokratie“. Jeder Bürger kann bereits jetzt über Bezirksverordnete Einfluss auf politische Gestaltung nehmen. Da bedarf es nicht noch zusätzlicher, die Sache verkomplizierender Regelungen. Wenn es jedoch dazu kommen sollte, hängt hier vieles an dem nach meiner Auffassung willkürlich gewählten Anzahl der erforderlichen Stimmen. Hiermit ist dem Charakter eines Berliner Bezirks als faktische Großstadt nicht hinreichend Genüge getan. Wir können nur einer Regelung zustimmen, wenn sichergestellt wir, dass es bei der Unterschriftsleistung zu keinerlei Unredlichkeiten kommen kann., um Manipulationen zu vermeiden. Richtig finden wir bei den Bürgerbegehren eine Fragestellung, die nur mit ja oder nein beantwortet werden kann. Je klarer die Fragestellung, desto bereiter wird der Bürger sein, sich zu engagieren. Es darf nicht zu unterschiedlichen Deutungen des Frageziels kommen. Sinn
voll ist auch die angestrebte Regelung, derzufolge dem Bürger klarzumachen ist, ob der angestrebte Bürgerentscheid letztlich bindend oder nur empfehlend wirkt.
Was die Höhe der Einzelspenden angeht, so muss uns die Regierungskoalition noch verdeutlichen, wie sie auf eine Obergrenze von 5 000 Euro kommt. Mir erscheint diese Grenze als sehr niedrig. Eine Anlehnung an das Parteiengesetz erscheint als ein gangbarer Weg. Damit wäre überall eine gleiche, verbindliche Regelung eingeführt. Die Spendenverbotsregelung, die Dr. Felgentreu schon angesprochen hat, findet auch unsere Zustimmung. Wir wollen auch nicht, dass öffentlich geführte Unternehmen mit prallgefüllter Kasse Einfluss auf die Politik nehmen.
Was allerdings das angedachte Zustimmungsquorum angeht, so möchte ich darauf hinweisen, dass wir bislang ein Beteiligungsquorum hatten, und dieses Beteiligungsquorum in den anderen Bundesländern bis zu 25 Prozent reicht. Hier würde ich gern noch einmal appellieren, dass wir bei einem Zustimmungsquorum – dessen Einführung meine Zustimmung findet – auf 15 Prozent statt 10 Prozent kommen.
Kurz noch zum Tagesordnungspunkt 8 F: Die Zusammenlegung von Wahl- und Abstimmungsterminen macht vor dem Hintergrund des seinerzeitigen Vorgehens des Senats Sinn. Wie Sie sich bestens erinnern, hatte der Senat aus nackter Angst, beim Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof zu unterliegen, unter gröblichster Missachtung der entstehenden Kostenlast die Termine auseinandergelegt.
Das mehrmalige Antreten von Bürgern zum Urnengang führt dann nach meiner Auffassung, lieber Herr Dr. Albers, zu Ermüdungserscheinungen, wie ich sie auch bei Ihnen gerade bemerke.
[Uwe Doering (Linksfraktion): Er ist hellwach, wie Sie an seinen Zwischenrufen merken. Ihre Fraktion dämmert vor sich hin! ]
Das wollen wir nicht. Ebenfalls halten wir die Viermonatsfrist, innerhalb derer es eine Pflicht zur Befassung seitens des Abgeordnetenhauses geben sollte, für zielführend.
Ja, ich bin bei meinem letzten Satz. – Das stärkt letztlich die repräsentative Demokratie, die für uns aufgrund ihres Verfassungsrangs nicht hinter der direkten Demokratie zurückstehen darf. Allerdings – das, lieber Herr Dr. Felgentreu, in aller Kürze – den Verfassungsgerichtshof vorab zu befragen, das degradiert ihn zu einem Obergutachter. Das lehnen wir ab. Wir wollen Sie und Ihre Regie