Meine Damen und Herren! Ich lasse dann, damit wir fortfahren können, abstimmen, ob Sie wünschen, dass die Justizsenatorin herbeigerufen wird. Bisher sehe ich sie noch nicht. Ich bitte jetzt um das Votum. Wer ist dafür, dass sie anwesend sein soll? – Das sind die Fraktion der Grünen, von CDU und von FDP. Wer ist dagegen? – Dagegen sind die Koalitionsfraktionen.
[Christoph Meyer (FDP): Das sind weniger! Auszählen! – Weitere Zurufe von den Grünen, der CDU und der FDP]
Dann, Herr Kollege Behrendt, es tut mir leid, müssen Sie ohne die Senatorin beginnen. – Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe für den Redner!
Danke schön, Herr Präsident! Das ist bezeichnend, wie die Regierungsfraktionen hier mit den parlamentarischen Sitten umgehen.
[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Uwe Doering (Linksfraktion): Wie gehen Sie denn mit uns um?]
Ich fange dennoch mit einem Lob an, weil die Geschichte dieses Antrags, die heute hier ihr Ende findet, ein gutes Beispiel des Parlamentarismus ist, auch wenn die Rede darüber das leider nicht ist. – Frau Senatorin kommt jetzt dennoch – ich begrüße Sie ganz herzlich!
Die Geschichte des Antrags ist ein gutes Beispiel des Parlamentarismus, weil sich der Rechtsausschuss sehr intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat. Wir sind gemeinsam in drei Anhörungen zu dem Ergebnis gekommen, dass hier eine Lücke im Berliner System der Korruptionsbekämpfung besteht und diese Lücke dringend einer Schließung bedarf. Sie wissen, dass es bei korruptiven Sachverhalten in der Regel die Beteiligten sind oder ein Konkurrent ist, der zu kurz gekommen ist, aber es keine Delikt ist, das offen zutage liegt. Deshalb man muss hier darauf setzen, dass das von einem Beteiligten dieser korruptiven Netzwerke bekannt gemacht wird.
Um die Schwelle hier möglichst niedrig zu setzen, ist es notwendig, die Möglichkeit anonymer Hinweise zu eröffnen. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Das kann man einmal technisch machen, eine Lösung, auf die zunächst der Senat mit einer computergestützten Internetplattform gesetzt hat. Es gibt weiter die Möglichkeit, das mit einem Vertrauensanwalt zu machen, so wie es das Land Schleswig-Holstein und auch seit vielen Jahren sehr erfolgreich der Berliner Stadtbezirk Spandau gemacht hat.
Wir sind jetzt im Ergebnis dazu gekommen, dass wir beides machen, deswegen ist es heute nicht mehr notwendig, über die Vor- und Nachteile der einzelnen technischen Möglichkeiten zu reden. Wir werden neben den technischen computergestützten Hinweisgebersystem auch einen Vertrauensanwalt einsetzen. Und das ist das Entscheidende, warum heute hierzu geredet werden sollte und muss, dass dieses System nur dann funktionieren wird, wenn man es hinreichend bekannt macht. Deswegen möchte ich Sie alle mit dem Auftrag in die Sommerpause schicken, in Ihren Wahlkreisen, in Ihren sozialen Gruppen, in Ihrer Partei, in den Wirtschaftskreisen dafür zu werben, dass diese Systeme der anonymen Hinweisgabe bekannt gemacht werden. Denn nur wenn das bekannt
gemacht wird und nicht irgendwo auf der Homepage der Senatsjustizverwaltung, was sicherlich auch passieren wird und was sicherlich gut ist, aber nicht hinreichend, sondern nur wenn das in der Stadt bekannt gemacht wird, dass diese Systeme in Zukunft, wenn sie dann eingerichtet werden – ich hoffe, das wird in diesem Jahr noch passieren, aber da gibt es entsprechende Zusagen –, wenn das allgemein bekannt gemacht wird, dann wird man es hinkriegen, dass das auch genutzt wird, damit die Anzahl der Hinweise auf korruptive Geflechte in der Berliner Verwaltung mehr werden und wir dann auch mehr dieser Verfahren aufklären können.
Denn wir sind uns ja sicherlich alle darin einig, dass die Korruption eine wirkliche Bedrohung für unsere rechtsstaatlichen Verfahrensweisen ist, dass es absolut überhaupt nicht in Ordnung ist, dass man sich hier mit Geld Einfluss kauft, dass das auch in der Bundesrepublik weit verbreitet ist, das haben unzählige Skandale in den letzten Jahren gezeigt. Ich möchte die gar nicht mehr aufzählen. Und vor allem, um auf ein letztes Bedenken einzugehen, das auch vom Datenschutzbeauftragten zwischenzeitlich erhoben wurde, es ist nicht falsch, auch anonym hier Aussagen zu machen gegen Kollegen, gegen Mitbewerber. Es ist überhaupt nicht schändlich. Das ist eher Ausdruck falschen Korpsdenkens, das nicht zu machen. Der alte Spruch „Der schlimmste Schuft im ganzen Land ist der Denunziant“ gilt hier nicht, sondern es ist zur Erhaltung rechtsstaatlicher Zustände in der öffentlichen Verwaltung notwendig, dafür zu werben, dass man möglichst mit offenem Visier, aber – wenn man das nicht möchte, weil man Nachteile befürchtet – eben auch anonym entsprechende Hinweise abgibt und dazu beiträgt, dass der Korruption Einhalt geboten wird.
In diesem Sinne lassen Sie uns gemeinsam für dieses System werben, lassen Sie uns dafür werben, dass ein Bewusstsein in der Stadt entsteht, noch viel stärker darauf zu achten, wo Hinweise auf Korruption sind, noch viel stärker darauf hinzuwirken, dass das aufgeklärt und abgestellt wird. Der volkswirtschaftliche Schaden ist immens. Der Imageschaden für die Berliner Verwaltung ist immens. Das werden wir mit diesem Mosaikstein gemeinsam hinkriegen. Das wird nicht der letzte sein. Wir werden auch noch einmal über Whistleblowerschutz sprechen müssen. Das ist aber ein wichtiger Mosaikstein zur Korruptionsbekämpfung. Deswegen ist es richtig, dass wir gemeinsam diesen wichtigen Schritt machen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Behrendt! Es ist nun aber so, dass dieser Antrag eine Beschlussempfehlung hat, die von allen fünf Fraktionen dieses Hauses getragen wird, sodass sich der Diskussionsbedarf den anderen Fraktionen nicht so ganz erschlossen hat.
Die vier Fraktionen, bei denen es für die Wiederaufstellung nicht das entscheidende Kriterium ist, wie viele Reden sie im Abgeordnetenhaus gehalten haben,
haben mich deswegen gebeten, hier auch im Namen von Linken, CDU und FDP einfach nur festzustellen, dass wir diesen Antrag auch gut finden und dass wir ihn damit auch für ausdiskutiert halten. – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld!
wenn Sie zu solchen Vorwürfen greifen müssen, dass angeblich nur die persönliche Profilbildung hier der Grund ist,
dass wir über ein ernsthaftes Thema sprechen. Und ich habe im Ausschuss durchaus den Eindruck gehabt, dass das bei Ihnen angekommen ist, dass es hier ein ernsthaftes Thema ist, dass die Korruptionsbekämpfung eigentlich unser aller Anliegen sein sollte
und dass man da gar nicht zu viel, sondern eher zu wenig machen kann. Dass Sie das hier heranziehen, um das hier verächtlich zu machen, dass man daran noch mal erinnert, dass das ein ganz zentraler Politikbereich in der Rechtspolitik des Landes Berlin ist,
auch aufgrund der Erfahrungen, der vielfältigen, leidvollen Erfahrungen der letzten zehn, fünfzehn Jahre. Ich könnte mich jetzt hier hinstellen und meine drei Minuten nutzen, um all die Skandale, in die SPD-Politiker verwickelt waren, hier aufzuzählen.
[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der SPD – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Da hätten wir auch ein paar Beispiele aus Ihrer Partei, ganz sicher!]
Das möchte ich aber gar nicht, weil ich Ihnen auch gar nicht unterstellen will, dass Sie, nur um davon abzulenken, auf andere mit dem Finger zeigen. Es ist jedenfalls wirklich ärmlich, dass Sie das auf dieses Niveau hier ziehen. Im Ausschuss habe ich den Eindruck gewonnen, dass das ein gemeinsames ernsthaftes Anliegen ist. Es ist überhaupt nicht notwendig, das in dieser Form zu diskreditieren.
Kollege Behrendt! Gerade weil wir dieses Thema so ernst nehmen, wollen wir schnell zur Abstimmung kommen und beschließen, dass wir das machen, und nicht mehr darüber reden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Felgentreu! – Die Fraktionen von CDU, FDP und die Linksfraktion werden sich an dieser Diskussion jetzt nicht beteiligen.
Die Ausschüsse empfehlen einstimmig – mit allen Fraktionen – die Annahme des Antrags Drucksache 16/1592 in neuer Fassung. Wer dem Antrag im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 16/3361 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind, soweit ich sehe, alle Fraktionen. Ich frage nach Gegenstimmen. – Enthaltungen? – Dann ist einstimmig so erkannt.