Es ist doch einfach eine Gemeinheit, ihnen einzureden, dass es eine Chance wäre! Sie missbrauchen diese Forderung für Ihren billigen Wahlkampf!
Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag hat bereits im Jahr 2007 einen Antrag gestellt, der nicht bloß eine Opferrente – und zwar eine feste und eine klare – in Höhe von 511 Euro verlangt,
sondern auch verlangt, dass in diese Berechtigtengruppe andere Menschen aufzunehmen sind, u. a. Schülerinnen und Schüler, deren Bildungsweg behindert worden ist.
Ich denke, wenn man diese Opfer wirklich ernst nimmt und wenn Sie das, was Sie hier mit einer Träne im Knopfloch verkündet haben, tatsächlich wollen, diesen Menschen bessere und erträglichere Lebensbedingungen zuzubilligen, dann muss das an der Wurzel passieren, dann müssen in die Gesetze solche Regelungen hinein,
denn das ist über den Berlin-Pass für viele nicht mehr als das. Im Übrigen sind diejenigen, die Sie auch in Ihrem Antrag besonders benannt haben, –
Nein, ich möchte jetzt zu Ende reden! – auch diejenigen, die sowieso berechtigt für diesen Berlin-Pass sind. Der ist nicht so angelegt, dass man einfach eine Gruppe aufgrund einer politischen Benennung oder aufgrund anderer Dinge einfach mit aufnehmen kann.
Es hat auch schon andere Anträge gegeben, das ist ja nicht der erste. Der Berlin-Pass soll offensichtlich alle Ungerechtigkeiten in der Stadt heilen. Dafür ist er nicht gemacht.
für Empfänger von Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII, er ist für Asylbewerber, und er ist für Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemacht.
Meine Damen und Herren! Das Typische an dieser Diskussion ist, dass Sie nicht zuhören und dass es Ihnen gar nicht darum geht, Argumente zu widerlegen,
sondern es geht Ihnen nur darum, recht zu behalten und den Opfern zu suggerieren, Sie wären diejenigen, die für ihre Rechte eintreten. Das ist mitnichten der Fall, denn Sie haben ein völlig falsches Instrument gewählt, eines, von dem Sie von vornherein wussten, alle Sozialpolitiker hier im Raum wussten,
dass dieses Instrument dafür gar nicht gelten kann. Sie haben nach keinem anderen Weg gesucht. Aber es gibt andere Wege, und ich fordere Sie auf, mit diesen Menschen redlich umzugehen!
Sie müssen uns nicht erzählen, wer da berechtigt ist oder nicht. Dafür sorgen wir selbst, dass ihnen recht geschieht.
Lesen Sie die Reden nach, es hat gerade im Bundestag eine Diskussion zur Novellierung des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes gegeben. Lesen Sie nach, was unsere Sprecherin dort gesagt hat, schauen Sie nach, wie der Bundestag entschieden hat. Es gibt wieder nur für die Ärmsten etwas, andere Berechtigtengruppen sind nicht aufgenommen worden. Da sollten sich die Grünen mal stark machen, da habe ich nichts gehört von Ihrer Fraktion, auch nichts von Frau Künast! – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und den Grünen]
Herr Präsident! Meine Herren, meine Damen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist in der Tat ein schwieriges Thema, Frau Pop! Ich finde auch, dass es keines ist, um hier populistisch groß herumzupöbeln. Dafür ist hier kein Platz!
[Beifall bei der FDP und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Joachim Esser (Grüne): Da muss man sich leise bewegen! – Nein, Herr Esser! Man muss sich nicht leise bewegen, aber man kann sich schon ein bisschen zurückhalten, finde ich. Viele Menschen haben bereits vor 1989 gegen die SED- Diktatur, gegen den Unrechtsstaat DDR aufbegehrt. Viele von ihnen erhielten die Quittung. Sie bezahlten ihren Mut, ihr Aufbegehren mit Haft, Benachteiligung und Erniedri- gung. Und – auch das wissen wir – viele bezahlen noch heute dafür, denn aufgrund von Haft und anderen Repres- salien entstanden Brüche in ihrer Erwerbsbiographie. Manche haben nach wie vor mit ihrer Gesundheit zu kämpfen. Alle spüren noch heute das erlittene Unrecht, was sich eben auch auf ihre persönliche wirtschaftliche Situation auswirkt. Blicken wir auf die Täter! Blicken wir auf diejenigen, die DDR-Opfer zu Opfern gemacht haben! Da bleibt schon ein schaler Geschmack, wenn man bedenkt, dass es gera- de denen heutzutage oftmals besser geht als denjenigen, die drangsaliert wurden. Das ist zynisch. [Beifall bei der FDP und den Grünen]
Die Täter erhalten heute anständige Renten, vereinen sich dennoch als Ewig-Gestrige, verbreiten in aller Öffentlichkeit ihre krude Sicht auf die DDR und verhöhnen so ihre Opfer. Das ist der eigentliche Gipfel der Unverfrorenheit!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Meinen Sie wirklich, dass Ihr Antrag das geeignete Instrument ist, genau diesen Mut zu würdigen? Ein geeignetes Instrument, ihnen unseren Respekt zu zollen? Meine Fraktion hat immer wieder Folgendes erklärt: Wir sind mit dem Instrument des Berlin-Passes nicht einverstanden. Es ist ein ungerechtes, willkürliches Instrument staatlicher Transfers, wobei die Kriterien übrigens von der Politik festgelegt werden, verehrte Frau Dott! Der BerlinPass führt zu ungerechten Einkommensverschiebungen, und er führt dazu, dass Menschen, die arbeiten, weniger haben als Menschen, die nicht arbeiten, Stichwort Lohnabstandsgebot. Klar ist auch, dass es gemeinsames Ziel ist, vergangenes Unrecht wiedergutzumachen. Aber auch hier gehört eine ehrliche Antwort auf die Frage: Gelingt das wirklich mit einem freien Eintritt ins Schwimmbad oder einer ermäßigten Busfahrt? – Würdigung, liebe Frau Pop, sieht anders aus, Anerkennung, verehrter Herr Hoffmann, ebenso.
Meine Antwort ist klar: Jegliche Form von Almosen ist hier fehl am Platz, das führt eher zu einer Verharmlosung. Dieses Geschmäckle – und das ist für mich eines! – möchte ich auf alle Fälle vermeiden.
Um die materiellen Nachteile auszugleichen oder zu lindern, erhalten die DDR-SED-Opfer Ausgleichszahlungen oder die sogenannte Opferrente. Das sind keine Almosen, sondern das steht ihnen zu. Ganz ehrlich und deutlich gesagt: Dafür mussten sie lange, viel zu lange, kämpfen! Weit geeigneter als pekuniäre Gaben sind andere Dinge, um unseren Dank auszusprechen und den Mut und das erlittene Unrecht zu würdigen. Sorgen wir zum Beispiel dafür, dass die Gedenkstätten erhalten, ausgebaut und ordentlich gepflegt werden, Stichwort Hohenschönhausen! Sorgen wir dafür, dass die DDR-Diktatur nicht nur bei den Schulen im Lehrplan auftaucht! Für die Schülerinnen und Schüler im Ost- und Westteil dieser Stadt muss dieses Thema eine herausragende Position einnehmen. Es gibt kein besseres Beispiel für die Demokratiebildung unserer Jugend.
Nun noch einen Appell an die Regierungskoalition: Tolerieren und hofieren Sie nicht weiterhin diejenigen, die seit Jahren die Opfer des DDR-Regimes verhöhnen und das Unrecht der DDR verharmlosen und bagatellisieren!
Insbesondere die Linksfraktion frage ich, ob sie der Diskussion um historische Verantwortung gerecht wird, wenn sie weiterhin dubiose Zusammenschlüsse von DDR
und Stasi-Tätern goutiert und deren krude Gedankegänge toleriert und sogar Verständnis dafür äußert.