Danke schön, Frau Kollegin Matuschek! – Jetzt kommt eine Kurzintervention von Herrn von Lüdeke. – Bitte schön, Herr von Lüdeke!
Ich möchte nur kurz auf einen Aspekt eingehen, den Frau Matuschek vorgetragen hat, damit es keine Legendenbildung gibt. Es ist ein Ammenmärchen, dass CDU und FDP eine Aufweichung des Nachtflugverbots planen. Wir hatten Kontakt mit unserem parlamentarischen Staatssekretär Mücke.
Weil die Leute diese Frage beschäftigt, wollten wir von ihm wissen, wie es darum steht. Er hat uns verbindlich erklärt, dass das vom Tisch ist. Das ist kein Thema mehr. Hören Sie auf, das weiter zu verbreiten! Erwähnen Sie das nicht immer wieder.
Denen hilft ein Lärmschutz nicht. Optimieren und verbessern Sie die Flugrouten! Das verlangen die Bürger von Ihnen. Tun Sie das in einem transparenten Verfahren, das die Bürger auch verstehen! Dann werden Sie auch keine Probleme mit der Realisierung von BBI haben. Nehmen Sie die Bürgerwünsche ernst, und tun Sie nicht so, als wären die alle doof!
Die Kollegin Matuschek möchte nicht replizieren. – Dann haben Sie das Wort, Frau Hämmerling. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Senatorin Junge-Reyer! Antworten haben wir heute nicht gehört, nur Ausreden. Ich finde, dass die Menschen zu Recht sauer sind. Über Nacht sind neue Flugroutenpläne aufgetaucht, obwohl diese Rechtsänderung seit 1998 im Raum stand. Es ist richtig, dass wir seinerzeit die große Koalition hatten, aber ich begreife nicht, wie man einen internationalen Großflughafen planen kann, ohne die Rechtsgrundlage dafür zu kennen. Das einzige, was ich aus Ihren heutigen Beiträgen herausgehört habe, Frau Senatorin, ist, dass es eine Arbeitsgemeinschaft gab, in die Berlin eingebunden wurde und die über die Flugrouten informiert war. Aber wofür werden die Planungs- und Verwaltungsstäbe von BBI und in der Senatskanzlei bezahlt, wenn sie dieses Wissen nicht in die Planungen einbeziehen? Das neue EU-Recht gilt seit 2004, und erst 2010 fließen diese neuen Regelungen klammheimlich in die Flugroutenpläne ein, die die DFS vorgelegt hat. Niemand sagt, warum das so war. Es ist kein Wunder, dass die Betroffenen sich verschaukelt fühlen. Das ist ein Vertrauensbruch, der nicht wiedergutzumachen ist.
Es kommt noch besser: Am Montag hat die RBB Abendschau die Lichtenrader Demo gegen Flugrouten übertragen. Da sagte Herr Wowereit zu den aufgebrachten Bürgerinnen und Bürgern, ökonomische Belange von Fluggesellschaften, von Flughafengesellschaften seien nachrangig. Das hat er aber ganz anders gemeint, als es sich anhört. Dazu komme ich gleich noch.
Dann haben Herr Ramsauer und Sie, Frau Senatorin Junge-Reyer, gefordert, auf Parallelstarts zu verzichten. Das ist eine klare Ansage. Wir finden weniger Flugverkehr klasse. – Ökonomische Belange sind nachrangig. – Bundesregierung und Fachbehörde sind im Einklang. Maß
gebliche Politiker bekennen unter dem Druck des Bürgerprotestes, dass wir eigentlich gar nicht so viel Flugverkehr brauchen und der Lärmschutz wichtiger ist. Wir Grünen sehen den Flugverkehr grundsätzlich kritisch und hätten den Flughafen gerne von Anfang an eine Nummer kleiner gehabt. Statt des internationalen Luftdrehkreuzes, von dem Sie geträumt haben, mit seinen wirtschaftlichen und finanziellen Risiken, wollten wir einen modernen und wirtschaftlichen Flughafen für die Region. Natürlich begrüßen wir den verzicht auf Parallelstarts, aber wir haben Zweifel, meine Damen und Herren – insbesondere hier rechts im Haus –, dass Sie bei dieser Forderung bleiben, wenn der wirtschaftliche Druck wächst und der Bürgerprotest abnimmt.
Ein Indiz für unser berechtigtes Misstrauen liefert der BBI-Aufsichtsratsvorsitzende Wowereit und sein Geschäftsführer Schwarz. Beide erklären, dass die Wirtschaftlichkeit von BBI Vorrang haben muss und Parallelstarts nötig sind. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was unser meinungsrotierender Bürgermeister, das frisch gekürte Ehrenmitglied des Protests der Bürgerinnen und Bürger den Demonstranten in Lichtenrade suggerieren will. Das ist bigott.
Es war immer erklärtes Ziel von CDU, SPD und FDP, BBI zu einem internationalen Luftdrehkreuz zu entwickeln. Deshalb werden 2,5 Milliarden Euro verbaut. Deshalb gibt es zwei Start- und Landebahnen. Wir trauen Ihnen nicht, wenn Sie versprechen, den Flugverkehr zugunsten des Lärmschutzes dauerhaft einzuschränken.
Ich sage Ihnen auch warum, Herr Gaebler. Ich habe in den Parlaments- und Bundesratsprotokollen nachgelesen. Ich fange mal mit der SPD an. Vor vier Wochen – in der Zeit, als der Bürgerprotest richtig tobte – haben Sie sich der Bundesratsinitiative von Rheinland-Pfalz gegen die Flugabgabe angeschlossen. Der Grund war das sinkende Flugverkehrsaufkommen. Vier Wochen später erklärt der Regierungschef dann das Gegenteil, indem er sagt, die ökonomischen Belange von Fluggesellschaften sind nachrangig.
Die SPD sendet zwei völlig gegensätzliche Botschaften aus. Die eine lautet: Wir wollen maximalen Lärmschutz. Die andere lautet: Wir wollen maximale Wirtschaftlichkeit. Damit kommen Sie nicht durch. Damit sind Sie unglaubwürdig.
Liebe Kollegin Hämmerling! Gestehen Sie mir zu, dass es einen Unterschied zwischen Fluggesellschaften und Flughafengesellschaften gibt und sich deswegen die Worte des Regierenden Bürgermeisters nicht widersprechen?
Darauf gehe ich gerne ein: Es geht es um das, was mit dieser Botschaft suggeriert wird. Die Leute draußen hören, ökonomische Interessen sind nachrangig, und der Rest des Satzes kommt nicht mehr an. Zweitens ist die Bundesratsinitiative nicht auf den Flughafen gerichtet, sondern auf die Wirtschaftlichkeit der Flughafengesellschaften. Da müssen Sie schon einen Unterschied machen, Herr Gaebler!
Ich komme zur CDU: Am 23. August 2006 haben Sie den Senat in einem Antrag aufgefordert, eine Gebührenstruktur zu entwickeln, die das Wachstum des Flugverkehrs erhöht. Im Klartext: Sie wollen mehr Flugverkehr mit allem, was daran hängt. – Jetzt bringen Sie einen Antrag mit dem Titel ein: Fluglärm in allen Teilen Berlins verhindern. – Na toll! Mehr Flugverkehr, aber bitte ohne Lärm in Berlin und ohne Parallelstarts und alle An- und Abflüge über Brandenburg. Wie stellen Sie sich das vor? Wie soll Berlin bei dieser Strategie vom Lärm verschont bleiben? Senkrechtstarter? – Das ist doch Quatsch. Das wird Ihnen niemand abnehmen. Ich finde diese Haltung im Übrigen auch schäbig gegenüber den Brandenburgern. Sie wollen, dass der Flugverkehr den Nachbarn übergeholfen wird, weil die ihr Wahlrecht jenseits von Berlin ausüben, weil das nicht ihr Klientel ist. Für solche Anträge wird sich Ihre Schwester-CDU in Brandenburg herzlich bedanken.
Zur Anti-Ökopartei der uneingeschränkten Vielfliegerei und der Kernkraftlobbyisten: 2006 sagte Fraktionschef Lindner – ich zitiere aus dem Plenarprotokoll –:
Es muss das Ziel der Berliner Verkehrspolitik sein, so viel Flugverkehr wie möglich nach Berlin zu holen.
Das geht nach dem selben Prinzip, wie dem der CDU: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Beide Hände in der Kasse und gleichzeitig rufen: Haltet den Dieb! – Das ist keine ehrliche Politik. Sagen Sie, was Sie wirklich wollen!
Jetzt zur Politik der Grünen: Auf Bundesebene fordern wir die Kerosinsteuer, damit Bahnfahren attraktiver wird und die umweltbelastende und klimazerstörende Vielfliegerei aufhört. In Berlin haben wir verschiedene Initiativen ergriffen, um die wirtschaftlichen Risiken von BBI beherrschbar zu machen, und wir haben Anträge für ein uneingeschränktes Nachtflugverbot gestellt. Unsere Anträge sind von allen anderen Fraktionen hier im Haus abgelehnt worden.
Der Standort Sperenberg hat sich nicht durchgesetzt, aber immerhin sind die Menschen in Tempelhof und Tegel jetzt von Fluglärm entlastet. Genau deshalb, Herr Gaebler, ist es selbstverständlich, dass die Sicherheitsrisiken und der Fluglärm nicht einfach über die Gropiusstadt und den Hahn-Meitner-Reaktor verlagert werden dürfen. Selbstverständlich müssen die Menschen im Süden vor Lärm und Flugrisiken geschützt werden und selbstverständlich muss es da auch ein Nachtflugverbot geben.
Die Flugrouten müssen an der Stadt vorbei, über siedlungsärmere Gebiete geführt werden, auch wenn die Wege dann länger werden und auch wenn Fliegen teurer wird – sogar dann, wenn die CO2-Emmissionen höher werden.
[Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Christian Gaebler (SPD): Aber nur, wenn Sie etwas Wichtiges zu sagen haben!]
Diese Entscheidung fällt uns nicht leicht, aber sie ist alternativlos, weil die falsche Standortentscheidung nicht rückholbar ist. Für uns gilt: Sicherheit und Lärmschutz für Menschen haben immer Priorität vor allen anderen Gütern.
Wir fordern Sie auf, meine Damen und Herren von SPD, von FDP und CDU: Seien Sie ehrlich zu den Menschen!