Protokoll der Sitzung vom 11.11.2010

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Das kann ich Ihnen nicht beantworten.

Gibt es noch eine Nachfrage dazu? – Bitte, Herr Schäfer!

Ich kann es Ihnen beantworten: keines. Meinen Sie nicht, nachdem Sie vor einem Jahr bei der Berliner Wirtschaftskonferenz an die Berliner Unternehmer appellierten, Elektrofahrzeuge in ihre Fuhrparks aufzunehmen, dass es angemessen wäre, wenn das Land Berlin auch Elektrofahrzeuge in seinen Fuhrpark aufnehmen würde?

Bitte, Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Es ist schön, dass Sie nach etwas fragen, was Sie längst wissen. Das ist immer gut.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Das bezeichnet man auf der pädagogischen Ebene als positiven Verstärker. Sie bestätigen sich jetzt also selbst und haben in der Tat recht: Auch die Berliner Verwaltung ist gehalten, bei Neubeschaffungen von Fahrzeugen selbstverständlich immer zu prüfen, ob E-Fahrzeuge angeschafft werden.

Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister!

Frau Senftleben, bitte, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich habe eine Frage an den Senator für Bildung: Herr Senator Zöllner! Es geht mir noch mal um die Zukunft der Kitaeigenbetriebe, die gestern eine Finanzspitze in Höhe von 4,6 Millionen Euro bekommen haben. Ist dem Senat nicht bewusst, dass die freien Träger vor denselben Herausforderungen stehen wie die städtischen Kitas? Hält es der Senat nicht für dringend erforderlich, darüber nachzudenken, auch die Eigenbetriebe zukünftig an die freien Träger zu übertragen, oder hält er es für sinnvoll, Jahr für Jahr das Füllhorn auszuschütten, anstatt hier neue Wege zu gehen?

Bitte, Herr Senator Prof. Dr. Zöllner!

Ich weiß jetzt nicht, ob ich schlecht informiert bin oder ob Sie möglicherweise nicht genau informiert wurden. Nach meiner Kenntnis ist die Entscheidung gestern nicht gefallen, aber ich bin mir da nicht hundertprozentig sicher. Dieser Tagesordnungspunkt ist vertagt worden. Das hindert mich jetzt aber nicht, Ihre Frage nach einer Positionierung zu beantworten.

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Senat kein Füllhorn über die Eigenbetriebe ausschüttet. Man muss ganz klar sehen, dass die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Eigenbetriebe oder der freien Träger in diesem Bereich unterschiedlich sind. Eine der großen Weichenstellungen konzeptioneller Art, die Berlin – im Vergleich zu anderen Bundesländern – vorbildlich getroffen hat, ist, dass ein übergroßer Anteil – sowohl im vorschulischen Bereich als auch im schulischen Bereich – in Bezug auf Kitas insgesamt oder Ganztagsbetreuung durch freie Träger vorgehalten wird. Ich glaube jedoch, wie die Schule quantitativ primär staatlich organisiert wird und ich auch dazu stehe, dass es wichtig ist, dass es im Schulbereich freie, private Träger gibt, ist es auch notwendig und richtig, dass ein relevanter Anteil der Kitas staatlich organisiert ist und jetzt über entsprechende Kitaträger in den einzelnen Bezirken vorgehalten wird.

Da müssen wir sehen – man kann das heute nur beurteilen, wenn man weiß, wie es geworden ist –, dass die Personalstruktur im staatlichen Bereich eine ganz andere ist und damit ganz andere Folgelasten hat als die Personalstruktur – nur um ein zentrales Beispiel zu nennen – bei freien Trägern, die sich letzten Endes, weil sich das erst aufgebaut hat, eine viel günstigere und besser einsetzbare Refinanzierungsstruktur hat, das heißt, auch Altersstruktur und zusammengesetzte Mitarbeiterschaften nach und nach aufbauen musste. Mit diesen strukturellen Nachteilen haben die Kitaeigenbetriebe zu kämpfen. Der Senat ist sehr wohl aufgefordert, sich dann Lösungen zu überlegen, wie letzten Endes in diesem Fall faire Wettbewerbsbedingungen auch für die Kitaeigenbetriebe im Vergleich zu den freien Trägern hergestellt werden können. Das ist nicht so einfach, weil auch die Management- und sonstigen Aktivitäten in den vier staatlichen Eigenbetrieben unterschiedlich ausgeprägt sind, sodass man einen vernünftigen Schlüssel finden muss, der auch für die Eigenbetriebe noch genügend Anreizstruktur lässt, um effektiv zu arbeiten.

Wenn Sie davon ausgehen, dass wir bei den freien Trägern zur Refinanzierung einen Eigenanteil von 7 Prozent voraussetzen, dann kommen wir im Ergebnis zu dem relevanten Betrag von 4,6 Millionen Euro, den wir jetzt vorgeschlagen haben. Unter Berücksichtigung der schlechten Voraussetzungen und um wirtschaftlich zu agieren, ist das ein adäquater Betrag.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich halte das Wechselspiel für gut und meine nicht, dass wir die Eigenbetriebe bevorteilen, sondern dass sie gegenüber den freien Trägern im Augenblick eher im Nachteil sind.

Vielen Dank, für Ihre ausführliche Antwort! – Haben Sie noch eine Nachfrage, Frau Senftleben? – Das ist nicht der Fall. – Damit hat die Spontane Fragestunde ihre Erledigung gefunden.

Wir kommen nun zu

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

Transparenz bei den Wasserverträgen – Verträge offenlegen, Informationsfreiheitsgesetz umsetzen

Antrag der SPD und der Linksfraktion

in Verbindung mit

lfd. Nr. 33:

Transparente Wasserpolitik – Berlin braucht bezahlbares Wasser!

Antrag der FDP Drs 16/3599

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von jeweils bis zu 10 Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. – Das Wort hat die Fraktion der SPD. – Bitte, Herr Abgeordneter Jahnke, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gestrige Tag war ein guter Tag für die Belange der öffentlichen Daseinsvorsorge in Berlin. Auf der Basis des von uns novellierten Informationsfreiheitsgesetzes hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit einen Durchbruch bei der Transparenz von Verträgen im Bereich der Daseinsvorsorge erzielt,

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Gelächter bei der CDU]

und zwar rückwirkend bei einem der umstrittensten Privatisierungsverträge überhaupt, dem Konsortialvertrag zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe.

Es war ja bereits ein deutliches Zeichen des veränderten Umgangs mit Verträgen der öffentlichen Hand, dass wir im neuen Informationsfreiheitsgesetz die grundsätzliche Offenlegung derartiger Verträge von Beginn an festgeschrieben haben. Verträge wie jenen Konsortialvertrag, der explizit die Geheimhaltung vorsah, wird es also künftig nicht mehr geben. Aber dieses lediglich für die Zukunft auszuschließen, reichte uns natürlich nicht aus, sondern wir wollten auch die nachträgliche Offenlegung des Konsortialvertrags zu den Wasserbetrieben erreichen. Das Gesetz enthält deshalb eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Transparenz gegenüber dem Wunsch der privaten Vertragspartner an einer Geheimhaltung.

Unter dem Druck dieses Gesetzes und vielleicht auch unter dem Eindruck des Volksbegehrens zur Offenlegung der Verträge fanden sich Veolia und RWE nun endlich dazu bereit, in den Verhandlungen mit dem Senat nachzugeben und einer Offenlegung zuzustimmen. Das ist ein Erfolg! Es liegt im eigenen Interesse der Investoren; sie können damit zeigen, dass es sich bei ihnen um seriöse

Unternehmen handelt, nicht um Ganoven – das nehme ich doch jedenfalls an.

[Gelächter von Volker Ratzmann (Grünen)]

Man kann die Verträge jetzt ohne Weiteres lesen, sie enthalten natürlich Vereinbarungen, die sehr zugunsten der Investoren ausgelegt werden, aber sie sind seinerzeit freiwillig von Vertreterinnen und Vertretern des Landes Berlin unterschrieben worden und können RWE und Veolia insofern nicht vorgehalten werden, die im Übrigen ja auch einen Kaufpreis von umgerechnet 1,7 Milliarden Euro geleistet haben.

Welche Folgerungen sind aus den Verträgen, die nun öffentlich zugänglich sind, zu ziehen? – Im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion standen von Anfang an die Wasserpreise. In der alten Bundesrepublik bis 1990 galt die Faustregel: Berlin hat die höchsten Strompreise und die niedrigsten Wasserpreise – bundesweit. Hohe Strompreise, das ist relativ klar, denn wir hatten ein Inselnetz der Bewag mit nicht den modernsten Kraftwerken, niedrige Wasserpreise wegen der günstigen geografischen Lage Berlins im Urstromtal, gute Wassergewinnungsmöglichkeiten bei guter Qualität.

[Joachim Esser (Grüne): Das ist immer noch so!]

Richtig! – Und heute hat Berlin die höchsten Wasserpreise, jedenfalls unter den Millionenstädten in Deutschland. Dies hängt nicht nur mit der Teilprivatisierung aus dem Jahre 1999 zusammen, das muss auch gesagt werden. Schon in den 1990er-Jahren musste natürlich eine Menge in das Netz investiert, gerade im Ostteil der Stadt, zur Netzzusammenführung, der Wasserverbrauch in Berlin ist rückläufig bei hohen Fixkosten, aber dies erklärt nur einen kleineren Teil der Preissteigerungen. Der Hauptgrund sind Gewinngarantien für die privaten Investoren.

[Heidi Kosche (Grüne): Das schreiben die heute anders!]

Das stellen die privaten Investoren natürlich anders dar, ja, man kann im Vertrag auch lesen, dass dort kein Gewinn garantiert wird, sondern eine garantierte Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals mit 2 Prozent über dem langfristigen Marktzins.

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Aha!]

Dies ist eine entscheidende Größe der Tarifkalkulation – das betriebsnotwendige Kapital ist in den letzten Jahren ziemlich hochgeschrieben und dann noch mit 2 Prozent über den Marktzinsen verzinst worden, dies bringt natürlich eine enorme Wasserpreissteigerung mit sich.

[Zuruf von Klaus-Peter von Lüdeke (FDP)]

Dort ist auch enthalten, dass das Land Berlin, sofern man nicht zu der Tarifkalkulation kommt, zum Ausgleich verpflichtet ist – die sogenannte disproportionale Gewinnverteilung. Die Argumentation, dass Berlin selbst der Hauptprofiteur des hohen Wasserpreises wäre – das Grundwasserentnahmeentgelt –, ist im Grunde eine Ablenkung vom Hauptproblem.

[Zurufe von Henner Schmidt (FDP) und Klaus-Peter von Lüdeke (FDP)]

Bei der Konzessionsabgabe bleibt Berlin unter den Möglichkeiten, und auch das Grundwasserentnahmeentgelt ist nicht der entscheidende Faktor des heutigen Wasserpreises, sondern es lenkt ab vom eigentlichen Hauptgrund der Preissteigerung: die garantierte Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals.

Die Geschichte der Teilprivatisierung führt aber auch über das Thema Wasser hinaus.

[Thomas Birk (Grüne): Ja!]

Wieso haben die Vertreterinnen und Vertreter des Landes Berlin vor gut einem Jahrzehnt solche für das Land Berlin, für die Berlinerinnen und Berliner ungünstigen Verträge geschlossen?

[Zuruf von Thomas Birk (Grüne)]