Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Jetzt kommen wir zur

lfd. Nr. 25:

Antrag

Berliner Aktionsplan für Toleranz und gegen Deutschenfeindlichkeit

Antrag der FDP Drs 16/3649

in Verbindung mit

lfd. Nr. 26:

Antrag

Integrationsverweigerung konsequent sanktionieren!

Antrag der FDP Drs 16/3652

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort hat der Kollege Gersch.

Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Was Rot-Rot unter Integration versteht, haben wir heute bereits vermittelt bekommen. Rot-Rot versucht mit Wohlfühlgesetzen Integration und Partizipation vorzutäuschen, wo es keine gibt. Rot-Rot und die Grünen leben immer noch in der Traumwelt, dass jeder Zuwanderer an sich gut und ein Gewinn ist. Das ist in den meisten Fällen auch richtig, aber nicht in allen. Zuwanderer verursachen auch Probleme und es ist reine Verblendung wenn behauptet wird, daran seien stets die Deutschen schuld.

Bei den vielen Maßnahmen des Förderns, die es zweifellos in diesem Land gibt, ist in den letzten Jahren das Fordern zu kurz gekommen. Unser Antrag „Integrationsverweigerung konsequent sanktionieren!“ greift diese Notwendigkeit auf.

[Beifall bei der FDP]

In jeder Debatte hören wir, dass das Beherrschen der deutschen Sprache der Schlüssel zur Integration ist. Nicht das rot-rote Integrationsgesetz, sondern nur die Beherrschung der deutschen Sprache stellt sicher, dass Menschen mit Migrationshintergrund an Bildung und am Arbeitsleben in Deutschland teilhaben können. Es läuft noch unter dem Stichwort „Fördern“, dass die Bundesregierung in diesem Jahr 218 Millionen Euro für Integrationskurse ausgibt, die auch einen Deutschkurs im Umfang von 600 Stunden umfassen. Viele Zuwanderer nehmen freiwillig daran teil, weil sie ehrgeizig und leistungsbereit sind und nicht nur teilhaben, sondern sich auch einbringen wollen. Andere Zuwanderer werden zur Teilnahme verpflichtet, entweder von der Ausländerbehörde oder vom Jobcenter. Laut Bundesinnenministerium nehmen bundesweit aber rund 30 Prozent der Verpflichteten nicht über die gesamte Dauer oder gar nicht daran teil. Für Berlin liegen keine Zahlen vor, weil die zuständige Senatsverwaltung sich weigert, diese zu erheben. – Ich vermute, weil sie eine noch höhere Quote erwartet. – Dieser Zustand

[Özcan Mutlu (Grüne): Wovon reden Sie denn?]

ist nicht akzeptabel. Wir nehmen das Geld unser Steuerzahler in die Hand, und dann verweigert sich ein nicht unbeträchtlicher Teil von Menschen den damit finanzierten Kursen.

[Özcan Mutlu (Grüne): Sie haben doch gar keine Ahnung!]

Das ist Integrationsverweigerung, Herr Mutlu. Wir haben hier kein Gesetzesproblem, sondern ein Vollzugsdefizit. Es gibt Sanktionen, die bis zur Möglichkeit der Ausweisung reichen. Diese müsse jedoch insbesondere in Berlin konsequent angewendet werden, was der Senat bisher verweigert.

[Beifall bei der FDP]

Eine noch schlimmere Form der Integrationsverweigerung ist es, wenn Eltern ihren Kindern die Partizipation verweigern, weil sie nicht konsequent auf die Einhaltung der Schulpflicht achten.

[Dr. Margrit Barth (Linksfraktion): Ja, ja, ja!]

Das ist ein Vergehen gegen die Kinder, aber auch gegen unsere Gesellschaft, denn auf diese Kinder werden wir angewiesen sein, wenn es um die künftige Sicherung unseres Wohlstandes geht. Darum ist es unverständlich, dass Rot-Rot dieses Problem bagatellisiert und sich weigert, wegen Schulverweigerung verhängte Bußgelder konsequent zu vollstrecken.

[Beifall bei der FDP]

Ein weiteres Problem, das im direkten Zusammenhang mit Integrationsverweigerung steht, ist eine sich ausbreitende Deutschenfeindlichkeit unter Schülern nichtdeutscher, zumeist türkischer oder arabischer Herkunft, die sich in Mobbing und Übergriffen gegen deutsche Schüler, aber auch gegen Lehrer ausdrückt. Die Probleme sind so massiv, dass selbst die linke GEW laut um Hilfe schrie. Deutschenfeindlichkeit entwickelt sich, weil ein Teil der

Zuwanderer in diesem Land nicht ankommen will. Sie verachten unser Land und dessen Menschen, und diese Einstellung geben sie auch an ihre Kinder weiter. Zu Recht wurde in diesem Haus in den letzten Jahren oftmals zu Protest und Kampf gegen unterschiedliche Hassphänomene wie z. B. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder Homophobie aufgerufen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Auch gegen Pauschalisierungen!]

Wir haben uns bei unserem Antrag daher von einem Antrag der Grünen inspirieren lassen, den wir seinerzeit unterstützt hatten.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Ich hoffe, dieses Haus wird auch dann laut zu Protesten aufrufen, und ich gehe mittlerweile nicht mehr davon aus, wenn Deutsche zu Opfern rassistischer Übergriffe werden.

[Beifall bei der FDP]

Verharmlosen Sie dieses Problem nicht, wie Sie es sonst immer gerne tun, und nehmen Sie die Nöte der bedrängten Schüler und Lehrer ernst! – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Saleh.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können in Berlin keine Ausgrenzung und Diskriminierung akzeptieren. Es ist nicht akzeptabel, wenn Menschen aufgrund von Herkunft, Alter, sexueller Orientierung, Glaube oder Geschlecht diskriminiert werden. Keine Form der Ausgrenzung ist in Berlin akzeptabel.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der FDP]

Genauso ist nicht hinnehmbar, wenn Kinder beschimpft oder gemobbt werden, weil sie Deutsche sind. Wir müssen ernst nehmen, wenn man uns sagt, es gibt auch Beschimpfungen gegenüber Deutschstämmigen. Aber eines ist klar – und das geht ganz klar in Richtung FDP –: Liebe Freundinnen und Freunde von der FDP! Wir müssen ganz klar sagen, was Ihr Antrag formuliert, geht einen Schritt zu weit. Mit Ihrem Antrag fischen Sie am rechten Rand.

[Beifall bei der SPD]

Ich möchte gerne aus Ihrem Antrag vorlesen. Sie schreiben in der Begründung:

Ein Teil der Menschen mit Migrationshintergrund, der teilweise seit über zwanzig Jahren in Deutschland lebt, verweigert sich hartnäckig der deutschen Gesellschaft. Die hier geltende Rechts- und Werteordnung wird abgelehnt, alles Deutsche und alle Deutschen werden von diesen Menschen als minderwertig betrachtet. Das einzig Deutsche, was

diese Menschen akzeptieren und gern und ausgiebig in Anspruch nehmen, sind die Leistungen des deutschen Sozial- und Gesundheitssystems.

Es ist einfach beleidigend, eine Schande, dass so was aus Ihrer Tinte kommt.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion – Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Herr Kollege Saleh! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lux?

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Saleh! Ich stelle mir bei der Diskussion jetzt um die Uhrzeit die Frage: Ist es eigentlich besser, Rechtspopulisten und rechte Rattenfänger und damit auch die FDP bei so einer Diskussion zu Wort kommen zu lassen

[Oh! bei der SPD – Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

oder sie lieber zu ignorieren?

Eine berechtigte Frage, Herr Lux! Ich habe auch darüber nachgedacht, ob ich meinen Wortbeitrag zu Protokoll geben soll, aber ich habe gesagt: Ich möchte gerne darauf eingehen, das kann man nicht unbeantwortet hier stehen lassen.

[Beifall bei der SPD, den Grünen und der Linksfraktion]

Verstehen Sie mich nicht falsch! In Berlin muss Ziel sein: Kein Kind soll sich in Berlin rechtfertigen, warum es Schweinefleisch isst. Aber auch kein Kind soll sich rechtfertigen, warum es kein Schweinefleisch isst. Wir müssen – ganz wichtig – die Gemeinsamkeiten in der Stadt Berlin hervorheben. Und dazu dient der Ethikunterricht. Deswegen haben wir den Ethikunterricht ins Leben gerufen, weil wir gesagt haben, wir wollen Gemeinsamkeiten definieren und die Gemeinsamkeit in unserer Stadt Berlin hervorheben, damit die Unterschiede, die berechtigterweise auch da sind, am Ende nicht im Vordergrund stehen, sondern dass die Gemeinsamkeiten von uns allen am Ende die Grundlage für ein gemeinsames Leben in Berlin bilden.