Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

Aber der Punkt ist: Selbst die Leute aus der migrantischen Landschaft in Berlin, die Sie bis Dienstag noch eingesammelt haben und die unterschrieben haben, dass man diesem Gesetz zustimmen soll, sagen: Integration lässt sich gesetzlich gestalten, und das, was Sie hier machen, könnte ein Schritt sein. – Ja, reicht Ihnen das?

[Martina Michels (Linksfraktion): Ein erster Schritt, ein weiterer Schritt! Sie tun so, als wäre es der einzige!]

Nach neun Jahren kommen Leute auf Sie zu, sagen, Sie haben all die Jahre was versäumt, Sie hätten was tun müssen, und da gehen Sie hin. Schauen Sie sich das an! Stellen Sie doch gegenüber, was vom Landesbeirat eingebracht wurde und was davon übriggeblieben ist! Integrationsgesetz.de ist eine Seite, die ich erstellt habe, um zu informieren

[Ah! von der Linksfraktion – Zurufe von SPD und der Linksfraktion]

darüber, wie Sie hier versuchen, auf dem Rücken, auf Kosten der Leute Politik zu betreiben und kurz vor der Wahl noch mal schnell über all die eigenen Versäumnisse hinwegzutäuschen. Statt inhaltlich über die einzelnen Paragrafen zu reden, liebe Kolleginnen und Kollegen,

[Martina Michels (Linksfraktion): Albern, nur albern sind Sie!]

stellen Sie sich hierhin und sagen: Wir sind nicht so schlimm wie die CDU. Mit Sarrazin können wir auch

nicht, und wir haben mit alldem gar nichts zu tun. Wir sind die Guten. Dass wir in dem Gesetz nichts geregelt haben, das hatte auch seinen Grund. – Mein Gott! Da frage ich Sie: Brauche ich da noch ein Alleinstellungsmerkmal? – Sie disqualifizieren sich doch mit dem, was Sie publizieren.

[Beifall bei den Grünen]

Sie disqualifizieren sich damit, wie untätig Sie hier sind.

Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich einfach auch mal ein bisschen fach- und sachkundiger zu machen,

[Beifall bei den Grünen – Gelächter bei der Linksfraktion – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das ist der freie Fall, Frau Bayram!]

denn an dem, was nicht nur die Leute aus dem Landesbeirat und von TBIB und sonst wem Ihnen vorgeschlagen haben, waren ganz viele Juristen beteiligt, die Ihnen gute Vorschläge gemacht haben. Ich habe die Papiere gesehen. Sie sind auch gut. Aber sie sind in Ihr Gesetz gar nicht eingeflossen.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Bayram! – Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Gersch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie feiern sich heute für ein Gesetz, das nichts anderes als ein Papiertiger ist. Es ist geradezu ein Paradebeispiel für Ihre Symbolpolitik. Der Migrantenbeauftragte des Senats, unser Gute-Laune-Onkel aller Integrationsverweigerer, hat ein Blendwerk produziert, das an Inhaltsleere nicht zu überbieten ist. Sie begründen es mit Wohlfühlphrasen, mit denen Sie von den wahren Problemen abzulenken versuchen. Sie gehen mit diesem Gesetz aber überhaupt nicht auf die wirklichen Integrationsprobleme ein. Da steht nichts über Bildung, es verhindert keine Arbeitslosigkeit, es zeigt keine Schranken gegen den weiteren Zuzug in unser Sozialsystem auf, es bietet keinerlei Handhabe gegen kriminelle Großfamilien oder Intensivtäter, die in dieser Stadt ihr Unwesen treiben.

[Zuruf von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Es wird nicht verhindern, dass es Menschen in dieser Stadt gibt, die unser Gesellschaftssystem und dessen Menschen verachten, die aber die darauf basierenden Segnungen des Sozial- und Gesundheitssystems gern in Anspruch nehmen.

Ich könnte die Liste hier endlos fortsetzen, aber die Probleme sind inzwischen allseits bekannt und werden nur noch von der linken Seite des Hauses weiter schöngeredet – das haben wir heute erlebt. Das aber wohl aus einem nachvollziehbaren Grund: Partizipieren werden durch

dieses Gesetz ausschließlich Funktionäre. Es ist für wenige Vertreter von Migrantenorganisationen geschrieben, deren Partizipation in unterschiedlichen Gremien damit gesichert oder sogar ausgeweitet wird. Wer kein Lobbyistenamt hat, hat auch nichts von diesem Gesetz.

Nun könnte man meinen, das Gesetz sei harmlos – Pillepalle, wie es Bürgermeister Buschkowsky ausgedrückt hat. Das ist es aber nicht. Dieses Gesetz ist nicht harmlos. Es wird der Gesellschaft schaden, denn Integration kann nicht per Gesetz verordnet werden, und wenn Sie diesen Anschein erwecken, machen Sie sich zum Handlanger der Verweigerer.

[Beifall bei der FDP]

Herr Gersch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein! – Wie Integration funktioniert, sehen wir an vielen gelungenen Beispielen, die es trotz der ignoranten linken Politik in Berlin gibt. Diese Beispiele haben gemeinsam, dass sie auf Eigenverantwortung setzen, aber auch auf Leistungsbereitschaft und Fleiß. Diese Menschen haben nicht auf einen muttersprachlichen Sozialarbeiter gewartet, der sie an die Hand nimmt und ihnen den Antrag auf Grundsicherung und Kindergeld ausfüllt oder der sie in eines der vielen dubiosen und teuren sogenannten Integrationsprojekte steckt – Stichwort: serbischer Volkstanz. Diese Menschen haben die Ärmel hochgekrempelt und die Chancen, die ihnen unsere Gesellschaft bietet, tatkräftig und entschlossen ergriffen. All diesen Menschen wird dieses Gesetz nicht gerecht, und sie brauchen es auch nicht.

[Beifall bei der FDP]

Parallel zur Diskussion über das Integrationsgesetz wurde in diesem Haus über eine Optimierung des Seniorenmitwirkungsgesetzes debattiert. Unterschiedliche Senats- und Bezirksvertreter erhoben organisatorische, finanzielle und sogar verfassungspolitische Bedenken, sowohl gegen das Integrationsgesetz als auch gegen die Vorschläge der Seniorenvertreter zu diesem Gesetz. Doch während RotRot die Bedenken gegen die Seniorenwünsche ernst nahm, wurden die erheblichen Bedenken gegen das Integrationsgesetz einfach, als sei nichts gewesen, beiseite gewischt. Sie wurden schlichtweg ignoriert, weil sie in diesem Fall aus wahltaktischen Gründen nicht opportun waren. Während Sie vor einigen Migrantenverbänden einen Kniefall machen, verweigern Sie den ehrenamtlichen Seniorenvertretern 2,10 Euro für eine BVG-Karte.

[Zurufe von den Grünen und der Linksfraktion]

Schäbiger können Sie Politik nicht betreiben. Das ist wahre Klientelpolitik, und es wird die Gesellschaft weiter spalten!

Während Rot-Rot-Grün bei der Integrationspolitik auf staatliche Fürsorge setzt, sind wir der festen Überzeugung, dass Integration nur durch Eigenverantwortung, Fleiß und Leistungsbereitschaft zu erreichen ist. Es ist aber kein Ausdruck von Leistungsbereitschaft, wenn ein Migrant 30 Jahre lang in Deutschland lebt und kein Wort Deutsch spricht. Integration ist eine Bringschuld, und das müssen wir den Zuwanderern auch deutlich sagen.

Während es Rot-Rot um die Partizipation von Migrantenlobbyisten in Gremien geht, geht es uns um Teilhabe an Bildung, Teilhabe am Arbeitsleben und Teilhabe am Wohlstand für alle Migranten, die auch ihren Teil zu diesem Wohlstand und zu einem friedlichen Miteinander beitragen.

[Zuruf]

Dem wird dieses Gesetz nicht gerecht, und tatsächlich widerspricht es diesem Ansatz, auch wenn Sie hier noch so laut herumkrakeelen. Wir werden es ablehnen, und das ist sehr berechtigt. Danke!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zur Vorlage – zur Beschlussfassung – auf Drucksache 16/73524 empfehlen der Fachausschuss und der Hauptausschuss mehrheitlich gegen CDU und FDP bei Enthaltung der Grünen die Annahme mit Änderungen. Wer der Gesetzesvorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung des Fachausschusses auf Drucksache 16/3670 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP und der fraktionslose Abgeordnete Hillenberg. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Grüne.

Ersteres war die Mehrheit. Damit ist das Gesetz zur Regelung von Partizipation und Integration in Berlin mit den vom Fachausschuss vorgeschlagenen Änderungen angenommen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Dringlicher Antrag

Avus-Sanierung beschleunigen – betroffene Wohngebiete schützen

Antrag der FDP Drs 16/3703

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP, und der Abgeord

nete von Lüdeke hat das Wort. – Wenn Sie bitte etwas leiser hinausgehen könnten, wenn Sie schon den Saal verlassen, wäre das sehr angenehm. – Herr von Lüdeke, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen den Fokus unserer Priorität auf eine weitere Baustelle richten – wir haben heute ja schon über andere Baustellen des Senats gesprochen –, nämlich auf die bevorstehende Sanierung der Berliner Avus. Wenn in Berlin ein Großprojekt dieser Dimension durchgeführt wird, dann ist in der Regel Skepsis angesagt. Der Bürger ist nämlich in Sachen Autoverkehr alarmiert, und das haben Sie in gewisser Weise selbst verschuldet. Beim Autoverkehr traut man Ihnen eben in dieser Stadt nichts zu.

[Beifall bei der FDP]

Erfahrungsgemäß spielt die Bürgerbeteiligung bei RotRot, gerade was den Autoverkehr betrifft, eine eher untergeordnete Rolle. – Wo ist eigentlich die Senatorin? Sie ist nicht da. Könnte man vielleicht die Senatorin zu so einer wichtigen Frage holen?

Wenn der Wunsch besteht, die Senatorin zu holen, dann müssen wir darüber abstimmen. – Sie stellen jetzt offiziell den Antrag?

Sie haben das vernommen, meine sehr verehrten Abgeordneten! Es besteht der Antrag, Frau Senatorin zu holen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU, der FDP und der Grünen.