Canan Bayram

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlin ist die Hauptstadt der Integration. 50 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei – das beschäftigt uns heute in der Aktuellen Stunde. Ich will gleich mit dem Beitrag von Herrn Wegner anfangen und muss sagen, man hätte sich in der Vergangenheit gewünscht, dass Ihre Fraktion den Fokus, den Sie eingenommen haben, öfter eingenommen hätte. Denn es ist nicht zu leugnen, dass tatsächlich in der Vergangenheit auch Gutes auf den Weg gebracht wurde – Sie haben einzelne Namen genannt –, aber leider ist es nicht so, dass sich das, was bei Ihnen im privaten Umfeld durch die erfolgreiche Werbung wohl gut zustande gekommen ist, auf alles übertragen lässt. Insoweit bleibt mir erst einmal zu wünschen, dass Ihre Stimme mehr Gehör findet und dass die CDU sich sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene ihrer Verantwortung für die Migrantinnen und Migranten in Deutschland bewusst wird und die Lebensumstände verbessert. Das geht über Mehrstaatigkeit, über die Abschaffung der Sprachtests usw. Wir können uns darüber in Ruhe unterhalten.
Mehrmals wurde es schon erwähnt: Vor 50 Jahren wurde durch ein Abkommen für viele Menschen eine Weiche
gestellt, die ihr Schicksal veränderte. Auch meine Biografie ist von diesem Abkommen geprägt. 1969 kam meine Mutter als ausgebildete Krankenschwester und Hebamme nach Deutschland und arbeitete in Textil- und Metallfabriken. Sie arbeitete im Schichtbetrieb und im Akkord. Als Mitglied der IG Metall stritt sie für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Das Rentenalter erreichte sie leider nicht. Nur ein Jahr nach meiner Mutter kam mein Vater – ausgebildeter Lehrer. Er hatte das Glück, dass er eine Beschäftigung im Staatsdienst fand.
Als ich kürzlich im Kino den Film „Almanya“ sah, fühlte ich mich in die Zeit meiner Kindheit zurückversetzt. Sogar der Wandteppich meiner Eltern fand sich in diesem Film wieder. Der Film zeigte eindrücklich, wie lustig und traurig zugleich die Erfahrung der sogenannten Gastarbeitergeneration waren. Diese Erlebnisse haben mich geprägt und auch sensibilisiert. Ich sehe es deshalb auch als meine Aufgabe, genauer hinzuschauen und anzusprechen, was stimmt, und eben auch, was nicht stimmt.
Dabei ist mir wichtig, die Erfahrungen der Eltern- und Großelterngeneration nicht als Vorwurf und Mahnung zu verstehen, vielmehr gebührt ihnen unser Respekt für ihre Leistung und ihren Mut. Ihren Anteil an der Geschichte unseres Landes sollten wir, so wie es unser Bundesvorsitzender Cem Özdemir vorgeschlagen hat, durch ein Migrationsmuseum kenntlich machen.
Wir haben tatsächlich ein Berlin, das multikulturell ist, das vielfältig ist, das sehr vielen unterschiedlichen Lebensläufen Raum gibt. Wir können uns daran freuen, und wir wollen es auch weiterhin gestalten.
Wenn allerdings die Regierungsfraktionen dieses Thema zur Aktuellen Stunde machen, fragt man sich zwangsläufig: Was haben Sie in den letzten fünf bzw. zehn Jahren getan haben, um die Menschen zu unterstützen oder das Anliegen der Würdigung der Leistung dieser Menschen voranzubringen? Sie hatten fast zehn Jahre Regierungszeit, und der Kollege Raed Saleh sowie die Kollegin Elke Breitenbach hatten jeweils zehn Minuten Redezeit. Ich kann resümieren: zu wenig, eindeutig zu wenig und manchmal eben auch das Falsche!
Deswegen finde ich es schon ganz schön mutig, sich hinzustellen und so zu tun, als hätten Sie sich um die Integration verdient gemacht.
Leider, muss ich sagen – und das werden Ihnen auch in Ihren Reihen viele Menschen sagen –, ist in manchen Bereichen das Gegenteil der Fall: Buschkowsky, Sarrazin und Co. sind Berliner SPD-Markenzeichen für Ausgrenzung, Rassismus und Intoleranz.
Nicht unerwähnt lassen will ich auch, dass zu dem allen der Regierende Bürgermeister sich immer weggeduckt hat, wenn es darum gegangen wäre, zum Thema Integration und Migration Stellung zu beziehen. Als Sarrazin durch Berlin zog und Folien auflegte, wie viel mehr Geld Berlin hätte, wenn Migrantinnen und Migranten keine staatlichen Leistungen bezögen, lange noch bevor er sein schreckliches Buch geschrieben hat! Er hat auch geschwiegen und sogar sein Publikationstermin verlegt, als das ganze Land über Sarrazins Ausschluss debattierte.
Wegducken und aussitzen statt regieren und gestalten – das ist in Berlin Chefsache und Markenzeichen, auch bei der Integration, was bedeutet: Nichts tun!
Deshalb hat es mich auch gar nicht gewundert, als ich jetzt las, dass er vor einigen Tagen seine Sicherheitsleute als „Kümmeltürken“, so wie Kümmeltürken arbeitend, bezeichnete. Dafür wäre eine Entschuldigung wirklich überfällig.
Und ich habe noch keine gehört. Da geht es auch nicht darum, wie man ein Kosewort für seine Sicherheitsleute findet.
Jetzt möchte ich gerne zu Ihnen, Frau Integrationssenatorin, etwas sagen: Seitdem ich Sie in Ihrer Funktion erlebe, habe ich den Eindruck, dass Sie nicht angekommen sind
und Ihnen insbesondere das, was wir den Verwaltungen durch das Integrationsgesetz empfehlen, gut tun würde, nämlich ein Kurs in interkultureller Öffnung, Training oder in Diversity. Das würde eine Perspektive auf Ihr Arbeitsfeld ermöglichen, wo man oft nicht weiß, was vor sich geht und wie man ansetzen soll, um etwas zu verändern.
Integrationskonzepte, die nicht umgesetzt werden, und jahrelange Bemühungen um die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, deren Scheitern uns ein Integrationsgesetz bescherte, von dem ein halbes Jahr nach Inkrafttreten keine Wirkung ausgeht! Sie können vortragen, falls es anders ist.
Aber richtig wütend macht mich, dass sich die Versäumnisse bei den Integrationsangeboten aus der Zeit der sogenannten Gastarbeitergeneration nun beim Zuzug der Menschen aus Rumänien und Bulgarien wiederholen. Aktuell diese Woche konnte man wieder lesen, welche Probleme sich ergeben. Keiner fühlt sich zuständig. Die Menschen bleiben sich selbst überlassen. Keiner erfährt eine Unterstützung. Das ist unmöglich.
Derzeit leben etwa 460 000 Menschen ohne deutschen Pass in Berlin. Die Hürden für einen Pass steigen, die Motivation dagegen sinkt. In den letzten fünf Jahren wurden 76 000 Euro für die Einbürgerungskampagne ausgegeben, doch seit 2006 ist die Zahl der tatsächlichen Einbürgerungen um 40 Prozent gesunken. Die von Ihnen eingesetzten Instrumente wirken nicht. Das wird Ihnen auch in dem Evaluationsbericht bescheinigt, den zu behandeln sich die Koalitionsfraktionen in der letzten Ausschusssitzung geweigert haben. Ich zitiere kurz aus der Stellungnahme der Vereine:
Die an der Evaluation beteiligten Vereine kommen daher zu dem Schluss, dass Sinn und Zweck der Evaluation verfehlt wurden. Der Prozess und die Ergebnisse bergen die Gefahr, Ausschluss zu fördern und Konkurrenz zu erzeugen, anstatt eine realitätsnahe Bestandsaufnahme und Qualitätserhöhung der integrationspolitischen Arbeit zu gewährleisten.
Diese Stadt kann sich eine Integrationspolitik à la Rot-Rot nicht mehr leisten.
Wir brauchen eine Regierung, die die Themen ernst nimmt und die Herausforderungen angeht. Das heißt: migrationsorientierter Vollzug der Bundesgesetze, echte Antidiskriminierungsgesetze und Positivmaßnahmen, politische und gesellschaftliche Partizipation, würdiger Umgang mit Neumigrantinnen und -migranten – egal, ob Flüchtlinge, Fachkräfte oder nachziehende Familienangehörige.
Ich komme zum Schluss. – Meine Vision für Berlin ist, dass wir unsere Stadt vielfältig, tolerant und kreativ gestalten. Dafür stehen wir, und Sie werden heute dazu noch die Gelegenheit haben, indem Sie unserem Antrag zur bezirklichen Wahlrechtsmöglichkeit für alle Migrantinnen und Migranten zustimmen. – Danke schön!
Herr Kollege! Der Jahrestag jährt sich im Oktober. Sagen Sie doch bitte allen Menschen, dass heute Ihre Anmeldung überhaupt nichts mit der Zeit vor dem September zu tun hat!
Was leider auch Sie, Herr Müller, in der letzten Zeit versäumt haben, ist, darauf zu setzen, was sich die Menschen erarbeitet und was sie geleistet haben. Das ist doch nicht das, womit Sie sich hier hinstellen und sagen können: Das haben wir gemacht. – Diese Erfolge haben sich die Menschen erarbeitet.
Unsere Aufgabe als Politiker ist es, den Rahmen zu setzen. Da haben Sie mit Ihrem Integrationsgesetz zu kurz gegriffen.
Das wird Ihnen von allen Fachleuten bescheinigt. Darüber haben wir oft gesprochen, Herr Müller. Sie wissen, was ich meine.
Deshalb war es interessant, in der Begründung der Kollegin Baba zu hören, wo die ein Problem haben. Sie sagte, wo sie in der Koalition nicht weiterkam oder wo sie beanstandet hat, dass Menschen im Senat, wie Sarrazin, oder in den Koalitionsverhandlungen Anträge nicht unterstützt haben.
Herr Gaebler! Sie reden gerne dazwischen. Ich würde Ihnen gerne drei Minuten schenken, um vorzutragen, wie Sie das Thema innerhalb Ihrer Fraktion befördert haben, denn ich glaube, um vorzutragen, wie Sie das verhindert haben, würden Sie mit drei Minuten nicht hinkommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt haben wir zwei Ausschussberatungen zu diesem Antrag hinter uns. In der ersten Ausschussberatung im Rechtsausschuss wurde kaum darüber debattiert. Es wurde eine Anhörung abgelehnt. Demgegenüber haben wir im Innenausschuss eine Beratung gehabt, wo aber nur unsere Fraktion einen Anzuhörenden benannt hat, sodass Felix Hanschmann – im Vorfeld hatte er eine sehr lange, umfangreiche Stellungnahme bereits schriftlich abgegeben – lange und ausführlich auf alle Argumente eingegangen ist, die in der letzten Plenardebatte, in der ersten Lesung Ihrerseits hauptsächlich vorgetragen wurden. Und wer sich dafür interessiert und nicht dabei war, der sollte wirklich noch mal nachlesen, wie fundiert, wie juristisch sauber die Darstellung des Herrn Hanschmann, des Anzuhörenden, war und wie dünn und wie kurz und wie teilweise inhaltsleer die Äußerungen derjenigen waren, die meinten, sie hätten so tolle Argumente, um diesen Antrag abzulehnen.
Das kommunale Wahlrecht, das BVV-Wahlrecht für alle ist ein sehr wichtiges Anliegen, für das wir auch weiterhin kämpfen und streiten werden.
Für den Fall, dass man tatsächlich unterstellt, dass Sie Bedenken gehabt hätten, hätten Sie doch wirklich Anzuhörende benennen können oder Ihre Bedenken dort vortragen können. Ich will exemplarisch wirklich mal hier die Bedenken vorstellen, die der Kollege von der Linksfraktion hatte. Der Herr Lederer hatte hier vorgetragen, dass er der Ansicht ist, dass wegen der besonderen Situation der EU-Staatsbürger es halt nicht möglich wäre, das den Migrantinnen und Migranten außerhalb der EU zuzubilligen. Und da hat der Herr Hanschmann – ich zitiere – gesagt: Es gibt keine Stimme in der rechtswissenschaftlichen Literatur, es gibt keine Gerichtsentscheidung, die Vorgaben für die Frage macht, ob man den Kreis der Wahlberechtigten über die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger hinaus noch erweitern kann. – Dennoch fühlte sich aber die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion lediglich berufen, das zu wiederholen, was Herr Lederer hier schon in der Plenarberatung vorgetragen hatte.
Daran können Sie sehen, dass wirklich noch nicht mal eine Offenheit da war, sich dieses Themas anzunehmen und zumindest eine inhaltlich fundierte Debatte dazu zu führen. Und das ist Ihre Form der Integrationsverweigerung.
Heute kam die Männergruppe, die sich immer mit Kazim Erdogan trifft, zu mir ins Abgeordnetenhaus und hat mir einen Packen an Karten übergeben – ich will Ihnen das auch mal zeigen, das sind unsere Karten von Bündnis 90/Die Grünen –, in denen die Menschen in verschiedenen Sprachen nachlesen können, was uns wichtig ist, und darstellen können, was ihnen wichtig, nämlich mitreden zu dürfen. Diese Karten wurden mir von den Männern übergeben, gemeinsam mit Kazim Erdogan, und aus dem Gespräch möchte ich doch eines wiedergeben, was mir der eine Mann erklärt hat. Er lebt fast so lange wie dieses Abkommen, das wir heute in der Aktuellen Stunde beraten haben, nämlich seit 45 Jahren in Berlin. Er arbeitet hier. Er zahlt Steuern. Er hat hier seine Kinder und Enkel großgezogen. Und er sagt, er kann nicht verstehen, warum er immer noch nicht mitwählen darf, warum er die Belange in Neukölln nicht mitgestalten darf. Sie werden in den folgenden Monaten reichlich Gelegenheit haben, insbesondere die Parteien, die hier die Koalitionsfraktionen darstellen, den Menschen zu erklären, warum Sie in Ihre Programme hineinnehmen, dass Sie kommunales Wahlrecht für die Menschen ermöglichen wollen, aber dort, wo die konkrete Gelegenheit da ist, nämlich heute dem Antrag, den wir gestellt haben, der juristisch gangbar ist, nicht zustimmen. Das müssen Sie den Menschen erklären. Überlegen Sie sich noch mal, ob Sie nicht doch heute zustimmen! Dann haben Sie auch einen schöneren Sommer.
Weil hier der Eindruck entsteht, nicht alle Innenausschussmitglieder haben auch wirklich zugehört, können Protokolle lesen und wissen, worum es geht,
will ich ein paar Passagen vorlesen. – Herr Gram! Sie waren doch dabei. Ich lese es Ihnen noch mal vor, dann können Sie sich noch mal erinnern.
Ich zitiere Herrn Hanschmann:
Ich möchte in aller Kürze versuchen, diese Bedenken zu zerstreuen. Ich möchte versuchen, Ihnen darzulegen, warum dem Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung der Berliner Verfassung nicht nur keine rechtlichen Bedenken entgegenstehen, sondern die nationalen, europäischen und internationalen Rechtsentwicklungen in den letzten 21 Jahren, also seit den beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes im Jahr 1990, der Einführung des kommunalen Wahlrechts für Drittstaatsangehörige entgegenkommen.
Das hat er gesagt, und er hat auch dargestellt, dass es in dieser Form, wie wir es hier vorgeschlagen haben, möglich ist.
Eine weitere Stelle, die ich Ihnen gerne vorlesen will:
Entscheidende Faktoren für die Chancen einer positiven Neubewertung des kommunalen Wahlrechts für Drittstaatsangehörige in Karlsruhe
sprich: Bundesverfassungsgericht –
ist demnach nicht allein der bloße Zeitablauf seit 1990, sondern es sind Veränderungen der Gesellschaft, Entwicklungen im internationalen, europäischen und nationalen Verfassungsrecht, eine personell veränderte Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts sowie die in der Vergangenheit mehrfach zu beobachtende Tatsache, dass das Gericht in Karlsruhe seine eigene Rechtsprechung zu ändern in der Lage ist und das auch tut.
Diesen Umstand können Sie doch nicht leugnen!
Was Sie hier alle schuldig geblieben sind zu beantworten, ist: Warum haben Sie denn nicht eigene Sachverständige benannt?
Warum sind Sie denn nicht in eine inhaltliche Debatte gegangen?
Kollegen von der SPD! Wenn Sie dann auch noch die CDU und die FDP, die explizit gegen ein kommunales Wahlrecht sind, als Unterstützer Ihres Anliegens anführen, dann demaskieren Sie sich selber.
Das ist ja wohl ganz offensichtlich.
Dann will ich kurz noch anführen: Herr Wansner! Es ehrt Sie ja, dass Sie durch Kreuzberg gehen, aber vielleicht verstehen Sie nicht alles, was da gesagt wird. Genauer hinhören hilft manchmal!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich will zu der Thematik noch ein paar Zahlen nennen. 33 Prozent der Alg-Empfänger mit Migrationshintergrund haben einen Berufsabschluss, mit dem sie nicht beschäftigt werden können. Bei den Menschen, die aus den GUS-Staaten kommen, sind es sogar 50 Prozent. Damit wird einem deutlich, was für ein hoher Anteil von Menschen durch bürokratische Hürden, durch fehlende Gesetze davon abgehalten wird, in dem Beruf tätig zu werden, den er einmal wahrscheinlich mit viel Freude gelernt hat. Das ist für uns im Jahr 2009 Anlass gewesen – das sind jetzt schon fast zwei Jahre –, mit dem Antrag „Brain Waste vermeiden – Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen“ konkrete Vorschläge zu machen, wie der Senat dem entgegenwirken und in eigener Zuständigkeit dafür Sorge tragen kann, dass die Menschen hier mit ihren Fähigkeiten, ihrem Potenzial diese Stadt weiterbringen können.
Leider wurde der Antrag hier mit der rot-roten Mehrheit abgelehnt, und alle weiteren Nachfragen und Diskussionen im zuständigen Ausschuss wurden von der Senatorin mit Hinweis auf das, was auf Bundesebene kommt, immer wieder abgewiegelt. Das ist keine verantwortungsvolle Politik für das Land Berlin. Das ist keine Wahrnehmung der eigenen Zuständigkeit. Und dadurch haben sehr viele Menschen jahrelang die Möglichkeit verloren, in diesem Bereich weiterzukommen. Wenn Sie sich klarmachen, dass ein aus dem Beruf Ausscheiden für einige Jahre dazu führen kann, dass man nie wieder in diesen Beruf hereinkommt, dann wird auch noch einmal deutlich, welche schrecklichen Folgen Ihre Untätigkeit hier bewirkt haben.
Ganz kurz möchte ich auf den Änderungsantrag der FDP eingehen, der in manchen Bereichen tatsächlich ein bisschen konkreter in den Anforderungen ist als der ursprüngliche Antrag der Koalitionsfraktionen. Aber leider ist es eben in dem FDP-Antrag wieder so, wie es seit vielen Jahren in der Diskussion ist, dass wieder die Angst aufgemacht wird, dadurch würden geringer qualifizierte Menschen in Bereiche hineingebracht, wo sie nicht hineingehören. Da muss ich wirklich sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist nicht das Problem. Es ist eher das Problem, dass wir unnötige Hürden aufbauen, die abgebaut gehören, wo wir keine Qualitätseinbußen haben.
Wir wollen eben, dass Qualitätsstandards erhalten werden, aber wir wollen auch, dass einmal wirklich gründlich geprüft wird, wo zusätzliche Prüfungen oder Maßnahmen und Erfordernisse, die unsere Gesetzgebung stellen, Sinn
machen; und wo sie keinen machen, müssen sie abgeschafft werden. Das unterscheidet uns auch von Ihnen.
Die Möglichkeit der Nachqualifizierung wurde hier schon erwähnt. Die will ich noch einmal herausstellen, denn tatsächlich ist es so, dass es in vielen Berufen schon genügen würde, wenn die Menschen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekämen, damit sie nachgeschult werden können.
Wenn Sie wissen, wie das Alter beim BAföG berücksichtigt wird, dann wissen Sie, dass viele Menschen in einem Alter, in dem sie einwandern, schon über diese Grenzen sind und überhaupt keine staatliche Unterstützung für diese Nachschulung erhalten. Insoweit muss es da eben auch finanzielle Unterstützung geben.
Zum Schluss will ich kurz darauf eingehen, dass Sie fünf Jahre in Ihrer Verantwortung hier nichts gemacht haben, um das Thema zu befördern, gar nichts, nichts, um die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu unterstützen.
Jetzt, wo Sie in ca. drei Monaten abgewählt werden, kommen Sie mit einem Antrag, der wohl bewusst kein Berichtsdatum hat, wann bitte berichtet werden soll, wann das Ganze umgesetzt werden wird. Da kann ich wirklich sagen: Fünf Jahre Nichtstun, jetzt einen Alibiantrag, das ist keine verantwortungsvolle Politik. Mit uns können Sie das nicht machen, deswegen werden wir gegen den Antrag stimmen.
Herr Senator! Sie haben gesagt, dass die Stellen zur Verfügung stehen, weil in Grünau Stellen abgebaut wurden. Können Sie sagen, wie viele Stellen dort noch vorhanden sind und ob wir nicht – wie wir es im Rahmen der Haushaltsbesprechung bereits diskutiert haben – auf den Standort Grünau komplett verzichten könnten? Wie viele zusätzliche Stellen könnte das dann bedeuten?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Juhnke! Mit Ihren Ausführungen und Ihrem Antrag haben Sie nachgewiesen, dass Sie sich in dieser Materie überhaupt nicht auskennen. Nach dem, was wir von Ihrer Kollegin Demirbüken-Wegner zum Thema Familie gehört haben, kann man Ihnen fast empfehlen, dass Sie sich mal darüber erkundigen, was Kindeswohl bedeutet und was Familien gut tut.
Es ist absolut widersprüchlich und unsinnig zu sagen, das Wohl der Kinder liege Ihnen am Herzen und deswegen soll demnächst die Ausländerbehörde statt das Jugendamt zuständig sein. Wo hat man denn so etwas gehört?
Es besteht wohl auch eine weitere Unkenntnis Ihrerseits darüber, was am Friedrich-Krause-Ufer bei der Ausländerbehörde an Arbeitsaufkommen, an Wartelisten und Wartezeiten besteht. Sie tun so, als würden die Beamtinnen und Beamten dort nur darauf warten, endlich auf Jagd zu gehen, um dann festzustellen, dass sie noch gar nicht beurteilen können, ob ein Verfahren gegen die Leute eingeleitet werden kann, da zunächst die Abfragen beim Jugendamt gemacht werden müssen zur Klärung, ob die Menschen ausgewiesen werden müssen. Dieser Antrag ist wirklich völlig überflüssig, reiner Bürokratieunsinn und in keiner Weise geeignet, weder den Familien noch den Staatskassen weiterzuhelfen.
Dass Sie solche Anträge überhaupt vorlegen und wir uns damit befassen müssen, macht deutlich, dass Sie migrantische Familien am liebsten erst einmal unter einen Generalverdacht stellen. Da ist irgendein Migrant dabei, da kann nicht alles mit rechten Dingen zugehen – das ist Ihre Haltung, Ihre Sicht auf diese Stadt, und das sollten die Menschen auch erfahren!
Das ist ein falscher Ansatz, und ich empfehle Ihnen, Respekt vor diesen Menschen zu haben, Respekt vor jeder Familie, das ist jedenfalls das Motto von Bündnis 90/Die Grünen: Familie ist überall, wo Kinder sind! Kinder sind zu schützen und nicht unter Generalverdacht zu stellen!
[Beifall bei den Grünen, der SPD und der Linksfraktion – Dr. Robbin Juhnke (CDU): So hoch können Sie das Stöckchen gar nicht halten, dass ich nicht darüber springen kann!]
Es bleibt Ihr Geheimnis, warum Sie diesen Antrag gestellt haben – es gibt keinen echten Bedarf dafür, und Sie weisen dazu auch keine Sachkunde vor. Ich kann mir nur vorstellen, dass Sie noch ein Profil suchen – law and order. Ihr Kandidat für das Amt, das er eh nicht erreichen wird, hat das als höchstes Ziel benannt. Das sind Fantasien von Leuten, die keine Ahnung von Verwaltung und keine Ahnung von Familie haben und meinen, eine Gruppe gefunden zu haben, die man besonders verfolgen müsste. Als Mitglied im Innenausschuss erinnert mich das an etwas, womit Herr Trapp schon mal in die Presse gekommen ist: „Intelligenztest für Migranten“. Das alles ist es nicht wert, dass wir uns in diesem Hause damit beschäftigen.
Es gibt nichts zu regeln, das Gesetz gibt es bereits, zuständige Stellen gibt es auch. Ihr Schwerpunkt, das in die Ausländerbehörde geben zu wollen, macht lediglich Ihre Haltung gegenüber multikulturellen Familien klar, und da müssen Sie noch einiges hinzulernen. Ich hoffe und wünsche Ihnen, dass Sie noch mehr Migrantinnen und Migranten in Ihre Reihe bekommen, damit Sie noch etwas durchmischt werden und in dieser Stadt ankommen!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich hätte mir gewünscht, dass das, was vor anderthalb Jahren hier in dieser Runde von der Linksfraktion angekündigt wurde, dass wir uns im Ausschuss ausführlich zu diesem Antrag verständigen werden, dass wir uns auch mit Fachleuten darüber unterhalten werden, dass das stattgefunden hätte. Dann hätte ich auch die Entscheidung, nämlich unseren Antrag abzulehnen, anders werten können. Aber leider ist das, was hier angekündigt wurde, nicht erfolgt, sondern vielmehr war es dann so, dass es in ganz kurzer Zeit mit der Kernaussage abgehandelt wurde: Wir machen schon genug, wir brauchen nichts Neues mehr!
Das halte ich für wirklich völlig daneben, und deswegen bin ich der Ansicht, dass man auch klar darüber aufklären muss, dass hier insoweit vorher völlig unsinnig Dinge angekündigt worden sind, die dann nicht gemacht wurden. Sie sind aber sehr nötig! Denn das Problem ist tatsächlich, dass die Lebenssituation von Migrantinnen und
Migranten in Berlin es erfordert, dass sie gute psychosoziale Versorgung erhalten.
Immer wieder wird mir von Psychologen, von Praktikern, von Therapeuten zugetragen, dass insbesondere auch die Situation der Migration dazu führt, dass Familien auseinandergehen, dass es aufgrund der veränderten Umstände und der kulturellen Unterschiede erforderlich ist, dass diese Familien eine stärkere Unterstützung erhalten. Dieses Auseinanderfallen und auch die Unklarheit über Rechte und Pflichten gehen zulasten der Kinder. Dagegen müssen wir dringend etwas unternehmen!
Ich will sagen, dass es für mich wenig Unterschied macht, ob man den Menschen die Hilfe und die Unterstützung versagt und ihnen noch dafür die Schuldzuweisung zuspricht, dass ihre Lebenssituation nicht gut ist, weil sie Migrantinnen und Migranten sind, weil sie nicht dieselben Voraussetzungen haben, weil sie keinen diskriminierungsfreien Zugang zu den Leistungen und auch den Möglichkeiten unserer Gesellschaft haben, oder ob man es so wie dieser Senat macht, ihnen das praktisch einfach zu verweigern.
Da kann ich auf unseren gestrigen Empfang Bezug nehmen, auf dem Renate Künast vorgetragen hat, dass Integrationsverweigerung auch vom Staat ausgehen kann. Denn es ist eine Integrationsverweigerung, wenn den Menschen nicht die Leistungen, nicht die psychosoziale Versorgung gewährt werden, die sie benötigen, um sich hier entfalten zu können, um hier für ihre Familie das Glück finden zu können, das sich erhofft haben.
Ich fand schon erstaunlich, dass dort gesagt wurde: Na ja, wenn es mehr migrantische Psychologen, Therapeuten und Sonstiges gäbe, würden die mehr Zulassungen bekommen, und dann würde sich das Problem von allein erledigen. – Aber seit Jahren erledigt sich das Problem nicht. Das heißt, es müssen weitere Kriterien herangezogen werden. Da wird es spannend sein, danach zu schauen, wie sich dieses Integrationsgesetz mit seiner interkulturellen Öffnung in diesen Bereichen auswirkt. Dazu gibt es noch keine konkreten Vorschläge von Ihnen.
Ja, natürlich! In dem Antrag stehen konkrete Vorschläge,
und ich habe Ihnen auch im Ausschuss gesagt, dass es Kriterien geben muss, nach denen Therapeutinnen und Therapeuten Zulassungen gewährt werden, wie es bislang in dieser Form noch nicht möglich ist.
Deshalb ist das, was Sie hier betreiben, eine Blockade. Sie blockieren und verweigern, indem Sie den Menschen die Unterstützung nicht zugestehen. Sie entziehen sich der Verantwortung, die Sie in dieser Stadt für diese Menschen haben, indem Sie einfach nur sagen: Ich habe doch zwei Einrichtungen, da sollen die sich hinwenden! – Bei Kenntnis der Zahl derjenigen, die die Unterstützung tatsächlich brauchen, ist das unaufrichtig und keine verantwortungsvolle Politik.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wir haben einen Antrag eingebracht, in dem wir die Verfassung ändern wollen, die es dann ermöglichen soll, dass auch Menschen, die keinen europäischen Pass und
auch keinen deutschen Pass haben, die Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin wählen können.
Es geht uns darum, drei Dinge hauptsächlich damit anzustoßen. Das eine ist, dass wir ein Demokratiedefizit in Berlin, aber auch im gesamten Bundesgebiet sehen. Wir wollen uns das nicht weiter anschauen, sondern wir wollen dieses Defizit angehen, und wir wollen die Diskriminierung bei der Ausübung politischer Rechte abwenden. Dazu fangen wir an mit dieser Verfassungsänderung, denn das ist ein klares Bekenntnis Berlins zu sagen, wir nehmen es nicht länger hin, dass Teile der Bevölkerung hier in Berlin von fundamentalen Rechten ausgeschlossen werden.
Ein weiterer Punkt ist der, den können Sie auch sehr schön in der Begründung des Antrags nachlesen, dass wir der Ansicht sind, dass nach nunmehr 20 Jahren der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sowohl die Gesellschaft sich geändert hat als auch die Rechtsprechung sich in Teilen geändert hat als auch die Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts sich geändert hat. Daher sind wir der Ansicht, dass es wichtig ist, einen Schritt zu unternehmen, um es dem Gericht zu ermöglichen, seine Meinung zur aktuellen Situation in diesem Land darzustellen.
Ich will nur kurz erwähnen, dass uns insbesondere in dem Zusammenhang das Wahlrecht für EU-Staatsangehörige ermutigt zu sagen, Deutschland hat sich verändert, Europa hat sich verändert, und wir wollen ein Europa, und dazu gehört eben auch, dass nicht nur der kleine Begriff des Volkes, so wie er von vielen verstanden wird, wahrgenommen und bei der Ausübung vom Wahlrecht bezogen wird, sondern dass auch Menschen, die seit Jahren, Jahrzehnten in dieser Stadt leben, partizipieren können sollen und dass sie genauso dazugehören und auch, wenn sie denn schon von den Entscheidungen betroffen sind, bei dem Zustandekommen der Entscheidungen mitwirken können sollen.
Uns geht es auch noch um einen dritten Aspekt, den ich hier ansprechen will, und das ist das Zusammenwachsen dieser Gesellschaft. Wir stellen uns die Frage, wie denn eine Gesellschaft zusammenwachsen soll, in der Rechte und Pflichten ungleich verteilt sind, in der Menschen, die bei der Steuer herangezogen werden, nicht dabei mitwirken können, ob Steuern überhaupt bzw. für welche Dinge in welcher Höhe erhoben werden. Das ist ein Problem, und das führt eben auch dazu, dass Menschen sich zurückziehen und sagen: Was ich dazu zu sagen habe, das interessiert niemanden. Meine Stimme zählt nicht. Und dann brauche ich auch nicht mich zu öffnen für eine Gesellschaft. – Das ist wirklich schade, und das ist auch etwas, was wir so nicht mehr hinnehmen wollen. Insoweit müssen wir da auch in Bezug auf Integration und das Zusammenwachsen dieser Stadt hier Abänderungen herbeiführen und müssen dafür sorgen, dass die Menschen zu
ihrem Menschenrecht kommen, nämlich mitwirken zu dürfen.
Ich will Sie gerne noch auf diese Karte aufmerksam machen und sie kurz vorlesen, auf der wir sagen, ganz selbstverständlich sagen auch Menschen, die keinen deutschen Pass und keinen europäischen Pass haben: Hier lebt meine Familie. Hier ist mein Freundeskreis. Hier findet mein Alltag statt. Das ist mein Kiez. Das ist meine Stadt. Berlin ist meine Stadt. Aber meine Stimme, wer hört die? Von wem wird sie erhört? Von wem wird sie befolgt, auch in dem, was sie kundtut und was sie mitgestalten will? – Wir, Bündnis 90/Die Grünen, sagen: Wir nehmen es nicht mehr hin, dass es Bezirke gibt, in denen ein Drittel der Bevölkerung nicht mitwählen darf. Wir nehmen es nicht hin, dass es Abgeordnetenhauswahlkreise gibt, in denen zwei Drittel nicht wählen dürfen. Wir wollen den Menschen geben, was Ihnen unserer Ansicht nach zusteht, und das ist eine Stimme für Berlin, für die Bezirksverordnetenversammlungen, damit sie sich hier einbringen können. – Danke schön!
Herr Kollege! Kann ich Ihren Beitrag dahin gehend verstehen, dass Sie noch mal überdenken würden, was Sie hier vorgetragen haben, wenn wir einen späteren Zeitpunkt nehmen würden, in dem das Gesetz in Kraft treten würde? Ansonsten würde mich bei Ihrem Rechtsvortrag, den Sie hier gehalten haben, interessieren, wie Sie das Ganze politisch sehen, auch Ihre eigene Verantwortung als Berliner Abgeordneter, der Sie dies schon eine ganze Weile sind. Wie sehen Sie Ihre persönliche Verantwortung, und wie bringen Sie das in Einklang mit dem, was Sie hier vorgetragen haben, dass es mehrere Bundesratsinitiativen gab, zurzeit aktuell wieder eine der A-Länder? Da fragt es sich insbesondere auch mit Blick darauf, dass wir in Berlin eine ganz andere Zusammensetzung haben, sodass im Moment aufgrund des Umstandes, dass es mit SPD-Parteizugehörigen und den anderen Fraktionen hier eine Zweidrittelmehrheit gäbe, um diese Landesverfassungsänderung herbeizuführen: Wie stehen Sie dazu? Haben Sie sich dazu überhaupt schon mal Gedanken gemacht? Oder haben Sie vielleicht gar Sorge, dass in Ihren eigenen Reihen ganz viele Menschen sind, die solche Bundesratsinitiativen lediglich dann mittragen, wenn Sie darauf hoffen können, dass Sie nicht Realität werden.
Insoweit finde ich schon spannend, dass Sie sich rein rechtspositivistisch hier vorne hinstellen und sagen: Ich habe auch ein paar Aufsätze gelesen, dass das nicht geht. – Das halte ich für ein bisschen wenig.
Ich will nicht darauf verzichten, Sie kurz noch mal darauf hinzuweisen, dass es gerade Radbruch war, der gesagt hat: Rechtspositivismus löst die Fragen einer Gesellschaft nicht.
Dann lesen Sie doch noch mal nach, wie positivistisch die Darstellung ist, statt sich inhaltlich politisch in die Diskussion einzubringen
und darzustellen, wo Ihre Position ist und wie Sie sich in Ihrer Verantwortung als Berliner Parlamentarierinnen und Parlamentarier einbringen wollen. Das ist für mich die spannende Frage, die Sie heute noch nicht beantwortet haben, die Sie aber den Wählerinnen und Wählern werden beantworten müssen, wenn es so weit ist.
Vielen Dank, Herr Kollege! – Es ist sehr spannend, wie wir uns hier juristisch mit dem Thema auseinandersetzen,
und ich habe mich darauf beschränkt, die Argumente, die ich hier nicht mündlich vorgetragen habe, in den Antrag zu schreiben.
Stimmen Sie mit mir darin überein, dass die Frage, ob ein solches Gesetz verfassungsgemäß oder verfassungswidrig ist, auch in Zukunft vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden sollte und nicht von den Kolleginnen und Kollegen Juristen in diesem Hause?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! In die Richtung der FDP-Fraktion will ich kurz zitieren, was Volker Beck heute gesagt hat:
Brennende Gotteshäuser, egal welcher Religion, sind die Quittung für rassistische Rechnungen über Intelligenzquotienten und angeblich fehlenden Integrationswillen von Migrantinnen und Migranten.
Damit wird deutlich, dass das, was Sie mit Ihren Anträgen und Ihrer GO-Debatte versuchen, in eine Richtung geht, die man nicht verantworten kann und die Sie, solange Sie noch in diesem Haus sitzen, nicht verantworten sollten.
Nun zum Antrag, zu diesem Integrationsgesetz, das wir heute besprechen. Es ist leider so, dass wir dem nicht zustimmen können, dass wir uns enthalten müssen.
Der Grund dafür besteht darin, dass uns heute leider ein Gesetz vorgelegt wurde, das nicht zustimmungsfähig ist, denn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot haben in Ihr Gesetz auch hineingeschrieben, dass der mangelnde Integrationswille dafür verantwortlich ist, dass Integration nicht funktioniert. Lesen Sie sich das doch einfach noch mal durch! Das ist eine einseitige Schuldzuweisung und wird so von uns nicht getragen.
Echte Partizipation geht weiter, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da hätten wir uns auch mehr vorstellen können. Da hätten wir auch gern mit Ihnen mehr diskutiert und gesprochen. Aber was stimmt und was Sie nicht leugnen können, ist, dass Sie eine Initiative aus der Mitte der Gesellschaft – die dort oben vertreten ist, die ich auch ganz herzlich begrüße und für deren Arbeit ich mich bedanke – benutzt haben, um über Ihre Mängel, Fehler und Versäumnisse hinwegzutäuschen. Das ist etwas, was wir nicht richtig finden.
Strukturelle Benachteiligung wird hier immer aufgeführt. Das haben Sie auch, lieber Herr Kollege Wolf, in Ihrer Rede ausgeführt. Die gibt es, die ist festgestellt worden. Aber dieses Gesetz, das Sie hier einbringen, ist nicht geeignet, das in irgendeiner Art und Weise aufzuheben oder zu beseitigen. Wären Sie in dieser Innenausschusssitzung gewesen, aus der Sie einen der Anzuhörenden zitiert haben, dann hätten Sie auch mitbekommen, dass da andere Anzuhörende waren, und die haben gesagt: Dieser Senat hat Gutachten und Positivmaßnahmen, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorgeschlagen wurden, was gemacht werden müsste, um genau das zu beseitigen. Hochschulabsolventen kriegen in Deutschland, in Berlin keine Arbeitsplätze. Da geht es nicht um das typische Klientel von Herrn Buschkowsky.
Dagegen machen Sie nichts, da sieht Ihr Gesetz nichts vor. Da brauchen Sie sich auch nicht hier hinzustellen und so zu tun, als wenn das anders wäre.
Das wirklich Interessante an dieser Ausschusssitzung war, dass dann auch noch der Integrationsbeauftragte Herr Piening sagte, die Benachteiligung/Antidiskriminierung wolle er mit diesem Gesetz gar nicht regeln. – Das gehört zur Wahrheit, und insoweit müssen Sie sich an dem messen lassen, was Sie hier vorgelegt haben. Ich unterstelle Ihnen ja gar nicht, dass Sie all das Gute, das Sie in Ihrer Rede genannt haben, nicht irgendwann vielleicht sogar mal machen wollen.
Im Moment nicht, danke! – Insoweit haben wir uns die Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Aus Respekt vor denjenigen aus der Mitte der Gesellschaft, die an diesem Gesetz mitgearbeitet und ihre ehrenamtliche Freizeit zur Verfügung gestellt haben, enthalten wir uns.
Denn ansonsten muss man wirklich sagen: Dieses Gesetz ist leider sowohl handwerklich als auch in seiner Intention in eine falsche Richtung gehend. Immer noch wird „die“ und „wir“ unterschieden. Kein bisschen Diversity ist da drin. Es wird so vieles von dem, was wissenschaftlicher Stand ist, wozu Sie ständig Anhörungen machen und sich beraten lassen, nicht reingenommen. Ich frage mich: Ja, warum denn? Wollen Sie es nicht, oder können Sie es nicht?
Lieber Herr Kollege! Wenn Sie schon so kleinlich sind, dann lesen Sie doch zumindest! Das war ebenfalls der Innenausschuss. Das war eine Anhörung für beide Ausschüsse.
Aber der Punkt ist: Selbst die Leute aus der migrantischen Landschaft in Berlin, die Sie bis Dienstag noch eingesammelt haben und die unterschrieben haben, dass man diesem Gesetz zustimmen soll, sagen: Integration lässt sich gesetzlich gestalten, und das, was Sie hier machen, könnte ein Schritt sein. – Ja, reicht Ihnen das?
Nach neun Jahren kommen Leute auf Sie zu, sagen, Sie haben all die Jahre was versäumt, Sie hätten was tun müssen, und da gehen Sie hin. Schauen Sie sich das an! Stellen Sie doch gegenüber, was vom Landesbeirat eingebracht wurde und was davon übriggeblieben ist! Integrationsgesetz.de ist eine Seite, die ich erstellt habe, um zu informieren
darüber, wie Sie hier versuchen, auf dem Rücken, auf Kosten der Leute Politik zu betreiben und kurz vor der Wahl noch mal schnell über all die eigenen Versäumnisse hinwegzutäuschen. Statt inhaltlich über die einzelnen Paragrafen zu reden, liebe Kolleginnen und Kollegen,
stellen Sie sich hierhin und sagen: Wir sind nicht so schlimm wie die CDU. Mit Sarrazin können wir auch
nicht, und wir haben mit alldem gar nichts zu tun. Wir sind die Guten. Dass wir in dem Gesetz nichts geregelt haben, das hatte auch seinen Grund. – Mein Gott! Da frage ich Sie: Brauche ich da noch ein Alleinstellungsmerkmal? – Sie disqualifizieren sich doch mit dem, was Sie publizieren.
Sie disqualifizieren sich damit, wie untätig Sie hier sind.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich einfach auch mal ein bisschen fach- und sachkundiger zu machen,
denn an dem, was nicht nur die Leute aus dem Landesbeirat und von TBIB und sonst wem Ihnen vorgeschlagen haben, waren ganz viele Juristen beteiligt, die Ihnen gute Vorschläge gemacht haben. Ich habe die Papiere gesehen. Sie sind auch gut. Aber sie sind in Ihr Gesetz gar nicht eingeflossen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Ich wiederhole, was ich schon eingangs beim Integrationsgesetz zur Debatte gesagt habe: Das, was Sie mit solchen Anträgen und mit solchen Aussagen auslösen, ist einfach verantwortungslos!
Wenn die Umfragewerte für Sie nicht so wären, wie sie derzeit sind, dann könnte man Ihnen glatt wünschen, dass Sie demnächst vielleicht auch dahin kommen, wo Sie mit solchen Anträgen beweisen, dass Sie hier jedenfalls nicht hingehören.
30 Prozent Verweigerung – diese Zahl ist so etwas von falsch und durch nichts nachweisbar. Letztlich haben Nachfragen gerade der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ergeben, dass diese Zahlen vom Bundesinnenminister überhaupt nicht erhoben werden. Deshalb ist es nicht nur falsch, sondern auch unredlich, sich hinzustellen und so zu tun, als wenn Sie mit irgendwelchen Fakten operieren würden. Andererseits könnte man sagen, scheint es gerade bei der CDU auf Bundesebene bei der Bundesfamilienministerin derselbe Plan zu sein. Das scheinen gerade Lieblingsprojekte der beiden Parteien zumindest teilweise auf Landes- und auch auf Bundesebene zu sein.
Wer das Integrationskonzept der FDP gelesen hat, der wundert sich eigentlich nicht darüber, was hier für Anträge eingebracht werden. Denn genau solcher Duktus, solcher rassistische Duktus, findet sich auch in Ihrem Integrationskonzept. Er zeigt letztlich Folgendes auf – darauf kann ich mich hier, glaube ich, auch beziehen, weil es dazu ein Gespräch mit Ihrem Geschäftsführer gab, den ich darauf ansprach und fragte: Wie können Sie überhaupt so ein Integrationskonzept verabschieden? Er sagte daraufhin: Rechts der SPD und der CDU ist jetzt Platz, und da wollen wir noch eine Nische finden, dass wir doch nicht aus dem Parlament rausfliegen.
Wenn das hier Ihre Intention ist und Sie dann noch den Aktionsplan gegen Homophobie für Ihre menschenverachtende Art, Themen zu diskutieren, instrumentalisieren,
dann ist das ein Angriff auf uns.
Unverschämt ist es von Ihnen! Jawohl!
Denn gleichzeitig verweigern Sie auf Bundesebene die Mittel, die die Menschen bräuchten, um hier anzukommen, einen wertvollen Beitrag für diese Gesellschaft zu leisten. Sie verweigern das!
Herr Gersch! Herr Jotzo! Wenn Sie mal in den Spiegel geschaut hätten, dann hätten Sie auch gesehen, ob Sie wirklich Angst davor haben müssen, deutschenfeindlichen Angriffen ausgesetzt zu werden.
Ich empfehle Ihnen tatsächlich in dem Zusammenhang, die kürzlich erst erschienene „Deutschland-taz“, eine Zeitung mit Migrationshintergrund, damit Sie mal rauskommen aus Ihrer FDP-Parallelgesellschaft.
Schauen Sie sich doch mal um: Keine Frauen! Keine Migranten und Migrantinnen! Da muss man mal rausgehen und muss sich erkundigen, wie diese Stadt tickt und was es hier sonst noch gibt.
Das scheinen Sie aus eigenen Reihen nicht leisten zu können.
Natürlich sind wir dafür, dass auf den Schulhöfen anständig miteinander umgegangen wird. Natürlich sind wir dafür, dass Eltern in den Zustand versetzt werden, ihre Kinder bei ihrer Schulkarriere zu unterstützen. Dafür gibt es auch Konzepte. Darüber reden wir hier, aber seriös, anständig und die Menschen wertschätzend. Das ist in Ihrem Antrag nicht drin. Deswegen würde ich sagen: Es war der erste Versuch – das hoffe ich –, und dem folgt nichts mehr. Sonst müssten Sie sich ehrlich fragen lassen, ob wir mit Ihnen überhaupt noch diskutieren müssen. Ich bin nicht die Einzige, die das gesagt hat. Die anderen Fraktionen haben es auch gesagt. Mit solchen Anträgen schüren Sie lediglich Hass und Missverständnis der Menschen untereinander. Das ist keine verantwortungsvolle Politik für ein internationales multikulturelles Berlin, in dem Sie dann aber alle Vorteile genießen können.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist der Internationale Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Deshalb haben wir eine Entschließung erarbeitet, in der wir uns insbesondere zu den aktuellen Themen geäußert haben, nämlich zu bundesgesetzlichen Initiativen, die einerseits positive Aspekte haben, wie den eigenständigen Straftatbestand in Bezug auf die Zwangsverheiratung und ein besseres Rückkehrrecht, leider aber auch Verschlechterungen wie die Verlängerung des Verbleibens in einer Ehe, um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu erwerben. Terre des Femmes sagt dazu: Der Eheterror wird unnötig verlängert. Tatsächlich ist es oft leider so, dass – meistens – die Frauen in Ehen bleiben müssen, die Männer geschlossen haben, um aus der Stärke auch des Aufenthaltsrechts ihre Frauen zu terrorisieren. Dagegen sind wir, dagegen sprechen wir uns in der Entschließung aus.
Weiter ist uns wichtig darzustellen, dass sehr viel in dem Bereich getan wird. Ich möchte an dieser Stelle insbesondere ausdrücklich allen denjenigen im Namen meiner Fraktion danken, die in Bereichen arbeiten, in denen Frauen geschützt werden.
In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass insbesondere dann, wenn Frauenrechte gestärkt werden, die Konflikte in den Familien eskalieren. Es ist immer wieder und erwiesenermaßen festgestellt worden, dass die Stärkung von Frauen dazu führt, dass sich die Dynamik in den Beziehungen verändert und dies zur Folge hat, dass sie stärker Opfer von Gewalt werden. Deswegen haben wir uns nicht damit begnügt, diese Entschließung hier einzubringen, sondern gesagt, dass wir es ganzheitlich betrachten müssen. Schuldzuweisungen helfen nicht, wir müssen schauen, wie wir insgesamt Familien stärken und wie wir es hinbekommen, dass solche Beziehungen möglichst frei von Machtgefällen und Gewalt bestehen können. Insbesondere haben wir uns dort angeschaut, was in Neukölln seit Jahren sehr gut praktiziert wird und funktioniert: die Arbeit von Kazim Erdogan, der in Gesprächskreisen insbesondere dafür sorgt, dass Männern mit Migrationshintergrund die Kompetenz gestärkt wird, sowohl gegenüber der eigenen Ehefrau als auch den eigenen Kindern gewaltfrei Konflikte auszutragen. Deswegen haben wir uns dafür ausgesprochen, solche Gesprächskreise in allen Bezirken verpflichtend anzubieten. Wir sind der Ansicht, dass diese Menschen einer besonderen Unterstützung bedürfen. Und wir sind auch der Ansicht, dass das ganzheitlich betrachtet eine Bekämpfung von Ursachen ist.
Es gibt noch zwei weitere Entschließungen. Ich will kurz dazu Stellung nehmen. Die Entschließung der Koalitionsfraktionen hat einen Satz, der besagt, dass die Gewalt die Arbeitsfähigkeit von Frauen beeinträchtigt. Da kommt wieder eine Nützlichkeitsdebatte auf, die wohl in der SPD eine gewisse Tradition hat. Einen solchen Antrag können und wollen wir nicht unterstützen.
Der FDP-Antrag hat die Schwäche, dass die FDP ihre eigenen Fehler, die sie derzeit auf Bundesebene durch Gesetze auf den Weg gebracht hat, die von ihrer eigenen Justizsenatorin ebenfalls kritisiert werden, hier einfach herauslässt. Es ist ein guter Versuch – dem können wir uns aber auch nicht anschließen.
Daher bitten wir Sie ganz herzlich, unserem Antrag, unserer Entschließung zuzustimmen. Über den Antrag in Bezug auf den Gesprächskreis werden wir noch in den Ausschüssen beraten. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Das Gesetz zur Integration und Partizipation von Migrantinnen und Migranten, das wir heute hier behandeln, leistet leider weder einen Beitrag zur Integration noch zur Partizipation. Vielmehr wäre es richtig gewesen, den Titel des Gesetzes „Gesetz zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung und zur Bestattung von Migrantinnen und Migranten muslimischen Glaubens“ zu benennen,
denn lediglich das haben Sie in diesem Gesetz geregelt. Spannend war dann auch zu hören, wie Sie sich hier dazu geäußert haben, nämlich über alles andere, aber nicht über das eigentliche Gesetz. Das zeigt mir letztlich ganz deutlich, dass es Ihnen auch zu kurz greift oder Sie vielleicht in Teilen gar nicht verstanden haben, was der Senat hier vorlegt.
Das ist auch deswegen interessant, weil in der Gesetzesbegründung klar wird, dass der Senat selber nicht genau geklärt hat, für welche Fälle er diese Regelungen eigentlich vorsieht. Er konnte es in der Pressekonferenz auch nicht beantworten, wie viele Menschen denn von diesem Gesetz betroffen sind bzw. überhaupt profitieren können.
Im Moment nicht, danke! – Daher habe ich in mehreren Kleinen Anfragen versucht, das Ziel herauszufinden, was der Senat unter „interkultureller Kompetenz“ versteht, auch, welche Analysen im Vorfeld unternommen wurden, um überhaupt festzustellen, welchen Missstand Sie mit diesem Gesetz beheben möchten. Weiterhin habe ich abgefragt, welche Maßnahmen bislang ergriffen wurden und versagt haben, sodass wir nun das Gesetz als Instrument brauchen. Die Antworten können Sie alle nachlesen, sie sind öffentlich und leider auch sehr dürftig.
Ich muss in diesem Kontext einfach noch einmal feststellen, weil es die Kollegin Breitenbach gerade wieder aufgegriffen hat: Menschen mit Migrationshintergrund in irgendwas hineinbekommen. Schauen Sie sich die Anfrage zu dem Thema, wie das definiert wird, an! Es gibt so viele Definitionen: migrantischer Hintergrund, nichtdeutsche Herkunftssprache. Fragen Sie in den unterschiedlichen Verwaltungen, Sie werden unterschiedliche Antworten erhalten! Was sagt mir das im Klartext? – Man hat sich nie zusammengetan, um einmal zu analysieren, zu definieren, um eben auch belastbare Zahlen zu haben, die dann Grundlage für ein Gesetz, für Entscheidungen sein könnten. Fehlanzeige! Hier wurde sehr vieles versäumt.
Eine Gruppe will ich besonders herausheben, weil sie durch dieses Gesetz letztlich doppelt bestraft wird: Es ist die sogenannte „dritte Generation“, die qua Definition herausgenommen wurde, nach dem Motto, die werden zwar am meisten diskriminiert – das wurde auch in unterschiedlichen Studien bereits herausgefunden –, aber das geht nicht, weil unsere Leute gesagt haben, das wollen wir nicht. Deswegen werden sie durch das Gesetz als „Nichtmigrationshintergrund“ definiert, fallen letztlich aus der Pseudovergünstigung, die ihnen hier hätte zukommen sollen.
Leider ist es auch so, dass bestimmte Lebensbereiche, in denen genau die Fragen und Problemstellungen, die auch heute hier diskutiert wurden, eine Rolle spielen, gar nicht erst angesprochen werden. Da ist der Bereich Schule. Da ist der Bereich Arbeit, aber auch die Hochschule. Das sind die Bereiche, in denen Integration stattfinden muss, in denen im Moment einfach unzureichend vorgegangen wird. Da müsste tatsächlich viel mehr geregelt werden. Das kann man auch durch ein Gesetz machen. In Teilen muss man es auch durch Gesetze machen, damit es überhaupt eine Wirkung zeigt. Aber auch hier wurde versagt. Es wurde nichts vorgeschlagen.
Diese rot-rote Koalition will das Gesetz um jeden Preis schnell hier durchpeitschen. Jahrelange Versäumnisse sollen durch das Gesetz überdeckt werden. Ich kann sagen: Schade, die Gelegenheit, diese Themen einmal gründlicher zu behandeln und darüber in der gesamten Gesellschaft zu diskutieren, wird dadurch versäumt.
Die Anhörung fand in den Schulferien statt, sodass sich kaum jemand daran beteiligen wollte. Man kann sich noch ein paar Gedanken darüber machen, warum das Gesetz nicht so gründlich diskutiert wurde. Mir fällt nur ein Mensch ein, der hier auch schon mehrfach genannt wurde, der in der einen Partei, die hier gerade regiert, dafür gesorgt hat, dass die Diskussion in eine andere Richtung geht. Vor dem scheint man Angst zu haben. Deswegen will man die Dinge nicht zugunsten der Migrantinnen und Migranten regeln.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Saleh! Wenn man Ihre Rede so hört, dann fragt man sich: Wer regiert hier? Für wen haben Sie die gehalten? – Seit Jahren hätten Sie die Möglichkeit. Und Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, vor etwa einem Jahr unserem Antrag zuzustimmen, in dem wir genau das gefordert haben, diesen Brainwaste nicht fortzusetzen,
sondern das, was uns hier interessiert, nämlich Menschen, die mit Qualifikation in unser Land einreisen, so aufzustellen, dass sie ihre Fähigkeiten, ihre Potenziale hier voll nutzen können.
Es ist okay, dass Sie trauern.
Das können Sie ja auch, denn schließlich wissen Sie ja selber, warum Sie manches versäumen
und warum solche Anträge dann eben in der Form vorliegen, wie sie hier vorliegen. Da muss ich wirklich noch mal sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen! Es ist ein Antrag, der in seiner Aufforderungsstrategie sehr verhalten ist. Sie sagen, da soll irgendein Konzept gemacht werden, und dann soll irgendwie dafür gesorgt werden. Da gab es schon wesentlich konkretere Anträge, die aber von Ihnen abgelehnt wurden.
Gerade Frau Breitenbach, Sie waren eine, die gesagt hat, das Land wird nicht alleine tätig werden, wir warten auf den Bund. Dann stellen Sie sich heute, fast ein Jahr später, hierhin und sagen, wir warten jetzt irgendwie, warum auch immer, doch nicht mehr oder wir warten zwar schon, aber vielleicht machen wir vorher noch ein bisschen. Bei allem Frust, den Sie hier auch in die eine oder andere Richtung äußern, muss man Sie an dem messen, was dieser Senat auf den Weg gebracht hat und was Sie mit zu verantworten haben, und das ist eben wirklich nichts, letztlich gar nichts. Das Land Brandenburg hat es Ihnen in Teilen vorgemacht und dem haben Sie nichts entgegenzusetzen. Deswegen müssen Sie das hier auch ständig zitieren. Es ist tatsächlich so, dass wohl mittlerweile damit gerechnet wird, dass erst 2011 eine Konzeption kommen soll, die breiter angelegt sein soll. Beruhigend ist für mich dann schon zu wissen, dass die Bündnis 90/GrüneFraktion im Bundestag einen detaillierten Antrag dazu formuliert hat, wie so etwas funktionieren sollte.
Nur damit Sie dann auch wissen, wie es hier gehen könnte, will ich Ihnen kurz einige Punkte nennen. Es muss eine One-Stop-Agency dafür geben,
wo die Leute sich hinwenden und wo die Anträge bearbeitet werden, um zu vermeiden, dass die Leute von Hü nach Hott rennen müssen und am Ende mit leeren Händen dastehen.
Und es muss einheitlich sein. Es kann nicht sein, dass Anträge ewig lange geprüft werden und in dem einen Bundesland anders bewertet werden als in dem anderen. Das ist auch ein wesentlicher Aspekt, den die Fraktion im Bundestag mit in ihren Antrag hineingeschrieben hat.
Im Moment nicht, danke!
Weiter fordern wir das, was wir schon in unserem Antrag im letzten Jahr gefordert haben, dass auch hier in Berlin eigene Programme entwickelt werden, um Menschen in ihre Berufe hineinzubringen, in die sie schon längst qualifiziert hineingehören. Da haben wir aber konkretere Vorstellungen. Wir werden die Punkte, die wir schon in dem Antrag herausgestellt haben, Ihnen wieder vorlegen, damit Sie sich damit beschäftigen können und damit Sie diesen Antrag, der relativ inhaltsleer ist, muss man sagen, da scheint ja viel Hoffnung zu sein, dass der Senat das eine oder andere noch aufarbeiten wird, um das dann so anzureichern, dass die Menschen tatsächlich zu ihrem Ziel kommen und zu dem Ergebnis, dass etwas für sie getan wird, damit ihre mitgebrachte Qualifikation auch tatsächlich hier in Berlin genutzt werden kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Antrag kurz erläutern, weil es vielleicht nicht selbstverständlich ist, dass alle wissen, worum es geht. 2007 wurde in einem Gesetz – verantwortet von den Fraktionen der CDU und der SPD, also der sogenannten großen Koalition – auf Bundesebene erlassen, in dem den Menschen Sprachtests vor Einreise in die Bundesrepublik abgefordert wurden. Das hat dazu geführt, dass mittlerweile fast drei Jahre Familien auseinandergerissen werden, Kinder vaterlos in den Herkunftsländern aufwachsen und eine Verelendung stattfindet, wie sie unserem Grundgedanken von Familie und auch dem geschützten Gut der Familie in Artikel 6 Grundgesetz widersprechen. Wir wollen jetzt mit diesem Gesetz eine Bundesratsinitiative starten, in der dann diese Regelungen abgeschafft werden sollen.
Denn es ist erwiesen, dass man die Sprache in dem Land am besten lernt, in dem die Sprache hauptsächlich geschrieben und gesprochen wird. Das ist für die deutsche Sprache hier Deutschland. Wir wollen, dass die Menschen hier hinkommen, und dass sie hier in den Kursen Deutsch lernen.
Ich verstehe nicht, wenn die Linksfraktion und die SPDFraktion im Innenausschuss das so darstellen, als wenn hier kein Handlungsbedarf wäre, denn bei Sonntagsreden hinsichtlich der SPD-Partei, zuletzt noch Sigmar Gabriel, wird gesagt, ja, ja, das ist falsch mit den Sprachtests, die müssen abgeschafft werden. Auch bei der Linksfraktion ist eine Abgeordnete im Bundestag, die ständig Anfragen dazu stellt, da werden die Zahlen ermittelt, die werden dann gegenübergestellt, wie viel sich geändert hat und wie schlimm das alles – auch messbar – für die Familien geworden ist. Aber im Innenausschuss sagt dann der Kollege von der Linksfraktion, ja, ich weiß doch, dass sich dadurch die Zwangsverheiratung nicht verhindern lässt, denn die kurdischen Familien, die diese Zwangsverheiratung organisieren können, das sind die Familien, die auch das Geld haben, um diese Sprachkurse zu bezahlen, die trifft das nicht. Wer sich aktuell über den Fall Janine informiert, der wird wahrscheinlich auch – bei dem Geld,
das da geflossen ist –, sich vorstellen können, dass wir damit die falschen Menschen treffen.
Solche Aussagen werden im Innenausschuss gemacht, dennoch wird diese Initiative, die wir starten wollen, nicht unterstützt. Da muss ich wirklich sagen, widersprechen Sie sich und schieben den Innensenator vor, der dann halt einfach sagt, das ist doch alles Unsinn, wenn die erst mal hier sind, dann lernen sie diese Sprache nicht mehr, wohl wissend, dass sie die Kurse hier teilweise nicht besuchen können, weil dort keine Kinderbetreuung angeboten wird. Also das heißt, Defizite, die hier vorliegen, werden auf dem Rücken der Familien in ihren Herkunftsländern ausgetragen. Und das finde ich unanständig.
Interessant ist natürlich, dass der große Nachwuchs als künftiger Vorsitzender der SPD an dieser Diskussion hier gar nicht teilnimmt und sich auch sonst nicht dazu äußert, denn er interessiert sich für das Thema immer nur, wenn man damit auch gute Presse machen kann, und dann lädt er sich ganz viele Sachverständige ein, demnächst wieder, und lässt sich informieren. Aber es reicht.
Sie haben noch ein Jahr, in dem Sie hier regieren.
Und das ist wirklich ein verlorenes Jahr, weil Sie die wesentlichen Möglichkeiten und auch diese Initiative nicht nutzen, um mal echte Verbesserungen herbeizuführen. Es ist ein verlorenes Jahr, weil Sie nicht in der Lage oder bereits und willens sind, die Verbesserungen für die Menschen einzuführen, die hier erforderlich sind.
Herr Wansner! Ich frage Sie, ob Sie von dem Fall Kenntnis haben, den Frau Dagdelen von der Linksfraktion im Bundestag in ihrer Rede geschildert hat: Eine junge schwangere Frau, die aufgrund der Strapazen, die sie durch diese Anreise zum Sprachtest hatte, ihr Kind verloren hat, die eine Fehlgeburt hatte.
Von welcher Realität reden Sie eigentlich? Ich meine, es ist wirklich nicht ausreichend, dass man sich einfach hinstellt und sagt, das, was seinerzeit gemacht wurde, halte ich auch heute noch für richtig. Informieren Sie sich doch mal! Herr Kleineidam hat zumindest zugegeben, dass er sich bislang noch nicht so sehr dafür interessiert hat und erst eine Evaluation abwarten will. Aber Sie verschließen komplett die Augen vor der Wirklichkeit,
und das ist keine verantwortungsvolle Politik.
Herr Goetze! Es dann auch noch so darzustellen, das dies eine Einzelfallpolitik ist: Es geht hier um sehr viele Länder, in denen diese Regelung herrscht!
Herr Goetze! Hören Sie zu, dann lernen Sie noch etwas!
Es geht hier darum, dass z. B. ein Brite, der in Deutschland lebt, Familiennachzug nach Deutschland erhalten kann, ohne dass seine Ehefrau einen Sprachtest erfüllen muss. Ein Deutscher kann das nicht. Das ist das Gesetz, das Ihre Bundestagsfraktion gemacht hat.
Und wenn Sie sich informieren würden, dann müssten Sie darüber nachdenken.
Eines noch: Keines der Gerichte hat die Begründung, mit der dieses Gesetz eingebracht wurde, man wolle Zwangsverheiratungen verhindern, aufgegriffen. Kein einziges Gericht hat das angenommen. Es hat lediglich immer wieder nur gesagt: wenn das der Wille des Gesetzgebers war.
Das besonders unanständige an diesem Gesetz ist auch noch, dass so getan wird, als wenn ein paar Worte deutsch Zwangsverheiratungen verhindern. – Nein, meine Damen und Herren! Da müssten wir ganz andere Maßnahmen ergreifen! Da müssen die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden! Und auch in der Hinsicht schläft dieser Senat – da hat er nämlich die Verantwortung –, und wahrscheinlich schläft er noch ein weiteres Jahr.
Ich frage die Senatorin für Justiz: Haben Sie die Nebentätigkeit des Staatssekretärs Hasso Lieber als Beistand im Parteiordnungsverfahren gegen den ehemaligen Berliner Finanzsenator als entgeltliche Nebentätigkeit genehmigt? Sehen Sie nicht die Gefahr, dass dadurch der Eindruck entstehen könnte, der Senat halte seine schützende Hand über Sarrazin?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas zu dem Thema Migration, Integration und Flüchtlinge sagen und zu dem, wie der Senat hierzu im Haushalt aufgestellt ist. Was viele von Ihnen vielleicht nicht wissen, eine Nacht im Abschiebegewahrsamt Grünau kostet soviel wie eine Übernachtung in einem Luxushotel mitten in Berlin. Das und die langen Bearbeitungszeiten haben zur Folge, dass die Menschen, die dort eine Zeit gesessen haben, nicht wieder zu ihren Familien zurückkehren können, weil die aufgelaufenen Kosten so überdimensioniert sind. Deshalb fordern wir auf jeden Fall eine Überprüfung. Nicht nur der Standort ist denkbar ungünstig, auch die Wirtschaftlichkeit ist so wenig gegeben, dass die Menschen in ihren Rechten beschnitten werden. Wenn Sie, Herr Innensenator, so tun, als stehe Berlin beim Aufenthaltsrecht besonders gut da, sollten Sie sich nicht nur die Zahlen ansehen, die Sie sich zurechtgelegt haben, sondern sie objektiv betrachten. Es bescheinigt Ihnen jeder, dass Berlin weniger Fallzahlen beim Bleiberecht hat. Erstaunlich ist, dass all die bearbeiteten Anträge entweder nicht rechtzeitig abgeschlossen oder eben negativ abgeschlossen werden. Auf jeden Fall hat es die Folge, dass Menschen davon weniger profitieren. Wir haben in Berlin auch viel mehr Abschiebungen als in anderen Bundesländern.
Wenn ich dann lese, dass Klaus Wowereit Integrationsexperte der SPD werden soll, kann ich nur sagen: Schauen Sie sich um, stellen Sie den Senat anders auf, denn die Menschen im Rest des Landes werden nach Berlin schauen!
Sie werden sich anschauen, was Sie hier in Berlin machen. Dann werden Sie die Quittung dafür bekommen, dass Sie hier eine Integrationspolitik und eine aufenthaltsrechtliche Politik machen, die an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigeht und nur dazu dient, die Menschen zu schikanieren,
in ihren Rechten zu beschneiden und ihnen keine Zukunft in Berlin zu ermöglichen.
Da hilft es auch nicht, dass Sie sich ständig damit schmücken, wie international diese Stadt sei. Sie tragen jedenfalls nicht dazu bei.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stimmt, Herr Kollege, ich habe gerade schon mal was zu Integration gesagt, aber das war zu einem anderen Titel. Es ist schon richtig, Herr Saleh – und das konnten wir ja gerade wieder eindrucksvoll erleben –, dass die CDU im Bereich Integration noch sehr viel dazulernen kann, aber ich denke, es ist auch richtig, was der Kollege Mutlu gesagt hat, dass zumindest Herr Wansner das eine oder andere doch schon verstanden zu haben scheint. Das Problem nur, Herr Kollege Saleh, das hilft Ihnen nicht, dass es Leute gibt, die noch schlechter dran sind. Sie müssen hier Ihre Vorschläge verantworten.
Da kann man das man unkoordiniert und nicht nachhaltig überschreiben. Es ist tatsächlich so, dass es einige gute Ansätze gibt und dass diese auch für eine gewisse Zeit einen finanziellen Hintergrund haben. Es ist jedoch immer nur punktuell und nicht nachhaltig. Projekte, die auslaufen, können nicht mehr fortgeführt werden.
Was uns während der Beratungen besonders aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass das wenige Geld, das überhaupt zur Verfügung steht, nicht einmal ordentlich ausgegeben wird, obwohl es sich um einen so kleinen Etat handelt. Das ist etwas, was sich ein solcher Bereich nicht leisten kann. Ich überlege daher, ob es nicht sinnvoll wäre, den gesamten Etat im Sinne eines migration budgeting zu überprüfen, also zu prüfen, ob Migrantinnen und Migranten in ausreichender und genügender Form partizipieren können. Sie sagten, Frau Senatorin, dass es entsprechend dem Anteil der Bevölkerung in manchen Bereichen so ist, dass eine Grenze erreicht wird, die das widerspiegelt. Ich habe meine Zweifel. Man kann sich seine Zahlen auch ein wenig so rechnen, wie man sie braucht. Um ernsthaft vernünftig darüber diskutieren zu können, ob Migrantinnen und Migranten auch an den staatlichen Gütern und zur Verfügung stehenden staatlichen Mitteln teilhaben können, sollte dies noch einmal überprüft werden.
Besonders ansprechen möchte ich hier den Aktionsplan für sexuelle Vielfalt. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es die Fraktion der Grünen war, die mit einem Antrag dieses auf die Tagesordnung gesetzt hat.
Ich will aber auch unsere Freude zum Ausdruck bringen, dass es inzwischen so weit ist und eine große Mehrheit gefunden hat. Man fragt sich nur, warum Sie nicht den vollen Bedarf eingestellt haben und wieder beim Sowohlals-auch und Weder-noch geblieben sind. Sie haben es nicht richtig gemacht, sondern einem Kompromiss geopfert. Hier wäre noch mehr möglich gewesen.
Ich frage den Senat:
1. Wie lange will sich der Senat noch weigern, eine neue Regelung für die vom Bleiberecht betroffenen Migrantinnen und Migranten vorzulegen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Senat es bislang nicht geschafft hat, den Auftrag des Abgeordnetenhauses zu einer Bundesratsinitiative zu erfüllen?
2. Wie gedenkt der Senat die Situation der bislang vom Bleiberecht ausgeschlossenen alten, kranken und erwerbsunfähigen sowie geduldeten Migrantinnen und Migranten, die die Stichtagsregelung nicht erfüllen konnten, zu verbessern?
Ja, und zwar will ich noch mal darauf eingehen, dass Sie in Beantwortung der Kleinen Anfrage gesagt haben, Sie hätten die Bundesratsinitiative nicht auf den Weg gebracht, weil dafür keine Zeit gewesen sei oder weil ein zeitliches Argument im Raum gestanden habe. Das hätte ich gern aufgeklärt. Weiterhin ist es schon so, dass unabhängig von dem, was Sie bereits hier vorgetragen haben, Berlin die Möglichkeit hätte, im Einzelfall die Dinge in der Verwaltungspraxis zu regeln. Dazu haben wir bislang von Ihnen noch keine konkreten Vorschläge gehört. Ich wäre dankbar zu hören, was tatsächlich passieren soll, wenn all die Initiativen, die Sie im Zusammenhang mit der IMK genannt haben, scheitern sollten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Saleh! Sie haben sich wirklich Mühe gegeben, aus der Antwort, die hier gegeben wurde, das herauszufiltern, was man als Ansatz für eine interkulturelle Öffnung der Berliner Verwaltung sehen könnte, um hoffnungsvoll zu sein. Ich will Ihnen das auch gar nicht übelnehmen, kann das aber so nicht stehenlassen, denn zum Schluss haben Sie das Entscheidende gesagt: Es handelt sich hier um einen ganz wesentlichen Teil dessen, was Teilhabe ausmacht und was auch Antidiskriminierung ausmacht. Dann einfach nur Zahlen herauszunehmen – 2006 bis 2008 haben wir das erreicht – ist eine verkürzte Betrachtung. Vielmehr müssen wir in den Blick nehmen, wie groß der Handlungsbedarf ist und wie wenig bislang überhaupt getan wurde. Das ist das wirklich Skandalöse hier.
Ich will jetzt auch die neue Integrationssenatorin gar nicht entmutigen, wenn sie sagt, sie hat sich da etwas vorgenommen und sie will dort etwas auf den Weg bringen. Aber bei diesen ganzen Integrationsdebatten muss ich sagen, dass es mir nicht genügt, wenn die politisch Verantwortlichen sich interkulturell weitergebildet haben. Das ist mit dem Amt sozusagen auch verbunden, und das
Raed Saleh
ist die notwendige Voraussetzung, dass man hier etwas bewegen kann.
Worüber wir aber streiten und worüber wir diskutieren müssen, sind die konkreten Maßnahmen. Wenn dann in dem Integrationskonzept steht: Es ist eine Querschnittsaufgabe, und wir gucken mal, wer was macht. –, dann reicht mir das nicht. Ich will Instrumente, ich will klare Wege sehen, wie das organisationstechnisch umgesetzt werden soll und was für konkrete Maßnahmen tatsächlich auf den Weg gebracht werden. Da kann ich der Kollegin Demirbüken-Wegner nur recht geben: Da haben wir weder in der Antwort eine anständige Beantwortung erhalten noch haben wir sie heute gehört.
Damit das nicht so bleibt, will ich Ihnen aus einem Bereich berichten. Es gibt dieses ganz schicke Papier für die Ausländerbehörde. Da wurde untersucht, wie interkulturell ausgeprägt der gesamte Bereich ist. Man wundert sich, was das für eine komische Geschichte geworden ist. Da wird eine Umfrage in der Behörde am Nöldner Platz gemacht, die ganz klein ist und wo nur die Fälle bearbeitet werden, die ohnehin schnell außer Landes geschafft werden sollen. Da haben sich 93 Prozent der Kunden beteiligt. Am Friedrich-Krause-Ufer, wo täglich Schicksale von Menschen entschieden werden, die hier bleiben, haben sich nur 7 Prozent beteiligt. Spannend ist, dass mich, wenn ich in meiner Tätigkeit als Anwältin vor Ort bin und mich nach den Fragebögen erkundige, die Mitarbeiter anschauen und sagen, sie hätten keine Ahnung. Sie dürfen auch nicht davon ausgehen, dass Exemplare in den Sprachen angeboten werden, die die Kundinnen und Kunden, die das beantworten sollen, lesen und schreiben können. Das ist ein Beispiel dafür, wie man ein bestimmtes Ergebnis präsentieren will, ohne inhaltlich und sachlich daran interessiert zu sein. Man will den Menschen offensichtlich keine Dienstleistung zur Verfügung stellen, die die Zustände im Land Berlin auch für Migrantinnen und Migranten verbessert.
Zum Thema „Menschen mit Migrationshintergrund in die Verwaltung“ will ich Folgendes sagen: Dass hier immer gesagt wurde, wir müssten die Betreffenden besser qualifizieren, war verräterisch. Die jungen Migranten passten nicht ins Gesamtbild, irgendwie entsprächen die noch nicht den Anforderungen, und deshalb müsse man noch etwas investieren. – Komisch nur, dass viele von denen gute Abschlüsse haben. Sie bewerben sich auch, aber sie werden nicht genommen. Da fragt man sich, ob da nicht doch Diskriminierung im Spiel ist. Oder sind alle so, wie es ein früherer Senator gerne darstellt? Ist das keine Einzelsicht im Senat? Haben wir es mit einer Politik zu tun, die im Inneren anders herrscht, als es nach außen verkauft wird?
Ich hoffe, dass es nicht so ist, und wünsche Ihnen, verehrte Frau Senatorin, viel Glück bei Ihrer Arbeit. Ich hoffe, dass es uns weiterbringt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Berlin sagt ja – ein Resettlement-Programm in Berlin für Flüchtlinge aus aller Welt. Das ist mein Thema. Darum möchte ich heute werben, dass Sie es auch unterstützen. Am 2. Oktober war der bundesweite Tag für Flüchtlinge in Deutschland. Dort wurde ebenfalls aufgerufen, und es wurde auch aus allen Teilen der Bundesrepublik
das Signal gesendet, dass wir unserer Verantwortung für die Menschen, die auf der Flucht sind, gerecht werden. Dafür möchte ich Sie gern gewinnen.
Auf europäische Ebene wird schon längst zu dem Thema vernünftig und gründlich geplant. Es ist vorgesehen, dass die Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, bis zu 4 000 Euro pro Flüchtling bekommen sollen. Auf Bundesebene ist es leider noch nicht so, wie wir es uns wünschen würden. Da könnte dieser Antrag etwas auf den Weg bringen, denn der Bund müsste sich vorrangig dafür einsetzen. Aber ich möchte im Unterschied zu dem, was früher von dem ehemaligen Finanzsenator immer in den Blick genommen wurde, nicht so sehr nach Hamburg schauen, sondern meine Präferenz ist München. München ist die Stadt, der es bereits gelungen ist, 850 Menschen in einem sogenannten Resettlement-Programm, also in einer Neuansiedlung, aufzunehmen.
Ganz wichtig ist mir dabei, dass wir ermöglichen, dass die Menschen, die zu uns kommen, direkten Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Da freue ich mich insbesondere, dass das auch als ein Anliegen der neuen Bundesregierung, vertreten durch die Freien Demokraten – jedenfalls bislang –, benannt ist. Ich hoffe, dass Sie das auch tatsächlich in die Wirklichkeit umsetzen, denn der freie Zugang zum Arbeitsmarkt gewährleistet den Menschen, dass sie für ihr eigenes Einkommen sorgen können. Das führt auch insgesamt in der Gesellschaft dazu, dass größere Akzeptanz und ein friedlicheres Miteinander möglich sind.
Wichtig ist mir auch, dass die Menschen, die wir aufnehmen, keine Wohnsitzauflagen oder sonstige Freiheitseinschränkungen erfahren. Sie sollen selber entscheiden können, wo sie sich niederlassen wollen, und sollen dort die Möglichkeiten erhalten, die sie brauchen, um sich hier wohlzufühlen und um hier anzukommen. Dazu gehört für mich zwingend, dass der Aufenthalt auf Dauer gesichert ist. Es ist unerträglich – wie wir es teilweise in der Vergangenheit gemacht haben –, dass wir Menschen nur für kurze Zeit aufnehmen, ihnen jegliche Arbeitsmöglichkeit verwehren und sie irgendwo in die Pampa setzen, wohin kein Mensch will. Das, denke ich, ist nicht der richtige Ansatz. Wir müssen es diesmal besser machen. Wir müssen es diesmal richtig machen.
Ich glaube, dass die Bevölkerung, dass die Menschen schon viel weiter sind, als viele in der Politik das entweder meinen oder sehen wollen. Ich glaube, den Menschen sind ihre Nachbarinnen und Nachbarn sehr wichtig. Ich glaube, den Menschen ist es wichtig, wie es ihren Mitmenschen geht. Insoweit glaube ich, dass die Menschen sehr wohl bereit und fähig sind, Flüchtlingen zu helfen, und dass sie auch daran Interesse haben, dass um sie herum wiederum andere Menschen sind, denen es gut geht. Ich glaube, wir sind da schon viel weiter, als viele das
meinen und auch in der aktuellen Diskussion versuchen hochzukochen.
Ich denke, wir können uns das leisten, und ich denke, wir sollten es uns auch leisten. Berlin sollte jährlich mindestens – ich sage noch einmal: München hat 850 aufgenommen, und wir sind die Hauptstadt – 1 000 Flüchtlinge aufnehmen. Wir sollten dabei üben, die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir eine diskriminierungsfreie Gesellschaft erreichen, dass wir üben, den Zugang der Menschen zu unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Die Infrastruktur, die man braucht, um gut anzukommen, sollten wir nutzen und weiter ausbauen. Denn unsere Zukunft, unser Wohlstand in Europa hängt davon ab, dass mehr Menschen von außerhalb Europas zu uns kommen und dazu beitragen, dass Berlin eine lebenswerte Stadt ist, dass wir ein gutes Land sind, in dem sich alle wohlfühlen und gern ihren Beitrag leisten, und ein Europa, in dem alle Menschen ihren Platz haben. Dazu werden auch die Flüchtlinge, die wir jetzt aufnehmen mit beitragen. – Danke schön!
Herr Kollege! Wir haben einmal berechnet, dass die von uns beabsichtigte Aufnahme von 1 000 Menschen Kosten in Höhe von ca. 1 Million Euro verursachen würde. Teilen Sie unsere Meinung, dass es sinnvoller wäre, das Geld in solche Programm zu investieren, als 2,5 Millionen Euro in den Abschiebeknast in Grünau zu stecken?