Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Die Sozialverwaltung macht weiter wie bisher. Dann werden wir in den nächsten Jahren von einer Klagewelle überzogen, von Strafanzeigen, von Sozialgerichtsverfahren, Finanzgerichtsverfahren und Verwaltungsgerichtsentscheidungen. Den Schaden hat dann die soziale Versorgungsstruktur des Landes.
Oder aber wir versuchen einen Neuanfang des Verfahrens. Wir versuchen eine ordnungsgemäße Abwicklung dieses Trägers und eine ordnungsgemäße Überführung der Einrichtung in andere Strukturen. Das wäre sinnvoll. Das traue ich persönlich der Senatsverwaltung nicht mehr zu, die daran augenscheinlich auch kein Interesse hat. Überlegen Sie, ob es die Möglichkeit eines dreimonatigen Moratoriums ohne Zuwendung an die Treberhilfe gibt,
aber auch ohne Entzug der Gemeinnützigkeit, bevor das Verfahren nicht abgeschlossen ist, und ob man in diesen drei Monaten nicht versuchen könnte, mit einer unabhängigen Gruppe von Fachleuten, benannt von beiden Seiten, hier einen Ausweg zu finden. Ansonsten ziehen wir eine jahrelange juristische Auseinandersetzung mit hohen Kosten, mit Schaden für die soziale Arbeit und einer Vernachlässigung dessen, was sozialpolitisch eigentlich ansteht, auf das Land Berlin.
Danke schön, Herr Kollege Schruoffeneger! – Für die Linksfraktion spricht nunmehr Frau Breitenbach. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Treberhilfe ist viel diskutiert und in der Zwischenzeit ist über sie alles gesagt. Eine rechtliche Klärung der Vorgänge wird an anderer Stelle erfolgen. Auf das Ergebnis bin ich persönlich sehr gespannt, Herr Schruoffeneger! Möglicherweise reden wir dann noch einmal über Dilettantismus.
Ich finde im Übrigen auch, dass wir über die Anträge, die heute vorliegen, bereits sehr lange diskutiert haben. Für mich ist heute aber auch ein guter Zeitpunkt, um noch einmal Bilanz zu ziehen. Hier komme ich allerdings zu einem anderen Ergebnis als Herr Schruoffeneger oder Herr Hoffmann. Aber das verwundert vermutlich auch nicht.
Wir müssen unterscheiden zwischen dem Bereich der Zuwendungen und dem der Entgelte. Im Bereich der staatlichen Zuwendungen, die ganz viele Projekte erhalten, gibt es ein hohes Maß an Transparenz. Die Gelder werden auf der Grundlage eines Antrags gewährt, der auch einen Finanzplan enthält. Die Abrechnung erfolgt centgenau und wenn man nicht über große kriminelle Energien verfügt, kann man dieses Geld auch nicht anders nutzen. Insofern ist hier eine große Transparenz vorhanden. Nichtsdestotrotz – das wird in einem Antrag der CDU gefordert – muss in Zukunft geprüft werden, inwieweit hier Verbesserungen nötig sind, denn – das ist bereits angesprochen worden – wir haben die Verträge für den Ligavertrag Soziales für den Integrierten Gesundheitsvertrag und für den Stadtteilzentrenvertrag verändert und damit eine neue Situation geschaffen. Das findet die Opposition falsch, Herr Hoffmann hat es eben noch einmal gesagt – ich glaube, Herr Schruoffeneger auch. Ich möchte zumindest noch einmal eines klarstellen: Dass die Ligaverträge geändert worden sind, hat nichts damit zu tun, ob irgendjemand die Ligaverträge geliebt hat oder nicht, sondern damit, dass die Landeshaushaltsordnung geändert worden ist und deshalb auch bei den Ligaverträgen etwas geändert werden musste. Das ist unabhängig von den Vorfällen bei der Treberhilfe. Unwahrheiten werden nicht dadurch wahrer, dass man sie immer wiederholt.
Jetzt liegt die Abrechnung für die Ligaverträge bei den jeweiligen Senatsverwaltungen. Dafür gibt es zusätzliches Personal. In dieser neuen Situation muss man gucken, wie die Umsetzung erfolgt. Wir als Koalition werden es beobachten und wenn nötig, werden wir gegensteuern. Wir haben in dem einen Jahr für mehr Transparenz gesorgt. Frau Radziwill hat es bereits gesagt. Die von Ihnen, von uns allen geforderte Datenbank ist in der Zwischenzeit freigeschaltet. Sie alle können sie sich im Internetauftritt der Senatsfinanzverwaltung ansehen. Damit trägt die Transparenzoffensive, die Frau Senatorin Bluhm initiiert hat, erste Früchte. Das ist positiv.
Herr Hoffmann! Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen würden, könnte ich es verstehen und sie sogar noch beantworten.
Ich komme jetzt zu dem Bereich Entgelte. Das ist der Bereich, in dem die Probleme größer sind. Das konnten wir an dem Fall Treberhilfe genau nachvollziehen. Hier schließt der Senat mit dem jeweiligen Träger einen Rahmenvertrag über die zu erbringenden Leistungen. Auch die Entgelte werden festgelegt. Die Festlegung der Entgelte erfolgt, Herr Schruoffeneger, aufgrund bundesweit einheitlicher Kriterien. Einfluss darauf, wie die Träger diese Entgelte aufteilen, hat der Senat nicht. Er kann beispielsweise bislang auch nicht bestimmen, dass die Beschäftigten tariflich bezahlt werden oder dass das Geld für Rücklagen verwendet werden muss. Es gibt außerdem nur ein eingeschränktes Recht, Einblick in die Unterlagen zu nehmen. Sie haben heute erneut behauptet, der Senat habe geschludert, es gebe Schlendrian. Das stimmt nicht. Ich schlage noch einmal vor, einen Blick in die Bundesgesetze zu werfen. Dabei werden Sie feststellen, dass es nur diese eingeschränkten Möglichkeiten gibt. Darauf haben wir immer wieder hingewiesen.
Genau deshalb haben wir unsere Bundesratsinitiative gestartet. Wir wollten die Kontrollmöglichkeiten und die Transparenz in diesem Bereich erhöhen. Dass hier auf Bundesebene etwas im Argen liegt, zeigt sich unter anderem daran, dass alle Bundesländer die Bundesratsinitiative des Landes Berlin unterstützt haben.
Die Kohl-Regierung hat in den 90er-Jahren – ich wiederhole es –: Die Kohl-Regierung hat in den 90er-Jahren den Sozialbereich für den freien Wettbewerb geöffnet. Damit ging einher, dass die Träger Rücklagen bilden durften, um nicht zu sagen sollten. Damit ging einher, dass die Gewinnspanne nicht weiter begrenzt wurde und richtig kontrolliert durfte auch nicht werden. Der Markt wird es
schon regeln – das war Ihre Maxime. Der Markt regelt es nicht. Deshalb bin ich nach wie vor davon überzeugt: Nur im Zusammenspiel mit der Transparenzoffensive des Senats, mit den notwendigen Korrekturen auf Bundesebene und durch Veränderungen bei den Rahmenverträgen werden wir in diesem Bereich zu mehr Transparenz und mehr Kontrolle kommen. Aus meiner Sicht ist Rot-Rot einen wichtigen Schritt gegangen. Wir sind noch nicht am Ziel, aber spannend ist, ob Schwarz-Gelb, ob die Bundesregierung diesen Weg mitgeht, denn auf die sind wir angewiesen, um bestimmte Dinge überhaupt umsetzen zu können. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Kollegin Breitenbach! – Für die FDPFraktion hat nunmehr der Kollege Czaja das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Breitenbach! Uns ist gar nichts anderes übrig geblieben, als im Bundesrat zuzustimmen. Dies war die logische Konsequenz daraus, dass Sie über ein Jahr lang in Berlin nicht gehandelt haben. Ihrem Versagen etwas entgegenzustellen, war die letzte mögliche Konsequenz. Das will ich hier einmal festhalten.
Wenn man hier in die Runde schaut, werden Sie feststellen, dass wir über den größten Skandal der rot-roten Koalition auf einem Ihrer Kernfelder, der Sozialpolitik, sprechen und das Interesse in diesem Raum hier bis auf einige wenige gegen null tendiert.
Ich sage Ihnen: Treberhilfe bedeutet kein Ende. Seit fast einem Jahr beschäftigen wir uns in diesem Haus mit diesem Thema, und es ist frustrierend, wie wenig der Senat und die zuständige Senatorin bereit oder in der Lage sind, für Aufklärung zu sorgen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Vielfach – Sie erinnern sich – haben sich Haupt- und Sozialausschuss mit diesen Fragen beschäftigt und die Senatsverwaltung für Soziales befragt. Auffällig war, dass allenfalls wenige Fragen unzureichend oder sogar schlecht beantwortet worden sind. Bei der Aufklärung des so genannten Treberhilfeskandals halten Sie, Frau Maserati-Liebhaberin Bluhm, sich seit Monaten auffällig zurück.
Sie reden von Transparenz, werfen aber im Grunde genommen nichts anderes als Nebelkerzen. Wer von Ihnen Aufklärung erwartet, Frau Senatorin, glaubt auch an den Bock als Gärtner.
Statt seriöser Aufklärung über Probleme im Bereich der entgeltfinanzierten Sozialleistungen sehen wir unkoordinierten Aktionismus im Zuwendungsbereich.
Drei Minuten, sehr gerne. – Bis heute werden dem Parlament Antworten auf die unterschiedlichsten Fragen verweigert oder es werden unbefriedigende Antworten geliefert. Nutzen Sie die Gelegenheit, Frau Senatorin, sich heute in der Debatte den Pelz zu waschen und klare Antworten zu geben!
Ich frage Sie für die FDP-Fraktion: Warum hat die Senatsverwaltung nicht reagiert, als der Dienstwagen bekannt wurde? Warum hat man nicht Einblick in das Handelsregister genommen, wo die Bilanzen der Treberhilfe einsehbar waren? Drittens: Warum sind Sie nicht stutzig geworden, als ein erheblicher Zuwachs an betreuten Plätzen für Obdachlose in Berlin festgestellt wurde, der größtenteils von einem Anbieter getragen wurde? Und ich frage Sie viertens: Warum ist niemand auf die Idee gekommen, dass mit der Zuwendung für die Straßensozialarbeit das Marketing der Treberhilfe für die entgeltfinanzierten Bereiche finanziert wurde? Wenn Sie nunmehr die Kraft und den Mut haben, diese Fragen, Frau Senatorin, zu beantworten, dann bitte nicht die alte Leier frei nach dem Motto, Sie hätten keine Kontrollrechte, sondern stattdessen vielleicht lieber einmal weniger blumig und dafür transparenter und vertrauensbildender hier entsprechend. Das wäre Ihre Gelegenheit.
Denn ich sage Ihnen: Sie haben das Recht, die Wirtschaftlichkeit von Leistungen zu überprüfen, wenn begründete Anhaltspunkte für eine Unwirtschaftlichkeit vorliegen. Hier hätten Sie spätestens, als der „Tagesspiegel“-Bericht über den Maserati erschienen ist, hellwach werden müssen. Möglicherweise lesen Sie den „Tagesspiegel“ nicht und bevorzugen andere Tagespresse in dieser Stadt. Ich sage jetzt nicht, welche ich vermute.
Und eben weil dies nicht so war, müssen Sie sich als zuständige Senatorin auch unsererseits die Frage gefallen lassen, ob Sie nicht bereit sind, für Transparenz und Auf
Beides wäre gleichermaßen – vielleicht können Sie dann gleich noch in Ihrer Frageformulierung darauf eingehen – bedenklich und ließe wiederum die Frage zu, ob Sie dann an dieser Stelle die richtige Frau wären. – Bevor ich dann den Fokus auf den Regierenden Bürgermeister in der Verantwortung richte, lasse ich gerne Ihre Frage zu.
Danke schön! – Ich darf ja nur eine Frage formulieren, also Herr Czaja: Stimmen Sie mir zu, dass für die Aufklärung, die Sie jetzt hier fordern, in der gegenwärtigen Situation die Staatsanwaltschaft und die Finanzbehörden zuständig sind und nicht die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales?
Frau Breitenbach! Ich sage Ihnen: Wir müssten gar nicht mit der Staatsanwaltschaft hier argumentieren, wenn die Aufgaben in diesem Haus richtig gemacht worden wären.
Und ich sage Ihnen auch, dass dieser Senat angetreten ist mit dem Motto – und damals war es Klaus Wowereit, der als erstes sagte, nachdem er gewählt war –: Sparen, bis es quietscht. – Das war seine politische Ansage, nachdem er gewählt worden war. Und hörbar quietscht es seitdem in der Stadt, viel Geld aber dennoch zu verpulvern im Landeshaushalt, das demonstrierte uns eindrucksvoll Harald Ehlert. 80 000 Euro für Sauna und Whirlpool, 153 000 Euro für Schönheitsreparaturen am Bootssteg der Seevilla, 5 000 Euro für Jakobsmuscheln und Hummer, 648 000 Euro für das Errichten eines Seminarpavillons im Garten, um nur einige Beispiele zu nennen.