Nein! Ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage, weil es bestimmt hinterher eine wunderbare Kurzintervention gibt. Dann kann ich mich auch noch einmal melden, und dann können wir wunderbar debattieren.
Mit anderen Worten: Da von Anfang an deutlich geworden ist, dass wahrscheinlich kriminelles Verhalten bei dieser Futtermittelpanscherei vorliegt, hätte man hingehen und aus Beweissicherungsgründen vermehrt Proben nehmen müssen. Ob man sie sofort auf Dioxin testet oder erst einmal einfriert, lassen ich dahingestellt sein,
aber man hätte vermehrt testen, vermehrt auf Dioxin untersuchen und vor allem die Proben sicherstellen müssen, um dieses kriminelle Handeln darzustellen und klar zu machen, wie viel Dioxin in Berlin angekommen ist.
Aber gehen wir weiter: Nun wird verharmlost, es sei nicht so schlimm, wenn die Menschen nur leicht verseuchte, dioxinverseuchte Eier essen, denn sie fallen nicht gleich tot um. Natürlich, es sind keine Salmonellen, bei denen man sofort anfängt, starke Erscheinungen zu haben.
Was aber passiert, ist, dass sich die Krebsrate erhöht. Wir haben bereits eine in den letzten 20 Jahren um 20 Prozent gestiegene Krebsrate bei Kindern und um 10 Prozent bei Erwachsenen. Das sind Werte, die sind nicht hinnehmbar. Wir müssen deshalb systematisch alle Quellen von krebserregenden Stoffen in Lebensmitteln ausschalten.
Möglich ist das bislang nur, wenn wir gesunde Lebensmittel zu uns nehmen, wie zum Beispiel Biolebensmittel.
Ein vermehrter Einsatz von Biolebensmitteln wurde vom Senat bereits im Jahr 2006 mit der Lokalen Agenda 21 beschlossen, die vorsieht, dass bis zum Jahr 2015 15 Prozent der Lebensmittel in den Kantinen aus biologischem Anbau stammen sollen. Was ist passiert? – Es wurden große Projekte aufgelegt. Eine Beratungsstelle für mehr biologisches Essen in Kantinen und Gemeinschaftsverpflegung, dann wurde der Etat gestrichen, danach die Menschen entlassen und das Projekt gestoppt. Ergebnis ist: Es gibt bis heute keine Regelungen in diesem Bereich. Es gibt keine Kriterien für das Essen in den Kantinen, mit denen zum Beispiel ein Bioanteil vorgesehen wird. Klar ist, die Ziele der Agenda 21 werden in Berlin nicht verfolgt, sondern krachend verfehlt.
Nun gibt es eine Bundesratsinitiative zum Verbraucherinformationsgesetz. Die soll helfen, das Smileysystem umzusetzen. Doch leider sehen Sie darin noch immer vor, dass die Namen der Betriebe erst veröffentlicht werden dürfen, nachdem bewiesen und eine zweiwöchige Einspruchfrist abgewartet worden ist,
[Martina Michels (Linksfraktion): Was wollen Sie denn? Wollen Sie auf Verdacht veröffentlichen oder wie?]
dass die Betriebe zum Beispiel verseuchtes Futter verarbeitet haben. Wir wollen einen Sofortvollzug,
wir wollen, wenn nach dänischem Modell in Betrieben nachgewiesen wurde, dass verseuchtes Futter verfüttert wurde, dass das sofort bekannt gemacht werden kann.
Kommen wir zur Einführung des Smileys selbst. Frau Lompscher! Schon im März 2010 hat die Bezirksstadträteversammlung mit dem Senat zusammen beschlossen, das Smiley einzuführen. Bis heute ist nichts passiert.
Ich komme zum letzten Satz. – Bis heute ist nichts passiert, und es droht noch gar an der Anschaffung von Laptops zu scheitern. Dafür muss erst ein Staatssekretärsausschuss für Verwaltungsmodernisierung einberufen werden, um zu beschließen, dass Laptops und Drucker gekauft werden.
Das hätte man sofort umsetzen können. Wir fordern Sie auf, Klimaschutz endlich zur Chefsache zu machen. Wir werden das tun, wenn wir an die Regierung kommen und wir haben dafür eine sehr geeignete Kandidatin, die Verbraucherschutz endlich zur Chefsache in Berlin machen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schneider! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Gersch das Wort!
Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! In Berlin wurde kein einziges betroffenes Ei gelegt.
Es wurde kein einziges Ei in einem Laden entdeckt, und wir halten eine Aktuelle Stunde darüber ab. Das ist wirklich ein Kuriosum.
Es hätte aber auch sein können, dass wir fundamentale Neuigkeiten von der Koalition erfahren. Frau Monteiro hält historische Exkurse, Herr Isenberg war beim falschen Publikum und Frau Holzheuer-Rothensteiner hält einen Vorabdruck einer Imagebroschüre für Ihre Senatorin – zumindest hat es so geklungen.
Nichtsdestotrotz sprechen wir heute über dieses Thema. Deshalb beginne ich mit meiner vorbereiteten Rede.
Wer mutwillig oder fahrlässig Futtermittel mit schädlichen Giften in Berührung bringt und zulässt, dass diese Gifte auch die Endprodukte belasten, handelt entweder höchst kriminell, mindestens aber äußerst fahrlässig. Die Futtermittelpanscher gefährden die Gesundheit von Millionen von Verbrauchern. Zusätzlich bedrohen sie die wirtschaftliche Grundlage vieler zumeist mittelständischer Betriebe in der Landwirtschaft. Noch schlimmer aber ist vielleicht, dass mit solchen Skandalen stets das Grundvertrauen der Verbraucher in die Unbedenklichkeit unserer Lebensmittel getroffen ist.
Das dürfen und können wir nicht hinnehmen. Dieses Vertrauen muss schleunigst wiederhergestellt werden. An erster Stelle stehen dabei die Ernährungswirtschaft und der Handel in der Pflicht, aber auch die Politik ist hier gefordert. Ob einige Äußerungen insbesondere des linken Spektrums dieses Hauses dabei behilflich waren, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Es ist auch in keiner Weise akzeptabel, wie dieser unschöne Skandal von SPD, Linken und Grünen zu einer unsachlichen Kampagne genutzt wird, die sie auf dem Rücken der Verbraucher austragen, indem sie Ängste unnötig schüren.
Wir beobachten auch in anderen Politikfeldern, wie das linke Spektrum an Grundfeilern in unserer politischen Kultur sägt. Dioxine gehören weder in unsere Frühstückseier noch in das Schnitzel noch in sonst irgendein Lebensmittel. Es ist aber auch unbestritten, dass Dioxine nicht nur über die Panscherei, sondern auch über eine latente Umweltbelastung in unsere Lebensmittel gelangen. Da müssen sich einige in diesem Haus die Frage gefallen lassen, was diverse Minister aus Vorgängerregie
Die Umstände dieses Skandals müssen genau analysiert werden, und es müssen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden.
Darum begrüßen wir den Aktionsplan „Verbraucherschutz in der Futtermittelkette“ der Bundesregierung und erwarten vom Senat, diesen zu unterstützen.
Unabdingbar erscheint meiner Partei die Überprüfung des Strafrahmens. Die Möglichkeiten des Betrugs oder der Panscherei haben erheblich zugenommen, während das Straf- und Ordnungsrecht dieser Entwicklung bisher nicht gefolgt ist. Wer sich im Bereich der Futter- und Lebensmittelherstellung aus Profitgier in unverantwortlicher Weise benimmt, muss zur Not in den Knast. Es müssen aber wenigstens die Gewinne aus dieser unverantwortlichen Tätigkeit abgeschöpft und eine weitere finanzielle Sanktionsmöglichkeit ermöglicht werden, damit der Nahrungsmitteldelinquent am Ende seines schäbigen Handelns weniger in der Tasche hat, als er gehabt hätte, wenn er ordentlich und sauber produziert hätte.
Noch wichtiger ist die Transparenz für die Verbraucher. Der beste Verbraucherschutz ist die Herstellung von Transparenz, Verbraucherbildung und Verbraucherwissen. Der Verbraucher hat letztlich die Marktmacht, und wir müssen ihn noch mehr in die Lage versetzen, diese einzusetzen. Verbraucherschutz ist integraler Bestandteil einer Marktwirtschaft, in der sich Verbraucher und Unternehmen auf Augenhöhe begegnen sollen. Transparenz nützt allen. Verbraucher können sich über die Produkte informieren, und das Unternehmen genießt, sofern es ordentliche Produkte anbietet, das Vertrauen des Kunden. Wer dagegen Dreck produziert oder verkauft, fliegt vom Markt.
Darum ist eine weitere Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes naheliegend und zu begrüßen. Die Einführung eines Smileysystems nach dänischem Vorbild unterstützen wir. Und die FDP auf Bundesebene ist dabei, dieses Thema voranzutreiben.
Ich gebe aber zu, dass der von mir skizzierte Markt auch klug reguliert werden muss. Dazu gehört ein effizientes und effektives Kontrollsystem, das schwarze Schafe abschreckt und sauber arbeitende Betriebe dazu animiert, sich mit guten und sauberen Produkten am Wettbewerb zu beteiligen. Die Vorschläge des Aktionsplans scheinen mir dabei gut geeignet zu sein, das Kontrollsystem zu optimieren.
Ich möchte das Thema Lebensmittelsicherheit aber auch aus einer anderen Perspektive betrachten, die mir und meiner Partei im Gegensatz zu einigen anderen hier im Haus sehr am Herzen liegt. Lebensmittelsicherheit und
Verbraucherschutz müssen für jeden Berliner und jede Berlinerin gewährleistet sein. Viel zu oft vermitteln die Gutmenschen des linken Spektrums, insbesondere aus dem Kulturkreis der Grünen, ein elitäres Verbraucherschutzbild frei nach dem Motto: dioxinfreier Latte Macchiato in Prenzlauer Berg, aber wer sein Schnitzel beim Discounter in Neukölln kauft, ist selbst schuld, wenn er belastet ist. Die Einstellung, ein billiges Lebensmittel sei schon aufgrund seines Preises schlecht und ein Lebensmittel aus dem Biomarkt sei schon sauber, weil es aus dem Biomarkt kommt, werden wir nicht akzeptieren.