Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Verbraucherschutz müssen für jeden Berliner und jede Berlinerin gewährleistet sein. Viel zu oft vermitteln die Gutmenschen des linken Spektrums, insbesondere aus dem Kulturkreis der Grünen, ein elitäres Verbraucherschutzbild frei nach dem Motto: dioxinfreier Latte Macchiato in Prenzlauer Berg, aber wer sein Schnitzel beim Discounter in Neukölln kauft, ist selbst schuld, wenn er belastet ist. Die Einstellung, ein billiges Lebensmittel sei schon aufgrund seines Preises schlecht und ein Lebensmittel aus dem Biomarkt sei schon sauber, weil es aus dem Biomarkt kommt, werden wir nicht akzeptieren.

[Beifall bei der FDP]

Diese Einstellung ist zudem zynisch und unsozial. Abgesehen davon gab es in den letzten Jahren auch eine Reihe von Lebensmittelskandalen bei Biolabels. Lebensmittelsicherheit muss auch für diejenigen gewährleistet sein, die nur einen beschränkten Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben können und deshalb auf günstige Preise im Supermarkt oder beim Discounter angewiesen sind.

Die Koalition wollte heute aus gutem Grund im Rahmen einer Aktuellen Stunde nicht zu den erörterten desaströsen Ergebnissen des Sozialmonitorings sprechen. Aufgrund ihrer erfolglosen Wirtschafts- und Bildungspolitik sowie ihrer wirkungslosen Ansätze in der Sozialpolitik hat diese Stadt so viele Transferleistungsempfänger wie keine andere Stadt in diesem Land. Hinzu kommen die vielen Geringverdiener, und die Politik steht in der Pflicht, auch diesen Menschen sichere und ordentliche Lebensmittel zu gewährleisten. Ein elitärer Verbraucherschutzansatz, wie ihn insbesondere die Grünen verfolgt haben – auch heute haben sie wieder dafür geworben –, isoliert den Teil der Gesellschaft, der sich Bio nicht leisten kann. Wer eine Agrarwende fordert, nimmt in Kauf, dass Lebensmittel zukünftig teurer werden oder Verbraucherschutzstandards erst ab einem bestimmten Preis gelten, den sich nur ein bestimmter Kreis leisten kann. Ich hoffe, dass der rot-rote Senat, der sich das Wort „sozial“ ins Stammbuch geschrieben hat, sich wenigstens bei Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für die Ärmsten dieser Stadt einsetzen wird.

[Beifall bei der FDP]

In Berlin muss gewährleistet sein, dass keine belasteten Lebensmittel in den Handel kommen. Ein gutes Stück muss man sich dabei auf die Kontrolle der anderen Bundesländer verlassen. Aber auch der Senat und die Bezirke müssen eine effektive und effiziente Kontrolle des Handels in Berlin sicherstellen. Wir wissen alle, dass Berlin dabei in den letzten Jahren nicht so gut aufgestellt war. Ich hoffe, Frau Senatorin, Sie nehmen diesen Lebensmitteskandal zum Anlass, nicht nur auf Bundesebene nach mehr Lebensmittelsicherheit zu rufen, sondern sich auch die Zeit und die Ressourcen nehmen, das Kontrollsystem in Berlin zu optimieren! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gersch! – Das Wort für eine Kurzintervention hat Frau Abgeordnete Schneider.

[Zuruf von der Besuchertribüne]

Wenn die Saaldiener bitte die Besucher entfernen würden! Es ist nicht erlaubt, dass Gäste das Wort ergreifen. – Vielen Dank! Wenn dann Ruhe eingekehrt ist, haben Sie das Wort.

[Mieke Senftleben (FDP): Frau Bayram weiß, worum es geht!]

Vielen Dank! – Ich wollte gerne noch erwidern, dass Biolebensmittel keineswegs nur für eine Elite gedacht oder ein elitäres Produkt sind, sondern Biolebensmittel sollten ein genereller Bestandteil unserer Ernährung werden, gerade da, wo es sensible Produkte wie die Eier, die Milch, das Fleisch und das Gemüse betrifft. Nicht umsonst hat das Berliner Abgeordnetenhaus bereits beschlossen, bis zum Jahr 2030 30 Prozent Biolebensmittel in die öffentlichen Kantinen, in die Schulen einzubringen. Das müsste endlich umgesetzt werden. Das ist dann eine Einführung in die Breite der Gesellschaft. Alle würden davon profitieren. Es ist auch bekannt, dass, wenn man im großen Stil Biolebensmittel einkauft, dann in dem Moment diese nicht so viel teurer sind als die anderen Lebensmittel. Das möchte ich sagen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Auch das Bio-Ei hatte Dioxin! – Christian Gaebler (SPD): So viel Biolebensmittel gibt es nicht! Wo kommen diese ganzen Bio-Eier her?]

Da stellen Sie eine sehr gute Frage! Wir müssen natürlich mehr Flächen für biologischen Anbau schaffen. Deswegen ist es auch wichtig, dass eine systematische – – Also das ist ja wohl lächerlich, was die Linke da sagt.

[Beifall bei den Grünen]

Sie wissen doch wohl ganz genau, dass das Land Berlin nicht überall Gärten hat und selbst Lebensmittel erzeugen kann, sondern dass wir das aus dem Umland bekommen.

[Martina Michels (Linksfraktion): Eine Kurzintervention!]

Aber um eine – – Also wir können ja hier nicht in die Lächerlichkeit übergehen.

Frau Schneider! In Ihrer Kurzintervention müssen Sie sich bitte auf Ihren Vorredner beziehen, und das ist der Abgeordnete Gersch.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Der Vorredner hat gesagt, die Grünen würden sich dafür einsetzen, dass nur der Öko-Latte-Macchiato in Prenzlauer Berg bio wäre. Das ist natürlich totaler Quatsch. Wir Grüne wollen Bio in die Fläche bringen, wir Grüne wollen Bio in die Masse bringen. Wir Grüne wollen, dass auch Schülerinnen und Schüler Bioessen bekommen, dass diese gesundes Essen bekommen,

[Beifall bei den Grünen]

dass in den Kantinen und in den Küchen des Landes Berlin mehr bio ist.

[Martina Michels (Linksfraktion): Bionade!]

Wir wollen nicht nur das Biolebensmittel fördern, sondern auch die Ernährung generell gesünder machen, besser überwacht. Wir wollen generell die Lebensmittel besser überwachen und freier von Schadstoffen halten. Nicht umsonst dafür hat auch der grüne Stadtrat Kirchner in Pankow das Smileysystem eingeführt, um diese Überwachung verbessern zu können. Aber ganz wichtig ist es – –

[Beifall bei den Grünen – Zurufe]

Um es noch mal festzuhalten: Wir brauchen in der Breite für die Bevölkerung mehr gesunde, auch ökologisch angebaute Lebensmittel,

[Christoph Meyer (FDP): Sie entscheiden, was auf den Tisch kommt! – Christian Gaebler (SPD): Latte Macchiato in allen Schulen!]

bei denen z. B. so ein Skandal mit verseuchten Futterfetten gar nicht auftauchen kann, weil es nämlich in den Biorichtlinien verboten ist, isolierte Fettsäuren zuzufüttern, weil die Lebensmittel zum größten Teil auf dem eigenen Hof erzeugt werden müssen. Und um mehr Biolebensmittel zu bekommen, muss man systematisch umsteuern und langsam, aber sicher die – –

Frau Abgeordnete Schneider! Ihre Redezeit ist beendet. Und diesmal wird sie auch nicht verlängert.

erforderlich. – Danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den Grünen – Zurufe]

Sie haben uns jetzt eines bewiesen, Sie wollen uns eine Playmobilwelt für die reale Welt verkaufen.

[Beifall bei der FDP, der SPD und der Linksfraktion – Heiterkeit]

Nein, Sie habe sich heute eben so deklassiert. Sie erzählen uns hier allen Ernstes, Biolebensmittel für die ganze Welt, dabei müssten Sie es eigentlich ganz genau wissen, dass das niemals mit den Ressourcen dieser Erde zu ermöglichen ist.

[Zuruf von Felicitas Kubala (Grüne)]

Sie wollen Bioraps haben, Flächen werden dadurch weitestgehend unbrauchbar gemacht.

[Mieke Senftleben (FDP): Biowachs fürs Auto!]

Da kannibalisieren Sie im Prinzip Ihre komplette Idee mit heraus.

[Zuruf von Volker Ratzmann (Grüne)]

Und Sie können doch hier nicht im Ernst erzählen, dass ein Bioapfel, der einen Euro kostet – –

[Zuruf von Clara Herrmann (Grüne)]

Frau Herrmann, gehen Sie doch zu Ihren Freunden da nach oben!

[Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der Linksfraktion]

Sie wollen uns hier ernsthaft erzählen, dass die konventionelle Landwirtschaft der böse Feind ist, der alles schlecht macht. Gehen Sie doch einfach mal in so einen Betrieb rein! Da wird auch weitestgehend ordnungsgemäß gearbeitet.

[Volker Ratzmann (Grüne): Weitestgehend reicht nicht!]

Ja, denken Sie denn tatsächlich, dass in sogenannten Biounternehmen tatsächlich auch alles läuft? Und Sie wissen auch genau, dass mittlerweile Bioerzeugnisse aus der Ukraine und aus Wolgograd kommen. Da kann gar keiner was überprüfen. Aber das ist im Prinzip die notwendige Folge von einem Boom von Biolebensmitteln. Dieser kann tatsächlich überhaupt nicht mehr abgedeckt werden.

[Zurufe von den Grünen]

Ihre Wähler glauben das ja noch, aber erzählen Sie uns hier nicht solchen Unsinn in diesem Parlament. – Danke!

[Beifall bei der FDP und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]