Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

[Uwe Goetze (CDU): Ihre Pflicht wäre es, einen Gesetz- entwurf vorzulegen und nicht hier herumzuschwätzen!]

Herr Goetze! Ganz ruhig! Ich habe gerade dargelegt, wie uns Frau Bung hier gelegentlich im Parlament beehrt. Dann, wenn es um Ihre Themen geht, beehrt sie uns nicht. Das muss auch einmal erwähnt werden. So viel Zeit am Anfang einer Intervention darf wohl sein.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

So ist es, lieber Kollege Gaebler. Ich kann und will auch nicht meine fünfminütige Rede für Frau Bung wiederholen.

[Uwe Goetze (CDU): Sie hatte auch keinen Inhalt!]

Herr Goetze, bitte! Ich glaube, Sie kennen das Spielhallenthema auch nicht so richtig. – Aber ich wiederhole die drei Kernfragen an Frau Bung gern noch einmal, um sie persönlich um eine Beantwortung zu bitten. Erstens: Wie erklären Sie uns, dem Parlament, und draußen den Berlinerinnen und Berlinern den Widerspruch, dass Sie genauso als CDU-Fraktion wie CDU-Stadträte in vielen Bezirken sagen, sie seien gegen Spielhallen und gegen die Spielhallenflut, aber hier im Parlament, im Wirtschaftsausschuss genau vor drei Tagen gegen einen Antrag zur Verschärfung zur bundesweit gültigen Spielverordnung und der bundesweit gültigen Baunutzungsverordnung stimmen? Wie können Sie das erklären?

[Beifall bei der SPD]

Ich kann es mir nicht erklären.

[Uwe Goetze (CDU): Ihre dümmlichen Bundesinitiativen sind wertlos!]

Nur kurz, Herr Goetze! Das Rechtsgebiet ist Ihnen vielleicht nicht so vertraut, deshalb erkläre ich es gern. Die Baunutzungsverordnung wird, wenn das, was wir beantragen, was der Senat auf Bundesebene durchbringen soll, wirklich Recht geben, dass man ein eigenes Recht für die Spielhallen schafft, um damit mit einem Bebauungsplan – der Bezirksstadtrat kann es dann qua Amt tun – Spielhallen verbieten zu können. Was haben Sie denn gegen dieses Instrument, wenn uns Herr Röding, Herr Lambert, Herr Gröhler und die anderen immer sagen, dass sie genau dieses Instrument in den Bezirken wollen? Das ist doch doppelzüngig, doppelbödig. Das ist wirklich demaskierend, Frau Bung, wenn Sie hier im Parlament gegen solche Anträge stimmen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Frau Bung! Vielleicht können Sie uns auch erklären, warum Sie Ihren eigenen Entwurf in den Ausschüssen permanent ändern. Sie haben die ganzen Argumente leider nicht verfolgen können. Ihr letztes Argument – ich weiß gar nicht, ob sie noch zuhört, sie redet ständig mit ihrem Kollegen –

[Stefanie Bung (CDU): Ich bin Frau und kann beides gleichzeitig!]

es freut mich, dass sie es doch kann. Sie haben zum Schluss etwas zur Prävention gesagt. Unser Antrag fordert Gelder und Aufklärung in den Schulen. Wir wollen vor Ort in den Kiezen Kiezprojekte unterstützen, um Menschen vor Spielsucht zu bewahren. Warum kann die CDU einen solchen Antrag nicht unterstützen, wenn man ernsthaft gegen Spielhallen und gegen Spielsucht vorgehen will? Das können Sie hier niemandem erklären, den Menschen draußen erst recht nicht.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Frau Kollegin Bung! Möchten Sie replizieren?

[Stefanie Bung (CDU): Nein! – Christian Gaebler (SPD): Das ist ein Armutszeugnis!]

Dann geht es weiter mit dem Kollegen Behrendt von den Grünen. – Bitte schön, Herr Behrendt!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Grünen teilen die Problembeschreibung und stellen fest, dass alle Fraktionen bis auf die FDP ernsthaft an einer Abhilfe interessiert sind. Zu den Kollegen Buchholz und Klemm kann ich nur sagen: Willkommen in der Realität! Wir haben in den Bezirken und auch hier im Haus im vorletzten und letzten Jahr immer wieder darauf hingewiesen, dass hier ein erhebliches Problem auf uns zukommt, dass die Zunahme von Spielhallen insbesondere in den Innenstadtbezirken ein erhebliches Problem in dieser Stadt darstellt und insbesondere die Spielsucht Familien zerstört und Spielhallen die Stadt kaputt machen. Es ist schön,

dass sich die Koalition im Jahr 2011 dieser Auffassung anschließt.

[Beifall bei den Grünen]

Zum hier vorgeschlagenen Verfahren kann man sich allerdings nur wundern, wie hier die Regierungskoalition mit ihrem eigenen Senat umgehen möchte. Es ist doch ein wenig unüblich, dass ein Antrag gestellt wird, um den Senat aufzufordern, einmal ein Gesetz zu erarbeiten. Man fragt sich, ob Sie überhaupt noch miteinander reden. So etwas ließe sich auf dem kurzen Dienstweg klären, und man bräuchte nicht extra diesen Antrag. Herr Buchholz! Ich muss Sie hier immer wieder daran erinnern, dass Ihre Spezialität ein Gang durch die Stadt und eine Debatte über die Spielhallen ist. Zur Regierungsverantwortung gehört aber auch, nicht nur darüber zu reden, sondern diese Verantwortung auch wahrzunehmen und für Abhilfe zu sorgen. Genau dieses ist überfällig.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Der Antrag – die Kollegin Bung hat darauf hingewiesen – ist auch überflüssig. Wir brauchen nicht mehr in den Ausschüssen darüber zu beraten, ob der Senat einen Gesetzentwurf vorlegen soll, denn Senator Wolf hat im Ausschuss schon im November angekündigt, dass dieser Gesetzentwurf längst fertig ist. Frau Staatssekretärin hat uns in dieser Woche im Ausschuss mitgeteilt, dass sich der Senat am 8. Februar damit beschäftigen will.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Ach was, dann macht der Senat doch etwas!]

Wir sagen: Gebt uns schnell diesen Gesetzentwurf! Lasst uns dann anhand des Gesetzentwurfes auch die rechtlichen Probleme diskutieren, damit wir in dieser Legislaturperiode die dringend notwendige Handhabe gegen die Spielhallenflut bekommen und verzögert nicht durch solche Spielchen das Gesetzgebungsverfahren!

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Zur Sache: Es ist am Montag im Wirtschaftsausschuss ganz interessant gewesen, dass sich dort bereits die Kollegen Klemm und Stroedter als besondere Bedenkenträger hervorgetan haben. Bislang sind wir uns einig gewesen, dass wir ein Gesetz wollen, das nicht nur für zukünftige Spielhallenanträge eine Handhabe gibt, sondern wir wollen auch ein Gesetz zur Regulierung der bisher bestehenden, denn wir sind der Meinung, der Ist-Zustand ist schon zu viel. Wir wollen weniger Spielhallen in dieser Stadt.

[Daniel Buchholz (SPD): Wir auch!]

Und wir wollen insbesondere die Ansammlung regulieren. Es ist darauf hingewiesen worden, nach mehreren Jahren hat auch die SPD offensichtlich festgestellt, dass in der Karl-Marx-Straße jetzt 33 Spieleinrichtungen sind. Auch in Tiergarten, am Kottbusser Damm, auch in Spandau gibt es eine Ansammlung von Spielhallen. Das ist viel mehr, als wir ertragen können. Wir wollen eine Handhabe, um das zu regulieren. Da möchte ich keine Bedenkenträger hören, die sagen, das geht alles nicht,

[Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

sondern Politik ist die Kunst des Möglichen.

[Beifall bei den Grünen]

Wir sollten uns hier gemeinsam hinsetzen und schleunigst eine Handhabe erarbeiten und nicht schon vorher wissen, was alles nicht geht.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Aha! Sie wollen es erarbeiten!]

Sonst gibt es für die Bezirke hier nur Steine statt Brot. Damit ist niemandem geholfen.

[Beifall bei den Grünen – Uwe Doering (Linksfraktion): Also: Nachdenken und erarbeiten! Das werfen Sie uns vor!]

Die beabsichtigte Verschärfung der Spieleverordnung ist zu begrüßen. Das tragen wir mit. Diese Verschärfung der Spieleverordnung ist genauso richtig wie damals die Novellierung falsch war.

Was den Schutz von Spielsüchtigen und die Hilfe für Spielsüchtige angeht, ist das auch sehr richtig. Wir können uns darüber hinausgehend – das ist auch im Ausschuss diskutiert worden – auch noch Zugangskontrollen für Spielhallen vorstellen und dass man vor allen Dingen wie bei der Spielbank die Möglichkeit eröffnet, dass die Spielsüchtigen sich selbst sperren können und dann nicht mehr an die Automaten rankönnen. Das ist ein Gesichtspunkt, der insbesondere von den Verbänden, den Beratungseinrichtungen gefordert wird.

Wir wollen auch – das ist leider verlorengegangen in den Anträgen der Koalition – eine Einschränkung der Werbung. Wir wollen diese schreierische Werbung für die Spielhallen nicht mehr, diese knalligen Farben, diese Blinklichter. Das kann man auch deutlich reduzieren.

[Beifall bei den Grünen – Christoph Meyer (FDP): Bei Ihnen müsste man die Wahlen abschaffen!]

Wir lassen also die Bezirke hier nicht allein mit dem Ansturm der Genehmigungsanträge. Wir wollen in dieser Legislaturperiode noch ein wirksames Spielhallengesetz.

[Daniel Buchholz (SPD): Machen wir! Wir werden es schaffen! Sie werden es sehen!]

Der Antrag der Koalition trägt dem leider nicht Rechnung. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Behrendt! – Für die FDPFraktion hat jetzt nunmehr der Kollege Jotzo das Wort. – Bitte schön, Herr Jotzo!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Vorredner so angehört hat, dann kommt man ins

Zweifeln. Ich bin froh, dass es noch eine Fraktion gibt, die sich, bevor sie anfängt, hektisch aktiv zu werden, die Zahlenlage und die Realität anschaut. Schauen wir einmal, was wir da haben! Herr Behrendt hat eben gesagt, wir müssten den Bezirken ein Instrument an die Hand geben, um baupolitische Entscheidungen zu beeinflussen. Dieses Instrument nennt sich Bauplanungsrecht. Das Bauplanungsrecht und der Bebauungsplan, der darauf fußt, bietet den Bezirken schon seit Jahrzehnten jede Möglichkeit, nach der jeweils geltenden BauNVO Vorsehungen zu treffen.

[Beifall bei der FDP]

Die Probleme, die wir heute haben, haben wir dort, wo die Bezirke von dieser Möglichkeit eben keinen Gebrauch gemacht haben, wo die Baustadträte jahrzehntelang geschlafen und nicht dafür gesorgt haben, dass veraltetes Berliner Baurecht durch neues ersetzt wurde.

[Beifall bei der FDP]