[Mieke Senftleben (FDP): Nicht bei diesem Thema! – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Die Wahrheit kommt auf leisen Füßen!]
Es geht um das Thema Neuausrichtung der Berliner Volkshochschulen und Musikschulen und dabei ganz konkret um die Frage der Umsetzung des Kommissionsberichts über die Volkshochschulen und Musikschulen im Rahmen der Servicestadt Berlin. Wir haben in den letzten Monaten dazu zwei Anhörungen durchgeführt, und zwar am 10. Juni 2010 und am 10. Februar 2011.
Das waren zwei sehr interessante Anhörungen. Ich möchte daraus gleich anfangs zitieren. Beispielsweise hat sich Frau Staatssekretärin Zinke am 10. Juni 2010 so eingelassen, dass Herr Senator Zöllner selbst diese Kommission einberufen und den Bericht befördert hat. Sie hat darüber hinaus wörtlich formuliert:
Die Senatsverwaltung für Bildung steht zu all dem, was in diesem Kommissionsbericht festgestellt wurde.
Durch diesen Kommissionsbericht und der Orientierung an den verschiedensten Instrumenten und Regularien, die wir in Rahmen der Verwaltungsreform entwickelt haben, ist es erstmals gelungen, ein konformes Gebilde dazu zu entwickeln.
Von der Koalition sind für die Anhörungen zwei Fachleute benannt worden, unter anderem die Frau Bezirksstadträtin Hänisch und Herr Bezirksstadtrat Schulte. Beide betonten die Notwendigkeit der Umsetzung des Kommissionsberichts.
Im Bildungsausschuss waren wir uns weitgehend einig. Frau Dr. Tesch sagte wörtlich: „Hier ist ein sehr guter Bericht geliefert worden.“ Sie bedauerte ausdrücklich, dass noch keine abgestimmte Senatsvorlage vorliege. Herr Nolte sprach von „ausfinanzierten Mindeststandards“, die notwendig wären, die möglicherweise auch über Musikschulen und Volkshochschulen hinausgehen würden. Frau Harant stellte fest, es gäbe an dieser Stelle keinen Dissens. Frau Dr. Hiller sagt wörtlich:
Herr Zillich sprach von einem guten Beispiel und der Notwendigkeit festgelegter Mindeststandards. Neben diesen Fachleuten, neben diesen Kollegen haben sich der Landesmusikrat, der Musikschulbeirat, die bezirklichen Musikschulen, die bezirklichen Volkshochschulen, die Gesellschaft zur Förderung der Volkshochschulen in Berlin, die Senatsbildungsverwaltung, aber natürlich auch die Fachstadträte positiv zur Notwendigkeit der Umsetzung des Kommissionsberichts geäußert.
Worum geht es in dem Kommissionsbericht? – Es geht um die Einführung von kennzahlorientierten Personalausstattungen, es geht um die Anhebung der Weiterbildungsdichte von 53 auf 59 Prozent der vergleichbaren Großstadtvolkshochschulen in den nächsten zehn Jahren, es geht um die Schaffung von regionalen Servicestellen bei Musikschulen und Volkshochschulen, es geht um die Bildung eines überbezirklichen Steuerungsgremiums unter anderem mit dem Ziel des Abschlusses von Rahmenzielvereinbarungen. Das Ganze ist verbunden mit einem Kostenvolumen von insgesamt bis zu 2,5 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren. Warum ist das notwendig? – Weil beispielsweise der Personalbestand in den bezirklichen Einrichtungen von 87 Prozent auf 53 Prozent der vergleichbaren Personalausstattung großstädtischer Volkshochschulen und Weiterbildungseinrichtungen gesunken ist. Weil wir einen hohen Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben, die in den nächsten Jahren ausscheiden werden und weil wir eine ungleiche Ausstattung zwischen den einzelnen Bezirken haben, die sich dann auch bei der Kosten- und Leistungsrechnung negativ bemerkbar macht, wenn wir auf der einen Seite Bezirke mit einem hohen Anteil von Honorarmitteln haben und auf der anderen Seite mit einer großen Zahl festangestellter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Nichtsdestotrotz geben sich die Einrichtungen große Mühe. So ist zum Beispiel die Anzahl der Unterrichtseinheiten deutlich gesteigert worden, aber jetzt droht der Wegbruch. Wir wissen, dass zudem 6 500 Wartende existieren, die einen Kurs in der Volkhochschule belegen wollen. Es gibt eine große Übereinstimmung in der Bewertung der Leistungen.
Wie ist der Stand der Dinge? – Wir haben als Parlament einen Bericht bekommen über den Verlauf des Projekts. Das Projekt ist grün gekennzeichnet worden. Wir haben einen Staatssekretärsausschuss, der das Ganze positiv zur Kenntnis genommen hat. Wir haben eine Mitzeichnung der Senatsinnenverwaltung, aber wir haben bis heute – 14 Monate danach – immer noch keine Senatsvorlage. Wir haben einen Herrn Staatssekretär Freise, der dem zwar zugestimmt, der mitgezeichnet hat, der sich aber nach dem Motto eingelassen hat: Operation gelungen, Patient tot. Er sprach von einem guten Projekt, positiv abgeschlossen, aber es sei eine ganz andere Frage, ob es auch umgesetzt werden solle. Ich frage Sie: Wie stehen Sie dazu, wenn wir Geld investieren, wenn wir hoch bezahlte Mitarbeiter für ein Jahr und länger einsetzen, und
das Ganze anschließend in den Rundordner absortieren? Ich glaube, wir sind uns einig: Das kann es nicht sein!
Ich bin beim Schlusssatz. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielmehr könnte es die Stunde des Parlaments sein, fraktionsübergreifend, analog zu anderen Beschlüssen dieses Projekt zu einem positiven Abschluss zu führen. Nachdem die Bezirke ihre Politikfähigkeit bewiesen haben, sollte das auch das Berliner Abgeordnetenhaus tun. Wir sollten uns ein Beispiel nehmen an der SPD-Stadträtin Hänisch, des Bezirks Mitte, die im Ausschuss sagte: Wir brauchen dringend einen Startschuss. – Den sollten wir geben.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Herr Statzkowski hat es geschafft, uns alle wieder wach zu machen, und hat uns Inhalte aus diesem Kommissionsbericht vorgelesen. Ich glaube, alle, die an dem Thema interessiert sind, haben diesen Bericht gelesen. Alle wissen, wie wichtig er ist. Wir kennen den Stand. Mir erschließt sich allerdings überhaupt nicht, weshalb Sie sagen: Operation gelungen, Patient tot.
Wenn Sie das Verfahren aufmerksam verfolgt hätten oder verfolgen, wäre Ihnen nicht entgangen, dass an der Problematik gearbeitet wird,
dass einige Teile schrittweise umgesetzt werden. Sicher, es fehlt noch die Gesamtzustimmung aller Senatsmitglieder. Das war vielleicht ein Aufrütteln von Herrn Statzkowski. Es wird unser Anliegen sein, wenn wir diesen Antrag im Ausschuss behandeln und beschließen werden. Ich bin mir aber auch sicher, dass ohne diesen Antrag diese Vorlage noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird,
dass es eine einvernehmliche Lösung zwischen dem Senat und dem Rat der Bürgermeister geben wird. Es ist eine schwierige Gemengelage, weil der RdB auch noch zu
stimmen muss. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass es klappt. Es ist allen eine wichtige Angelegenheit. Ich habe von niemandem gehört, dass er dieses Programm für tot erklärt hat, sondern immer die Bedeutung hervorgehoben hat. Ich möchte jetzt nicht abwiegeln und sagen: gut Ding will Weile haben –, sondern meiner Zuversicht Ausdruck verleihen, dass wir das in dieser Legislaturperiode noch beschließen werden. Wir werden gemeinsam im Ausschuss beraten und dann diesem Bericht zum Erfolg verhelfen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass man mit fast vollständiger Senatsriege solch ein Thema diskutieren kann. Allerdings fehlt der Senator, der die Blockade vollzieht, nämlich der Finanzsenator,
Sie wollten, meine Damen und Herren von der Koalition, diese Legislaturperiode gestalten. Das hatten Sie sich vorgenommen.
Sie wollten eine umfangreiche Aufgabenkritik vornehmen, sie wollten Leistungsstandards über Rahmenzielvereinbarungen sichern.
Hier hätten Sie ein gutes Betätigungsfeld: die Volkshochschulen und Musikschulen. Die Vertreter der Bezirke zusammen mit den Senatsverwaltungen Inneres, Bildung und Finanzen haben zusammengesessen und wirklich einen hervorragenden Bericht vorgelegt. Finanzen hat sich leider vorzeitig von der Berichterstellung verabschiedet. Jetzt warten wir seit fast zwei Jahren auf die Mitzeichnung von Finanzen, damit man endlich loslegen kann.
Möglicherweise wird das Ergebnis dieser Kommission genauso wenig verwirklicht wie das Olympia-Modell für die Bibliotheken, das Herr Wowereit persönlich vom Tisch gewischt hat, der Kommmissionsbericht zur bezirklichen Kulturarbeit, das Mustergesundheitsamt, das Modellsozialamt, die bauenden und planenden Bereiche und demnächst womöglich das sozialraumorientierte
Musterjugendamt. Alle diese Arbeitsgruppenergebnisse harren der Umsetzung. Das ist beschämend für Berlin!
Wer sich von auswärts oder als Berliner demnächst in eine Kommission setzt, kann sicher sein, dass das Ergebnis in der Tonne landet. Das ist wirklich sehr ermutigend.
Wir hätten gern vom Musikschulbeirat gehabt, dass die Kommission extern besetzt wird. Es wurde dann eine intern besetzte Kommission. Ich habe bereits aufgezählt, wer in ihr gesessen hat. Gerade deshalb haben wir hohen Respekt vor dem Ergebnis, denn die Kommission ist nicht der Versuchung erlegen, einen Wunschkatalog aufzumachen, wie zum Beispiel der Runde Tisch vom Landesmusikrat. Der hat Ziele benannt, die erst in ferner Zukunft verwirklicht werden können, wenn man sich den Haushalt betrachtet. Nein, es sind sowohl bei der Personalausstattung als auch, was die fachlichen Ergebnisse angeht, Mindeststandards vereinbart worden, um zum Beispiel endlich die Warteliste von 6 800 Musikschülerinnen und schülern abzuarbeiten. Deswegen danken wir auch der Kommission, die sich pragmatisch mit der Situation auseinandergesetzt und ein machbares Ergebnis vorgelegt hat, für ihre hervorragende Arbeit.
Denn die Situation in Berlin ist beschämend, wenn man sie mit der in anderen Städten vergleicht. Wir erreichen sowohl, was die Personalausstattung mit festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeht, als auch, was das Angebot angeht, teilweise nicht mal die Hälfte des Bundesdurchschnitts. Und das in einer Stadt, die Kultur und Bildung so hoch angesetzt und zum Schwerpunkt gemacht hat! Auch das geht nicht.
Und dann wird hier gesagt, es sei doch alles auf einem guten Wege. Ich habe einen persönlichen Brief von Herrn Nußbaum bekommen,
dass er diesen Bericht angesichts der Gefahr eines Aufwuchses der Globalsumme wohl kaum mitzeichnen könne. Dann müssen Sie sich wenigstens Alternativen überlegen! Es kann doch nicht sein, dass man jetzt einfach ergebnislos sitzen bleibt! Und es ist keineswegs so, dass es unbedingt ein Aufwuchs der Globalsumme sein muss, denn diese Mindestmengenbudgetierung, die vorgeschlagen wird, kann man – zum Beispiel, wenn man sich in der Produktkommission darüber unterhält, wie man diese Produkte gestaltet – auch umsetzen. Für die Umsetzung ist ja ein langer Zeitraum von drei bis vier Jahren angelegt. Die Summe, die hier veranschlagt ist, muss ja nicht von heute auf morgen draufgelegt werden.
Jetzt vergeigen Sie aber auch noch die Rückverlagerung der Stellen aus dem Stellenpool in die Musikschulen! Es war interessant, wie bei der Anhörung Marc Schulte,
immerhin der stellvertretende Landesvorsitzende der SPD, als Bezirksstadtrat wörtlich sagte, er fühle sich „verarscht“, wenn in drei Tagen das umgesetzt werden solle, was man sich als Kommission in drei bis vier Jahren vorgenommen hatte.