Die Grundschulen können Jahrgangsklassen einrichten, wenn sie ein tragfähiges pädagogisches Konzept erarbeiten und vorlegen. Neue, womöglich abschließende Ergebnisse, also wiederum eine Evaluation, –
Ja, letzter Satz! – werden in 2011 vorgelegt. Wir werden daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank! – Es besteht der Wunsch von Frau Demirbüken-Wegner nach einer Kurzintervention. – Bitte!
Das ist ein Kompliment an Sie, Frau Kollegin, aber wenn Sie meine Aussagen und Ausführungen als übertrieben empfunden haben, dann frage ich: Was sagen Sie zu den Statements der neun Berliner Bezirke? Neun von zwölf Bezirken, die den Senat auffordern und sagen, der Senat habe alle Warnungen ignoriert! Sie sprechen von Fachpersonalmangel, über Kitaplatzmangel, über Weiter- und Fortbildung, wofür wenig Zeit sei. Der sehr verehrte Herr Senator hat gesagt, es seien nur einige Bezirke, aber es sind genau neun Bezirke. Wer untertreibt, und wer übertreibt hier? – Ich bin sehr sachlich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Demirbüken! Es ist richtig: Sprachförderung wird nicht nur zukünftig eine der größten Herausforderungen der Berliner Schule sein, sondern sie ist es bereits jetzt. Aber wenn man sich Ihre Anträge genau ansieht, muss man leider konstatieren – und das ist auch der Grund, warum wir uns bei der Abstimmung enthalten werden –, dass dort Dinge miteinander vermischt werden, die nicht diesen Sinn und Zweck verfolgen, den Sie in Ihrer Rede dargestellt haben. Sie vermischen z. B. JÜL mit der Sprachförderung. Dann wollen Sie das Rad zurückdrehen und JÜL wieder infrage stellen.
In dem Antrag zur Sprachförderung reden Sie an einer Stelle vom Bundesländer-Ranking. Ich frage mich aber, was uns ein Ranking bringen soll, denn wichtiger ist, dass die Schülerinnen und Schüler vor Ort ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden, dass für Qualität gesorgt wird und Sprachförderung stattfindet. Dabei ist mir egal, wie es in Baden-Württemberg oder in Bayern aussieht. Wichtig ist, dass es hier funktioniert. Wegen Ihrer Forderung nach einem Ranking und Ähnlichem haben wir uns
also entschieden, dass wir uns bei der Abstimmung über Ihren ansonsten durchaus sinnvollen Antrag enthalten werden.
Sprachförderung ist eine Herausforderung für die Berliner Schule heute. Wenn man sich die Maßnahmen anschaut, wird das auch in Zukunft so bleiben, denn die Maßnahmen, die der Senat ergriffen hat, sind zwar vom Ansatz her richtig und gehen in die richtige Richtung, können aber aufgrund der fehlenden personellen und materiellen Ressourcen nicht funktionieren. Wir haben seit über zehn Jahren DaZ. DaZ erhielt dann eine andere Bezeichnung. Es heißt jetzt nicht mehr DaZ, sondern man redet nur noch von Sprachförderung. Es ist seit zehn Jahren nicht evaluiert worden. Da muss auf jeden Fall etwas getan werden.
Wenn man sich das Qualitätspaket des Senats anschaut, findet man dort z. B. Sprachtests für Dreijährige. Das ist ein Vorschlag, der wissenschaftlich nicht nur höchst kritikwürdig ist, sondern Wissenschaftler sagen heute direkt, dass so etwas Nonsens ist, weil man die Kinder in diesem Alter nicht testen kann. Das ist aber ein Kriterium, das der Senat in seinem Qualitätspaket verwendet. Liebe Frau Kollegin Harant! Es ist richtig, dass viele Maßnahmen ergriffen worden sind, aber all das macht keinen Sinn, wenn es nicht genügend Kitaplätze gibt. Sie müssen Kitaplätze schaffen. Nicht nur ein kostenloses Kitajahr, sondern Sie müssen dafür Sorge tragen, dass auch Qualität und Sprachförderung stattfinden.
Warum ich das ausdrücklich sage, hat etwas mit der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage zu tun. Es ist z. B. die Sprachstandsfeststellung analysiert worden. In der Tabelle, die hierzu vorgelegt wurde, ist zur Dauer des Kitabesuchs der Kinder mit Sprachförderung in einer Spalte angegeben: 24 bis 36 Monate. – Das heißt, die Kinder waren schon zwei bis drei Jahre in einer Kita, aber dennoch haben in Mitte 200 Kinder und in Neukölln 250 Kinder einen Sprachförderbedarf. Also reicht das nicht. Man muss etwas dafür tun, dass Sprachförderung auch praktiziert werden kann. Sie müssen die Kitas und die vorschulischen Einrichtungen bei dieser sehr wichtigen Aufgabe unterstützen und dürfen sie nicht allein lassen. Aber Sie lassen sie allein.
Wenn man sich anguckt, wie Sie in der Grundschule weitermachen, komme ich zu dem Schluss, dass die Grundschule halb so viel Sprachförderung wie die jetzt neu gegründete integrierte Sekundarschule hat. Es soll mir doch einer erklären, warum die Kinder in der Sekundarschule, die Sprachförderbedarf haben, doppelt so viel Förderung erhalten wie die Kinder in der Grundschule, wo die Weichen für die spätere Bildungslaufbahn und das Berufsleben gelegt werden. Deshalb frage ich Sie, warum Sie dafür nicht auch in der Grundschule investieren. Warum sorgen Sie nicht dafür, dass gute Sprachförderung auch in der Grundschule stattfindet? All das ist notwendig, und ich hoffe und wünsche es Ihnen, dass dieses
Qualitätspaket jenseits solcher Forderungen wie Sprachtests für Dreijährige tatsächlich vor Ort greift.
Ein positives Ergebnis hat sich ja schon gezeigt: Die jährlichen Schuleingangsuntersuchungen, die nicht jedes Jahr ihr Instrumentarium verändern, zeigen, dass es einen positiven Trend gibt. Das ist zu begrüßen. Unsere gemeinsame Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass dieser jetzt langsam stattfindende Prozess, diese positive Entwicklung schneller vonstattengeht.
Herr Mutlu! Sie wissen es besser: Wir haben eine ganze Menge getan, und es ist auch bereits vieles nachweislich besser geworden. Gucken Sie sich die Sprachstandsuntersuchungen an! Natürlich kann man immer noch mehr machen, und das Ganze geht nur schrittweise. Wenn Sie so tun, als wäre in der Kita nichts passiert, muss ich daran erinnern, dass wir die Gruppengrößen verkleinert und das Personal aufgestockt haben. Wir qualifizieren das Personal. Bitte nehmen Sie das alles doch zur Kenntnis, und gehen Sie damit so um, wie es ist! Es ist nämlich in den letzten Jahren eine Menge erreicht worden. Wir werden jetzt versuchen, auch Kinder, die noch jünger sind, auf Sprachdefizite hin zu überprüfen.
Ob und inwieweit das geht, muss man auch noch mal wissenschaftlich klären lassen. Aber wir wissen doch: Je früher, desto besser! – Deswegen versuchen wir alles, was geht, und wir werden selbstverständlich auch Wert darauf legen, dass die Kinder vor der Schule entsprechende Förderungen erhalten, damit sie dann in der Schule bereits mit voller Kraft mitarbeiten können. Das sind Fakten, die Sie auch zur Kenntnis nehmen sollten.
Sehr geehrte Frau Kollegin Harant! Unterstellen Sie mir bitte nicht, dass ich gesagt hätte, die Kitas oder Schulen machten ihre Arbeit nicht! Es sind nicht die Institutionen, die das Problem darstellen. Das Problem ist Ihre Politik, die in den letzten zehn Jahren in diesem Bereich zwar einerseits gute Ideen in die Einrichtungen gebracht hat, aber dann die Einrichtungen auf diesem Weg alleingelassen hat. Das ist das Problem.
Die Statistiken, die ich zitiert habe, sind Statistiken der Senatsschulverwaltung. Das sind nicht meine Zahlen. Und wenn Sie die Sprachstandserhebung als Instrumentarium und quasi als Messlatte nehmen, hat keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung stattgefunden. Ich habe bewusst die Schuleingangsuntersuchung zitiert, die einen positiven Trend zeigt, weil dort nicht ständig am Instrumentarium gedreht worden ist, um irgendwelche Werte, die nach unten oder nach oben zeigen, zu kaschieren oder wie auch immer.
Es ist einiges getan worden. Das ist richtig. Aber es ist nicht genug getan worden. Wir müssen uns alle gemeinsam mehr anstrengen, damit wir nicht jedes Jahr das Testat erhalten: Ein Drittel oder ein Viertel der Kinder sind des Deutschen nicht mächtig, um in der Grundschule dem Unterricht zu folgen. – Hier sind Sie am längeren Hebel. Sie sind nämlich seit zehn Jahren in der Stadt in der Regierung und nicht wir.
[Beifall bei den Grünen – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): So wird es auch bleiben! – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Gott sei Dank!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt beinhaltet konkret die Beschlussfassung über zwei Anträge der Oppositionsfraktionen – der FDP und der CDU. Das möchte ich an den Anfang stellen. Das heißt, wir haben heute über die Beschlussvorlagen abzustimmen, und wir haben dazu die inhaltliche Debatte ausführlich im Ausschuss geführt.
Herr Mutlu! Sie haben es mir etwas leicht gemacht. Ich will am Anfang auch noch einmal darauf eingehen, was in der zurückliegenden Zeit geschehen ist. Das muss noch mal festgestellt werden: Wir haben in der zurückliegenden Zeit Wesentliches auf den Weg gebracht. Nicht alle Länder haben für die Kindertagesstätten die Sprachstandsfeststellung für jedes Kind und davon ausgehend auch die individuelle Sprachförderung mit gut qualifizierten Sprachfördererzieherinnen und -erziehern. Für jedes Kind
wird in der Kita ein persönliches Sprachlerntagebuch angelegt. Auch die personelle Verbesserung, die Frau Harant nannte, trägt dazu bei. Ich will noch mal ganz deutlich sagen, dass wir auch in der Ausschusssitzung über das Qualitätspaket des Senators gesprochen und ausführlich diskutiert haben. Die darin enthaltenen Vorschläge haben nämlich die Zielstellung, die Sprachkompetenz der Kinder zu erhöhen.
Für meine Partei war es immer wichtig, alles für die frühkindliche Förderung der Kinder in den Kindertagesstätten zu tun und auch so früh wie möglich mit der Sprachförderung eines jeden Kindes zu beginnen.
Ich will mich inhaltlich nicht weiter zu diesem Punkt äußern. Wir haben das zur Genüge getan. Aber wir wissen, dass sich der Weg vom Grundsatz her bewährt hat, auch wenn das Streben nach Verbesserung natürlich in unserem Blick bleiben muss. Jetzt ist vor allem notwendig, dass die ausführenden Pädagogen, die Erzieherinnen und Erzieher und die Lehrerinnen und Lehrer, Rahmenbedingungen für Kontinuität, Stetigkeit und Langfristigkeit in der Arbeit bekommen. – Frau Senftleben! Sie wissen es auch: Erfolgreiche Pädagogik verlangt ausreichende Zeit.
Umfassendes Berichtswesen und Sprunghaftigkeit in den Anforderungen – der Weg, den Sie mit Ihren Anträgen gehen wollen – schaden nur. Deshalb sind Ihre Anträge in der vorgelegten Form nicht hilfreich, und deshalb lehnen wir beide Anträge ab.
Herr Präsident! Verehrte Kollegen und Kolleginnen! Liebe, geschätzte Frau Dr. Barth! Da ist es mal wieder, dieses ständige Sich-auf-die-Schulter-Klopfen, diese ständige Beweihräucherung „Wir sind die Größten!“. Jetzt stehen Sie hier und sagen: Berlin ist das einzige Bundesland mit Sprachstandstest. – Stimmt überhaupt nicht! Ich habe gerade kürzlich recherchiert: In jedem Bundesland gibt es dort, wo es nötig und notwendig ist – das sind bis auf Thüringen und Sachsen-Anhalt, glaube ich, alle Bundesländer –, Sprachstandserhebungen. Hessen war im Übrigen das erste Bundesland, das damit angefangen hat. Erst Senator Böger – das ist das Einzige, was ich ihm wirklich zugute halte – hat dieses thematisiert, und das ist noch nicht so lange her.
Herr Senator Zöllner! Am 10. Juli 2008 erhielten Sie den Auftrag – ich zitiere, auf Gänsefüßchen muss man heute achten –,
... Sprachfördermaßnahmen in Berliner Schulen regelmäßig zu evaluieren und ihren Erfolg im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln zu überprüfen.
Als Erfolgmesser der Sprachförderung gilt der Anteil der Schulabgänger, der ohne Hauptschulabschluss die Schule verlässt.