Protocol of the Session on March 3, 2011

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Weitere Verbesserungsmöglichkeiten – nicht nur für Berlin – sehe ich in einem konsequenten Ausbau sogenannter Open-Access-Plattformen. Es erscheint mir sinnvoll zu sein, in allen dafür geeigneten Forschungseinrichtungen die Primärdaten der Forschung zu sammeln, zu veröffentlichen und zu archivieren. Damit werden wissenschaftliche Ergebnisse im Sinn einer guten wissenschaftlichen Praxis für jeden, der sich in diesem Feld auskennt,

überprüfbar gemacht. Sie werden aber auch für eine Nachnutzung im Kontext anderer Forschungsfragen nutzbar. Derartige Strategien, die frei zugängliche Veröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse, insbesondere von Primärdaten, an Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter voranzubringen, halte ich nicht nur für vielversprechend, sondern für zielführend und notwendig. Ich beabsichtige daher, das Thema im Rahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz – GWK –, der ich seit einigen Tagen wieder turnusmäßig vorstehe, auf die Tagesordnung zu setzen und anzusprechen.

Je nach Verlauf der Diskussion könnte ich mir in diesem Zusammenhang auch eigenständige Initiativen der Berliner Wissenschaft vorstellen. Das könnte dann ein besonders Berliner Qualitätsmerkmal sein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aus meiner Sicht, dass es die Wissenschaft selbst tun muss, denn nur sie ist letztlich in der Lage, das qualitativ umzusetzen. Der Staat kann das nicht. Weil gerade die Wissenschaft so wichtig ist, muss nach meiner Überzeugung – völlig unabhängig von der aktuellen Diskussion – das Ziel der Qualitätssicherung ihre eigenen Aussagen immer einen Schritt voranbringen.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Felgentreu. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Senator! Wenn Sie davon sprechen, es sei sinnvoll, die Forschungsergebnisse international über elektronische Plattformen zugänglich zu machen, setzen Sie dabei ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der betroffenen Forscherinnen und Forscher, oder teilen Sie meine Einschätzung, dass es auch sinnvoll sein könnte, seitens der Universitäten darauf hinzuarbeiten, schon in den Promotionsordnungen zu regeln, dass die angenommenen Dissertationen auch auf Internetplattformen der jeweiligen Universitäten zu veröffentlichen sind?

Bitte, Herr Senator Prof. Zöllner!

Herr Kollege Felgentreu! Ich teile nicht nur Ihre Ansicht, sondern würde sogar noch einen Schritt weitergehen. Ich halte es für ohne Weiteres denkbar, dass sich die Berliner Universitäten und Forschungseinrichtungen nicht nur verpflichten, in Promotionsverfahren die Originaldaten automatisch – nach Abgabe der Promotion – im Internet zugänglich zu machen, sondern das auf alle anderen wissenschaftlichen Arbeiten auszuweiten. Man muss allerdings berücksichtigen, dass die Wirkung solcher Maßnahmen in den Wissenschaftsbereichen unterschiedlich ist. Ohne die abschließende Kompetenz zu beanspruchen, sind die zentralen entscheidenden Forschungsergebnisse

auch bezüglich der Primärdaten im Bereich der Physik meines Wissens ohnehin der Community zugänglich, während im Bereich Life Sciences vieles – wenn überhaupt – nur in den Laborbüchern steht. Da wäre eine Selbstverpflichtung über die Promotion hinausgehend ein hilfreiches Qualitätsmerkmal, wenn es von den Berliner Wissenschaftsinstituten selbst gemacht würde.

Danke schön!

Jetzt geht es mit einer Frage des Kollegen Friederici weiter, und zwar zu dem Thema

Zu wenig funktionierende Züge bei der S-Bahn, warum fordert der Senat keine Neubeschaffung?

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Ist der Senat der Auffassung, dass zur Wiederherstellung des vertraglich vereinbarten Leistungsangebots der S-Bahn Berlin GmbH nahezu der komplette Fahrzeugbestand einsatzfähig sein müsste?

2. Wie vereinbart sich die Tatsache, dass gegenwärtig rund 150 Viertelzüge nach Auskunft der S-Bahn aus technischen Gründen defekt sind, mit dem Vorhaben der Geschäftsführung der S-Bahn Berlin GmbH, perspektivisch keine Neubeschaffungen im Fuhrpark vorzunehmen, und wie konkret wird der Senat dafür sorgen, dass die S-Bahn Berlin GmbH doch eine Beschaffung von Neufahrzeugen vornimmt?

Danke schön, Herr Kollege! – Die Senatorin für Stadtentwicklung antwortet. – Bitte, Frau Junge-Reyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Friederici! Zu Ihrer ersten Frage: Laut dem Verkehrsvertrag schuldet die S-Bahn Berlin GmbH 562 Viertelzüge im Linieneinsatz in der Hauptverkehrszeit, und zwar ohne Betriebs- und Instandhaltungsreserven. Ab dem Zeitpunkt der Bedienung des Flughafens BBI steigt diese Anzahl der vereinbarten Viertelzüge auf 575. Die S-Bahn verfügt nach eigenen Angaben – einschließlich der Betriebs- und Instandhaltungsreserve – über 630 Viertelzüge. Weitere 20 werden aus der Baureihe 485 als Ergebnis der Nachtragsverhandlungen zusätzlich reaktiviert.

Ob die daraus resultierende rechnerische Reserve ausreicht, um das vertraglich vereinbarte Angebot zu erbringen, hängt vor allen Dingen vom jeweiligen Instandhal

tungsbedarf ab. Dieser ist durch die zutage getretenen technischen Probleme und die sich daraus ergebenden verkürzten Prüf- und Wartungsfristen erheblich angestiegen, sodass es darauf ankommt, wie viele Fahrzeuge aktuell einer solchen Wartung und Instandhaltung zugeführt werden müssen, sodass der Fahrzeugbedarf in der Regel zwar bedient, aber nicht regelmäßig bedient werden kann, wenn zusätzliche Fahrzeuge kürzere Instandhaltungsfristen einhalten müssen.

Zu Ihrer Frage 2: Der Vorstand der Deutschen Bahn hat dem Senat am Dienstag mitgeteilt, dass die rechtlichen Erwägungen der Deutschen Bahn zu der Frage der Fahrzeugbeschaffung weitergeführt werden sollen. Diese Überlegungen sollen in kurzer Zeit abgeschlossen werden. Der Senat teilt die Einschätzung der S-Bahn, dass die Beschaffung von Fahrzeugen frühestens in fünf bis sechs Jahren die verfügbare Kapazität verlässlich und dauerhaft erhöhen kann. Deshalb sind die Maßnahmen zur Erhöhung der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Fahrzeugen, die jetzt im Verkehr sind, von besonderer Bedeutung. Wir haben deshalb mit der Deutschen Bahn, konkret mit der S-Bahn, die Einrichtung eines Arbeitskreises Fahrzeuge verabredet. Dies ist in der letzten Woche geschehen. Zum ersten Mal hat die Deutsche Bahn zugesichert, von Ländern benannte, unabhängige, externe Experten zuzulassen und sie mit der Prüfung der betriebsinternen Abläufe und den technischen Möglichkeiten der Fahrzeuge vertraut zu machen.

Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Friederici. Dazu hat er das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin, auch Ihnen herzlichen Dank! Ich habe eine Nachfrage: Glauben Sie nicht auch, dass Ihre all zu frühzeitige Ankündigung einer S-Bahnteilnetzausschreibung dazu geführt hat, dass die Deutsche Bahn nun keine neuen Züge bestellen will und wird – vor allen Dingen nicht auf eigene Kosten?

Frau Senatorin – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Zunächst muss ich Sie korrigieren: Es gibt von mir keine Ankündigung einer Teilnetzausschreibung. Es gibt vielmehr einen Senatsbeschluss, der drei Varianten als Prüfauftrag enthält, darunter auch die Teilnetzausschreibung. Wie Sie wissen, gibt es in dieser Frage keine Entscheidung des Senats. Wir sind im Moment dabei abzuwarten, welche rechtlichen Erwägungen die Deutsche Bahn zur Fahrzeugbeschaffung vornimmt. Dies wird – wie ich eben dargestellt habe – von der Deutschen Bahn

verhältnismäßig kurzfristig in Aussicht gestellt. Danach werden wir die Varianten zur Vergabe des Betriebs im Jahr 2017 als Senat beziehungsweise in dem bekannten Arbeitskreis sehr kurzfristig zu einer Entscheidung bringen.

Jetzt gibt es eine Nachfrage von Frau Kollegin Hämmerling. Wobei ich noch einmal darauf aufmerksam machen möchte, dass Einloggen nur möglich ist, wenn der Senat wenigstens angefangen hat zu antworten. – Bitte schön, Frau Hämmerling!

Schönen Dank, Herr Präsident! Gerade darauf habe ich geachtet. Frau Senatorin war im ersten Satz, und dann habe ich auf den Knopf gedrückt.

[Zuruf von Steffen Zillich (Linksfraktion)]

Ja, der erste Satz war entscheidend.

Frau Senatorin! Vor dem Hintergrund des doch sehr unzuverlässigen – man muss sagen: unberechenbaren – Verhaltens der Bahnmanager frage ich Sie, wie Sie es aus heutiger Sicht bewerten, dass Sie 2004 und 2007 auf eine Ausschreibung beziehungsweise Teilausschreibung des S-Bahnnetzes verzichtet haben.

Frau Senatorin – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hämmerling! Wie ich bereits Gelegenheit hatte Ihnen darzustellen, geht es bei dem Verzicht auf die Ausschreibung des Nord-Süd-Netzes um eine Verabredung mit der S-Bahn, bei der sehr viele verschiedene Faktoren berücksichtigt werden mussten. Dabei ging es zudem um eine andere Frage, die hinsichtlich der finanziellen Folgen abzuwägen war. Es ging vor allem um die Abwägung erheblicher Kosten in herausragender Millionen-EuroGrößenordnung zur Frage des Vergleichs im Rahmen der möglichen Zahlung eines Trassenentgeltes. Ihnen als Fachfrau ist dieses bekannt. Ich darf Ihnen versichern, dass wir verantwortlich gehandelt haben, weil es darum ging, finanziellen Schaden vom Land Berlin abzuwehren. Ich stehe nach wie vor zu dieser Entscheidung. Sie war richtig – vor allem im Hinblick auf die finanzielle Situation des Landes Berlin.

Danke schön, Frau Senatorin!

Es geht weiter mit der Frage Nr. 3 der Kollegin Ströver von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema

Tacheles vor der Versteigerung

Bitte schön, Frau Ströver!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Aktivitäten unternimmt der Senat angesichts der bevorstehenden Versteigerung des Gesamtareals, auf dem das Tacheles liegt, gegen die Zerstörung des Kunsthauses, zum Beispiel durch die Herauslösung der Fläche des Tacheles-Grundstücks?

2. Ist der Senat für die Idee zu gewinnen, das Tacheles wieder zu einem für die zeitgenössische Kunst in Berlin prägenden Ort zu entwickeln, und welche konzeptionellen Vorstellungen hat er dazu?

Danke schön, Frau Kollegin! – Jetzt antwortet der Kultursenator in Person des Regierenden Bürgermeisters. – Bitte schön, Herr Wowereit!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Ströver! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Presse ist zu entnehmen, dass das 25 300 m² große Areal an der Oranienburger Straße, auf dem sich auch das Tacheles befindet, am 4. April versteigert werden soll. Der Senat hat mehrfach beim Eigentümer des Areals, der HSH Nordbank, aber auch beim damaligen schwarz-grünen Hamburger Senat interveniert, um eine angedrohte Räumung des Geländes zu verhindern. Der bisherige Eigentümer des Areals, die HSH Nordbank, hat seinerseits mehrfach erklärt, dass er mit der Herauslösung des Tacheles-Grundstücks nicht einverstanden ist, weil potenzielle Investoren nur Interesse an dem Gesamtareal hätten. Insofern ist die vorgebliche Option der Herauslösung des Tacheles eine Rechnung, die ohne den Wirt gemacht wird.

Der Senat ist gleichwohl am Erhalt des Tacheles als Kulturstandort interessiert und sieht dafür auch gute Chancen. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und ist im Flächennutzungsplan als Kulturstandort ausgewiesen. Daran ändert auch die Versteigerung nichts. Wie der Senat bereits mehrfach öffentlich erklärt hat, will er mit einem neuen Investor über die weitere Nutzung des Gebäudes sprechen, mit dem Ziel, einen interessanten Standort für die zeitgenössische Kunst in Berlin weiterzuentwickeln. Ein kluger Investor wird – auch aus wirtschaftlichen Gründen – Wert darauf legen, dass das Tacheles als ein besonderer Ort für aktuelle Kunst in Berlin sichtbar bleibt, und sich auf kulturfreundliche Mieten verständigen. Wenn die Bedingungen stimmen, kann der Senat zum Beispiel mit Mitteln der Atelierförderung dazu beitragen, dass das Tacheles ein Ort für bildende Künstlerinnen und Künstler bleibt. Der Senat sieht keinen Sinn

darin, konzeptionelle Vorstellungen für das Haus zu entwickeln, ohne mit dem neuen Eigentümer gesprochen zu haben.

Danke schön, Herr Regierenden Bürgermeister! – Eine Nachfrage von Frau Ströver. – Bitte schön!

Danke schön! – Nachdem Sie und auch der Wirtschaftssenator sich öffentlich geäußert haben, frage ich Sie: Können Sie sich vorstellen, dass wenigstens die öffentliche Ankündigung, man brauche kein Kunsthaus mit glatten Fassaden, wenn es einen neuen Eigentümer gibt, realisiert wird, und daraufhin zu denken, dass eine Rekommunalisierung möglich ist und man dann vonseiten des Landes Berlin eine eigenständige passende Vermarktung des Gesamtareals unter Erhalt des Kunsthauses vornimmt oder das Kunsthaus dann für eine von Ihnen angekündigte öffentliche Kunsthalle herrichten könnte? – Es gibt eine Menge Überlegungen, und man erledigt das nicht mit Briefe schreiben, sondern mit Konzepten!

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Eine Rekommunalisierung ist der falsche Begriff, weil es sich nach der Wende nicht in kommunalem Eigentum befunden hat.

[Christoph Meyer (FDP): Aber vor der Wende schon!]

Na, vor der Wende ist eine andere Frage. Nach der Wende nicht!

Dass wir ein hohes Interesse daran haben, an dieser Stelle nicht eine normale einfache Nutzung zu haben, wird dadurch deutlich, dass wir den Flächennutzungsplan dementsprechend präjudiziert haben mit dem Kulturstandort. Ich hoffe, dass jetzt endlich die Phase vorbei ist, wo mit dem Grundstück entweder gar nichts passiert oder Unsicherheit herrscht und es bis zum Abstellen der Wasserhähne geht. Ja, das ist ja ein Skandal, dass da keine Nutzung ist und man so tut, als ob man die hier kalt herauskriegt, ohne überhaupt eine erkennbare Aktivität auf diesem Grundstück. Das ist völlig schizophren.