Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Lassen Sie mich eine letzte Anmerkung zu der Fragestellung, wie wir mit Personal und mit Planstellen umgehen, machen. Ich will das hier nur anreißen. Das ist keine spezifische Fragestellung für den rot-roten Senat. Von 1992 bis 2001 haben die CDU-Senatoren dieser Stadt, die für Inneres zuständig waren, die Zahl der Planstellen für Polizeibeamte von 19 524 auf 17 988 reduziert. Das heißt, wir haben auch eine Reduktion gehabt. Ich habe mir ein Papier von 2001 herausgesucht, bzw. ich habe es immer bei mir liegen, weil es, wie ich finde, ein so schönes Papier ist, ein Papier des Kollegen Diepgen, CDU: „50 Punkte für Berlin“. Was steht in diesen 50 Punkten?

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Da steht unter anderem drin:

Das Landespersonalverwaltungsamt, derzeit rund 2 100 Stellen, wird in eine Serviceeinheit umgewandelt und um insgesamt 1 100 Stellen reduziert.

Also bei aller Kritik, die Sie immer haben: Werden Sie ein bisschen langsamer, treten Sie ein bisschen auf die Bremse! Wir alle sind in der Notwendigkeit, unsere Ressourcen an den tatsächlichen Gegebenheiten, die wir haben, auszurichten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Das, meine Damen und Herren, gilt auch für die Modelle, wie Polizei organisiert wird. Das gilt auch für Fragestellungen wie Berliner Modell, wie zweigeteilte Laufbahn und auch für Fragestellungen, welche Schichtmodelle ich sinnvollerweise mache. Die Polizei hat sich dazu entschieden, und Herr Lux hat ja richtig gesagt, es gibt gute Gründe dafür, er hat nur keinen Grund gefunden, der dagegen spricht.

[Benedikt Lux (Grüne): Klar!]

Die Polizei hat sich entschieden, ein Schichtenmodell zu fahren, das etwas flexibler ist, das aber keine starren Zwölfstundenschichten – durch die Nacht zwölf Stunden mit voller Besetzung – mehr fährt. Ich halte das für richtig. Ich halte es erstens von der Belastung der Leute her für richtig, ich halte eigentlich Zwölfstundenschichten auf Dauer gesundheitlich nicht für tragbar, und ich halte es auch unter dem Ressourcengesichtspunkt für richtig, dass ich die Mitarbeiter dann einsetze, wenn ich sie brauche, und nicht dann, wenn nichts anfällt. – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Senator Dr. Körting – Ich sehe keine weiteren Redewünsche. Dann hat diese Aktuelle Stunde damit ihre Erledigung gefunden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4:

Prioritäten gem. § 59 der Geschäftsordnung

lfd. Nr. 4.1:

a) Zweite Lesung

Transparenzgesetz

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/4019 Antrag der Grünen Drs 16/3678

b) Zweite Lesung

Gesetz zur Schaffung von mehr Transparenz in öffentlichen Unternehmen im Land Berlin (Zweites Vergütungs- und Transparenzgesetz)

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/4018 Dringlicher Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/3764

c) Antrag

Mehr Transparenz und Leistungsorientierung bei den Managergehältern

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/4017 Antrag der Grünen Drs 16/2608

Das ist die Priorität der Fraktion der SPD unter dem Tagesordnungspunkt 7. Ich eröffne die zweite Lesung hinsichtlich der beiden Gesetzesanträge und schlage vor, die Einzelberatung der jeweils drei Artikel miteinander zu verbinden und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschriften und die Einleitungen sowie die jeweiligen Artikel I bis III, Drucksachen 16/3678 und 16/3764. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Kolat. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind heute hier in der zweiten Lesung, was dieses Gesetz angeht. Das Gesetz ist entstanden aufgrund von vielen Debatten und Diskussionen im Beteiligungsausschuss. Wir haben heute eine Situation, die nicht sehr häufig vorkommt, dass hier viel Konsens zwischen den Fraktionen herrscht, denn auch andere Fraktionen haben entsprechende Anträge eingereicht. Am Ende konnten wir diesen Regierungsantrag dahingehend verändern, dass der einstimmig angenommen wurde. Nur eine Fraktion konnte sich dem nicht anschließen, das sind die Grünen. Die Begründung dafür werden wir ganz sicher ja noch hören.

[Özcan Mutlu (Grüne): Die kennen Sie doch schon!]

Das Thema Transparenz hat die rot-rote Regierung bereits 2005 mit dem Vergütungs- und Transparenzgesetz aufgegriffen. Dort haben wir schon den ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Im Beteiligungsbericht kann man heute schon Gehälter nachvollziehen, aber das reicht uns natürlich nicht, denn die Vergleichbarkeit ist nicht gegeben, auch die Transparenz ist nicht umfassend hergestellt. Mit dem Zweiten Gesetz möchten wir nun gerne die Transparenzanforderungen erweitern und umfassender regeln. Was möchten wir neu regeln? – Ich habe hier drei Punkte, die ich Ihnen hier gerne darlegen möchte, wo wir meinen, dass da auf jeden Fall Handlungsbedarf war:

Wir wollen die Offenlegungspflichten nicht auf einzelne Geschäftsführer begrenzen, sondern möchten das umfassend auf alle Organe beziehen, die in einem Unternehmen da sind, also Erweiterung Richtung Aufsichtsratsmitglieder, Beiräte aber auch andere Organe. Das ist der erste wichtige Punkt.

Der zweite Punkt: Was deutlich zu einer Veränderung hier in Berlin führen wird, ist die Erweiterung im Hinblick auf die Komponenten der Gehälter. Wir hatten bisher leider keine Vergleichbarkeit gehabt. Diese neue Regelung wird dazu führen, dass sowohl der variable als auch der feste Bestandteil der Gehälter im Beteiligungsbericht transparent nachvollziehbar sind. Aber nicht nur diese beiden Gehaltsbestandteile, sondern auch andere vertraglich vereinbarte Dinge werden veröffentlicht wie: Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Pensionsansprüche, aber auch andere vertraglich vereinbarte Zusagen.

Der dritte Punkt ist, denke ich, auch wesentlich. Der Geltungsbereich dieses Gesetzes wurde umfassend erweitert. Es geht nicht nur um die privatrechtlich organisierten Unternehmen, sondern diese Transparenzregelungen sollen auch gelten für Landesbetriebe, Sondervermögen und Körperschaft und Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts. Auch da haben wir keinen Stopp gemacht, sondern wir wollen diese Offenlegungspflichten noch erweitern in Richtung Vergütungen bei Zuwendungsempfängern. Das ist ganz neu mit hereingekommen aufgrund auch der Erfahrungen und Konsequenzen der letzten Debatten, hier im Parlament. Wir wollen höchstmögliche Transparenz herstellen, was die Managergehälter angeht, weil wir der Meinung sind, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Steuern, Beiträge und Gebühren zahlen, und somit auch diese öffentlichen Unternehmen auch finanzieren, einen Anspruch darauf haben, diese Informationen zu bekommen. Auch wir hier im Parlament haben, denke ich, ein ganz großes Interesse daran, diese Transparenz herzustellen, denn letztendlich wird es darum gehen, ob die Managergehälter in einem vernünftigen Verhältnis zu den Leistungen der Managerinnen und Manager in diesen Unternehmen stehen.

Mit diesem Gesetz kommen wir dem Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger auf jeden Fall einen

riesigen Schritt näher, und vor allem werden wir damit, das ist absehbar, bundesweit an der Spitze der Transparenzregelung stehen, was Gehälter angeht. Alle Fraktionen können stolz auf dieses Gesetz sein, nur die Grünen nicht, die sich noch nicht haben durchringen können, dem Gesetz zuzustimmen.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Da haben sie Pech gehabt, oder Sie, Herr Esser, erklären uns gleich, warum die Grünen es doch tun. Ich würde mich freuen, wenn wir das Gesetz in großem Einvernehmen verabschieden könnten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dr. Wegner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Kolat! Sie haben es inhaltlich so gut vorgetragen, dass man sich alle weiteren Erläuterungen sparen kann. Tatsächlich ist es so, das will ich bestätigen – und da kann man die Grünen durchaus mit einbeziehen –, dass wir alle grundsätzlichen Konsens darüber haben, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land Berlin einen Anspruch darauf haben zu erfahren, welche Vergütung die Vorstände, Geschäftsführer oder Aufsichtsräte der öffentlichen Unternehmen für ihre Tätigkeiten erhalten. Dieser Konsens hat letztlich auch dazu geführt, dass wir eine breite inhaltliche Zustimmung erzielen konnten.

Inhaltlich gibt es allerdings einen Kritikpunkt, wobei ich damit etwas vorwegnehme, was die Grünen sagen werden. Die Grünen hatten in ihren Änderungen vorgeschlagen, dass es auch eine Veröffentlichungspflicht geben soll, wenn sich die Mehrheitsbeteiligung aus der Addition der Stimmenanteile Berlins mit denen anderer öffentlicher Institutionen oder privatrechtlicher Beteiligungsunternehmen ergibt. Dies fehlt im Gesetzestext. Wir haben in den Beratungen rechtssystematisch formale Mängel angemahnt. Der Antrag der Koalition ist unseres Erachtens nach an dieser Stelle handwerklich einfach schlecht gemacht, und er könnte hinsichtlich des Verfassungsgrundsatzes der Bestimmtheit von Rechtsvorschriften unnötige Probleme machen. Wir hatten vorgeschlagen, dass das, was bei Ihnen in § 65b geregelt ist, in der Landeshaushaltsordnung in § 26 geregelt sein sollte, § 65c in § 44 und § 65d im Teil 6 der Landeshaushaltsordnung.

Wie dem auch sei – ich stimme Ihnen vollständig zu, wir sind einen deutlichen Schritt weiter, wenngleich ich an dieser Stelle etwas Wasser in den Wein für die Koalition gießen will: Eine Vorreiterrolle hat das Land Berlin nicht, das hat das Land NRW unter dem erfolgreichen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, CDU, im Jahr 2009 vorgemacht. – Danke!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Kollege Dr. Lederer das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich 2003 ins Abgeordnetenhaus gekommen bin, führten wir eine intensive Debatte, durchaus fraktionsübergreifend mit der SPD und den Grünen – die Christdemokraten und die FDP haben sich später auch angeschlossen – zu der Frage, wie man öffentliche Unternehmen solide und transparent aufstellen kann. In dieser Zeit haben wir mit dem Public Corporate Governance Kodex und der Überarbeitung der Beteiligungshinweise begonnen, fortgesetzt haben wir mit neuen Besetzungsvorschriften für die Aufsichtsratsmitglieder, wir haben es geschafft, die Institution des Beteiligungsausschusses zu etablieren, und wir haben mit dem Transparenz- und Vergütungsgesetz von 2005, lieber Herr Kollege Wegner, zumindest etwas vorweggenommen, was später in NRW sicherlich detaillierter gemacht wurde als wir es 2005 in Berlin getan haben. Man kann aber schon sagen, dass Berlin da Trendsetter war, und darauf können wir alle ein bisschen stolz sein!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Es war eine Zeit, in der das Parlament handeln musste, denn die Konsequenzen aus Bankenskandal, Fehlsteuerung und Misswirtschaft in den öffentlichen Unternehmen Berlins, jedenfalls denjenigen, die noch nicht an die Wand gefahren und privatisiert worden waren, stellten eine ernsthafte Herausforderung für dieses Parlament dar. Es musste damit umgegangen werden, und wir erinnern uns alle an den paradigmatischen Buchtitel von Mathew D. Rose „Hauptstadt von Korruption und Filz“. Wenn man zurückblickt und schaut, wo wir heute gelandet sind, kann man sagen, die Unternehmen Berlins werden durchaus anders, sie werden durchaus gut geführt. Verbesserung von Transparenz und guter Steuerung ist aber eine permanente Aufgabe, und insofern muss man da, wo sich Handlungsbedarf zeigt, auch Konsequenzen ziehen.

Der Handlungsbedarf beim Transparenz- und Vergütungsgesetz von 2005 lag auf der Hand. Es war damals ein großer Fortschritt, aber es hat sich als ein zu grobes Maß erwiesen, um die beabsichtigte Transparenz für Vergütungen von Vorständen und Geschäftsführungen in vergleichbarer Weise darzustellen. Wir hatten die Situation, dass Äpfel mit Birnen verglichen wurden. In jedem Sommerloch wurden die verschiedenen Vergütungen der unterschiedlichen Unternehmensleitungen nebeneinander gestellt, und es wurde gesagt, der verdient so viel, der andere verdient so wenig, was in gewisser Weise grotesk war. Die reinen Zahlen sagen nämlich überhaupt nichts aus; sie sagen z. B. nichts darüber aus, wie es mit der Altersvorsorge steht, sie sagen nichts darüber aus, was

variabel, was fix vereinbart war und wie die Kennziffern in die letztendlich ausgeschütteten Vergütungen eingeflossen sind. Unsere Kollegin Kolat hat bereits auf die einzelnen Details hingewiesen, die nach dem neuen Gesetz ausgewiesen werden müssen.

Wir haben einen ziemlich detaillierten Regelungsgehalt, wir haben die Einzelbestandteile, die bei Mehrheitsbeteiligungen Berlins sicherzustellen sind, bei den Minderheitsbeteiligungen des Landes Berlin gibt es eine Hinwirkungspflicht. Kollege Wegner hat darauf hingewiesen, dass dies problematisch sei. Ich glaube, dass es aus anderen Gründen rechtssystematisch sinnvoll ist, es so zu tun, denn wir haben bei Minderheitsbeteiligungen die Einforderung der Hinwirkungspflicht zur Voraussetzung beim Eingehen einer Beteiligung nach der LHO gemacht. Genau genommen wären wir in der Situation, wenn das Land Berlin sich mit der Festsetzung dieser Bestandteile nicht durchsetzen kann, dass dann die Aufsichtsratvertreter des Landes Berlin zur Senatsfinanzverwaltung gehen und sagen müssten, die Voraussetzungen für die Beteiligung nach der LHO liegen nicht vor. Das Land müsste dann nach dem Gesetz sofort die Beteiligung beenden. Das will wohl niemand in diesem Hause. In diesem Zwiespalt bewegen wir uns, und deswegen ist es richtig, dass es wie in jeder Kommunalordnung, wie in jeder anderen Landeshaushaltsordnung auch geregelt ist, dass es bei Minderheitsbeteiligung eine Hinwirkungspflicht gibt und die Aufsichtsratsvertreter alles tun müssen, um die Durchsetzung dieser Hinwirkungspflicht in dem Minderheitsbeteiligungsunternehmen sicherzustellen. Wir finden, dass dies der richtige Weg ist.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass wir nicht mehr nur Vorstände und Geschäftsführer, sondern sämtliche Organe der Unternehmen in die Offenlegungspflicht einbeziehen. Wir haben auch die Typen von Unternehmen deutlich ausgeweitet, die betroffen sein sollen – auch Landesbetriebe, Sondervermögen, Körperschaften, Stiftungen, Anstalten und die institutionellen Zuwendungsempfänger bei außertariflicher Vergütung der Geschäftsführung. Auch das ist ein deutlicher Fortschritt und macht unser Transparenzgesetz zu einem deutlich schärferen Schwert als es das 2005er-Gesetz gewesen ist.

Wir haben Erfahrungen damit gesammelt, wir werden den Anforderungen an das Gesetz wesentlich deutlicher gerecht, und wenn es zukünftig gilt, weitere Schritte zu gehen – u. a. in dem Bereich, in dem wir derzeit noch rechtliche Unsicherheiten haben, z. B. bei nichtinstitutionellen Zuwendungsempfängern –, dann werden wir das diskutieren und dort ggfs. Nachbesserungen vornehmen.