Protocol of the Session on May 12, 2011

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2. Wie ist zu erklären, dass der Senat trotz der desolaten Haushaltslage in Berlin und der Inanspruchnahme von Konsolidierungshilfen der übrigen Bundesländer sich strikt weigert, ein von der FDP-Fraktion beantragtes zentrales Forderungsmanagement zur Verbesserung der Einnahmesituation in Berlin einzurichten?

Danke schön! – Frau Staatssekretärin Spranger hat das Wort zur Beantwortung. – Bitte schön, Frau Spranger!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verehrter Herr Thiel!

Zu 1: Die von den einzelnen Bundesländern auf Abfrage meines Hauses zugelieferten Zahlen zu den offenen Forderungen sind nicht unmittelbar vergleichbar. Die Darstellung und Ermittlung erfolgt in den verschiedenen Bundesländern auf vielfältige Weise. Insbesondere erfolgt die Berliner Darstellung der Kassenreste in der Haushaltsrechnung nicht in allen Bundesländern in gleicher Form. Deshalb sind auch die – –

Frau Staatssekretärin! Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche! Aber ich ertrage es nicht mehr, dass von oben wieder auf Tische gefilmt wird. – Ich bitte Sie, das sofort einzustellen und am besten die Pressetribüne zu verlassen. Ja, bitte! So lange warten wir. Das ist doch unverfroren. Sie wissen doch genau, dass es nicht erlaubt ist.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der FDP]

Frau Staatssekretärin – bitte!

Das ist völlig in Ordnung. – Deshalb, verehrter Herr Thiel, wie von mir bereits auch im Hauptausschuss sehr ausführlich dargestellt, sind die Zahlen, die Sie vergleichsweise herangezogen haben, aufgrund der roten Nummer, die wir geliefert haben, der Stadt Hamburg mit Berlin nicht vergleichbar. Beispielsweise – und das haben wir extra auch für heute noch mal in Hamburg abgefragt – enthält der aus Hamburg gemeldete Betrag entgegen der Berliner Zahl nicht die befristet niedergeschlagenen Forderungen, also Forderungen, in denen derzeit auf eine Beitreibung verzichtet wird, weil sie aussichtslos erscheinen. Insgesamt können solche Zahlen nur Stichtagsbestandsaufnahme darstellen. Alter der offenen Forderungen, deren Wertigkeit, die bereits erfolgten Maßnahmen zur Beitreibung u. Ä. werden daraus – auch das schon dargestellt – nicht deutlich. Aus der Höhe der offenen Forderungen kann daher auch nicht auf Nachlässigkeit, so wie von Ihnen formuliert, im Umgang mit offenen Forderungen geschlossen werden. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der ausgewiesene Forderungsbetrag u. a. auch das Buchungsverhalten über viele Tausend Haushaltstitel in der Hauptverwaltung und den Bezirken widerspiegelt. Zudem lässt sich den Daten nicht entnehmen, welcher Betrag davon über einen längeren Zeitraum offenbleibt. Der nach jetzigem Datenstand offene Forderungsbetrag, den Sie ja benannt haben, beläuft sich im Übrigen auf 0,1 Prozent der Einnahmen des Landes Berlin.

Zu Ihrer Frage 2: Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation sollte selbstverständlich alles getan werden, um notleidende Forderungen des Landes Berlin so umfänglich wie möglich beizutreiben. Man kann aber nicht einfach davon ausgehen, dass durch die Einrichtung – und das ist von Ihnen gefordert, Sie haben es eben noch mal gesagt – eines zentralen Forderungsmanagements mehr offene Forderungen beigetrieben werden können. Der Vorteil der dezentralen Beitreibung von Forderungen – auch das haben wir diskutiert – besteht vielmehr darin, dass die jeweils zuständige Behörde wegen ihrer Sachnähe naturgemäß mehr über die Entstehung der Forderung sowie den Schuldner und seine persönlichen Verhältnisse weiß. Gerade dieses Wissen kann aber auch bei der Beitreibung offener Forderungen gewinnbringend eingesetzt werden. Im Übrigen – auch das noch mal hinterfragt, weil wir das mit Sicherheit, weil wir ja noch den Vorgang im Laufen haben, noch mal im Hauptausschuss miteinander besprechen werden – möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass auch Hamburg – weil Sie das ja immer so hervorheben – kein zentrales Forderungsmanagement hat, dass also auch dort keine Stelle für die Beitreibung sämtlicher offenen Forderungen zuständig ist. – Herzlichen Dank!

Danke schön, Frau Staatssekretärin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Thiel. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Danke schön, Frau Staatssekretärin, für die erhellenden Ausführungen, die sich aus dieser roten Nummer sonst so nicht ergeben haben! Aber Sie haben ja recht, wir werden darüber noch sprechen. Mich würde aber jetzt interessieren – die Summe ist ja trotzdem nicht gerade unerheblich –, wie Sie den Umstand einschätzen, dass diese aus meiner Sicht durchaus mangelnde Eintreibung von offenen Forderungen u. U. andere Schuldnerinnen und Schuldner animieren könnte, ihre Schulden schlicht und einfach nicht mehr fristgerecht zu tilgen.

Frau Staatssekretärin Spranger – bitte!

Verehrter Herr Abgeordneter Thiel! Ich habe Ihnen ja gesagt, dass wir eine Stichtagsregelung haben, z. B. 31. Dezember. Daraus entstammen ja die Zahlen der Tabelle, die wir Ihnen in dieser roten Nummer vorgelegt haben. Wenn beispielsweise ein Schuldner – weil ja dort auch Gebühren drin sind – seine Gebühr von 5 Euro Parkgebühr nicht gezahlt hat, dann kann das am 1. Januar 2011 schon beigetrieben sein, weil er das bezahlt hat. Das heißt also, selbstverständlich ist ein ständiges Mitarbeiten der Schuldnerinnen und Schuldner vonnöten. Da haben

Sie völlig recht. Aber wir werden natürlich alles in den Behörden tun, dass die Schulden, die entstanden sind, ob es Steuerschulden sind, ob es andere Schulden, selbstverständlich auch von den Schuldnern eingetrieben werden. Deshalb werden wir uns trotzdem natürlich miteinander, weil es ja bereits unterschiedliche Vorgehensweisen auch in den Bezirken z. B. gibt, das Ganze ist ja entstanden anhand einer neuen Vorgehensweise im Bezirk MarzahnHellersdorf, wo wir ja gemeinsam darüber diskutiert haben, ob das eine Möglichkeit ist, selbstverständlich werden wir das gemeinsam überlegen, ob man eventuell neue Wege noch gemeinsam tun kann. Ich sehe aber überhaupt nicht, dass dieser Schuldenstand andere, eventuell neue Schuldner noch animiert. Das glaube ich nicht.

Danke schön, Frau Staatssekretärin! – Eine Nachfrage von Herrn Jotzo – bitte schön!

Vielen Dank! – Frau Staatssekretärin! Gehen Sie denn nicht einher mit der Feststellung, dass es sich doch wohl eher bei Ihrer Auskunft hier um reine Lippenbekenntnisse handeln muss? Wir reden hier schließlich über mehr als eine Viertelmilliarde Außenstände. Nach neun Jahren Rot-Rot haben Sie nichts weiter dazu beizutragen, als dass Sie sich in der nächsten Zeit mit diesem Umstand befassen wollen und verschiedene Modelle prüfen. Meinen Sie nicht, dass das den Versäumnissen dieser Regierung in den letzten neun Jahren zuzurechnen ist?

Frau Staatssekretärin Spranger – bitte schön!

Ich mache hier im Unterschied zu Ihnen keinen Wahlkampf, sondern ich kümmere mich darum, dass die Schulden auch wirklich beigetrieben werden.

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Das ist doch keine Antwort! Das ist eine Unverschämtheit!]

Danke schön! – Die Fragestunde ist damit beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden mit einer von der Geschäftsordnung abweichenden Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Fragestunde – Spontane Fragestunde

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Fragesteller. Es beginnt die SPDFraktion in Person von Herrn Isenberg. – Bitte schön!

Ich frage die Gesundheitssenatorin: Wie bewerten Sie den skandalösen Zustand, dass Versicherte in ihrer freien Wahl der Krankenkasse momentan schikanös behindert werden? – Und eine Nachfrage habe ich auch noch.

[Mieke Senftleben (FDP): Schön, dass die Fragen nicht auf die Antwort abgestellt sind!]

Frau Gesundheitssenatorin – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Isenberg! Es ist natürlich nicht akzeptabel, dass den Versicherten bei der City BKK der Wechsel in eine andere gesetzliche Krankenkasse scheinbar vorenthalten wird. Das entspricht erstens nicht der Rechtslage, und zweitens ist es auch gegenüber den Menschen schäbig, weil sie verunsichert werden. Deshalb erlaube ich mir, die Rechtslage kurz darzustellen. Die City BKK wird durch Bescheid des Bundesversicherungsamts zum 1. Juli 2011 geschlossen werden, weil die Sanierungsfähigkeit nicht gegeben ist. Die Versicherten haben bis zwei Wochen nach Schließung der Kasse, also bis Mitte Juli, selbst die Möglichkeit, eine andere gesetzliche Kasse auszuwählen und dieser beizutreten. Die Kassen sind verpflichtet, unabhängig von Alter, Einkommen, Gesundheitszustand diese Versicherten aufzunehmen. Sollten die Versicherten, aus welchen Gründen auch immer, diese Wahl nicht treffen, wird entweder ihr Arbeitgeber, die Rentenversicherung oder das Jobcenter eine Kasse aussuchen. Natürlich haben die Meldungen auch uns erreicht. Ich habe sofort Kontakt aufgenommen sowohl zur Patientenbeauftragten als auch zur Verbraucherzentrale als auch zu Vertretern von Regionalgeschäftsstellen großer Kassen hier in Berlin und Brandenburg, habe dort die Auskunft erhalten, dass man sich selbstverständlich der gesetzlichen Pflichten bewusst ist und eventuelle Probleme abstellen wird. Das Einzige, das ich zu akzeptieren bereit bin, ist die Tatsache, dass ein erhöhter Ansturm von Nachfragen, von Antragsbearbeitungen, usw., möglicherweise zu Unregelmäßigkeiten führt. Aber solche Auskünfte an Versicherte, dass man sie hier nicht aufnehmen wolle, die sind schlicht und ergreifend nicht akzeptabel.

Danke schön, Frau Kollegin Lompscher! – Eine Nachfrage vom Kollegen Isenberg – bitte!

Frau Lompscher! Das eine ist die individuelle Hilfe, das andere ist die politische Gestaltung, die rechtsaufsichtlich ja auch bei einzelnen Bundesländern liegt – bzw. haben Sie schon zu einem Runden Tisch geladen? Haben Sie politisch die Vorstände der Krankenkassen, die so han

deln – und die Fälle sind sehr häufig –, schon mal zur Rede gestellt?

Frau Senatorin Lompscher – bitte!

Herr Isenberg! Vor dem Hintergrund, dass das Land Berlin über keine dieser Kassen die Rechtsaufsicht hat, war es mir wichtig, in einem ersten Schritt den Regionalvertretern der in Berlin und Brandenburg vertretenen Kassen klare Worte zu sagen. Parallel dazu machen wir auch Pressearbeit. Der Patientenbeauftragte und die Verbraucherzentrale haben auch informiert. Ich glaube, das ist wichtig. Die Überlegung, auch das Bundesversicherungsamt bzw. den GKV-Spitzenverband anzuschreiben, sollten die Vorfälle nicht umgehend abgestellt werden, behalte ich mir vor.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Weingartner von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Herr Weingartner!

Ich bedanke mich! – Ich frage die Stadtentwicklungssenatorin: Aus welchen Gründen findet die 6. Standortkonferenz zur Entwicklung der Europacity gleichzeitig zur heutigen Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses statt?

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Aus terminlichen Gründen!]

Frau Senatorin Junge-Reyer – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere außerordentlich, dass es zu einer solchen zeitlichen Terminkollision gekommen ist. Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass wir Partnerinnen und Partner haben, auf die wir bei der Terminierung Rücksicht nehmen müssen. Ich entnehme Ihrer Frage ein großes Interesse und muss Ihnen leider sagen, dass bisher wenige Abgeordnete Ihrer Fraktion von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, sich auf diese Weise direkt zu informieren. Ich bedauere das und hoffe, dass Sie demnächst solche Einladung persönlich wahrnehmen können.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Schicken Sie ihm ein Protokoll!]

Eine Nachfrage des Kollegen Weingartner!

Schönen Dank für die Antwort, die jedoch nicht wirklich nachzuvollziehen ist. Da bleibt die Frage im Raum: Liegt es denn im Interesse des Senats, die Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses durch die gewählten Terminierungen von Veranstaltungen mit übergeordneter stadtentwicklungspolitischer Bedeutung, wie es die heutige Präsentation des Ergebnisses und der Ideen und Realisierungen des Wettbewerbs für die zukünftige Gestaltung der öffentlichen Freiräume entlang des Berlin-Spandauer Schifffahrtkanals sowie am Nordhafen darstellt, auszuschließen?

Frau Senatorin Junge-Reyer!

Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Geht es darum, dass Sie Wert darauf legen, in Zukunft an solchen Veranstaltungen, bei denen Wettbewerbsergebnisse vorgestellt werden, auch tatsächlich teilzunehmen oder hierzu eingeladen zu werden? – Ich will das gern veranlassen und dafür sorgen, dass Sie persönlich jeweils die Möglichkeit erhalten, eine solche Einladung frühzeitig zur Kenntnis nehmen zu können.

Danke schön!

Jetzt ist Frau Kollegin Kubala von Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe und hat das Wort. – Bitte schön, Frau Kubala!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage geht an den Regierenden Bürgermeister: Ich würde gern von Ihnen wissen, wie Sie die aktuellen Vorschläge der Fluglärmkommission zu den Flugrouten bewerten.

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Ich begrüße die Vorschläge der Fluglärmkommission außerordentlich, weil sie das Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses sind, und wir wissen, wie schwer es bei der Heterogenität dieses Gremiums sein muss, Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Ich finde es richtig, dass jetzt von Herrn Ramsauer öffentlich die Auf

forderung an die Flugsicherung ergangen ist, sehr ernsthaft diese Vorschläge zu prüfen. Ich hoffe, dass diese Prüfung dementsprechend vorgenommen wird. Wenn es möglich ist, dass alle Flüge geradeaus an Potsdam vorbei gehen, sollte dies auch umgesetzt werden.