Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Bitte beachten Sie, dass in der öffentlichen Beratung keine vertraulichen Sachverhalte des Vermögensgeschäftes angesprochen werden dürfen, andernfalls würde ich die Sitzung unterbrechen und die Öffentlichkeit hinausbitten. Ich hoffe, das passiert nicht. Es beginnt die Fraktion der SPD in Person des Kollegen Schneider. – Bitte schön, Herr Schneider!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich versuche, die Vertraulichkeit nicht anzutasten. Der Vermögensausschuss war mit der Veräußerung der Landesbank befasst. Der Erlös daraus beträgt knapp 5 Milliarden Euro, das ist allgemein bekannt. Gestern ist ähnlich intensiv zu einem Erbpachtvertrag diskutiert worden, der Erlös beträgt nach 50 Jahren weniger oder etwas mehr als 1 Promille. Aber, da wurde über 5 000 Euro hier, Laufzeit von 40 bis 50 Jahren und noch kleineren Karos gestritten, obwohl es quasi ein In-sich-Geschäft ist, indem wir nämlich eine eigene Fläche an uns selbst und Brandenburg verpachten. Soviel zur Vertraulichkeit.
Am Ende waren sich alle einig: Die in Rede stehende Fläche dient der Erweiterung des BBI – das Thema hatten wir gerade –, sie ist erforderlich, um die Internationale Luftfahrtausstellung mindestens die nächsten zehn Jahre in der Region zu halten. Dieses unscheinbare Vermögensgeschäft sichert Investitionen von bis zu 40 Millionen Euro. Es sichert in der Region jährliche Mehreinnahmen von bis zu 200 Millionen Euro. Einigkeit bestand mit einer Ausnahme: Die Grünen wollen diesen wirtschaftlichen Erfolg für Berlin nicht
[Beifall bei der SPD und der FDP – Beifall von Dr. Florian Graf (CDU) – Uwe Doering (Linksfraktion): Unerhört!]
Sie haben gleich die Gelegenheit, wir werden hier die Ablenkungsmätzchen erleben, von Messeflächen werden Sie reden, von angeblichen Verlusten und Sie werden sicher auch von der Schwächung der Messegesellschaft fabulieren. Das alles nutzt gar nichts, denn diese Nebelkerzen helfen nicht darüber hinweg, dass hier politische Positionen für die Bürger ganz klar zugeschrieben werden. Die Zivilgesellschaft will den internationalen Großflughafen BBI mit seinen mutigen Chancen, und Sie sind dagegen. Dann bekennen Sie das eben auch so. Sie bauen Ihre Politik auf einem Gefühl der Zukunftsangst und Mutlosigkeit, sogar auf einer wirtschaftsfeindlichen Ideologie auf.
Zugleich versuchen Sie, die berechtigten Sorgen der Menschen im südlichen Berlin zu instrumentalisieren. Dazu haben Ihnen die Menschen schon gesagt: Renate, verlegt die Flugzeuge unter die Erde.
Sie haben gegen 200 Bebauungspläne gestimmt und damit gegen die Gesamtinteressen Berlins gehandelt. Aber immerhin, eine Vision haben die Grünen, und das ist mir wichtig, als einer, der mitten in der Einflugschneise von Tegel lebt und seinen Wahlkreis hat: Während wir mehr als 400 000 Menschen in Spandau, Reinickendorf und Pankow vom Fluglärm entlasten wollen – das ist mehr als dieser wirtschaftliche Aspekt –, haben Sie für diese Einflugschneise eine neue Attraktion: Sie wollen dort den ehemals größten innerstädtischen Rangierbahnhof der DDR teilweise wieder in Betrieb nehmen. Das ist Ihre absurde Politik, die sich hier festmacht. Das müssen wir bedauerlicherweise zur Kenntnis nehmen. Sie entfremden sich von den Menschen in zunehmendem und erschreckenden Maße. Der Gipfel dieser krassen Entfremdung ist für uns der Vorgang Kastanienallee. Auch das will ich Ihnen nicht ersparen. Da bauen Sie eine Tempo-50Straße. Der Bürgerprotest, über 1 000 Menschen – Herr Otto! Sie lachen. Sie waren es selbst in der „Berliner Zeitung“. Ich zitiere Sie:
Ja, Menschenskind! Das würde mir zu denken geben, wenn ich im eigenen Direktwahlkreis mich selbst für einen Bürgerschreck halte.
Kollege Schruoffeneger! Das fand ich sehr bemerkenswert, was Sie hier zur Internationalität von sich gegeben haben. Wir begrüßen die rund 250 000 Besucher, wir begrüßen die knapp 1 200 Aussteller aus 50 Ländern. Das Vermögensgeschäft, das hier in Rede steht, stärkt den Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg, sichert in über 130 Unternehmen Tausende Arbeitsplätze und Umsätze von mehr als 2 Milliarden Euro. Hier geht es nicht um einen kleinen Erbpachtvertrag. Es geht um Regierungsfähigkeit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion – Beifall von Christoph Meyer (FDP)]
Danke schön, Herr Kollege Schneider! – Für die CDUFraktion hat der Kollege Graf das Wort. – Bitte schön, Herr Graf!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir rufen sehr selten Vermögensgeschäfte im Plenum auf. Aufgrund des vorausgegangenen Tagesordnungspunktes zum BBI haben wir sogar einen gewissen Bezug zum Thema ILA.
Die CDU-Fraktion steht ohne Wenn und Aber zur Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA. Dies war in der Vergangenheit so und ist auch in der Zukunft so. Uns ging es ja, Herr Wirtschaftssenator, an vielen Stellen nicht schnell genug. Wir haben Sie angetrieben, weil wir es zu zögerlich fanden, wie Sie agiert haben. So wurde ja auch allzu häufig der Eindruck aus Kreisen der Wirtschaft formuliert, dass die Stadt und das Land Brandenburg leichtfertig eine Chance verspielen. Fast hätten sie es auch vergeigt. Aber nun ist die positive Entscheidung im letzten Jahr gefallen, wenn auch ambitioniert als Konzept und Spitz auf Knopf genäht. Der Hauptkritikpunkt, den wir in den Ausschussberatungen sowohl im Unterausschuss Beteiligungsmanagement als auch im Unterausschuss Vermögensverwaltung vorgebracht haben, lautete: Messepolitik insgesamt muss man auch mit Konzept machen. Man kann nicht sagen: Ein bisschen Messe Berlin, ein bisschen Messe Tempelhof, ein bisschen Messe in Selchow! – Hier wünschten wir uns dann doch ein ausgefeilteres Konzept. Aber in der Sache stimme ich dem, was Kollege Schneider gesagt hat, ausdrücklich zu.
Was bringt nämlich die ILA? – Sie bringt 200 Millionen Euro Kaufkraftzufluss für die Region, sie bringt bedeutende Wachstumsmöglichkeiten auch für das Messegeschäft, und sie bringt über 250 000 Besucher in die Region. Insofern muss man, wenn man einem solchen Projekt zustimmt, auch ja sagen, wenn die notwendigen Entscheidungen anstehen –
die notwendigen Entscheidungen, was die Investitionen betrifft, und die notwendigen Entscheidungen, was die Bereitstellung einer Fläche betrifft. Und darüber entscheiden wir mit dem Vermögensgeschäft.
Lieber Kollege Esser! Dass ich Sie als Haushälter schätze, ist Ihnen bekannt, und ich prüfe auch immer sehr gern Ihre Argumente. Nach Ihren gestrigen Diskussionsbeiträgen im Unterausschuss Vermögensverwaltung habe ich mir aber noch einmal angeschaut, wie die Reaktion von Bündnis 90/Die Grünen war, als sich die gesamte Region Berlin-Brandenburg gefreut hat, dass die ILAEntscheidung zugunsten Berlin-Brandenburgs ausgefallen ist. In der „Leipziger Volkszeitung“ vom 4. Juni 2010 wurde unter der Überschrift „Luftfahrtmesse ILA bleibt in Berlin-Brandenburg“ darüber berichtet. Über die Reaktion der Grünen war dort zu lesen – ich zitiere –:
Die Grünen im Abgeordnetenhaus reagierten dagegen enttäuscht: „Berlin braucht die ILA nicht“, teilten sie mit. Der Nutzen der Messe für die Region sei äußerst begrenzt, teilte der Finanzpolitiker Jochen Esser mit.
Ja, liebe Kollegen von den Grünen! Wenn nur Sie und die Leipziger sich enttäuscht zeigen, wenn ein großes Projekt in Berlin-Brandenburg die Zustimmung findet, dann spricht das nicht sehr für Wirtschaftsfreundlichkeit. Das muss man an der Stelle auch mal sagen.
Das reiht sich in gewisser Weise in das Vorhergehende ein. Ich habe vorhin auch gestaunt: Im Wahlprogramm sind Sie für die Schuldenbremse, hier stimmen Sie gegen die Schuldenbremse. Ihre Spitzenkandidatin Renate Künast ist gegen den Großflughafen und will einen Regionalflughafen, Sie selbst sind gegen den Ausbau der A 100, Sie sind gegen die TVO, Sie sind auch gegen die ILA. Irgendwann heißt es dann wirklich, ob zu Luft, zu Wasser oder zu Wege: Die Grünen sind immer dagegen. – Das kann aber keine Haltung sein, wenn man die Wirtschaft in dieser Stadt oder in dieser Region voranbringen will.
In diesem Sinne halten wir abschließend dieses Vermögensgeschäft für zustimmungsfähig. Wir hätten uns sogar einen Verkauf der Fläche vorstellen können. Das möchte ich an der Stelle auch mal sagen. Wir verbinden das mit dem Hinweis an den Senat, hier ein gesamtes Messekonzept vorzulegen, weil das sonst nicht aus einem Guss wirkt.
Denn 200 Millionen Euro pro Veranstaltung pro Jahr – einen solchen Kaufkraftzufluss kann sich die Region nicht entgehen lassen. Darüber müssen wir uns freuen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur drei Fakten nennen. Jede ILA – das zeigt das Beispiel der letzten – bringt einen direkten regionalen Kaufkraftzufluss in Höhe von 190 Millionen Euro. Dadurch werden Arbeitsplätze in einem Umfang von 3 800 bis 4 600 gesichert.
Den volkswirtschaftlichen Effekt dieser ILA beziffern wir mit der stolzen Zahl von 360 Millionen Euro.
Das ist dann das, was Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, aufs Spiel setzen, und ich bin gespannt, wie Sie diesen Verlust in den in Ihren Wahlaussagen angekündigten Arbeitsplatzprogrammen an anderer Stelle kompensieren wollen.
Richtig ist doch, dass der Flughafen auch eine flughafenaffine Nutzung für andere Gewerbemöglichkeiten mit sich bringt. Was ist besser dafür geeignet, als die ILA in unmittelbarer Nähe des Flughafens als flughafenaffine Nutzung zu halten?
[Joachim Esser (Grüne): Dann legen Sie mal los! – Michael Schäfer (Grüne): Aber Sie subventionieren sie aus Steuergeldern!]
Das bezieht sich vor allem auf die Lärmbelastung durch die Flugshows und Ähnliches. Aber ich sage auch mal ganz deutlich: Wenn ich meine persönlichen Bauchgefühle für Politik ausgebe, bin ich unpolitisch. Die ILA ist nun mal ein Fakt in dieser Region. Sie ist ein Bestandteil des Clusters der Luft- und Raumfahrttechnik in dieser Region, und sie ist inzwischen ein Bestandteil des Wirtschaftsstandorts geworden. Das aufs Spiel zu setzen, ist mehr als fahrlässig.
Nein! Ich bin sowieso am Ende meiner Rede. – Wenn Frau Künast aus dem BBI einen Agrar-Luftlandeplatz machen will, dann ist es nicht verwunderlich, dass auch die ILA im Verständnis der Grünen besser eine Weide sein sollte, statt auf dem Gelände in Selchow angesiedelt zu werden.
[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Oliver Scholz (CDU): Das sieht aber Ihre BVV-Fraktion ganz anders!]
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Kollege Schruoffeneger das Wort. – Bitte schön! – Ach, das scheint Herr Esser zu sein. Da müssten Sie nur die