Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Kollege Schruoffeneger das Wort. – Bitte schön! – Ach, das scheint Herr Esser zu sein. Da müssten Sie nur die
Danke schön, Herr Präsident, dass Sie so flexibel sind! – Meine Damen und Herren! Herr Schneider! Das ist ja schön, dass Sie jetzt mal öffentlich – nein, das kann man eigentlich gar nicht sagen, denn es ist nur noch der Mitarbeiter des Finanzsenators da –, also doch nichtöffentlich im Trockenschwimmen mal so ein bisschen die neue rotschwarze Wahlkampflinie der SPD üben. Dann wenden Sie die an auf den Flughafen, auf die ILA, auf das Messegelände in Selchow, über das wir hier reden, auf dieses Vermögensgeschäft – was hatten wir noch? –, auf den Mauerpark, auf die Kastanienallee, auf das KriegerBauprojekt in Pankow und was sonst noch so bei Ihnen drin war.
Sie haben zu allem Möglichen gesprochen, aber zu wenig zu dem Vermögensgeschäft, das auf der Tagesordnung steht.
Dieses Vermögensgeschäft handelt auch nicht vom Flughafen. Der Flughafen ist im Bau und wird, wie wir alle hoffen, 2012 eröffnet. Um Ihnen zu zeigen, was wir darüber denken, zitiere ich mal aus unserem faktisch einstimmig beschlossenen Wahlprogramm – Seite 72, dort können Sie das auch nachlesen –:
Eine Weltmetropole kann nur prosperieren, wenn sie gut erreichbar ist – mit allen Verkehrsmitteln. Ein leistungsstarker Flughafen BBI mit interkontinentalen Verbindungen ist dafür unabdingbar.
Das gilt. Wenn Sie etwas anderes behaupten, irgendwo etwas anderes gelesen haben oder irgendwie etwas nicht verstanden haben, ist das Ihre Sache. Ich glaube, diese Aussage ist eindeutig. Lesen Sie es nach!
Zweiter Punkt: Frau Matuschek! Es geht hier auch nicht um die ILA. Der Vertrag über fünf Veranstaltungen der ILA – fünf popelige Veranstaltungen in zehn Jahren – ist geschlossen.
Lieber Herr Gaebler! Ich sage Ihnen aber gerne und offen, dass wir wie sehr, sehr viele Menschen in unserem Land eine Flug- und Militärshow kritisch sehen.
Spätestens seit dem entsetzlichen Unglück 1988 in Ramstein – Sie werden sich erinnern, ich glaube, es waren 70 Tote und Tausende von Verletzten – ist das keine Überraschung. Wenn Ihnen das überhaupt kein Nachdenken und Abwägen wert ist, wenn Sie damit gar keine Probleme haben, ist das Ihre Sache. Herr Schneider, Herr Gaebler, die gesamte SPD und seit heute offensichtlich auch die Linkspartei, jedenfalls in Berlin! Das sagt eine Menge über Sie aus und ziemlich wenig über uns.
Das können Sie ja im Wahlkampf alles vertreten. Das wird uns freuen, da nehmen wir eine Menge mit, denn das sehen viele Menschen so wie wir.
Damit bin ich eigentlich beim Gegenstand des Vermögensgeschäfts. Das ist weder der BBI noch die ILA, sondern die Folge Ihrer ILA-Entscheidung. Das wird in einer spezifischen Form umgesetzt. Berlin bekommt jetzt – Herr Graf, nur da hatten Sie völlig recht – ein zweites – vielleicht kann man sogar sagen: nach der Tempelhofentscheidung des Regierenden Bürgermeisters ein drittes – Messe- und Ausstellungsgelände. Dazu sagen wir, dass wir darüber zunächst einmal eine konzeptionelle Klarheit wollen. Wir hätten gerne auch Klarheit darüber, wie sich das dann rechnen soll. Uns liegt eine Messewirtschaftsbetrachtung vor. Da müssen 27 Millionen Euro, Herr Schneider, Sie haben es geschrieben, investiert werden. Dabei werden aber 3,7 Millionen Euro Verlust gemacht. Wenn es keine Zusatzveranstaltungen gibt, von denen wir nur hoffen, dass sie kommen, dass sie nicht vom alten Messegelände abgezogen werden und von denen noch keine einzige mit einem Vertrag unterlegt ist, haben Sie dort sogar einen zweistelligen Millionenverlust zu verzeichnen.
An dieser Stelle sage ich Ihnen – das ist der Gegenstand des Vermögensgeschäfts –, dass ich mit einer solchen Situation – ich habe in den nächsten zehn Jahren fünf Veranstaltungen mit einem finanziell negativen Outlook – keinen Erbbauvertrag über 50 Jahre mache, wenn noch 40 Jahre dahinter sind. Da mache ich einen Vertrag über zehn Jahre, da mache ich vielleicht einen Vertrag mit einer Verlängerung dieser Zehn-Jahres-Option. Da mache ich auf jeden Fall keine Bindung von 50 Jahren für ein Gelände, das ich möglicherweise 50 Jahre lang überhaupt nicht brauche. Das ist das A und O jeder vermögenspolitischen Entscheidung. Deswegen haben wir dieses Vermögensgeschäft abgelehnt.
Das liegt ganz auf der Linie Ihrer Politik der 90er-Jahre. Ich erinnere an das Baufeld Ost. Das haben Sie damals gekauft, weil Sie gesagt haben, es sei schön billig. Es hat 250 Millionen Euro gekostet. Das sind täglich 10 000 Euro Zinsen. Es wird zwanzig Jahre lang überhaupt nicht gebraucht, um dann festzustellen, dass wir es für den
Flughafen gar nicht brauchen. Diese Sorte von Flächenbevorratung, die große Koalition, Diepgen, Landowsky und Sie – Entschuldigung, das haben wir heute wieder gesehen – bewegen sich zurück in die 90er-Jahre. Das ist mit uns nicht zu machen.
Mit einer solchen Politik können Sie sich Rot-Grün abschminken. Das sage ich Ihnen. Das können Sie genau so, wie Sie es hier sagen, miteinander machen wie damals. Das ist genau das, was uns vorhin vorgehalten wurde: Alle haben sich gefreut, bloß die Grünen nicht. Ja, so war es auch bei der Gründung der Bankgesellschaft. Das Resultat ist bekannt.
Wir könnten all die anderen Beispiele nennen. Ich will hier nur Frau Kolat aus der gemeinsamen Presseerklärung mit Ihnen, Herr Schneider, zitieren: „Wir vertrauen auf die positive Entwicklung der Region insgesamt.“ Genauso lief zu Diepgens, Landowskys und Ihrer Regierungszeit jede Diskussion, wenn man gegen irgendetwas einen Einwand hatte. Wenn man sagte: Das treibt uns vielleicht haushaltspolitisch und vermögenspolitisch in eine schwierige Situation, hieß es immer: Die Stadt prosperiert, die Stadt wächst, Sie glauben nicht an die Zukunft dieser Stadt, Sie sind vorgestrig, Sie wollen alles aufhalten. – Das ist genau diese Platte, die Sie jetzt versuchen, wieder zu spielen.
Ich sage Ihnen – und da habe ich vor dem Wahlkampf keine Angst –: Von dieser Platte hat seit 2001 diese Stadt die Nase voll.
Sie waren es unter anderem mit uns zusammen, die mit dieser allgemeinen Blödsinnsargumentation gebrochen und darauf bestanden haben, dass auch im allgemeinen Aufschwung jedes einzelne Finanzgeschäft in sich vernünftig zu sein und sich zu rechnen hat. Es geht nicht nach dem Prinzip Hoffnung oder Behauptung.
Es geht nicht nach dem Prinzip, wo der Wille ist, ist auch der Weg. Aber für Voluntarismus, Herr Schneider, sind Sie von den Wohnungen der BIH bis jetzt neuerdings in Wirtschaftsfragen ja bekannt.
Herr Kollege – danke! – Jetzt hat der Kollege Thiel für die FDP-Fraktion das Wort. – Bitte schön, Herr Thiel!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es lohnt sich bestimmt, diese engagierte Rede des Kollegen Esser noch einmal in aller Ruhe nachzulesen oder anzuhören.
Warum? – Freuen Sie sich nicht zu früh! Warten Sie! Herr Kollege Esser! Sie sind ein beredtes und sehr gutes Beispiel zwischen grünen Kontrollettis und einem sozialen Marktwirtschaftler. Jeder von uns, der sich mit der ILA identifiziert und die ILA haben wollte, hat Druck gemacht und gesagt: Wir wollen die ILA haben, wir wollen Verträge haben. Der Kollege Graf hat darauf hingewiesen.
Frau Pop! Sie müssen schon lauter sprechen, sonst verstehe ich Sie nicht. – Jeder von uns hat gewollt, dass die Messe daran beteiligt ist. Vom ersten Tag an war vollkommen klar, dass wir für die ILA Ersatzflächen und neue Investitionen benötigen, wenn wir die ILA weiter erhalten. Das ist auch selbstverständlich. Die ILA ist bis zum heutigen Tag nicht selbsttragend gewesen. Auch das wissen wir alle. Also müssen wir doch sehen, dass wir einen Standort finden, wo die ILA stattfindet, und dort zusätzliche, weitere Aktivitäten generieren können. Das ist sinnvoll. Dieses Vermögensgeschäft ist, wie Sie es jetzt darstellen, auf zehn Jahre gesichert und auf 50 Jahre gemacht. Wir hätten uns auch eher einen Verkauf vorstellen können. Wenn aber kein Käufer vorhanden ist, kann man auch nicht verkaufen.
Man muss entscheiden, was man will. Hier gibt es eine ganz klare Unterscheidung. Da können Sie noch so sehr brüllen. Sie machen immer einen Fehler: Sie nehmen eine einzelne Entscheidung, ziehen Sie groß hoch und versuchen, sie schön in Ihr Weltbild einzupacken. Irgendwo haut es dann nicht hin, ob es nun die Mediaspree ist, die A 100 oder ob es die vielen Touristen in Kreuzberg sind, wo Sie Mauern anstelle der Freiheit errichten – was eine Schande ist –, oder ob Sie die Gewerbesteuer ausweiten wollen, ob Sie Verkehrsbehinderungen propagieren, immer sind es Einzelfälle. Was Ihnen fehlt – das können Sie einfach nicht –, ist der Blick für das Ganze, für eine konsistente, widerspruchsfreie Politik, und das gerade im Wirtschaftsbereich.
Herr Schäfer! Es war wirklich anerkennenswert, dass Sie hier heute für den Kollegen Ratzmann in die Bütt gegangen sind. Es wäre aber besser gewesen, Sie hätten an mancher Stelle lieber geschwiegen. Sie haben einfach Ihre Grenzen aufgezeigt. Sie verstehen nichts von Wirtschaftspolitik. Das werden aber die Wählerinnen und Wähler auch verstehen.
Was wir zu entscheiden hatten und hier mit großer Mehrheit entschieden haben, ist doch, dass wir die ILA wollen. Wir wollen, dass sie ein Erfolg wird. Die Grünen wollen sie vielleicht auf zehn Jahre haben.