Frau Pop! Sie sind heiser. Achten Sie auf Ihre Stimme! – Die Grünen wollen vielleicht immer recht haben. Sie wollen immer auf der guten Seite sein. Sie sind ohnehin die Gutmenschen. Wir wollen, dass Berlin und Brandenburg eine gemeinsame Perspektive haben. Das haben wir auch mit unseren Anträgen deutlich gemacht. Wir wissen, dass wir deswegen natürlich auch Risiken eingehen müssen. Ohne Risiko gibt es keinen Erfolg. Wir sind bereit, in dem Rahmen, wie es uns vorgelegt worden ist, diese Risiken mit einzugehen und mitzutragen. Ich finde es wirklich nicht fair, eine Sache, die Gesamtberlin erschüttert hat, wie der Skandal um die Bankgesellschaft, mit einem solchen Vermögensgeschäft gleichsetzen zu wollen.
Ich finde, dass es sich bei aller Schärfe in der Sache nicht anbietet, dass etwas, was hoffentlich in seiner Einmaligkeit vorhanden war, hier als Kronzeuge für das eigene Handeln genommen wird. Stellen Sie sich doch lieber hin und sagen, zehn Jahre ILA seien ausreichend, danach solle sie anderswo stattfinden. Das wäre eine klare Politik, die wir natürlich nicht teilen würden. Es wäre aber ehrlich. So ehrlich sind Sie dann aber auch wieder nicht, einerseits zu sagen, Sie könnten auf die ganzen Shows verzichten, andererseits aber zu sagen, Sie wollten der Messe eine Zukunft geben. Wir haben schon immer ein integriertes Messe- und Kongresskonzept von der Messe Berlin gefordert. Dazu gehört als eine Perspektive auch die ILA. Deswegen finden wir es richtig, dass dieses Vermögensgeschäft so gelaufen ist, und unterstützen es weiterhin. – Ich danke Ihnen!
Danke schön, Herr Kollege Thiel! – Herr Kollege Esser möchte eine Kurzintervention machen. – Bitte schön, Herr Kollege Esser!
Herr Gaebler! Nicht ich habe das letzte Wort, sondern, wenn er möchte, der Kollege Thiel. Im Übrigen bin ich deswegen dazu gekommen, weil ich finde, dass der Kol
lege Thiel hier wenigstens ehrlich an der entscheidenden Stelle argumentiert hat. Er sagte, es habe hier eine Situation gegeben, da wollten Sie – andere vielleicht auch – auf jeden Fall die ILA. Dafür haben Sie alle die Komplikationen, die daran hängen – dass man ein Gelände habe, was man anders füllen müsste, von der ILA könne es nicht leben – , in Kauf genommen. Das war die damalige Auseinandersetzung. Dazu habe ich gesagt, dass wir das nicht wollen. Wir wollen nicht alles in Kauf nehmen und in diese Zwänge hineingeraten, über die wir jetzt diskutieren. Meine Differenz zu Ihnen in dieser Frage ist, ob wir, wenn das schon so eingetreten ist, dass es ein zweites, wenn nicht drittes Messegelände gibt, wohlgemerkt ohne dass es dieses Messekonzept gibt, das Sie und die CDU angemahnt haben, einen Vertrag über 50 Jahre schließen sollen. Sie stellen denen einen Blankoscheck aus, weil das Konzeptionelle, wie sich das tragen soll, nicht vorliegt. Die Reihenfolge ist doch eine andere! Im Augenblick sind nur die ILA-Veranstaltungen sicher, alle zwei Jahre 900 000 Euro Miete; sodann habe ich eine Verlustprognose – und ich sage Ihnen ehrlich: Bei einem solchen Investitions- und Businessplan würde bei einer privaten Gesellschaft kein Aufsichtsrat dieses Geschäft genehmigen, und es fände sich keine Bank, die das finanzieren würde.
Warum sollten wir es nach dem allgemeinen Prinzip Hoffnung anders halten? Man könnte das abmildern, hätte man eine Ausstiegsklausel, ein gestuftes Verfahren, gewählt. Wenn man in ein Risiko investiert, das man nicht übersehen kann, dann muss ich nicht eine 50-jährige Bindung haben, fest und ohne Auflösung, sondern dann versuche ich, eine gestufte Laufzeit zu erzielen. Das habe ich jedenfalls gelernt, und ich weiß nicht, wo der Herr Finanzsenator bei dieser Sache hingeschaut hat, denn ich glaube, dass er das auch weiß. Deswegen bin ich mit diesem Vermögensgeschäft, selbst unter Ihren ganzen Voraussetzungen, nicht einverstanden, weil man die Laufzeitklausel anders ausgestalten müsste.
Die offenen Risiken, die keine plausible Unterlegung haben und die deswegen keine Bank akzeptieren würde – es sei denn es handelt sich um den Staat, der immer alles bezahlt über den Steuerzahler –, müsste man dahin gehend absichern, dass man die Sache abbrechen kann, wenn sie nicht funktioniert oder wenn es über die fünf Veranstaltungen der ILA hinaus keine Verlängerung gibt. So wie ich den Vertrag mit der Luftfahrtindustrie im Übrigen kenne, sind noch nicht mal diese fünf Veranstaltungen völlig fest garantiert.
Herr Präsident! Das muss sein, denn ich möchte zum einen einlösen, was Herr Esser sagte, dass ich noch einmal nach ihm reden darf, dann habe ich auch mal das letzte Wort ihm gegenüber.
Herr Esser! An den Auseinandersetzungen mit Ihnen schätze ich, dass Sie zuhören und dass Sie differenziert argumentieren können, das ist eine Qualität, die ich hoch schätze!
Dass ich nicht zum gleichen Schluss komme, ist vollkommen richtig, hierin unterscheiden wir uns. Gerade auch als liberaler Wirtschaftspolitiker setze ich darauf, dass wir ein kalkulierbares Risiko eingehen werden, eingehen müssen, um am Ende des Tages Erfolg zu haben. Die Geschichte wird zeigen, wer von uns beiden recht hat; es ist natürlich klar, dass ich hoffe, dass ich recht behalte bzw. wir beide recht behalten mit dem Erfolg der ILA über die zehn Jahre hinaus. – Ich danke Ihnen!
Danke schön, Herr Kollege Thiel, das war erfrischend kurz! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, und wir kommen zur Abstimmung. Der Hauptausschuss hat der Vorlage mehrheitlich gegen die Grünen zugestimmt. Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 5 aus 2011 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP, CDU, SPD und Linksfraktion. Danke! – Die Gegenprobe! – Das sind die Grünen. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht.
Aufgabe gemäß § 7 Abs. 2 Sportförderungsgesetz von drei Sporthallen im Bezirk Treptow-Köpenick, Ortsteil Friedrichshagen, zugunsten von Schulmensen und Hallenneubauten im Rahmen des Konjunkturprogramms II
Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zur Vorlage Drucksache 16/3842 empfehlen der Fachausschuss einstimmig bei Enthaltung der CDU und der Abwesenheit der FDP sowie der Hauptausschuss einstimmig bei Enthaltung der CDU die Annahme. Wer der Vorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP, SPD, Bündnis 90 und die Linksfraktion. Danke! – Die Gegenprobe! – Das ist einstimmig. Die CDU enthält sich.
Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesens in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – 1. GlüÄndStV)
Keine Unterzeichnung eines mangelhaften Glücksspielstaatsvertrages (I) – bürgerrechtsfeindliche Netzsperren verhindern!
Keine Unterzeichnung eines mangelhaften Glücksspielstaatsvertrages (II) – sinnvoller Wettbewerb bei Sportwetten-Konzessionen!
Ich habe alle drei Beratungsgegenstände vorab an den Hauptausschuss überwiesen und darf Ihre nachträgliche Zustimmung hiermit feststellen. Für die Beratungen steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Person von Herrn Behrendt. – Bitte schön, Herr Behrendt, ergreifen Sie das Wort!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Änderungsvertrag zum Glücksspielstaatsvertrag wird ein weiteres Kapitel in einer langjährigen Auseinandersetzung zwischen den Ländern, den privaten Wettanbietern, den bundesdeutschen Obergerichten und dem europäischen Gerichtshof geschrieben, und es wird vermutlich nicht das letzte Kapitel bleiben.
Das nunmehr vorgeschlagene Lizenzmodell will den privaten Anbietern den Markt öffnen und ein Nebeneinander öffentlicher und privater Anbieter ermöglichen. Geht es wieder um das Interesse weiterer staatlicher Einnahmen? Geht es um das Einknicken vor der Lobbymacht? Oder geht es tatsächlich um die Einsicht in eine sinnvolle Regelung?
Erinnert werden muss daran, dass die Länder mit ihrer inkonsequenten Haltung schon einmal Schiffbruch erlitten haben. Einerseits rechtfertigten sie die Aufrechterhaltung des staatlichen Wettmonopols mit Belangen des Spielerschutzes und der Betrugsprävention, andererseits wurde weiterhin schamlos für den staatlichen Wettanbieter Oddset geworben, dessen Produkte noch heute in jedem zweiten Zeitungskiosk ohne Weiteres zu erhalten sind.
Eine Berliner Besonderheit ist die mit dem Staatsvertrag verbundene Legalisierung der Wettbüros bei gleichzeitigem Kampf – so haben wir es vor 14 Tagen hier beschlossen – gegen die Spielhallen. Verschandeln aber die Wettbüros, immerhin um die 200 in Berlin, nicht genauso das Stadtbild wie die Spielhallen? Bieten die Wettbüros nicht genauso wie die Spielhallen suchtgefährdeten Spielern den schnellen Kick? Sind nicht Jugendliche genauso von Sportwetten gefährdet wie von den Angeboten der Spielhallen? – Mir erschließt sich weiterhin überhaupt nicht, weshalb hier weitgehend Gleiches ungleich behandelt werden soll.
Wesentlicher Kritikpunkt am Entwurf ist zu Recht der Versuch, eine Zensurinfrastruktur für das Internet einzuführen. Was beim Zugangserschwerungsgesetz durch den Beschluss des Bundeskabinetts am Dienstag dieser Woche nunmehr endgültig scheiterte, wird nun auf dem Glücksspielmarkt erneut versucht. Es ist schon ein bisschen eigenartig, denn wenn man mit den einzelnen Kollegen im Haus spricht, erzählen alle, man wolle eigentlich gar keine Netzsperre, und man fragt sich, wie das in diesen Entwurf, an dem immerhin der Regierende Bürgermeister des Landes Berlin für das Land Berlin mitverhandelt hat, Eingang gefunden hat. Der jetzt vorliegende Entwurf ist das Ergebnis zweier Treffen der Ministerpräsidenten, und irgendjemand muss die Netzsperre dort hineingeschrieben haben. Diese Netzsperre stößt auf unseren entschiedenen Widerspruch. Die im Entwurf vorgesehenen Online-Sperren sind weder wirksam noch sinnvoll.
Wir sind schließlich nicht in China, und wir sind auch nicht im Iran. Wir Grüne stehen für eine freie Kommunikation im Netz, und es fordert niemand ernsthaft, dass man beispielsweise Telefongespräche abhört und, wenn ordnungs- oder rechtswidrige Inhalte in diesen Telefongesprächen vorkommen, man die Leitungen kappt. Genau das soll auf das Internet übertragen durch die Netzsperren erfolgen.