Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir teilen einige der Ausführungen, die der Kollege Behrendt hier vorgenommen hat, und mehr von denen, die der Kollege Zimmermann vorgetragen hat. Wir vertreten auch eine Position, die darauf setzt, dass hier eine klare Regulierung und eine klare Vorbeugung gegen grenzenloses Ausleben einer Spielsucht getroffen werden. Dazu müssen Maßstäbe entwickelt werden, und man muss sich leider auch noch mit 15 anderen Bundesländern verständigen, am Schluss auch noch eine EU-Notifizierung hinkriegen. Das macht die ganze Geschichte so schwierig.
Eins allerdings, finde ich, ist hier vom Redner der Bündnisgrünen als falscher Schwerpunkt gesetzt worden. Ich glaube nicht, dass das Hauptproblem dieses Glücksspielstaatsvertrags die Frage der freien Kommunikation im Netz ist. Das ist nicht das Hauptproblem, was es hier zu lösen gilt. Der Vorschlag von Ihnen, Herr Dr. Behrendt, mit den Kreditkartenunternehmen eine Vereinbarung oder Ähnliches zu treffen, ist genauso illusorisch wie die Annahme, man könne bei einem freien Wettbewerb darauf setzen, dass sich die Glückspielsüchtigen schon in irgendeiner Form selbst kontrollierten und es dort nicht zu Fehlentwicklungen käme. Der Ansatz mit den Kreditkartenunternehmen ist aus unserer Sicht ein reines Scheinargument, überhaupt nicht zu realisieren, keine gesetzliche Grundlage, und funktioniert daher auch nicht.
Die Frage mit der freien Kommunikation – ich will das jetzt nicht ausdiskutieren, sondern einfach im Raum stehen lassen –: Wo, bitte schön, ist denn bei Ihnen die Grenze, die erreicht werden muss? Es wird aktuell diskutiert, welches Verfahren im Internet zur Unterbindung der Kinderpornografie gewählt wird. Ist das auch noch etwas, was aus Ihrer Sicht unter freiem Netzzugang und fehlenden Restriktionen und Sanktionen fällt? Irgendwo dazwischen ist wahrscheinlich bei Ihnen die Grenze, bloß wo ist sie, ich kann es nicht nachvollziehen.
In diesem ganzen Bereich ist viel Musik, aber eben auch sehr viel Geld mit drin. Deswegen ist die Auseinandersetzung natürlich auch sehr hart. Wenn man das Thema im Internet googelt, fordern die einen, dass Gesetze im Kampf gegen den Wettbewerb überprüft werden sollen, beim Wettskandal sind Leute festgenommen worden.
Andere sagen: zocken bis zum letzten Hemd bei den Positionen gegen ausuferndes Glücksspiel. Ein Sportjurist fordert, mehr private Wettanbieter zuzulassen. Ein anderer fordert ein Gesetz gegen Wettbetrug im Profisport. Und das Beste, was ich gelesen habe, ist, dass von den Befürwortern einer ganz freien Regelung argumentiert wird, der neue Glücksspielstaatsvertrag vernichte bis zu 6 000 Autobahn-Lkw-Parkplätze. Die Argumentation ist, dass die einzelnen Automaten in den Autobahnraststätten nicht mehr zum Einsatz kämen, die deswegen keine Überschüsse mehr erwirtschaften würden und deswegen die Lkw-Fahrer letztlich keine Standplätze mehr am Rand der Autobahn hätten. So weit ist diese Argumentationsschiene schon geraten.
Letztlich geht es doch darum, wie ich mit einem ganz einfachen Geschäftsmodell, ohne nennenswerte Schaffung irgendwelcher bedeutsamer und dauerhaft funktionierender und sozialversicherungsrechtlich abgesicherter Arbeitsplätze eine möglichst große und schnelle Rendite erwirtschaften kann. Das ist der Punkt. Das ist genau das Gleiche wie bei Spielhallen. Warum verbreiten die sich über das ganze Stadtgebiet? – Weil in Lagen, wo von sonstigen Gewerbetreibenden eine normale Miete gezahlt wird, hier ein deutlicher Aufschlag von den Anbietern von Wettbüros und von Spielotheken gegeben wird. Deswegen wird natürlich das alteingesessene Gewerbe verdrängt.
Deswegen müssen wir, glaube ich, auch von dieser Seite her denken. Der eigentliche Ansatz ist doch: Wie wirkt sich eine solche Regelung bei Sportwetten und nachher auch bei den Spielhallen auf das Stadtgebiet, auch auf Berlin, auf Regionen hier in der Stadt aus? Da ist einfach die Situation, dass sich all diese Anbieter nicht verteilen von Pankow bis Steinstücken, sondern sie sind konzentriert. Sie finden sich in einzelnen Straßen wieder, in kleinen Stadtgebieten. Dies sind die Fehlentwicklungen, die auch für uns, für die CDU-Fraktion, hinter der Frage stehen: Können wir einem solchen Glücksspielstaatsvertrag mit seinen Auswirkungen zustimmen oder nicht?
Eine letzte Bemerkung noch, die für uns ganz wichtig ist: Was als Argument überhaupt nicht zählt, ist die Finanzierung von Sport und Kultur. Ganz klare Ansage: Die Sportförderung –
Ein letzter Satz, wirklich nur – und die Kulturförderung sind von dem Aufkommen und den Erträgen aus dem Glücksspiel möglichst bald zu entkoppeln. Da haben wir eine ganz andere Verantwortung als Landesgesetzgeber und Haushaltsverantwortliche. Das Argument, wir müssen viel spielen, damit zwei wichtige gesellschaftspolitische Dinge finanziert werden können, das geht nicht.
Der letzte Satz war zu lang, Herr Kollege Goetze. Vielen Dank, trotzdem. – Das Wort für die Linksfraktion hat Herr Kollege Klemm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Behrendt! Eigentlich hatte ich nur vor, zum Thema zu reden,
also artig unsere Argumentation zum Glücksspielstaatsvertrag vorzutragen, aber nachdem Sie jetzt mehrmals den Jugendmedienstaatsvertrag erwähnt haben und NRW über den grünen Klee gelobt haben, möchte ich Ihnen sagen, was in NRW konkret passiert ist und was in NRW bei der Abstimmung darüber konkrete grüne Politik war: Sie wollten sicherheitshalber diesen Vertrag ja nicht verhindern, aber Sie wollten auch nicht zustimmen. Deshalb haben Sie folgenden Deal gemacht: Die Koalitionsfraktionen aus SPD und Grünen wollten sich in NRW zu dem Thema im Landtag enthalten, in der Hoffnung, dass FDP, CDU – die haben schon Ablehnung gesagt – irgendwie dem Ding zustimmen, damit Sie sich sozusagen wegschleichen können und damit dann nichts mehr zu tun haben. Das haben Sie in NRW gemacht. Das Ergebnis Ihres Agierens war dann in der Tat, dass dann nicht mehr darüber abgestimmt worden ist und damit der Vertrag weg war. Aber abgelehnt haben Sie ihn nicht. Sie sind feige von dannen gekrochen nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
Mal sehen, was ich jetzt noch zum Glücksspielstaatsvertrag sagen kann. Unserer Meinung nach ist der gegenwärtige noch gültige Glückspielstaatsvertrag gescheitert. Seine Regularien und Beschränkungen gehen im Internetzeitalter an der Lebenswirklichkeit vorbei. Die Regularien darin waren widersprüchlich. So war auch für den EuGH nicht nachvollziehbar, warum Pferdewetten erlaubt sind, Wetten auf andere Sportereignisse aber nicht. Politisch ist er gescheitert, weil er das Ziel, Menschen vor der Spielsucht zu schützen, nicht erreicht hat. Finanziell ist er gescheitert, weil durch unsinnige Wettwerbeeinschränkungen im Bereich Lotto und Toto Umsatzrückgänge zu verzeichnen sind. Das hat zur Folge, dass die gemeinnützige Sportförderung dadurch gefährdet wurde. Der bestehende Glücksspielstaatsvertrag ignoriert außerdem, dass diejenigen, die um Geld spielen wollen, es faktisch schon längst sanktionslos im Internet tun können, das dann auch noch unter Bedingungen, die nicht einmal besteuert wer
Der vorliegende Entwurf der Ministerpräsidenten dazu hat unserer Meinung nach grundsätzlich die richtige Zielrichtung, nämlich
usw. Es bedarf also zweifelsfrei der Nachbesserung. Die Linke meint dazu erstens, die Bereiche Toto und Lotto sollten weiterhin dem Staat vorbehalten werden. Die dort erzielten Millionenumsätze sind für die Sport- und Kulturförderung unverzichtbar. Da sind wir, Herr Goetze, völlig anderer Meinung als Sie. Und Herr Behrendt, das ist genau der Punkt, den Sie bei der Debatte zu dem Thema ausblenden. Wenn kein Staatsvertrag Ende des Jahres durchkommt, wenn im Ergebnis sozusagen nichts passiert, dann ist das Lottomonopol des Staates dahin. Dazu kann man stehen, wie man will. Wir wollen es weiter behalten. Dann müssten Sie sozusagen den davon betroffenen Vereinen, Organisationen irgendwie erklären, warum Sie das wollten und was Sie daran finden. Da hätten wir unsere Schwierigkeiten. Und deshalb ist uns der Punkt ausgesprochen wichtig.
und stelle zumindest fest, dass im Entwurf des Änderungsstaatsvertrags Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes die Mitwirkung am Zugang zu unerlaubtem Glücksspiel untersagt werden kann. Dazu sagen zwar einige Staatskanzleien in einer Antwort auf Kleine Anfragen: Wissen wir nicht genau, ob es sich dabei um eine Netzsperre handelt. Aus unserer Sicht ist es eine Netzsperre. Netzsperren lehnen wir als Linke selbstverständlich ab.
Weil dann im Übrigen von der FDP der Beratungspunkt gar nicht beantragt wurde, sondern die Grünen unbedingt darüber reden wollten, und es noch einen zweiten Antrag gibt, sage ich auch noch mal ganz deutlich, dass im Änderungsstaatsvertrag die Begrenzung auf sieben Konzessionen aus unserer Sicht problematisch ist, weil sie sozusagen dem übrigen Vertragsentwurf widerspricht, wo Zugang zu Konzessionen diskriminierungsfrei erfolgen soll. Das funktioniert aus meiner Sicht nicht. Auch da sehen wir Nachverhandlungsbedarf. Deshalb kann ich nur in dem Zusammenhang auch von uns aus dem Regierenden Bürgermeister für die weiteren Verhandlungen mitgeben: Herr Wowereit, übernehmen Sie!
Vielen Dank für die Punktlandung, zeitlich jedenfalls! – Das Wort hat jetzt für die FDP-Fraktion der Kollege Jotzo.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, ich hatte mich auch etwas gewundert, dass der Kollege Behrendt hier in langen Worten das vorträgt, was die FDP-Fraktion in zwei Anträgen dem Haus vorgelegt hat. In der Tat, dieser Worte, Herr Behrendt, hätte es nicht bedurft, denn alles, was Sie gesagt haben, steht letztlich in unseren Anträgen. Deswegen kann ich Sie nur einladen, denen dann auch Ihre Zustimmung zu erteilen.
Worum geht es? – Herr Klemm hat es, denke ich, sehr gut ausgeführt, es geht um zwei sehr kritische Punkte in diesem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag. Das eine sind die Netzsperren, und das andere sind die entsprechenden Beschränkungen bei den Sportwettkonzessionen. Herr Zimmermann! Ich wundere mich etwas, dass Sie es nicht verstanden haben, worum es dabei geht. Wir haben einen drei Seiten langen Antrag mit der entsprechenden Begründung zu den Netzsperren eingebracht. Wir haben die rechtliche Konstruktion ganz genau aufgeschrieben, um die es geht. Es geht eben darum, dass hier eine Tür geöffnet wird. Es wird eine Tür geöffnet hin zu einer Inspektion des Inhalts des Netzverkehrs. Und das ist nichts anderes, als das Tor zu einer Kontrollinfrastruktur zu öffnen, wie sie in anderen Ländern schon vorhanden ist, aber wie wir sie sicherlich in einem freiheitlichen Land mit unserer Kommunikation nicht haben wollen.
Denn wenn der Internetanbieter jetzt in einer Angelegenheit gezwungen ist, den Inhalt von Kommunikationspaketen zu öffnen, wer gibt Ihnen dann die Garantie dafür, dass diese Infrastruktur nicht für andere Dinge vom Telekommunikationsanbieter genutzt wird, wer gibt Ihnen dann die Garantie dafür, dass das in Zukunft nicht auf andere Sachverhalte ausgeweitet wird, dass die Internetkommunikation nicht nur der Zielrichtung nach, was einige fordern, sondern auch dem Inhalt nach inspiziert wird? – Diese Garantie kann Ihnen niemand geben, Herr Zimmermann! Deswegen ist es auch falsch, in eine solche Sperrinfrastruktur überhaupt einzusteigen, und das werden wir auf keinen Fall mittragen.
Wenn man sich die Frage stellt, Herr Behrendt, was man mit dieser Regulierung, diesem Glücksspielstaatsvertrag, erreichen will, dann ist es ja in der Tat richtig, man muss sich die Frage der Zielsetzung dieser Regelung stellen. Da ist in der Vergangenheit eigentlich nur eines sicher gewesen, was die Monopolisierung in Staatshänden wirklich bewirken sollte. Ich denke, das hat mittlerweile auch jeder hier im Haus und auch außerhalb dieses Hauses verstanden: Es ging eben nicht darum, die Spielleidenschaft der
Bevölkerung in geordnete Bahnen, sondern es ging darum, das Geld der Spielerinnen und Spieler in staatliche Taschen zu lenken. Genau darum ging es bei diesen Staatsmonopolen, die wir bisher im Glücksspielstaatsvertrag gesehen haben. Und deswegen ist es auch richtig, dass Europa uns vorgegeben hat, nämlich das, was die FDP schon lange hier und in anderen Häusern fordert, dass wir endlich zu einer transparenten, vernünftigen und marktwirtschaftlichen Konzessionierung kommen. Und genau dieser vernünftigen marktwirtschaftlichen Konzessionierung steht die beabsichtigte Neuregelung in § 10a zu den Sportwetten eben entgegen. Die Höchstzahl von sieben Unternehmen, die hier überhaupt auf dem bundesdeutschen Markt zugelassen werden sollen, ist nicht nur völlig aus der Luft gegriffen, sondern sie findet auch keinerlei Grundlage in irgendwelchen sinnvoll belegbaren Überlegungen. Deswegen muss diese Klausel auch weg.
Ich will noch eines sagen: Ich freue mich sehr, dass die FDP auf Bundesebene dafür gesorgt hat, dass eben solche kruden netzpolitischen Überlegungen Geschichte sind. Wir haben durchgesetzt: löschen statt sperren. Herr Behrendt! Ich hoffe, „löschen vor sperren“ war bei Ihnen nur ein Versprecher. löschen statt sperren! Es gibt kein Sperren, sondern es wird der Versuch unternommen zu löschen, und dieser Versuch ist tatsächlich in fast 100 Prozent aller Fälle erfolgreich. Das haben wir so durchgesetzt. Das haben wir so nachgewiesen. Und es hat selbst die CDU auf Bundesebene – das gebe ich zu – verstanden, hier noch nicht überall, aber auf Bundesebene verstanden, und dafür bin ich mittlerweile sehr dankbar.
Ich denke, worüber wir uns in der Tat unterhalten müssen, ist, wie der Regierende Bürgermeister sich in die weiteren Beratungen einbringt. Ich sehe hier zumindest einen Konsens und freue mich, dass Herr Klemm da auf unserer Seite ist, dass man diesen Glücksspielstaatsvertrag so nicht unterzeichnen kann. Und ich freue mich – muss ich sagen – ganz ausdrücklich, dass Schleswig-Holstein als Land von Anfang an gesagt hat, dass solche Regelungen eben nicht in Betracht kommen. Ich kann Ihnen versichern, Herr Behrendt, rot-grüne Regierungen wird es hier nicht brauchen, weil unsere Regierung in SchleswigHolstein dafür sorgen wird, dass ein solcher Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland nicht Realität werden wird.
Ich werde Ihnen auch sagen, zu welcher Konsequenz das führt: Notfalls wird Schleswig-Holstein allein stehen und wird auch allein Konzessionen erteilen, und diese Konzessionen werden dann Geltung im ganzen Bundesgebiet haben.
Und dann haben wir eine vernünftige, marktwirtschaftliche und auch liberale Regulierung in Deutschland.