Allerdings werden diese Menschen oftmals – weil ihr Berufsabschluss eben nicht anerkannt ist – als Hilfskraft entlohnt. Würde die Friseurin als selbstständige Meisterin arbeiten wollen, brauchte sie die formale Anerkennung des Berufsabschlusses. Im akademischen Bereich ist ein Zugang ohne Anerkennung in der Regel gar nicht erst möglich. Hier ist die Gesetzeslage noch unübersichtlicher.
Alle waren sich darüber einig, dass sich hier etwas ändern sollte. Die Arbeits- und Sozialminister haben im letzten Jahr auf die Initiative der Länder Berlin und Bayern hin einstimmig einen Antrag zum Thema Berufsanerkennung mit Forderungen an die Bundesregierung verabschiedet, und diese hat sich auch bereit erklärt, die Anregung aufzugreifen. Dazu gehörten solche Sachen wie Festschreibung eines Anspruchs auf Feststellung der Qualifikation und der Kompetenzen.
richtig, von Schwarz-Gelb! –, denn Schwarz-Gelb hatte versprochen, bis Ende des letzten Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Das ist kleinlich? – Sagen Sie! – Jetzt wurde gesagt, dass dieser Gesetzentwurf bis Anfang des nächsten Jahres beschlossen sein soll. Wir hatten mehrmals die Debatte, und es gab unterschiedliche Anträge zu diesem Thema. Immer wieder haben wir gesagt: Wir warten erst einmal ab, was die Bundesregierung vorlegt. – Jetzt sind wir an dem Punkt, dass wir nicht länger warten. Wir möchten, dass auf Landesebene Schritte eingeleitet werden, die den Menschen mit den nicht anerkannten Berufsabschlüssen neue Chancen bieten.
oder in Marzahn-Hellersdorf das Projekt „Arbeit und Integration“ für russischsprachige Akademikerinnen und Akademiker.
Aber auch in den anderen Bundesländern gibt es gute Beispiele, von denen wir lernen können. Wir brauchen mehr Transparenz in dem Zuständigkeitsdschungel, und wir wollen nach wie vor in Zukunft verbindliche Regelungen auf Bundesebene. Aber trotzdem denken wir, wir haben lange genug gewartet. Wir haben auch diesen Antrag von uns lange genug liegen gelassen und möchten jetzt die notwendigen Schritte einleiten. Wir hoffen trotzdem darauf, dass die Bundesregierung ihre Regelungen noch vorlegt, aber ich bitte erst einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Bundesgesetz zur erleichterten Anerkennung von ausländischen Abschlüssen wird ohne Einschränkung begrüßt. Es liegt zur Verabschiedung auf dem Tisch. Nun geht es um Verfahrenswege auf Landesebene, damit die gegebenen Möglichkeiten umgesetzt werden können.
Wichtig sind neben der grundsätzlichen Anerkennung Lösungsangebote bei festgestellten Defiziten, die letztlich nur eine Teilanerkennung zulassen. Verabredet mit den Kammern, müssen Angebote im Bereich der beruflichen Bildung greifen, damit erweiterte Abschlüsse in aktuellen Berufsbildern möglich werden. Damit verbunden sind bessere Vermittlungschancen in den Arbeitsmarkt. Es ist wichtig, dass die Ergänzungs- oder Anpassungsqualifizierungen neben einer Erwerbstätigkeit wahrgenommen werden können.
Zugestandenerweise wird bei akademischen Berufen eine andere Lösungsform gewählt werden müssen. In die Betrachtungsweise müssen neben den formalen Abschlüssen auch Kriterien wie langjährige Berufserfahrung einfließen und die leichtere Anerkennung ausländischer Abschlüsse positiv beeinflussen. Eine Verwässerung des Qualitätsstandards der Berufe darf es allerdings nicht geben – das ist im Interesse aller Beteiligten –, sonst führen die Erfahrungen im beruflichen Alltag dazu, dass eine negative Bewertung erfolgt und selbst bei offizieller Anerkennung vermehrt Vermittlungsschwierigkeiten in den Arbeitsmarkt auftreten können.
Über eines sollte man sich jedoch im Klaren sein: Selbst wenn es zu einer erheblichen Zahl von Anerkennungen kommen sollte – der Fachkräftemangel lässt sich damit nicht ausgleichen. Es geht vorrangig um die Beteiligten, die in ihren dann anerkannten Berufsfeldern arbeiten können, natürlich auch darum, eine Ressourcenverschwendung zu vermeiden. Schlummernde Fachkräfte
reserven können nicht verspielt werden. Die Programme zur Begrenzung des auf uns zukommenden Fachkräftemangels müssen intensiv weiter verfolgt werden, damit die prophezeiten Unterdeckungen nicht in der jetzt dargestellten Größenordnung eintreten.
Kritisch an dem Antrag der Koalition sehen wir die sehr allgemeinen Aussagen ihres Textes und die Bezugnahme auf wenige Einzugsbereiche und Berufsfelder, die aktuell populär sind.
Der Änderungsantrag der FDP, den wir im Ausschuss beraten haben, wäre in der Sache deutlich konkreter gewesen. Auch ein Kompromissangebot der CDU in Form einer aktualisierten Begriffsaussage fand nicht Ihre Zustimmung. Am Ende der Legislaturperiode bestand hier die Chance einer gemeinsamen Aussage. Thematisch liegen zwischen den Fraktionen keine Welten. Wir werden uns deshalb bei der nachfolgenden Abstimmung enthalten müssen. – Danke!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Luchterhand! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Saleh das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist beruhigend, dass die CDU, wie ich finde, in der Frage zurzeit sehr moderate Töne hat.
Es scheint, dass sich bei der CDU nicht nur in der Frage Energie, sondern auch bei der Integration und Anerkennung von Abschlüssen eine Wende abzeichnet. Das ist gut.
Zu dem Antrag hat Frau Breitenbach einiges gesagt. Es geht bei dem Antrag darum, dass mitten unter uns Menschen leben, deren Abschlüsse bis heute nicht anerkannt sind, die nicht nach ihrer Qualifikation in einer Tätigkeit oder in dem Beruf, den sie erlernt haben, arbeiten können.
Dieser Antrag hat zwei Komponenten: Einmal ist der Antrag gut für die betroffenen Menschen, gut für die betroffenen Berlinerinnen und Berliner, dass man ihre Abschlüsse und ihre Leistungen würdigt. Zum anderen ist der Antrag gut für unsere Stadt, denn wir wissen alle – und das kam gerade bei der Debatte um das Thema Wirtschaftsfähigkeit einer Metropole heraus –, wir werden auf Träger qualifizierter Berufe nicht verzichten können. Das heißt, es ist ein doppelter Gewinn: ein Gewinn für die Menschen, deren Leistungen man würdigt und anerkennt, und ein Gewinn für unsere Stadt, dass wir die Träger
Wir wollen die Anerkennung in folgenden Bereichen: in pädagogischen Berufen, in Pflegeberufen, in Wissenschaftsberufen, in Ingenieurberufen und in Sozialwissenschaftsberufen. Viel zu lange haben wir in der Politik diese Chance nicht gesehen. Und ich bin froh, dass Berlin jetzt den Schritt macht zu sagen: Diese Bereiche, diese Potenziale, diese Ressourcen sind für die Zukunft unserer Stadt wichtiger denn je.
Ich will einige Sätze grundsätzlich zur Zukunftsfähigkeit einer Stadt sagen, auch im Hinblick auf den demografischen Wandel und das Alter. Erstens: Eine Gesellschaft, die sich nicht öffnet, gerät in Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Zweitens: Wir brauchen Zuwanderung, sowohl kurzfristig, als auch mittelfristig, als auch langfristig. Wir werden in der ganzen Bundesrepublik Deutschland dem Wettbewerb zu anderen europäischen Ländern nicht standhalten können, wenn wir nicht jetzt anfangen, ganz gezielt im Bereich Zuwanderung zu werben. Wir werden einen Wettkampf, einen Wettstreit haben mit anderen Ländern Europas, die jetzt schon überall an die Unis kommen mit sogenannten Scouts und versuchen, gut qualifizierte Leute abzuwerben. Ich glaube ganz sicher, dass wir in diesem Wettkampf als Deutschland und Berlin und mit den anderen Städten Deutschlands gewinnen müssen, denn am Ende hängt davon tatsächlich auch die Zukunftsfähigkeit einer Stadt und eines Landes ab.
Oft wurden in der Vergangenheit Menschen mit guter oder sehr guter Qualifikation mit dem, was sie getan haben, nicht gewürdigt. Der Antrag ist ein Beitrag dazu, auch für die Zukunft, wenn es um die Frage künftigen Zuzugs von Menschen in unser Land geht, aus diesen Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die nächsten Menschen, die zu uns kommen, ganz gezielt und auf Augenhöhe in das Berufsleben einzubinden und zu sagen: Eure Qualifikation, eure Leistung, eure Vergangenheit würdigen wir und wollen wir entsprechend in unseren Ländern und in unserer Berufswelt einbinden.
Da helfen entsprechende Konzepte, da helfen entsprechende Anträge. Was da nicht hilft, sind alte Denkmuster nach dem System „Kinder statt Inder“. Ich bin wirklich froh über den Mentalitätswechsel in der CDU, der momentan in der Zukunftsfähigkeit und Zuwanderung eingeläutet wird, und kann Sie nur ermuntern: Gehen Sie diese Wende ähnlich an wie die Energiewende, und haben Sie Spaß an der Sache! – Vielen Dank!
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Emine Demirbüken-Wegner (CDU): Guten Morgen, Herr Saleh!]
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Saleh! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Bayram das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Ich will zu der Thematik noch ein paar Zahlen nennen. 33 Prozent der Alg-Empfänger mit Migrationshintergrund haben einen Berufsabschluss, mit dem sie nicht beschäftigt werden können. Bei den Menschen, die aus den GUS-Staaten kommen, sind es sogar 50 Prozent. Damit wird einem deutlich, was für ein hoher Anteil von Menschen durch bürokratische Hürden, durch fehlende Gesetze davon abgehalten wird, in dem Beruf tätig zu werden, den er einmal wahrscheinlich mit viel Freude gelernt hat. Das ist für uns im Jahr 2009 Anlass gewesen – das sind jetzt schon fast zwei Jahre –, mit dem Antrag „Brain Waste vermeiden – Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen“ konkrete Vorschläge zu machen, wie der Senat dem entgegenwirken und in eigener Zuständigkeit dafür Sorge tragen kann, dass die Menschen hier mit ihren Fähigkeiten, ihrem Potenzial diese Stadt weiterbringen können.
Leider wurde der Antrag hier mit der rot-roten Mehrheit abgelehnt, und alle weiteren Nachfragen und Diskussionen im zuständigen Ausschuss wurden von der Senatorin mit Hinweis auf das, was auf Bundesebene kommt, immer wieder abgewiegelt. Das ist keine verantwortungsvolle Politik für das Land Berlin. Das ist keine Wahrnehmung der eigenen Zuständigkeit. Und dadurch haben sehr viele Menschen jahrelang die Möglichkeit verloren, in diesem Bereich weiterzukommen. Wenn Sie sich klarmachen, dass ein aus dem Beruf Ausscheiden für einige Jahre dazu führen kann, dass man nie wieder in diesen Beruf hereinkommt, dann wird auch noch einmal deutlich, welche schrecklichen Folgen Ihre Untätigkeit hier bewirkt haben.
Ganz kurz möchte ich auf den Änderungsantrag der FDP eingehen, der in manchen Bereichen tatsächlich ein bisschen konkreter in den Anforderungen ist als der ursprüngliche Antrag der Koalitionsfraktionen. Aber leider ist es eben in dem FDP-Antrag wieder so, wie es seit vielen Jahren in der Diskussion ist, dass wieder die Angst aufgemacht wird, dadurch würden geringer qualifizierte Menschen in Bereiche hineingebracht, wo sie nicht hineingehören. Da muss ich wirklich sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist nicht das Problem. Es ist eher das Problem, dass wir unnötige Hürden aufbauen, die abgebaut gehören, wo wir keine Qualitätseinbußen haben.
Wir wollen eben, dass Qualitätsstandards erhalten werden, aber wir wollen auch, dass einmal wirklich gründlich geprüft wird, wo zusätzliche Prüfungen oder Maßnahmen und Erfordernisse, die unsere Gesetzgebung stellen, Sinn
machen; und wo sie keinen machen, müssen sie abgeschafft werden. Das unterscheidet uns auch von Ihnen.
Die Möglichkeit der Nachqualifizierung wurde hier schon erwähnt. Die will ich noch einmal herausstellen, denn tatsächlich ist es so, dass es in vielen Berufen schon genügen würde, wenn die Menschen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekämen, damit sie nachgeschult werden können.