Ich glaube Ihnen, dass Sie das 2004 gemacht haben. Das stelle ich gar nicht infrage, aber 2004 wurde die Welt nicht erschaffen, die ist nicht vom Himmel gefallen, die gab es auch schon ein paar Jahre vorher. Da können wir ja mal in unseren Unterlagen gucken und den lustigen Wettstreit weiterführen.
Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Für die Fraktion der CDU hat jetzt Herr Abgeordneter Prof. Dr. Korte das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was verbindet die Antragsteller der Grünen mit Herrn Gutenberg?
Johannes Gutenberg hat im 15. Jahrhundert die beweglichen Drucklettern erfunden, und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sogar die beweglichen Gesetzespassagen erfunden.
Zu diesem Eindruck kommt man jedenfalls, wenn man das bremische Mindestlohngesetz vom Februar 2012 und den Entwurf des Landesmindestlohngesetzes der Grünen vom März 2012 miteinander vergleicht. Sie haben aus dem Bremer Original einfach dessen Inhalt komplett übernommen, einige Paragrafen umformuliert, andere zusammengefasst oder auch mal auseinandergezogen.
Besonders wenig Mühe haben Sie sich allerdings mit der Gesetzesbegründung gegeben. Ihre Kopisten haben gleich alle Absätze aus Bremen abgeschrieben.
Ich frage mich allerdings die ganze Zeit: Wenn Sie bei einem arbeitsmarktpolitischen Thema schon abschreiben müssen, warum schreiben Sie dann ausgerechnet in Bremen ab? Warum nicht von Bayern?
Danke schön! – Herr Kollege! Mussten Sie jetzt so lange über die Genese eines sicherlich guten Antrags reden, weil Sie Sorge haben, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner, der SPD, nicht auf eine einheitliche Linie kommen werden? Oder könnten Sie zumindest darüber ein bisschen Auskunft erteilen, wie die Koalitionsfraktionen, die die Mehrheit in diesem Haus haben, zu diesem Thema stehen? – Danke!
Sehr gerne, Herr Lux! Dazu komme ich noch. Ich kann Ihnen auch sagen: Das Abschreiben an sich ist gar nicht das Schlimme. Aber wenn Sie abschreiben – warum dann in Bremen? Warum schreiben Sie zur Arbeitsmarktpolitik nicht in Bayern, in Hessen oder von mir aus auch in Baden-Württemberg ab? Das ist nämlich das Bundesland mit den niedrigsten Arbeitslosenzahlen in ganz Deutschland. Fragen Sie mal Ihren Herrn Ratzmann! Da hätten Sie abschreiben sollen und nicht gerade in Bremen.
Nein, eine reicht! Es gibt ja noch die Kurzintervention. – Bei den Kollegen von der Linksfraktion wundere ich mich allerdings, dass Sie nicht wie Ihre Kollegen in Bremen mit einem Änderungsantrag einen Mindestlohn in Höhe von 10 Euro fordern.
Erscheint Ihnen selbst der Vorstoß Ihrer Genossen aus dem Westen als übertrieben? Oder übernehmen Sie aus dieser Himmelsrichtung grundsätzlich nur das, was aus Saarbrücken kommt?
Doch der Antrag der Grünen hat natürlich eine ernsthafte Grundlage, die es besonnen zu diskutieren gilt, und dazu kommen wir jetzt, Herr Lux. Schon immer gehörte es zu den festen Überzeugungen der CDU, dass Menschen von Ihrer Arbeit leben können müssen. Selbstverständlich ist es auch für uns nicht akzeptabel, wenn in bestimmten Bereichen Stundenlöhne unter 5, 4 oder gar von 3 Euro gezahlt werden. Wer Vollzeit arbeitet, der muss von seinem Verdienst auch ohne staatliche Zuschüsse leben können.
Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag mit der SPD fest vereinbart, dass die Löhne, die bei öffentlichen Aufträgen des Senats gezahlt werden, nicht unter 8,50 Euro liegen sollen. Und deshalb setzen wir uns auch auf Bundesebene für eine verbindliche Lohnuntergrenze ein. Die Berliner Union gehört zu den Unterstützern einer solchen Lohnuntergrenze. Wir halten sie für notwendig, um faire Löhne zu sichern, vor allem dort, wo Tarifverträge ihre Bindekraft mehr und mehr verlieren.
Die Lohnuntergrenze ist aber ausschließlich für solche Branchen geeignet, die nicht tariflich geregelt sind. Wir, die CDU-Fraktion, bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel auskömmlicher und fairer Löhne in Berlin.
Einen branchenübergreifenden, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn allerdings lehnen wir weiterhin ab. Durch ihn wird die Tarifautonomie aufs Spiel gesetzt. Die Festlegung von konkreten Lohnhöhen ist in unserer sozialen Marktwirtschaft eben nicht die Aufgabe von Politikern, sondern die Aufgabe der Tarifparteien, von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Wir halten an dieser Tarifautonomie fest.
Wir sehen das von den Grünen hier vorgelegte Landesmindestlohngesetz kritisch. Gleichwohl verdient das Thema eine eingehende Diskussion im Ausschuss. Daher unterstützen wir die Überweisung in die Gremien. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja – wir brauchen einen gesetzlichen, existenzsichernden Mindestlohn, möglichst sofort und bundesweit. 85 Prozent der Bevölkerung und 75 Prozent der Mitglieder dieses Hauses sind dafür. Das Abgeordnetenhaus ist nahezu repräsentativ für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage. Aber – so ist das manchmal im Parlament: Die Mehrheit zählt nicht immer, wenn es eine kleine, trotzige Sperrminorität gibt. Sie ist wie ein Betonklotz, an dem man sich immer wieder den Kopf einschlägt, oder wie eine Windmühle, mit der man stets vergeblich kämpft.
Soweit das Land Berlin keine Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des privaten Rechts oder Personengesellschaften unmittelbar oder mittelbar hält oder erwirbt, wirkt es darauf hin, dass die Regelungen dieses Gesetzes auch von den juristischen Personen des privaten Rechts und Personengesellschaften angewendet werden.
Bitte? Wie? Da gibt es zum Beispiel das Ausschreibungs- und Vergabegesetz – gerade haben wir darüber debattiert. Das wirkt in diesem Sinne ein wenig. Was fehlt, sind wirksame Kontrollen, die ich mir auch in der vorliegenden Fassung Ihres Mindestlohngesetzes wünschen würde.
Die gute Hälfte dieses Antrags wurde vom gleichnamigen Entwurf der Grünen in der Bremer Bürgerschaft abgeschrieben. Doch leider längst nicht alles. Da fehlen ein paar gute Dinge, etwa Absatz 2 in § 6:
Absatz 1 gilt entsprechend für die Gewährung von Vergünstigungen des Landes, die nicht Zuwendungen gemäß § 23 der Landeshaushaltsordnung sind.
Ganz so weit wie in Bremen, wo alle Kulturbetriebe, Kindertagesstätten und Sportvereine betroffen sein werden, haben Sie sich in Berlin nicht vorgewagt. In Bremen scheint es auch rechtliche Grenzen bei Betrieben zu geben, die nicht zu 100 Prozent dem Land gehören – so jedenfalls der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe in der „tageszeitung“ vom 7. Februar. Ausgesprochen ärgerlich sei es, dass mit dem Gesetz etwa nicht auf die Hafenlogistikunternehmen BLG und Eurogate zugegriffen werden könne.
Das wird in Berlin nicht anders sein. Wie viele Betriebe besitzt das Land eigentlich zu 100 Prozent? – Tja, liebe Grüne, da kommen Sie beinahe 22 Jahre zu spät. Egal. Hauptsache, die Landesbediensteten bekommen endlich ihren gerechten Mindestlohn. Das gönne ich ihnen wirklich. Doch einen kleinen Unterschied zu Bremen gibt es schon: Dort regiert Rot-Grün und wird das Ganze verabschieden.
Schauen wir einmal, was es dann dort bringt! An prekären Löhnen, etwa im Gastgewerbe oder in der Leiharbeiterbranche, wird das allerdings nichts ändern.
Aber ich bin für Ihren Antrag, denn wir brauchen einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn, möglichst sofort. 85 Prozent der Bevölkerung und 75 Prozent dieses Hauses sind dafür. Gut, dass wir wieder einmal darüber reden konnten! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung des Gesetzesantrags federführend an den Hauptausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Integration, berufliche Bildung und Frauen, an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung und an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.