Gleichwohl greift der Antrag meines Erachtens an ein paar Stellen zu kurz, daher haben wir den schon zitierten Änderungs- bzw. auch Ergänzungsantrag vorgelegt. In den gesamten Kontext müssen viele Punkte berücksichtigt werden. Ich will einmal einige davon herausgreifen.
Gleich zum Hintergrund: Die Depublikationspflicht ist damals – das klang schon durch – insbesondere auf Druck der privaten Fernsehanstalten wie der Zeitungsverlage in die Staatsverträge aufgenommen worden. Die Privaten konnten sich hier damals durchsetzen, insbesondere deshalb, weil die Europäische Union bzw. die EUKommission Rundfunkgebühren als Beihilfe im Sinn des EU-Rechts eingeordnet hatte. Da gibt es jetzt aber eine Änderung, weil es nämlich ab dem Jahr 2013 keine Rundfunkgebühr mehr geben wird, sondern eine allgemeine Haushaltsabgabe. Die Haushaltsabgabe ist unter anderem damit begründet worden – –
Meine Herrschaften! Der Redner hat den Anspruch darauf, dass man ihm zuhört. Wer sich privat unterhält, geht bitte raus.
Ab Januar 2013 gibt es eine allgemeine Haushaltsabgabe und eben keine Rundfunkgebühren mehr. Die Haushaltsabgabe ist unter anderem mit der Mediennutzung auf internetfähigen Endgeräten begründet worden. Damit eröffnet sich in der Tat eine neue rechtliche Bewertung der Grundlagen der Depublikationspflicht. Hier muss man ansetzen, wenn man sagt, eine Gebühr für jeden Haushalt – unter anderem auch auf Grund der Nutzung des Angebots über das Netz – soll grundsätzlich richtig sein. Dem stimme ich zu. Wenn man das sagt, dann muss man aber auch sagen, da muss ein Angebot über Internet vorliegen, das zeitgemäß ist und die Bürgerinnen und Bürger uneingeschränkt nutzen können.
In den drei Jahren seit dem Start der Depublikationspflicht hat sich die Nutzung der Medien erneut bzw. weiter in Richtung des Netzes verschoben. Wenn man das aktuelle Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bewertet, dann wird relativ schnell klar, dass die rundfunkrechtlichen Vorgaben aus den Staatsverträgen –das Thema ist sehr komplex, das muss ich immer wieder attestieren –, der sogenannte Dreistufentest, kaum mehr berücksichtigt sind. Denn nach diesem Dreistufentest soll „das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft“ entsprechen. Das ist aber eben nur noch teilweise der Fall, denn im Internet fehlen häufig – nach sieben Tagen schon – nachgefragte Formate. Es ist uns allen sicherlich schon einmal passiert, dass wir eine Sendung nachsehen wollten und sie dann im Netz nicht mehr finden konnten. Auch das spricht für eine Änderung der Staatsverträge. Der Gesetzgeber muss hier nachbessern. Es braucht ein besseres, ein längeres und ein umfangreicheres Angebot durch die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten im Netz.
Die andere Seite ist, dass diese neue Gebühr Erleichterung auch in finanzieller Hinsicht verschafft. Da sagen wir, davon sollen auch die Urheberinnen und Urheber der Werke profitieren. Das muss sich in den Produktions
verträgen der Rundfunkanstalten zeigen. Wir fordern ein besseres Vertragsrecht für Urheberinnen und Urheber, eine Abkehr vom sogenannten Buy-out. Nach meiner Kenntnis – da können mir jetzt alle widersprechen – sind wir damit hier nicht allein im Parlament, sondern das fordern alle Parteien, die hier im Parlament vertreten sind. Das heißt dann aber auch, dass wir hier nicht wegschauen sollten, dass wir die öffentlich-rechtlichen Sender hier nicht klammheimlich aus ihrer Verantwortung entlassen können. Deswegen braucht es hier auch eine klare Differenzierung. Nachrichten und Informationen der öffentlich-rechtlichen Sender sollen den Bürgern kostenlos frei weiterverwendbar mit sogenannten freien Lizenzen zur Verfügung gestellt werden – sehr gerne. Bei künstlerischen Werken muss zuallererst im Vordergrund stehen, dass die zeitliche Befristung aufgehoben wird. Insgesamt müssen die Rundfunkanstalten im Netz dazu angehalten werden, in den Produktionsverträgen die Vergütung von der Nutzung im Netz gesondert zu behandeln. Dann sind wir weg vom Ausverkauf. Ich finde, öffentlich-rechtliche Verwerter sollten zuallererst damit beginnen, Urheberinnen und Urheber fair zu behandeln, und diesbezüglich stehen wir hier in der Pflicht.
In den letzten zehn Sekunden sage ich: Ich freue mich in der Tat auf die Ausschussberatung dieses komplexen Themas. – Vielen Dank!
Vielen Dank auch, Herr Kollege Gelbhaar! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt wiederum dem Kollegen Goiny das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Goiny!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dem Antrag der Fraktion der Piraten muss man zunächst einmal loben, mit welch erfrischendem Elan sie an die Rundfunkpolitik in diesem Land herangehen. So haben wir alle auch einmal angefangen.
Wir haben das Interesse nicht verloren, sind aber inzwischen realistischer im Umgang damit geworden. Der Kollege Zimmermann hat ja schon in wunderbarer Klarheit all das ausgeführt, was das Problem hier ist.
Wir haben die Situation, dass wir den öffentlichrechtlichen Rundfunk in Deutschland mit Rundfunkstaatsverträgen durch Beschlussfassung aller 16 Landesregierungen und Landesparlamente realisieren, und darin liegt auch schon das Geheimnis der Leichtigkeit dieser Aufgabenstellung. Wir haben auch in der letzten Wahlperiode mehrfach versucht, den Beteiligungswillen des
Ein bisschen schwierig ist es, aus so einem Geflecht einen einzelnen Punkt herauszugreifen. Nun sagen Sie, dass Sie das Internet besonders interessiert. Deswegen fällt Ihnen auf, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ihre Beiträge dort nach kurzer Zeit herausnehmen müssen. Ich sage Ihnen: Das ist in der Tat ein Problem. Ich finde aber beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt, dass Qualität, Vielfalt und die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags größere Probleme sind als der Umstand, dass die Sendungen nach sieben Tagen wieder weg sind.
Ich glaube auch, man muss vielleicht einmal darüber nachdenken, ob wirklich alles immer und ewig im Internet bleiben muss und die Frage, ob dort Dinge nicht auch einmal gelöscht werden können oder müssen –
abgesehen von technischen Schwierigkeiten; lassen Sie mich doch einmal ausreden! – eine Frage ist, die im Interesse des Persönlichkeitsrechts und des Persönlichkeitsschutzes ein ungelöstes Problem darstellt. Vielleicht können Sie mir an dieser Stelle ja zustimmen.
Und es ist auch so, dass Sie früher die Zeitung am Kiosk gekauft und die Nachrichten im Fernsehen gesehen und dann irgendwann auch die Privaten einmal haben eingeschalten dürfen. Heute sind alle im Internet, und jeder sagt, er sei zuerst da gewesen, und reklamiert die Rechte für sich. Die Konflikte, die sich daraus ergeben, können wir nicht so einfach lösen, zumal hier verschiedene Aspekte eine Rolle spielen. Der Kollege Gelbhaar hat schon darauf hingewiesen, dass auch europarechtliche Fragen hier eine Rolle spielen. Ob das nun alles mit der neuen Haushaltsabgabe beseitigt ist – das warten wir einmal ab. Es hat ja auch keiner bei dem ersten Verfahren vor der Europäischen Union so zwingend mit dem Ausgang gerechnet. Das bleibt alles schwierig.
Man muss es dazusagen: Wir vertreten auch die Interessen der Gebühren- und späteren Abgabenzahler, die sich fragen, warum sie für öffentlich-rechtlichen Rundfunk so viel zahlen müssen, wenn sie ihn gar nicht gut finden oder vielleicht nicht einmal gucken. Je mehr ich also Angebote der Öffentlich-rechtlichen ausweite – und dazu gehören natürlich auch zusätzliche Angebote im Internet –, kostet das am Ende auch etwas. Das ist eine Seite, die man an dieser Stelle mitdiskutieren muss. Insofern ist das alles nicht so einfach. Gucken Sie sich die Haushaltsansätze der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an! Dann werden Sie feststellen, dass sie Ihnen das ganze Online- und Internetangebot jedenfalls nicht gratis anbieten.
Wir machen mit denen keine Verträge, das machen die selber! – Insofern ist das hier ein guter Ansatz, liebe Kollegen von den Piraten, aber man muss auch einmal zuhören und diskutieren. Man muss nicht alles glauben und übernehmen, aber sich erst schlau machen und sich dann eine Meinung bilden, hat noch keinem geschadet.
Insofern ist das eine Grundlage, die man bei der nächsten Verhandlung über einen Staatsvertrag mitdiskutieren kann. Die Möglichkeiten aber, angesichts der unterschiedlichen Interessen mit den Akteuren eine einvernehmliche Lösung zu erzielen – und das lehrt uns die Debatte über frühere Rundfunkänderungsstaatsverträge – werden nicht so einfach sein. Bei den Details verweise ich noch einmal auf das, was der Kollege Zimmermann gesagt hat, dem ich voll inhaltlich zustimme. – Vielen Dank!
Vielen Dank, lieber Kollege Goiny! – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich ganz herzlich eine Delegation aus Tepebasi Eskisehir unter der Führung des Herrn Bürgermeisters Ahmet Attac begrüßen. Das ist eine Partnerstadt von Treptow-Köpenick. – Herzlich willkommen!
Herzlich willkommen bei uns! – Der Vollständigkeit halber möchte ich sagen, dass die Herrschaften insbesondere den Kollegen Mutlu und Frau Senatorin Dilek Kolat besuchen. – Also: Viel Spaß während unserer Sitzung heute!
Wir machen weiter in der Tagesordnung. Die Kollegin Hiller steht schon da, und ich erteile ihr jetzt das Wort. – Bitte sehr!
Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass der Vertreter der Senatskanzlei oder der Regierende Bürgermeister jetzt gerade nicht da sind.
Es ist ja ein besonderer Umstand, weil er ja die Inhalte, die wir hier diskutieren, mitnehmen und mit den anderen Vertreter der Länder auch umsetzen muss.
Ich war schon einigermaßen überrascht, Herr Weiß, als ich im Antrag der Piraten las, dass Sie fordern, dass einzelne Regelungen des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom Juni 2009 zurückzunehmen seien. Fängt nun alles neu an, habe ich mich besorgt gefragt, und wenn ja, hätte ich gesagt: Lassen Sie uns 1917 beginnen!
Aber – Spaß beiseite! Mittlerweile wird – das wissen Sie – bereits über den Fünfzehnten und den Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag verhandelt, und wenn Sie hier Änderungen vorschlagen, können das nur welche sein, die in den Siebzehnten oder gar Achtzehnten einfließen müssen. Aber – ja, darüber haben wir zu reden. Dass das Plenum der richtige Ort dafür ist, das wage ich zu bezweifeln. Es ist ein komplexes und spezielles Thema. Herr Gelbhaar ist ja schon in einige Tiefen vorgestoßen. Wir werden den Ausschuss nutzen müssen, um viele der Fragen speziell aufzurufen.
Wir sehen als Linke die Notwendigkeit von weiteren Reformen und Änderungen als positiv begründet an und begrüßen dabei Ihren Einsatz. Denn die Reform des Rundfunkrechts in Deutschland ist angesichts rasanter technischer Entwicklungen als Prozess der Anpassung zu sehen. Auch die im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag gefassten Beschlüsse waren ja Bestandteil von Reformen des Rundfunkrechts auf allen relevanten Ebenen – als Rundfunkstaatsvertrag, Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag und Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Ich sage das nur, damit Sie nicht denken, wir seien 2009 ein bisschen bekloppt gewesen, als wir das beschlossen haben – nein! Es war Ergebnis eines Prozesses, einer Diskussion – und Herr Zimmermann hat es bereits gesagt –, auch einer Auseinandersetzung mit der Europäischen Kommission, um unser System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu schützen und weiterzuentwickeln, damit es zukunftsfähig ist.
Die allgemeinen Rahmenbedingungen werden maßgeblich durch Wechselwirkungen von technischer Entwicklung, Mediennutzungsverhalten sowie strategischen Investitionen von Telekommunikations- und Medienunternehmen bestimmt. Sie sind heute, 2012, anders als 2009. Das ist klar.
Wir sollten die von den Piraten vorgeschlagenen Änderungen diskutieren und Änderungen an die Konferenz der Staatskanzleien weiterleiten. Ich nehme an, dass das in Form von Richtlinien sein wird, denn letztlich – Sie haben selbst darauf hingewiesen, Herr Weiß – wird es sich um einen neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag handeln, der mit 15 weiteren Ländern abgestimmt werden muss.
Zum Beispiel wird es, bezogen auf die Streichung der Fristen bei Sportsendungen, notwendig sein, sich das differenzierter anzuschauen, als Sie das im Antrag gemacht haben. Ich glaube nicht, dass man das so pauschal durchziehen kann, wie Sie das hier sagen, denn es geht auch um Rechte Dritter. Wenn also Sky die Rechte für die Sendung von Sportveranstaltungen hat, muss man sich an diesen Rechten orientieren.