Wir sind dazu gekommen, einen Mindestlohn von 8,50 Euro im Vergabegesetz festzulegen. Das haben wir in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. Als Sie von der Linken regiert haben, Frau Matuschek, gab es die 8,50 Euro im Vergabegesetz nicht. Sie haben immer nur laut getönt, aber umgesetzt haben Sie es nicht. Das ist der Unterschied.
Deswegen brauchen wir weder von den Linken noch von den Grünen den lautstark erhobenen Zeigefinger. Wir haben an unterschiedlichen Stellen geliefert, Sie haben nur gefordert.
Ich möchte auf die Entbürokratisierung eingehen: Das Vergabegesetz wird bei allen Aufträgen ab 10 000 Euro angewendet. Der Mindestlohn gilt ab 500 Euro Auftragswert. Was heißt das? – Das heißt, Vergabeverfahren mit geringer Auftragshöhe werden vereinfacht. Gerade kleine Unternehmen, die sich sonst wegen der hohen Berichts- und Dokumentationspflichten oftmals, wie wir gehört haben, nicht an Ausschreibungen beteiligen, können wieder mitmachen. Wir entlasten insbesondere die mittelständische Wirtschaft Berlins von Bürokratiekosten. Wichtig ist: Aufträge ausführen, Papierberge vermeiden. Das entlastet und schafft Produktivität.
Das ist ein guter Punkt. Wir wissen es nicht. Ganz offensichtlich ist die Opposition doch immer im Besitz der objektiven Wahrheit. Aber wenn Sie uns nicht glauben, dann vielleicht objektiven Fachleuten. Der Arbeitskreis Öffentlicher Auftraggeber, die von Ihnen genannten Unternehmen BSR und BVG, die Senats- und Bezirksverwaltungen haben uns zu unserer Novelle gratuliert und gesagt, wir hätten damit wirklich etwas gegen die Bü
rokratie getan. Der Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, Jan Eder, unterstreicht in einer Pressemitteilung die Bedeutung unserer Neuregelung.
Die Koalition hat mit der Anhebung der Wertgrenze bewiesen, dass Bürokratieabbau möglich ist. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen werden von den Erleichterungen profitieren.
Mit dem Gesetz erhalten die Unternehmen mehr Freiraum zur Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen. Das stärkt die regionale Wirtschaft.
Das ist genau das, was die Koalition will, eine starke regionale Wirtschaft. Dafür haben wir in der Koalitionsvereinbarung gestritten. Das setzen wir heute auch um.
[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Michael Schäfer (GRÜNE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen, das ist die Frage der Kontrolle. – Ja, Regeln bedürfen der Kontrolle, und Verstöße bedürfen der Sanktionen. Wir unterstützen den Senat dabei, einen neuen Anlauf bei der Einrichtung der Kontrollgruppe zu nehmen.
Das gestatte ich nicht. Er kann sich ja dann anderweitig zu Wort melden. Ich würde gerne bei der Kontrollgruppe bleiben. – Herr Wolf! Die haben Sie ins Gesetz geschrieben, aber nie umgesetzt. Hier muss ein neuer Anlauf gemacht werden. Es ist ähnlich wie beim Fußball. Da haben wir ganz aktuell vorgeführt bekommen: Wenn der Schiedsrichter, wenn der Regelwächter nicht funktioniert und kontrolliert, auch sanktioniert, dann wird es schwierig, und dann endet es vor Gericht. Das wollen wir nicht. Wir wollen rechtssichere Vergaben. Deswegen brauchen wir diese Kontrollgruppe. Die Einrichtung dieser Kontrollgruppe soll durch die Bereitstellung von Personal durch die betroffenen Verwaltungen ermöglicht werden.
Die Koalition hat die Novelle des Vergabegesetzes seit Beginn der Legislaturperiode bis in die Ausschussberatungen, ja, bis gestern, intensiv diskutiert und entwickelt.
Wir gehen verantwortungsvoll mit dem wichtigen Instrument um, nicht lautstark, sondern ideologiefrei und an der Sache orientiert. Ein Modell für gerechte Löhne und für Entbürokratisierung, weniger Bürokratieaufwand, aber der gleiche politische Wille. Ich bitte um Zustimmung zum Ausschreibungs- und Vergabegesetz. – Vielen Dank!
Herr Melzer! Ich habe nur zwei Fragen. Auf welcher Grundlage haben Sie denn Lob für diese Novelle bekommen? – denn das, worauf sich dieses Gesetz bezieht, ist ja noch gar nicht bekannt.
Es gibt ja noch gar nicht die Verwaltungsvorschrift „Beschaffung und Umwelt“. Ich frage mich: Auf welcher Grundlage wurden Sie gelobt?
Auch der Anteil der Vergaben, die betroffen sind, ist nicht bekannt. Das heißt, auch hier ist dieses Lob, das keine sachliche Grundlage haben kann, ziemlich wertlos.
Ich habe noch eine Frage: Wenn Ihnen der Bürokratieabbau so wichtig ist, wann bitte kommt die elektronische Vergabeplattform? Das ist eine sinnvolle Maßnahme, die wirklich dem Bürokratieabbau dient, und ist nicht so ein symbolisches Ding, was nur der Umwelt schadet, wie das Gesetz, das Sie hier heute verabschieden.
Herr Kollege Schäfer! Das ist nun mal so. Wer im Besitz der objektiven Wahrheit ist, der glaubt keinem, der glaubt den Experten in den Vergabestellen nicht, der glaubt den öffentlichen Auftraggebern nicht, die sich tagtäglich damit auseinandersetzen.
Der glaubt auch nicht, was die Industrie- und Handelskammer als Vertreterin der Berliner Wirtschaft sagt, und er glaubt auch nicht, was der Unternehmerverband Berlin-Brandenburg sagt. Das ist Ihre Position. Wir haben intensiv diskutiert, haben uns intensiv informiert.
[Joachim Esser (GRÜNE): Wenn man die Umwelt schä- digen will, wird der Bürokratieabbau vorgeschoben!]
Also, noch einmal: Wir haben mit Vergabestellen und öffentlichen Auftraggebern gesprochen. Und nebenbei, liebe Grüne, zu diesem Gespräch, zu dieser Diskussion waren auch Sie eingeladen. Sie waren aber nicht da.
Das ist der Unterschied. Wir informieren uns in der Praxis. Politik beginnt mit der Anerkennung von Realitäten, nicht nur in Ausschüssen, sondern auch vor Ort. Also, wir haben mit Vergabestellen, mit der Industrie- und Handelskammer, mit vielen Unternehmen gesprochen. Das Ergebnis ist ein gutes. Es liegt vor und kann abgestimmt werden. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Melzer! Sie haben nichts darüber gesagt, warum Sie plötzlich gegen das Arbeitnehmerendsendegesetz sind. Aber Sie sind dagegen, denn das hebeln Sie durch Ihren Gesetzesvorschlag aus. – Erstens.
Zweitens: Kontrollgruppe. – Ja, das ist ein Problem. Nur, Sie haben weder im Ausschuss noch in Ihrem eigenen Gesetzesantrag irgendeine Idee vorgetragen, wie diese Kontrollgruppe funktionieren soll. Unseren Vorschlägen, zehn Stellen dafür zu schaffen, sind Sie nicht gefolgt. Stattdessen kam im Ausschuss die vage Nachricht: Ja, wir machen einen neuen Anlauf, aber es muss alles mit dem vorhandenen Personal erfolgen. – Also, es wird im Klartext keine Kontrollgruppe geben.
Drittens: Ja, wir sind für Entbürokratisierung, und deswegen wollen wir, dass diese Beschaffungs- und Vergabe-Verwaltungsverordnung von Herrn Müller auch tatsächlich als Richtlinie für das Handeln der entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vergabestellen herangezogen werden kann, dass die ein formalisiertes Verfahren haben. Sie können sich dann auf Labels, auf Zertifizierungen usw. berufen und das im Übrigen auch als Rechtfertigung gegenüber den Finanzbeamten und dem Finanzsenator ins Feld führen, wenn es dann
wieder heißt, sie hätten zu teuer eingekauft oder sie hätten die Lebenszykluskosten falsch berechnet. Das kann man mit der Verwaltungsverordnung viel besser, völlig entbürokratisch tun. Sie verhindern das.