1. Welche künstlerische Weiterentwicklung des bisherigen Profils des Maxim-Gorki-Theaters erwartet der Senat durch die Berufung von Shermin Langhoff?
2. Welche Nachfolgeregelung, mit welchem Ziel, sucht der Senat für die nunmehr vakant werdende künstlerische Leitung des Ballhauses Naunynstraße?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Braun! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu 1: Mit der Berufung von Shermin Langhoff, die ihre Arbeit am Maxim-GorkiTheater gemeinsam mit Jens Hillje aufnehmen wird, ist nicht nur eine künstlerische Setzung, sondern auch ein kulturpolitisches Signal erfolgt, denn nach gut 50 Jahren Einwanderungsgeschichte in der Bundesrepublik wird Langhoff die erste Intendantin der postmigrantischen Generation in Deutschland. Shermin Langhoff und ihr Kointendant Jens Hillje wollen anknüpfen an die Tradi
tionslinie des Gorki als Gegenwartstheater und sich auch für die freie Szene öffnen. Langhoff will das Gorki als Bastion des Gegenwarts-, Ensemble- und Autorentheaters weiter ausbauen. Ost und West haben am Gorki längst zusammengefunden. Bei Langhoff geht es jetzt auch um die migrantischen Hintergründe vieler Hunderttausender Menschen in Berlin, um die das Profil des Gorki-Theaters erweitert werden soll. Es geht dabei nicht um die Fortführung eines größeren Ballhaus Naunynstraße, sondern um eine in der Tradition des Maxim-Gorki-Theaters anknüpfende Erweiterung.
Zu 2: Der das Ballhaus Naunynstraße tragende Verein Kultursprünge e. V. hat in Abstimmung mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten – eine neue künstlerische Leitung des Ballhauses ernannt. Künftig werden Herr Wagner Carvalho und Herr Tunçay Kulaoglu gemeinsam das Ballhaus leiten. Sie werden den künstlerischen Schwerpunkt des Hauses weiterhin auf die Entwicklung und Präsentation von Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern legen und um die Sparten Tanz und Performance erweitern.
Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass ich mich freue, dass die Ernennung von Frau Langhoff so eine breite und positive Resonanz nicht nur in Berlin, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum erfahren hat. Ich glaube, dass damit ein deutliches Zeichen gesetzt worden ist.
Herr Regierender Bürgermeister! Könnten Sie uns noch mal erklären, was Sie meinen mit der Fortführung der bisherigen Tradition, verbunden mit modernem Gegenwartstheater? Die Tradition des Maxim-Gorki-Theaters war ja die Darstellung auch der russischen Schriftsteller und ihrer Stücke hier in Berlin. Inwieweit wird das künstlerisch verbunden mit Gegenwartskultur?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich glaube, gerade diese Kombination, einerseits die Tradition zu wahren durch Klassiker – Kleist, Schiller, Goethe –, aber sie in moderner Form zu präsentieren, mit Gegenwartskunst zu kombinieren, ist eine Tradition, deren Fortführung sich lohnt.
Ich finde es gut, dass Sie solche Persönlichkeiten unterstützen. Ich frage mich, ob Herr Braun Zweifel an der Arbeit von Frau Shermin Langhoff hat. Mich würde interessieren, Herr Wowereit, wie Sie in der Zukunft solche Persönlichkeiten hier in Berlin halten werden, dass sie uns erhalten bleiben, dass sie nicht in andere europäische Länder gehen, wenn man die Kunst in Berlin weiterhin interkulturell gestalten möchte.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berufung von Shermin Langhoff nach Wien war ein Erfolg auch für die Theaterstadt Berlin. Selbstverständlich, wenn Petras nach Stuttgart geht oder woandershin, ist das ein normaler Vorgang, und wir freuen uns darüber, dass in anderen Regionen im deutschsprachigen Raum unsere Theaterfrauen und -männer so hoch geschätzt werden, dass sie gerne als Intendantinnen und Intendanten abgeworben werden. Das ist ein normaler Vorgang.
Den wird man nicht verhindern können, und den wollen wir auch nicht verhindern, so wie wir selbstverständlich stolz darauf waren, dass wir beispielsweise Khuon oder andere nach Berlin bekommen haben. Das ist ein normaler Vorgang. Jetzt sehen wir, dass Homoki der neue Intendant der Züricher Oper wird. Das ist doch auch ein grandioser Erfolg, von unserer kleinsten Oper in Berlin dann direkt nach Zürich. Das ist doch eine wunderbare Situation. Und dies werden wir im Kulturbereich weiterhin haben. Trotzdem hoffen wir, unsere hervorragenden Kräfte entweder an den Häusern halten zu können, an denen sie jetzt arbeiten, oder – wenn damit eine Weiterentwicklung verbunden ist – auch an einem größeren Haus. Das bedeutet dann aber auch, dass man das mit unterstützt. Ich darf erinnern, mit wie viel Häme der Intendantenwechsel vom Gorki-Theater bedacht worden ist. Und nachher hat sich herausgestellt, dass das eine grandiose Lösung war. Also man muss auch bitte die Offenheit haben, solche Karrieren in Berlin zu beflügeln.
1. Wird der Senat am von der Initiative „Stadt Neudenken“ angeregten Runden Tisch mit Berliner Akteuren und Experten aus unterschiedlichsten Bereichen der Zivilgesellschaft sowie der Berliner Stadtentwicklung sich für eine nachhaltige Vergabe öffentlicher Liegenschaften per Erbbaurecht o. Ä. einsetzen?
2. Wann wird der Senat sein Versprechen zu mehr Bürgerbeteiligung auch endlich in der Liegenschaftspolitik bei Vergabeentscheidungen umsetzen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zu 1: Der Senat hat ausgehend von der Koalitionsvereinbarung dem Thema Liegenschaftspolitik einen hohen Stellenwert eingeräumt. Er strebt einen zielgerichteten und langfristigen strategischen Umgang mit landeseigenen Grundstücken an. Dazu zählt auch eine Wertschöpfung durch die Realisierung wirtschafts-, wohnungs- kultur- und stadtpolitischer Ziele, also nicht nur fiskalischer Ziele. Hierzu haben wir am vergangenen Mittwoch die Grundzüge eines Konzepts zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik im Hauptausschuss vorgestellt. Eine entsprechende Vorlage wird dem Hauptausschuss nach Senatsbefassung sowie Einbringung in den Rat der Bürgermeister übersandt werden. Dieses Konzept berücksichtigt bereits die Umsetzung einer nachhaltigen Vergabe öffentlicher Liegenschaften im Rahmen einer Stadtentwicklungspolitik und sieht ebenso die Vergabe von Erbbaurechten – das ist ja das, was Sie konkret angefragt haben – in dafür geeigneten Fällen vor, beispielsweise, wenn eine bestimmte zu fördernde Nutzung über einen längeren Zeitraum abgesichert werden soll.
Zu 2: Die Immobilien des Landes unterliegen wie jedes Grundstück dem Planungsrecht nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs, das im Zusammenhang mit der Planung schon eine weitgehende Bürgerbeteiligung vorsieht. Die landeseigenen Grundstücke sind zudem Vermögen und stellen damit Haushaltsmittel in besonderer Ausgestaltung dar, mit denen verantwortungsvoll umzugehen ist. Mit der neuen Liegenschaftspolitik wird dies noch stärker sichergestellt. Insbesondere ist es Ziel des Senats, dass die Vergabe und auch etwaige Förderung von Käufern mit Grundstücken transparent und nachhaltig erfolgt. Die Weiterentwicklung der Liegenschaftspoli
tik wird in ihrer Ausgestaltung gegenwärtig in den demokratisch legitimierten Gremien beraten. – Vielen Dank!
Ja, vielen Dank! – Herr Senator Nußbaum! Ich freue mich zu hören, dass es in Zukunft auch Vergaben per Erbbaurecht geben wird, würde aber gerne wissen – Sie sagten, es wird auch Vergaben nach kulturellen und stadtentwicklungspolitischen Kriterien geben –: Wie genau wird das dann ablaufen? Werden auch die Bezirke bei diesen Entscheidungen z. B. ein Vetorecht bekommen? Sie haben leider nichts zur Bürgerbeteiligung gesagt. Sehe ich das richtig, dass Sie nichts Konkretes planen, um die Bevölkerung bzw. die vielen Bürgerinitiativen bei der Vergabe einzubeziehen?
Ich sagte Ihnen ja schon, über das Bauplanungsrecht können und werden sich Bürger gerade in einer Stadt intensiv einbringen. Es ist aber in der Tat nicht vorgesehen, bei der Frage der Vergabe von Grundstücken beispielsweise unter Wert eine unmittelbare Bürgerbeteiligung einzupflegen, sondern hier wird es nach den parlamentarischen Gremien gehen. Hier gibt es ein Parlament, ein Abgeordnetenhaus, das demokratisch legitimiert ist. Hier gibt es § 64 der Landeshaushaltsordnung. Hier gibt es einen Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds. Hier gibt es mit zu beteiligende Fachverwaltungen, die über die entsprechende fachspezifische Nutzung entscheiden. Die Bezirke bringen sich auch schon bei der Frage ein, ob Grundstücke überhaupt aus dem Bezirks- und Fachvermögen in das Sondervermögen übertragen werden, um sie zu verkaufen. Es kann ja nicht einfach etwas verkauft werden, sondern es muss zunächst vom Bezirk freigegeben werden. Aus meiner Sicht sind diese Beteiligungsrechte ausreichend,
um auch in Zukunft sicherzustellen, dass wir hier eine nachhaltige Liegenschaftspolitik machen können.
Vielen Dank! – Herr Senator! Wie viele Erbpachtverträge hat Berlin zurzeit gerade zu laufen, und wurden die mal in der letzten Zeit evaluiert hinsichtlich des Erfolgsfaktors und einer nachhaltigen Sicherung der ursprünglichen Ziele, die mit der Vergabe des Erbbaurechts verbunden waren?
Ich kann Ihnen die genaue Anzahl der Erbbaurechte nicht sagen. Wir haben einige Erbbaurechte im Zusammenhang mit der alten Wohnungsbauförderung gemacht und haben dort das Problem der Konkursfestigkeit dieser Erbbaurechte. Aber ich glaube, hier gehen einige Dinge durcheinander. Ein Erbbaurecht ist nicht per se die vergünstigte Abgabe eines Grundstücks, sondern das Erbbaurecht kann sicherstellen, dass ein Grundstück, das an den Erbbauberechtigten über einen bestimmten Zeitraum – 30 Jahre, 40 Jahre, 50 Jahre – vergeben wird, dann wieder an das Land zurückfällt und wir dann auch noch mal neu entscheiden können, was wir mit einem Grundstück machen. Es gibt uns und späteren Generationen noch mal die Möglichkeit, sozusagen auch stadtpolitische oder Nachhaltigkeitsentscheidungen in dieser Stadt zu treffen. Wenn Sie es verkaufen, ist es weg. Das ist der Sinn und Zweck eines Erbbaurechts.
Damit ist in der Tat noch nicht gesagt, ob Sie ein Erbbaurecht günstig oder nicht günstig machen. Das ist der Erbbauzins. Wenn Sie natürlich den Erbbauzins sozusagen unter den Wert des Grundstücks setzen wollen, machen Sie auch da eine Förderung. Und wenn Sie eine Förderung machen, müssen wir auch hier nach § 64 LHO gemeinsam entscheiden, ob wir diese Förderung aus dem Haushalt machen wollen. Das ist dann die entsprechende Frage. Insofern geht es auch in der öffentlichen Diskussion der Frage der Erbbaurechte vielleicht nicht immer ganz so trennscharf zu, wie man sich das wünschen würde.
Dann kommen wir zur Mündlichen Anfrage Nr. 9 der Frau Kollegin Katrin Lompscher von der Fraktion Die Linke zum Thema