Wir sagen Ihnen auch: Lassen Sie ab – wir werden das nach dem Sommer ja diskutieren – von der unsinnigen Vorauszahlung aus der Risikoabschirmung, 140 Millionen Euro in diesem Haushalt! Lassen Sie davon ab! Die werden 2012 und 2013 nicht gebraucht. Wir werden Ihnen das Manöver, mit dem Sie eine Beendigung des Skandals vorspiegeln, den Sie uns miteinander eingebrockt haben, nicht durchgehen lassen. Nach der Sommerpause, nach dem Urlaub werde ich auch wieder Kraft genug haben, um diese Auseinandersetzung mit Ihnen zu führen. Darauf können sie sich verlassen.
Was haben Sie als Gegenfinanzierung gemacht? – Sie haben die Gegenfinanzierung mit Ihren Pauschalen, nämlich dem Geld, das im Haushaltsvollzug so liegenbleibt, dem Prinzip Hoffnung überantwortet. 2012 wird das noch klappen. Da werden wir meiner Ansicht nach in die Situation kommen, dass Sie mit dem, was an Geld noch unterschlagen ist, mit den Ausgaben, die nicht stattfinden werden, und mit dem, was die vorläufige Haushaltswirtschaft gebracht hat, durchaus ein um 300 Millionen Euro besseres Ergebnis, vielleicht sogar mehr, werden darstellen können. Das ist dann kein besonderer Erfolg, sondern das, was sich heute bereits abzeichnet.
Aber 2013 sieht die Welt natürlich anders aus. Dank der Flughafenpleite von Herrn Wowereit bleibt dann nichts mehr liegen, was Sie mit irgendwelchen Pauschalen finanzieren können. Deswegen fordern wir, dass Sie sich nachträglich zu den nötigen Strukturentscheidungen aufraffen und einen Nachtragshaushalt vorlegen, der das
Flughafendesaster ohne höhere Neuverschuldung bewältigt. Herr Graf! Wir nehmen Sie da beim Wort. Wenn die Einnahmen annähernd kommen wie veranschlagt und das europäische Haus uns nicht über dem Kopf zusammenbricht – was im Augenblick ja niemand wissen kann –, dann kann und muss es mit der Bearbeitung des Flughafendesasters im Nachtragshaushalt auch ohne Neuverschuldung gehen. Das ist unsere Erwartung an Sie.
Vielen Dank, Herr Kollege Esser! – Für die Fraktion der Piraten hat jetzt Kollege Herberg das Wort. – Bitte sehr!
Danke, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich sind die Beratungen über die Einzelpläne 15, 28 und 29 von der Koalition an das Ende der Haushaltsberatung geschoben worden, doch eine Generalaussprache über diesen Haushalt, ohne über die Finanzen zu reden, ist doch wohl eine Farce, vor allen Dingen, wenn wir das um 24 Uhr machen müssen.
Herr Esser! Ich finde, dass Herr Baum noch nicht genug über den Schattenhaushalt von Berlin gesprochen hat und werde noch ein bisschen weiter ausholen. Also: Wir haben im Land Berlin rein fiskalische Schulden von 63 Milliarden Euro. Diese Zahl ist ja immer wieder in den Mündern der Bevölkerung und in der Presse. Schauen wir uns mal die landeseigenen Betriebe an! Nehmen wir mal die BVG: Die hat auch noch 700 Millionen Euro auf dem Kopf drauf, die müssen wir dazurechnen. Gucken wir uns die BIM, die Berliner Immobilien Management GmbH, an: Die haben jetzt die Aussage getroffen, dass sie ungefähr 2,2 Milliarden Euro Investitionsstau haben, den man abarbeiten muss. Okay, kann man auch unter den Tisch fallen lassen!
Oder reden wir über die Hochschulen! Der Antrag von Herrn Delius, den Sie als „Schwachsinn“ abgetan haben, hat wenigstens gezeigt: 1 Milliarde Euro steckt da drin, die man auch noch dazurechnen muss. – Und wenn wir die BIM über alle Gebäude und Liegenschaften des Landes drüberschauen lassen würden, würde uns die Höhe des Investitionsstaus, die da herauskommen würde, förmlich erschlagen, glaube ich. Der Spielraum, den wir in den Haushaltsberatungen haben, sinkt doch von Jahr zu Jahr, und zwar deshalb, weil wir jetzt schon jedes Jahr 2 Milliarden Euro für Schuldentilgung aufwenden müssen. Das wird in Zukunft doch nicht sinken. Wir haben doch jetzt in den aktuellen Haushalt 2012/2013 schon wieder eine Neuverschuldung reingeschrieben. Wir gehen davon aus, dass wir diese Neuverschuldung zum jetzigen Zeitpunkt mit dem jetzigen Haushalt nicht vollkommen aus
schöpfen müssen, aber wie Herr Esser richtig gesagt hat: Wenn BER und die angekündigten Großprojekte noch kommen, dann wird das nicht reichen. Dann müssen wir anscheinend noch mehr Schulden aufnehmen. Das kann es ja wohl nicht sein. Dann passt Ihre ganze Linie mit der 0,3-Prozent-Neufinanzierung vorne und hinten nicht.
Hier wurde so schön gesagt, die Neuverschuldung sei im Gegensatz zu den Vorjahren um 0,5 Milliarden Euro gesenkt worden. Aber das hat doch nur geklappt, weil die aktuelle Zinslage so extrem niedrig ist. Gehen Sie wirklich davon aus, dass wir in den künftigen Jahren ebenfalls mit solch niedrigen Zinsen haushalten werden? – Wenn man einmal berücksichtigt, welche versteckten Kosten in diesem Haushalt ebenfalls noch auf uns warten, kann man nur von einer Farce reden.
Kommen wir zu der vielbeschworenen Konsolidierung dieses Haushaltes! Das kann man in einem Satz kurz und knapp zusammenfassen: Die ganz Last haben wir in die Bezirke hineingeschoben und in die Zukunft vertagt. Super! Vielen, vielen Dank dafür!
Über die 0,3-Prozent-Neuverschuldung bzw. die Forderung, dass wir ab 2020 einen ausgeglichenen Haushalt haben, reden wir an der Stelle lieber nicht.
Dann kommen wir zu weiteren Löchern in Ihrem Haushalt: Eigentlich würde das Kürzel BER schon reichen, aber es ist noch mehr drin versteckt. Nehmen wir die Sanierungskosten für das ICC! Wir reden über eine Sanierung, wir reden über einen Abriss. Wir wissen zwar nicht genau, was dann passieren soll. Frau von Obernitz sagt, das wisse sie auch nicht. Der Senat weiß es nicht. Eigentlich will das Ding auch irgendwie keiner haben. Ich verstehe es auch nicht. Aber die Gutachten, die sich offenbar alle widersprechen, werden nicht veröffentlicht und auch uns als Parlamentariern nicht zur Verfügung gestellt. Da frage ich mich schon, warum das nicht endlich einmal gemacht wird, denn dann könnte man darüber diskutieren und so etwas auch mal in den Haushalt hineinschreiben. Aber Sie wollen es anscheinend nicht.
Mit dem Antrag, der jetzt noch eingereicht wurde, wurde der Rückkauf der Anteile der Wasserbetriebe quasi schon mal festgeschrieben. Dass wir da möglicherweise noch mal über einen juristischen Weg herangehen, das wollen Sie anscheinend gar nicht machen. Ist auch klar: Die Leute, die für diesen Vertrag verantwortlich sind, wollen das Ding ja nicht juristisch aufarbeiten. – Aber wenn wir uns das Ding angucken: 700 Millionen Euro nur für den Anteil von RWE, und die komplette Gegenfinanzierung
soll darüber laufen, dass wir das aus den Gewinnen, die die Wasserwerke abwerfen, refinanzieren. Wenn das aber nicht passiert, weil wir gezwungen sind, die Gewinne abzusenken, weil wir anscheinend zu viel kassiert haben, dann platzt uns das Ding auch noch. Na, super!
Wir sind noch relativ neu, aber wir haben schon eine Menge mitbekommen: Stichwort BIH! Seit Jahren unterhält sich dieses Haus über die Konsequenzen aus diesem Bankenskandal, der immer noch nicht überwunden ist. Jetzt werfen wir trotzdem wieder 140 Millionen Euro in diese Blackbox, wo selbst aus der Koalition der Begriff Blackbox an mich herangetragen wurde. Die SPD hatte die Idee, die hoch verschuldeten Wohnobjekte in landeseigene Wohnungsbaugesellschaften zu überführen. Den Antrag haben Sie ja gemacht, wo ganz unten in der Begründung klein drinstand: ARWOBAU. – ARWOBAU, BIH, verschuldete Objekte! Das kann ja wohl auch nur ein schlechter Scherz sein. An der Stelle blähen Sie den Schattenhaushalt, den wir haben, noch weiter auf. Es kommen noch mehr Schulden hinein, die irgendwo versteckt werden. Super!
Jetzt kommen wir zurück zum BER: Da können wir den Regierenden Bürgermeister Wowereit nicht einfach so von der Angel lassen. Die ganzen Kosten, die auf uns zukommen, können wir jetzt noch nicht umreißen, aber die Aufsichtsratssitzung, die nächste Woche stattfindet – – Okay, Sie findet nächste Woche statt, und es ist blöd, dass über den Haushalt heute entschieden wird. Müssen wir halt so machen. Man hätte theoretisch auch sagen können: Wir machen es in der plenarfreien Zeit. Die ist ja jetzt.
Genau! – Ich hoffe, dass es die Presse schafft, in diesem Sommerloch das Thema so hoch zu halten, dass wir uns, wenn es im August weitergeht, auch weiter darüber unterhalten, und zwar auf dem gleichen Niveau, auf dem wir jetzt sind, nämlich dass wir es als Skandal bezeichnen können.
Nicht, dass es über den Sommer dahin läuft, dass Sie alles irgendwie verbuddeln können, was Sie da angerichtet haben!
Dann kommen wir von den Löchern, die ich schon angesprochen habe und die von vielen angesprochen wurden, zu den Zukunftsperspektiven, die Sie in diesem Haushalt gänzlich vermissen lassen. Reden wir über die Tangentialverbindung Ost, die hier immer angesprochen wird! Super-Projekt! Ich wohne in Lichtenberg, und ich fände
das klasse, wenn das mal kommen würde. Das Problem an der Stelle ist: Darüber wird seit Jahrzehnten debattiert – vor allem auch mit Ihnen von der CDU –, und dann schaue ich in den Haushalt: 250 000 Euro sind für Vorbereitungskosten eingestellt worden, die auch für andere Straßenbauprojekte vorgesehen sind. Es sind schon wieder nur Vorbereitungskosten. Da steht wieder nicht drin, wann das gebaut wird, und es steht wieder nicht drin, dass irgendetwas passieren soll. Das kann es ja wohl nicht sein. Und Ihre CDU hat auf Bundesebene dafür gesorgt, dass Sie mit der A 100 quasi das Ding zugemacht haben, weil die Mittel für die A 100 vorgesehen sind. – Vielen Dank dafür!
Weiterhin stellen Sie 5 Millionen Euro für die Entwicklung von Tegel zur Verfügung. Dafür bedanke ich mich sehr bei Ihnen, denn die Mittel können wir gut für den Ausbau der Busverbindungen benutzen. Sie brauchen dort ja sicher noch ein bisschen länger, dann komme ich als Student wenigstens dorthin. Ganz toll!
Da wir schon mal über die 5 Millionen Euro für Tegel reden: Wir reden über das Tempelhofer Feld, wir reden über Tegel, wir reden über die Zentralbibliothek und das ICC. Das macht zurzeit insgesamt im Haushalt – mit Verpflichtungsermächtigungen – ungefähr 647 Millionen Euro aus. Das kann man auch noch aufblähen auf eine Milliarde Euro, denn man weiß nicht genau, was mit der Zentralbibliothek ist. Das Problem an der Stelle besteht darin, dass das komplett ohne Konzept geschieht. Sie haben zum ICC nichts gemacht. Zur Zentralbibliothek gibt es auch keine Planung. Tegel ist immer noch eine offene Brache, und wir haben am Beispiel Adlershof gesehen, wie lange es dauert, so etwas zu entwickeln. Für das Tempelhofer Feld ist außer Bebauung auch noch nichts im Gespräch. Das kann es ja wohl nicht sein.
Dann komme ich noch einmal zu Ihnen, Herr Wowereit: Sie haben vorhin darauf hingewiesen, dass die Zahl der Übernachtungen angestiegen ist. Darüber freuen wir uns auch. Aber wann kommt z. B. die City-Tax? Darüber steht im Haushalt auch nichts. Dazu ist auch noch kein Gesetz verabschiedet. Hätte man sich aber gewünscht! Damit hätte man auch einige Einnahmen mehr haben können.
Zum Abschluss schließe ich mich den Worten von Andreas Baum an: Der Haushalt wirft in seiner Finanzierung mehr Fragen auf, als er beantwortet, und die Ankündigung eines Nachtragshaushalts, bevor der Haushalt ver
abschiedet wird, ist schon ein starkes Stück. – Wir haben gestern im Hauptausschuss so ein ähnliches Ding gehabt: Da wollte der Bezirk Pankow etwas ändern, was heute beschlossen wird, und wir waren uns auch nicht gerade sicher, wie man das lösen soll, wenn man schon wieder Änderungen an einer Sache vornehmen will, die noch gar nicht beschieden ist. Ist schon ein starkes Stück!
Wir sehen uns alle am Ende des Jahres wieder und können dann über den Nachtragshaushalt reden. Ich hoffe, dass es der Senat bis dahin schafft, uns Vorschläge zu unterbreiten, die länger als einen Tag halten. Sonst können wir uns ja gleich wieder über Jahreshaushalte oder auch über Tageshaushalte oder weiß ich was unterhalten. – Danke schön!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Beratung und die Beratung des Einzelplans 03, über den ich gleich mit Ausnahme der Kapitel zu den kulturellen Angelegenheiten abstimmen lasse. Wer jetzt dem Einzelplan 03 ohne die genannten Kapitel zu den kulturellen Angelegenheiten und unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Hauptausschusses auf Drucksache 17/0400 sowie den Auflagenbeschlüssen Nr. 1 bis 24, 25 und 27 des Hauptausschusses vorbehaltlich der am Ende der Sitzung abzustimmenden Änderungsanträge der Fraktionen seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen Die Linke, Grüne und Piraten. Das Erstere war die Mehrheit. Damit ist dieses Kapitel angenommen.
Ich rufe nun folgende Kapitel zum Bereich „Kulturelle Angelegenheiten“ zur gemeinsamen Beratung auf:
Einzelplan 03 – Regierender Bürgermeister – Kapitel: 0310 – Kulturelle Angelegenheiten – 0312 – Brücke-Museum – 0313 – Gedenkstätte Deutscher Widerstand – 0314 – Landesarchiv – 0319 – Kulturelle Angelegenheiten – Personalüberhang – 0320 – Leistungen an die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften –
Ich eröffne damit die Beratung über die genannten Kapitel. Wir beziehen auch die Empfehlungen zu diesen Kapiteln gemäß Drucksache 17/0400 sowie die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nr. 1 bis 24 und 26 mit ein.