Ich muss jetzt nicht noch mal im Einzelnen auf das eingehen, was bereits erwähnt worden ist an Investitionen in den verschiedenen Bereichen. Frau Lange, ich darf Sie nur noch an dem einen oder anderen Punkt ergänzen. Ich will das auch nur mit einem kleinen Bereich tun wie beispielsweise der Bezirkskultur – angeblich klein. Ich habe mir ein Bild gemacht über die Gesamtinvestitionen im kulturellen Bereich im Land Berlin. Die liegen in etwa – lassen Sie mich da die Zahlen in etwa nennen – bei ca. 360 Millionen Euro seitens des Landeshaushalts. Sie übersehen aber noch etwa weitere 120 Millionen, die aus den Bezirkshaushalten in diesen Bereich fließen, und zwar in Musikschulen, Volkshochschulen, Bibliotheken, Kunst- und Kulturämter – keine unerhebliche Summe. Und diesen Bereich haben wir fraglos auch indirekt mit den 50 Millionen mehr, die die Bezirke bekommen sollen, gestärkt. Und wenn man nun die Musikschulhonorare in den kommenden beiden Jahren deutlich erhöht, indem man nämlich 430 000 Euro in diesem Jahr und im kommenden Jahr 1,3 Millionen Euro Tarifvorsorge für diese Bereiche einbezieht, dann sind wir einen guten Schritt vorangekommen.
Was Ihre Auseinandersetzung mit den Privattheatern angeht, habe ich diese Beißhemmung, die Sie da haben, nicht. Ich denke, es ist längst sinnvoll, eine Investition der öffentlichen Hand zu tätigen in einem Bereich wie dem Schlossparktheater – hier rede ich nicht als SteglitzZehlendorfer Abgeordneter – wo jemand seit Jahren mit erheblichen privaten Mitteln einen kulturell anspruchsvollen Betrieb aufrechterhält. Das verdient unsere Unterstützung und nicht etwa unsere Ablehnung. Das Gleiche gilt für die Privatbühnen am Kurfürstendamm.
Es ist aber nicht nur, dass wir in diesem Bereich investiert haben, sondern beispielsweise auch, Herr Kollege Esser, im investiven Bereich, indem Dock 11 beispielsweise für entsprechende Möglichkeiten von Künstlern, in Berlin ihre Tätigkeit auszuüben, immerhin in diesem Jahr 200 000 Euro Investitionskosten erstattet bekommt bzw. wir diese leisten. Ich finde, das ist eine hervorragende Akzeptanz dessen, was dort geleistet wird, genauso wie ich beispielsweise die kulturellen Aktivitäten von freien Gruppen nicht etwa so sträflich vernachlässigt sehe wie Sie, Frau Bangert. Immerhin kriegen sie in Gänze nach der Vorlage des Senatshaushalts bereits 500 000 Euro mehr und nun nachträglich weitere 460 000 Euro, was wir als Kulturausschuss beschlossen haben und der Hauptausschuss akzeptiert hat. Das ist keine unerhebliche Summe.
Wir sichern die Spielstätten und kulturellen Einrichtungen Berlins. Wir haben entgegen dem bundesdeutschen Trend steigende Ausgaben im Kulturbereich. Wir sehen den Kulturbereich wie eine Kreativwirtschaft an. Wir wissen – ich wiederhole hier das, was der Regierende Bürgermeister bereits gesagt hat –, dass etwa fünf von sieben Touristen wegen der Kultur nach Berlin kommen. Und die Kultur finanziert sich in Berlin aus den Steuereinnahmen, die hier über diesen Tourismus erzielt werden, selbst – und zwar darüber hinaus.
Was nun die Zukunft angeht, denke ich, sollten wir festhalten, wie wir verfahren unter dem Gesichtspunkt, wie es die Linke beispielsweise in einer Pressekonferenz im Juli 2011 mitgeteilt hat: Mit diesem Haushaltsentwurf – wurde damals wörtlich gesagt – setzt die rot-rote Politik ihre klaren Prioritätensetzungen im Bereich Kultur fort, auch unter schwieriger werdenden Rahmenbedingungen. – Ich sehe keinerlei Notwendigkeit seitens der Linken, dem Kulturhaushalt nicht zuzustimmen.
Was die Piraten angeht, hat Herr Lauer etwas, was den Kulturinfarktvertretern im März an Aufmerksamkeit Erregendem gelungen ist, auf den Tisch gelegt, nämlich eine Oper einzusparen. Dass Sie da das kulturelle Angebot, das ständig wächst, so wie die Autoren es meinten, die Zahl der Konsumenten aber ständig zurückgehe, im Hinterkopf gehabt haben, mag ja sein, trifft aber für Berlin nicht einmal ansatzweise zu. Einen der Leuchttürme in Berlin infrage zu stellen, kann nicht unsere Absicht, unser Ziel sein.
Ich möchte zum Schluss noch zwei Bemerkungen machen, was die Zukunft angeht. Wir haben Aufgaben, die auch über den Haushalt hinausgehen. Und da möchte ich die Aufforderung der Stiftung Zukunft Berlin unter der Leitung von Herrn Hassemer, wo alle Parteien gerade mit
ihren Sprechern waren, aufgreifen: Wir werden uns in den kommenden Monaten intensiver mit den Inhalten des Humboldt-Forums beschäftigen müssen.
Da ist eine Baustelle, wo das Abgeordnetenhaus sicherlich auch mit Ihrer Mitwirkung, Herr Brauer, noch erhebliche inhaltliche Arbeit wird leisten müssen. Wir werden uns an diese Aufgabe im Sinne einer tatsächlich lebendigen und im Zentrum ausstrahlenden Kultureinrichtung der Stadt Berlin machen. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Schlede! – Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Brauer das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Da war eine Menge Eigenlob bei SPD und CDU, und Eigenlob stinkt, sagt der Volksmund.
Die Koalition brüstet sich geradezu, die Berliner Kultur vor dem Niedergang gerettet zu haben. Nun gut, nach der irrationalen Kürzungspolitik der Neunziger richten Sie diesmal wenigstens keinen neuen Schaden an. Sie halten etwa das Niveau – darauf haben Sie selbst hingewiesen –, das Rot-Rot in den letzten zehn Jahren erstritten hatte, und bedienen inzwischen wenigstens die Tariferhöhungen. Das ist keine besondere Leistung, das ist eigentlich normal.
Und für diese Normalität lässt man dann auch ersatzweise für kurze Zeit einen profilierungsneurotischen Wahlkreismatador von der Leine. Toll, dass die Schauspielstudenten heute trotzdem zu uns gekommen sind. An die Freie Universität hätte der Kollege Schneider seine Axt nicht anlegen dürfen. Die ist nämlich in Dahlem, das gehört zu Steglitz-Zehlendorf, und da ist die Welt noch in Ordnung.
Und damit sie noch mehr in Ordnung kommt, wird Gutes für die eigenen Wahlkreise getan, Herr Schlede: Geld für das Schlossparktheater. Der jetzige Betreiber übernahm das übrigens mit der Zusicherung, keine öffentlichen Mittel zu beanspruchen. Geld für das Haus am Waldsee, eine ehemals kommunale Einrichtung, die man vor Ort selber nicht mehr finanzieren will; da nimmt man gern Landesmittel in Anspruch. Geld für ein überflüssiges Museum am Dahlemer Käuzchensteig; so ganz nebenbei macht man da auch noch den Lieblingsbildhauer des
Führers ein bisschen hoffähiger. Und es gibt Geld für das Ku’dammtheater – eine liebenswerte Bühne, ohne jede Ironie, deren Hausleitung allerdings dadurch auffiel, dass sie anderen notleidenden Häusern immer erklärte, man müsse nur ordentlich wirtschaften, einen guten Spielplan haben, und dann brauche man keine staatlichen Zuschüsse.
Ich gönne das Geld allen diesen Einrichtungen von Herzen – mit Ausnahme dieses Arno-Breker-Gedenkateliers sind es liebenswerte Institute. Aber andere sind auch notleidend, und die blitzen ab bei Versuchen, ihre Situation zu verbessern. Es ist in Berlin wieder erfolgversprechender, zur rechten Zeit die rechte Klinke zu putzen, als lediglich durch überzeugende Arbeit aufzufallen.
In einem glasverandenfixierten Kulturausschuss – Steglitz Zehlendorf – hört man einfach mal weg, wenn z. B. der Begründer des Gripstheaters – gestern wurde er 75, von dieser Stelle nachträglich unseren herzlichen Glückwunsch, Volker Ludwig! – darauf hinweist, dass es an seine wirtschaftlichen Grenzen gelangt ist, dann macht der zuständige Senator so seine Witzchen nach dem Motto „Nun lernen Sie mal rechnen, Herr Ludwig!“. Das ist einfach stillos.
Und wenn mit derselben Schnoddrigkeit über die Nöte der bezirklichen Kulturlandschaft hinwegregiert wird, muss man sich nicht wundern, wenn Projekte wie der Neubau für die ZLB ins Zwielicht geraten. Wir stehen zu diesem Projekt, Herr Regierender Bürgermeister, und wir wollen seine Umsetzung. Bei allen kritischen Fragen, die aber besser vor Baubeginn diskutiert werden sollten und nicht erst dann, wenn das Projekt irgendwann dann wegen unerwarteter Schwierigkeiten – ich gehe jede Wette ein, da tauchen auch wieder die berühmten Berliner Schlammblasen oder mindestens ein Findling auf – ins Schleudern gerät. Wir wollen, dass sich dieser Senat endlich ernsthaft mit der Zukunft der bezirklichen Kulturarbeit auseinandersetzt. Dazu gehören die bezirklichen Bibliotheken ebenso wie die Musikschulen und die Kommunalen Galerien, dazu gehören die Heimatmuseen, die Jugendkunstschulen und die vielen kleinen Kunstprojekte im öffentlichen Raum.
Herr Wowereit! Sie können sich nicht ewig hinter einer offenbar nur in dieser Frage altägyptischen Ewigkeitswert besitzenden Rechtslage verschanzen, als Kultursenator haben Sie Verantwortung für die Gesamtheit der Kulturlandschaft dieser Stadt wahrzunehmen. Vereinbaren Sie mit den Bezirken endlich verbindliche kulturelle Mindeststandards, für deren Finanzierung natürlich das Land geradezustehen hat! Was darüber hinausgeht, das möge dem kommunalen Gestaltungswillen und der Fähigkeit
Bekennen Sie sich endlich nachhaltig zu den hier und heute in Berlin wirkenden Künstlerinnen und Künstlern! Dazu gehört, dass hoch qualifizierte künstlerische Arbeit auch honoriert wird. Was sich gerade Ihre eigene Fraktion in Sachen Ausstellungshonorare bislang erlaubt hat, ist ein bösartiges Possenspiel sondergleichen.
Setzen Sie Landesmittel künftig bitte sinnvoller ein als in einem zunehmend in Modder und Schlamm versinkenden Musentempel Unter den Linden, einem Bauwerk, das mit seiner künftigen baulichen Dimension offenbar darüber hinwegtäuschen soll, dass das teure Konstrukt der Opernstiftung sich insgesamt überlebt hat! Berliner Kulturpolitik sollte sich besser um die Inhalte als um Blattgold auf Spanplatten kümmern, sonst geraten wir weiterhin in die Situation, dass diese Kulturpolitik bundesseitig immer weniger ernst genommen wird – anders ist die Äußerung des Kulturstaatsministers Neumann nicht zu erklären, der sich einfach mal geweigert hat, zuzulassen, dass die inhaltlichen Belange des wichtigsten Bauprojektes in der Mitte der Stadt in diesem Hause diskutiert werden. Wir werden als Berliner Kulturpolitik nicht mehr so recht ernst genommen, und das ist auch verdient so! – Vielen herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Völker dieser Welt, schaut auf diesen Kulturausschuss! Der Ausschuss, den Herr Brauer eben erwähnte, der nicht mehr so richtig ernst genommen wird, der sich um die kulturellen Angelegenheiten einer Metropole von 3,5 Millionen Einwohnern kümmern soll. Wie der sich kümmert, das kann ich kurz an den Highlights aus einem halben Jahr Kulturausschuss verdeutlichen: „Friedrich der Große – das Friedrich-Jahr 2012“ – das war eine 30-minütige Anhörung, sodann gab es noch ein Korreferat des Kollegen Lehmann-Brauns zu Friedrich dem Großen, sehr inspirierend! „775 Jahre Berliner Stadtjubiläum“ – dazu haben wir eine Powerpoint-Präsentation erlebt, auch wunderbar! „Wiederherstellung der barocken Fassade des Jagdschlosses Glienicke“ – darüber haben wir 45 Minuten diskutiert, bis man irgendwann feststellte, dass der Ausschuss gar nicht zuständig ist – kann man ja auch mal machen. „Aktueller Stand der Konzeption und Entwicklung des Humboldt-Forums“ – dazu haben wir vom Bund leider niemanden bekommen, der dazu spre
chen durfte. Hingegen haben wir einen schönen Vortrag der Frau Lüscher über die Gestaltung der Gärten drumherum bekommen, das war auch sehr inspirierend.
Während in dieser Stadt über den Niedergang der Clubkultur geredet wird, während in dieser Stadt über den Niedergang der freien Szene gesprochen wird, während in dieser Stadt und in ganz Deutschland über die Thesen des Buches „Kulturinfarkt“ diskutiert wird, hat unser Kulturausschuss den Charakter eines Proseminars in Kunst- und Architekturgeschichte.
Die einzige Besprechung mit einem tagesaktuellen Bezug war die Befragung einer Dame des Guggenheim Lab. Der Koalition wurde es allerdings nach ein paar Minuten ein bisschen langweilig, und während sie noch die Fragen der Koalition beantwortet hat, hat man sich miteinander unterhalten. Herr Wowereit! Sie tun immer so, als hätte die Opposition mit Fackeln das Guggenheim Lab in Friedrichshain-Kreuzberg verhindert – fragen Sie doch mal Ihren Innensenator, warum die Stadt anscheinend nicht in der Lage ist, die Sicherheitsbedenken, die Sie dort hatten, auszuräumen, sodass sie sich auch in FriedrichshainKreuzberg heimisch fühlen!
Der Kulturausschuss ist nicht dafür da, Herrn Peymann und irgendwelche anderen Intendanten alle paar Jahre einzuladen, damit die dort ihre Show abziehen können, sondern es geht doch um die Frage, wie es in Berlin in Sachen Kultur in Zukunft zugehen soll. Da kommt von Ihnen, Herr Wowereit, als Kultursenator leider nicht besonders viel. In der Theorie mag es vielleicht ganz gut gewesen sein, sich den Kultursenator zu sparen und das beim Bürgermeister einzugemeinden. Was in Berlin jedoch zur Chefsache erklärt wird, davon weiß man ja, wie das so läuft.
De facto führt diese Konstruktion dazu, dass im Bereich Kultur seit Jahren verwaltet und eben nicht gestaltet wird. Wobei – den Vorsitz des Kulturausschusses mit dem wirtschaftspolitischen Sprecher der SPD zu besetzen, zeugt dann doch wieder von einer gewissen Kreativität. Ich war gerade noch mal auf der Website Ihrer Fraktion und habe ein Statement des Vorsitzenden des Kulturausschusses Herrn Jahnke gelesen:
Berlin braucht eine gesunde industrielle Basis. Nur dort, wo auch produziert wird, entstehen dauerhaft Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung sowie im produktionsnahen Dienstleistungssektor.
Was man Ihnen wirklich zugute halten kann, das hat Herr Brauer auch schon gesagt: Während in anderen Bundesländern die Kultur kaputtgespart wird, bleiben die Mittel in Berlin stabil. 95 Prozent dieser Mittel sind aber fest
verplant, und die freie Szene, Kern von Innovationen im kulturellen Bereich, ist unterfinanziert. Wir nehmen das alle in Kauf – hier wird sich mehrfach mit der kulturellen Szene Berlins geschmückt und damit, wie viele Leute herkommen und es ganz toll finden mit der Kultur, und wir nehmen in Kauf, dass diese Szene chronisch unterfinanziert wird und die Akteure dort am Hungertuch nagen.
Die Frage ist doch: Wollen wir die gewachsenen Strukturen bis zum jüngsten Gericht fördern, damit wir dann einen Zustand einbetonieren, oder wollen wir mehr Kreativität wagen? – Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gibt man mehr Geld für den Kulturbereich aus, was Sie nicht wollen, oder man schichtet um, und das wollen Sie auch nicht. Das hat nichts damit zu tun, eine Kunstform gegen eine andere auszuspielen, sondern es ist eine traurige Konsequenz der Kulturpolitik der vergangenen Jahre. Wenn man sich in der Vergangenheit die Mühe gemacht hätte, sich mit der Berliner Subkultur und freien Szene auseinanderzusetzen, hätte man Rahmenbedingungen schaffen können, die eine Koexistenz der etablierten und Hochkultur und der freien Szene erlauben. Das wurde versäumt. Vorhin haben Sie gesagt, dass sich in der Stadt etwas verändern muss, aber gerade im kulturellen Bereich, Herr Wowereit, passiert das nicht.
Ihre Beschreibung, Frau Lange, fand ich recht lustig, die Koalition hätte den Versuch der Piraten abgewehrt, die Deutsche Oper zu schließen – ich kann mich noch erinnern, es war fünf vor zwölf, ich hatte die CDU ja schon fast überzeugt, dem zuzustimmen,
und dann hat die Koalition das heroisch abgewehrt. Es war in der Tat eine sehr lustige Diskussion – irgendwann sagte Herr Schmitz zur Koalition, dass man darauf am Besten gar nicht mehr eingehe. Mit einer Streichung dieser Mittel hätten wir die freie Szene in Berlin fördern und die kulturelle Landschaft zukunftsfähig machen können. Da ging es z. B. um den Kulturliegenschaftsfonds – diese Option ist bei Ihnen im Koalitionsvertrag zur Liegenschaftspolitik enthalten, die temporäre kulturelle bzw. kulturwirtschaftliche Nutzung in Betracht zu ziehen. Was passiert auf diesem Gebiet? – Ja, den „Schokoladen“ hat man ganz toll gerettet, aber das ist ja auch erst passiert, als es dort fünf vor zwölf stand.