Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

Einen kleinen Moment bitte noch! Kollege Gelbhaar hatte noch eine Zwischenfrage. Wollen Sie sie noch zulassen, lieber Kollege?

Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Kollege! – Das Ziel unterstützen wir, aber meine Frage geht dahin: Können Sie mir erklären, was eine unbefugte Drittnutzung bei einem offenen WLAN sein soll?

Bitte!

Man kann über Begrifflichkeiten streiten. Es geht darum – und das habe ich gerade erläutert –, dass Nutzer der WLAN-Anschlüsse ohne Kenntnis des WLAN-Betreibers unter Verletzung von Urheberrechten das WLAN nutzen. Das ist eine unberechtigte Nutzung, denn sie ist gesetzeswidrig. Das führte ja gerade dazu, dass z. B. die Cafébesitzer und andere, die ihr WLAN zur Verfügung gestellt haben, durch anwaltliche Abmahnschreiben in Anspruch genommen werden. Das ist ein nicht tragfähiger Zustand, und das Ziel dieses Antrags ist es, genau das zu vermeiden, indem wir eine gesetzliche Klarstellung erreichen. Ich bin ganz sicher, dass auch Sie das unterstützen werden, wenn Sie noch einmal darüber nachdenken. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Danke, lieber Kollege! – Herr Kollege Doering, nochmals für die Fraktion Die Linke zum fast gleichen Thema, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Änderung der Störerhaftung für WLAN-Betreiber – Freies WLAN in Berlin wurde im BundEuroMedien-Ausschuss und im Ausschuss für digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit ausführlich beraten. Wir haben es alle in der Debatte mitbekommen: In den Fachausschüssen waren sich die Fraktionen schnell über das Anliegen des Antrags einig. Der Senat soll sich auf Bundesebene für mehr Rechtssicherheit für die Betreiber offener WLAN-Netze einsetzen. Zukünftig sollen Betreiber einen freien WLAN-Zugang anbieten können, ohne einem Haftungsrisiko ausgesetzt zu werden. Deshalb soll der Senat im Sinne des Antrag im Bundestag aktiv werden bzw. die Initiative ergreifen.

Hintergrund der uns vorliegenden Beschlussempfehlung sind die sich seit Jahren häufenden Beschwerden von Privatpersonen und WLAN-Betreibern über Abmahnungsforderungen besonders zum Urheberrecht. Der Besitzer eines WLAN-Routers haftet dafür, wenn darüber illegal Kopien von Filmen oder Musik bezogen werden. Er haftet also auch, wenn unbekannte Dritte Daten, bei

spielsweise Gäste in Cafés oder Hotelgäste, illegal Daten herunterladen. Abmahnforderungen entstanden aber auch, obwohl zum Teil nachweislich die angemahnten Urheberrechtsverstöße nicht begangen wurden.

Das Problem der Störerhaftung führte bisher dazu, dass nicht nur in Berlin das Anbieten freier WLANs etwa in Cafés oder öffentlichen Einrichtungen behindert wurde. In anderen Ländern Europas gilt die Störerhaftung nicht, und freie WLANs sind dort ein wichtiger Teil der Netzinfrastruktur. Die Störerhaftung wird aufgrund der aktuellen Gesetzeslage von den Gerichten unterschiedlich ausgelegt. Deshalb ist es notwendig, dass der Gesetzgeber – das ist nun der Bund – per Gesetz klare Regeln schafft. Noch können WLAN-Anbieter für das Handeln von Nutzern in Verantwortung genommen werden. Die Störerhaftung muss also dahin gehend geändert werden, dass es Privatpersonen erlaubt ist, den Internetanschluss mit anderen gemeinsam zu nutzen. Der Beschlussempfehlung aus den Fachausschüssen werden vermutlich SPD, CDU, Linke und Piraten zustimmen. Die Grünen werden sich enthalten, wie wir soeben gehört haben. Im Sinne der Geschäftsordnung wird es jedoch ein einstimmiger Beschluss sein. Deshalb kann ich mich kurz fassen und feststellen, dass der Senat jetzt aktiv werden muss und hoffentlich der Aufforderung des Abgeordnetenhauses folgen wird. – Danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN]

Danke, Herr Kollege Doering! – Für die Fraktion der Piraten hat noch einmal der Kollege Morlang das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege Morlang!

Hallo, noch einmal! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebes Präsidium! Wir haben irgendwie gedacht, wir müssen uns über Jahrzehnte irgendwie durchkämpfen, bis wir eine Regierungsmehrheit haben, um unser Wahlprogramm durchzusetzen. Jetzt stellen wir fest: Wow, das machen die anderen für uns. Das finde ich echt toll.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Das ist super. Grundidee der Polyamorie ist auch: share and enjoy. Sharing is caring. Wir machen das mit dem Creative Commons. Der eine schreibt es, der andere reicht es ein, und am Ende passiert genau das, was alle wollen.

Der Kollege Barenhoff, damals noch Basispirat, heute Bundesvorstand, hat den aus Hamburg kommenden Antrag in die Bundesinstanz von Liquid Feedback eingestellt. Von den teilnehmenden Piraten waren 85 Prozent dafür und 15 Prozent dagegen. Die Enthaltungen habe ich nicht aufgeschrieben. Die revolutionären Massen der

Piratenpartei Deutschland stimmen diesem Antrag zu. Dementsprechend werden wir das auch tun.

Die Verhandlungen im Ausschuss waren gut, wenn auch ein wenig grotesk. Den Grünen war das alles noch nicht perfekt genug, deshalb haben sie sich enthalten. Wir mussten feststellen, dass wir Piraten anscheinend an der Realpolitik viel näher sind, als wir dachten. Wir haben gesagt, dass es zwar nicht perfekt ist, aber besser als gar nichts. Natürlich stimmen wir dem zu.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Wir haben noch eine Änderung eingebracht.

Wenn es um die reale Umsetzung geht, hat sich in der Zwischenzeit auch einiges geändert. Es gibt eine komplette, fertige Vorlage von der Digitalen Gesellschaft. Selbst da haben wir nicht einmal viel Arbeit. Wir können nun einfach in eine wundervolle Zukunft vorangehen mit deutlich weniger Störerhaftung. Ich freue mich!

Einen kleinen Moment! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gelbhaar?

Nein, ich möchte mich nicht von Herrn Gelbhaar trollen lassen. – Entschuldige! Wir klären das beim nächsten Mal im Ausschuss.

[Beifall bei den PIRATEN]

Dann ist alles klar. Herzlichen Dank, Kollege Morlang! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Zu dem Antrag Drucksache 17/0255 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig bei Enthaltung der Grünen die Annahme mit Änderung. Wer dem Antrag mit der Änderung der Beschlussempfehlung Drucksache 17/0424 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten, SPD, CDU und Die Linke. Wer ist dagegen? – Keiner. Enthaltungen? – Grüne. Damit ist der Antrag bei Enthaltung der Grünen einstimmig angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Fraktion der CDU

a) Gesetz zur Aufhebung des Straßenausbaubeitragsgesetzes (StrABG)

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 22. August 2012

(Vizepräsident Andreas Gram)

und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 29. August 2012 Drucksache 17/0475

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0011

Zweite Lesung

b) Gesetz zur Aufhebung des Straßenausbaubeitragsgesetzes

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 22. August 2012 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 29. August 2012 Drucksache 17/0476

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/0282

Zweite Lesung

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die zweiten Lesungen und schlage vor, die Einzelberatungen der jeweils zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Auch hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II der Drucksachen 17/0011 und 17/0282. Auch hier gibt es wieder fünf Minuten Redezeit pro Fraktion. Es beginnt der Kollege Graf von der CDUFraktion, dem ich jetzt das Wort erteile. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir schaffen heute gemeinsam das viel umstrittene Straßenausbaubeitragsgesetz ab. Das ist ein gutes Signal, denn dieses Gesetz sorgt seit mehr als sechs Jahren für Ärger in der Bevölkerung. Es belastet Eigentümer und Mieter. Es behindert Investitionen. Es kostet letztlich mehr als es dem Land einbringt. Dieses Straßenausbaubeitragsgesetz ist nicht nur eine Last für die Bürgerinnen und Bürger, sondern hat im Gegenteil auch für die öffentliche Verwaltung einen bürokratischen Aufwand erzeugt, der nicht hinnehmbar ist. Das ist ein guter Tag heute.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die Berliner CDU hat sich von Anfang an hier im Parlament, aber auch vor Ort, stets klar gegen dieses Gesetz positioniert. Ob am Kirchhainer Damm in Lichtenrade, in der Hamburger Straße in Staaken, ob an der Hildburghauser Straße in Lichterfelde oder an der Blankenburger Straße in Niederschönhausen, von Spandau bis nach Kaulsdorf, von Lichtenrade bis nach Frohnau. Wir waren immer an der Seite der Bürger und haben uns gegen diese Form der Abzocke gestellt.

[Beifall bei der CDU]

Wir haben als Union im Wahlkampf versprochen, dieses Straßenausbaubeitragsgesetz abzuschaffen. Wir haben unseren Koalitionspartner in den Verhandlungen davon überzeugt und haben gemeinsam seit unserer Regierungsbeteiligung darauf hingewirkt, dass diese Aufhebung nun zügig erfolgt. Ich freue mich, dass wir heute gemeinsam, CDU und SPD mit Unterstützung sogar der Opposition, dieses Straßenausbaubeitragsgesetz abschaffen und damit eines unserer zentralen Wahlkampfversprechen einlösen.

[Beifall bei der CDU]

Ab sofort muss kein Anwohner mehr zusätzlich für Straßenausbau oder Straßeninstandsetzung bezahlen. Alle, die schon Beiträge entrichtet haben, bekommen auf Antrag ihr Geld zurück.

[Joachim Esser (GRÜNE): Czaja zahlt!]

Die Koalition aus SPD und CDU zeigt, dass sie für eine zuverlässige, bürgernahe Politik steht.