Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, sich mit diesem Grünen-Antrag ernsthaft auseinanderzusetzen. Es geht hier, wie bereits erwähnt, den Grünen nicht um ein neues Handlungskonzept, sondern nur um eine Sachstandsabfrage des Senatshandelns, weil die Dagegenpartei der Grünen sich offensichtlich mit dem Weiterbau nun abgefunden hat. Und da sage ich als CDU: Gut so, dass Sie sich der Realität beim Bau der A 100 endlich gestellt haben!
Vielen Dank, Herr Kollege Friederici! – Für die Piratenfraktion der Kollege Magalski – bitte sehr, Herr Kollege!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Zunächst möchte ich feststellen, dass auch die Basis der Piraten zu 80 Prozent und mit ihr
Der Anspruch der Grünen, hier die SPD beim Wort zu nehmen und den gesamten Kanon der Nebenbedingungen, die der SPD-Parteitag 2010 beschlossen hat, auch auf Umsetzung durch den Senat zu kontrollieren, ist natürlich nachvollziehbar, ja sogar recht und billig. Ein Autobahnprojekt, das von der Mehrheit der Berliner Bevölkerung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gewollt ist – das ist meine Position, ich habe da andere Zahlen, erst gestern wieder aus der Tageszeitung, da waren 60 Prozent dagegen, das war der „Tagesspiegel“ – und nur von einer äußerst knappen Mehrheit selbst innerhalb der SPD mit vielen Nebenbedingungen gerade noch so akzeptiert wurde, einfach durchzuziehen auch gegen den Willen der Menschen in den betroffenen Bezirken – FriedrichshainKreuzberg klagt just zu dieser Stunde vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig –, zeigt wohl, wie mächtig die Baulobby sein muss, die sich hier natürlich Aufträge verspricht.
Klar wird das Ganze zum größten Teil vom Bund kofinanziert, was das Projekt an sich aber nicht besser macht, –
Im Moment nicht! – wenn es jetzt noch finanziert wird, woran berechtigte Zweifel gehegt werden. Im Haushaltsgesetz der Bundesregierung sind für 2013 zumindest keine Mittel für den Ausbau der A 100 vorgesehen. Kein Wunder, denn ziemlich schnell wachsen die in der Planungsphase anberaumten 420 Millionen Euro auf 462 Millionen Euro, und der Bundesrechnungshof prognostiziert inzwischen Gesamtkosten von 475 Millionen Euro plus X.
Darf der Kollege Schneider von der SPD jetzt die Zwischenfrage stellen? – Weil Sie gesagt haben: Bitte warten!
Nein, gerade nicht! – An irgendwas erinnert mich das mit den Kosten. Ich habe mich erst kürzlich persönlich mit den gegen den Ausbau der A 100 klagenden Menschen auf einer tollen Skater- und Fahrraddemo quer durch die
Stadt austauschen können. Die Menschen haben noch Hoffnung, dass das Asphaltmonster letztendlich doch aufgehalten werden kann und im Senat unter den gegebenen Bedingungen Einsicht einkehrt. Deshalb, lieber Herr Regierender Bürgermeister, lieber Herr Senator Müller – die Stimmung ist heute hier etwas seltsam, deswegen versuche ich mal, ein bisschen Flausch reinzubringen –, wäre der Senat nicht tatsächlich klüger beraten, den Planfeststellungsbeschluss, die nächste Großbaustelle in Berlin, die erneut jahrelange Probleme mit sich bringt, utopisch viel Geld verschlingt mit Kosten für den Autobahnkilometer, die voraussichtlich europarekordverdächtig sein werden, und gegen den sich nicht nur die Anwohner, sondern der gesamte Bezirk neben diversen Umweltverbänden wehrt, nicht weiterzuverfolgen? Nicht genug Argumentationskraft? An etwas festzuhalten, das aus verkehrlichen und stadtentwicklungspolitischen Gründen extrem fragwürdig ist und aus ökologischen und gesundheitlichen Gründen schlicht falsch, steht dem Senat nicht gut zu Gesicht. Gestern noch sprachen wir im Ausschuss über die Berliner Strategie zur biologischen Vielfalt. Das Projekt A 100 läuft der eigens ausgegebenen Strategie zuwider.
Lassen Sie doch ab! Es tut gut, Ballast zu verlieren. Darüber würde sich dann auch etwa die Hälfte der SPDDelegierten freuen, vielleicht sind es ja mittlerweile auch schon ein paar mehr geworden. Ich könnte da der SPD ein Online-Abstimmungstool empfehlen, mit dem relativ kurzfristig aktuelle Meinungsbilder eingeholt werden können. Da wäre man dann gegebenenfalls auf der sicheren Seite, was das Feedback der Basis angeht. Aber okay, wenn das jetzt alles nicht mehr zur Überzeugung beigetragen haben sollte, dann geben Sie dem Abgeordnetenhaus bitte wenigstens den Sachstandsbericht zu den versprochenen Komplementärmaßnahmen zur Kenntnis! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Magalski! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kollege Schneider von der SPD-Fraktion. – Bitte, Herr Kollege Schneider!
Sehr verehrter Herr Kollege! Ich bin erfreut, wie ernst Sie Parteitagsbeschlüsse der SPD nehmen, aber vielleicht täten Sie gut daran, sich selbst mal ernst zu nehmen, dann hätten Sie vielleicht ein besseres Standing.
in Leipzig eine Klage führt und im Übrigen die Kosten kritisiert. Ist Ihnen denn trotz Ihrer Internetanschlüsse nicht bekannt, dass diese Klage als unzulässig abgewiesen wurde, oder sind Sie da noch im Winterschlaf?
Bei Ihnen ist vielleicht auch der Stecker nicht ganz drinnen – Friedrichshain-Kreuzberg, die tun das. Ich habe die Information, dass es jetzt noch keine Klageabweisung gibt und dass das Urteil erst im Oktober kommen wird. Wir haben also noch ein bisschen Zeit dafür. Vielleicht sind einige Informationen an mir vorbeigegangen,
dann werde ich das jetzt gerne nachprüfen. Aber wir sollten die Hoffnung der Bürger nicht enttäuschen, dass wir doch noch zu einer guten Lösung kommen.
Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.
Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion Die Linke. Das Wort erteile ich dem Kollegen Wolf. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können in diesem Haus alle feststellen, dass sich in der Diskussion über Privatisierungen, über die Veräußerungen von Landesvermögen eine Veränderung ergeben hat. Während in den Neunzigerjahren der Verkauf von Landesvermögen und Privatisierungen der öffentlichen Daseinsvorsorge eher als Zeichen der Modernität galt, sich dieses neoliberale Gedankengut bis hin in die Sozialdemokratische Partei ausgebreitet hat und auch wir, die PDS, mit der Privatisierung der GSW eine Fehlentscheidung getroffen haben, hat sich herausgebildet, dass diese Privatisierungsentscheidungen in der Regel alles das nicht gebracht haben, was man sich davon versprochen hat.
Vor diesem Hintergrund haben wir eine Diskussion – nicht nur in Berlin, sondern bundesweit – über Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge, d. h. über das Zurückholen dieser Privatisierungsentscheidungen und damit auch über das Zurückholen von demokratischer Verfügung und demokratischer Entscheidungskompetenz – zurück in die Parlamente, zurück in die öffentliche Hand, zurück zu den Bürgerinnen und Bürgern.
Wir erleben heute, dass wir mit der Privatisierung von Bewag und GASAG jeglichen Einfluss auf die Energiepolitik verloren haben, was gerade angesichts der Energiewende und der damit verbundenen Herausforderungen dringend notwendig wäre. Deshalb haben wir jetzt die Diskussion über die Rekommunalisierung der Netze und über den Aufbau eines eigenen Stadtwerkes. Und wir haben die Diskussion über die Frage, wie das Land Berlin mit seiner organisatorischen Hülle „Berlin Energie“ in diesem Bereich wieder Kompetenzen aufbauen kann. Wir haben nämlich nicht nur die Unternehmen verkauft, wir haben auch Kompetenzen der öffentlichen Hand aufgeben und verloren.
Das gleiche Bild ergibt sich bei der Wohnungspolitik. Wir diskutieren heute über die Frage, wie wir wieder mehr kommunalen Wohnungsbestand schaffen können, und gar nicht zu reden von dem schwierigen Thema, wie wir die Wasserbetriebe rekommunalisieren können, ohne dass der Schaden für die öffentliche Hand allzu groß ist. Deshalb haben wir großes Interesse daran, dass wir eine ernsthafte und vor allem gründliche Diskussion über den von uns vorgelegten Vorschlag für eine Verfassungsänderung führen.
Was will dieser Vorschlag? – In diesem Vorschlag geht es darum, dass Privatisierungen der öffentlichen Daseinsvorsorge erst dann wirksam werden, wenn die Verträge offengelegt sind und über diese Verträge eine Volksabstimmung stattgefunden hat.
Denn es hat sich gezeigt, dass die Privatisierungsentscheidungen in den Neunzigerjahren keine weitsichtigen Entscheidungen waren, sondern dass das Entscheidungen waren, die von kurzfristigem, häufig auch falschen fiskalischen Kalkül getrieben und damit begründet waren. Aber die Langzeitwirkungen sind gravierend. Wir erleben es gerade bei den Berliner Wasserbetrieben. Deshalb finden wir es richtig, so etwas wie eine Privatisierungsbremse einzubauen. Privatisierungen werden damit nicht zwangsläufig verhindert, aber wir sagen, dass sie durch Volksentscheidungen legitimiert werden müssen. Das bedeutet auch einen ganz anderen Begründungszwang für die Veräußerung, wenn man einen Volksentscheid obligatorisch durchführt.
Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen – wir haben das im Wahlkampf angekündigt, dass wir eine solche Verfassungsänderung einbringen –, dass die Bremer Bürgerschaft mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken in einer ersten Lesung einen ähnlichen Gesetzentwurf angenommen hat. Ich hoffe, dass er auch in der zweiten Lesung bestätigt wird und dass in Bremen eine solche Regelung Verfassungsrang bekommt.