aber ich habe Ihnen das auch gestern schon im Hauptausschuss gesagt, als Sie dort einem Kollegen unterstellt haben, er hätte keinen Geist und der Zeitgeist müsse seinen fehlenden Geist ersetzen – ich war nicht selbst gemeint, da hätte ich gar nicht entgegnet –, dass das relativ unangemessen und nicht üblich sei.
Ich weiß nicht genau – und dabei will ich es dann bewenden lassen –, was der größere Fehler ist: Ist der größere Fehler Eitelkeit, sehr verehrter Herr Kollege Lederer, oder dass Sie das nicht mal merken?
Zu dem Antrag Drucksache 17/0570 wurde die sofortige Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag Drucksache 17/0570 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Fraktion der Piraten. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag mehrheitlich so angenommen.
Wir kommen zu b, das ist die Drucksache 17/0581. Hier empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich gegen die Grünen, Die Linke und die Piraten die Zustimmung. Zu dieser Vorlage ist von der Piratenfraktion die namentliche Abstimmung beantragt worden.
Zum Verfahren: Ich bitte zunächst den Saaldienst, die vorgesehenen Tische aufzustellen. Dann bitte ich die Beisitzerinnen und Beisitzer nach vorn. Eine namentliche Abstimmung ist nach § 71 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhaus mit Namensaufruf aufzuführen. Ich bitte also ein Mitglied des Präsidiums, die Namen der Abgeordneten aufzurufen. Dann werden Ihnen die Stimmkarten durch die Präsidiumsmitglieder ausgegeben. Ich weise darauf hin, dass die tatsächliche Stimmabgabe erst nach Namensaufruf möglich ist. Sie finden Urnen vor, die eindeutig gekennzeichnet sind – eine Urne für die Ja-Stimmen, eine Urne für NeinStimmen und eine Urne für die Enthaltungen sowie die nicht benötigten restlichen Karten und Umschläge.
Hatten alle anwesenden Mitglieder des Hauses die Möglichkeit abzustimmen? – Es widerspricht zumindest niemand. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Präsidiumsmitglieder, die Auszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung wird die Sitzung unterbrochen.
Aufsichtsrat neu besetzen, Geschäftsführer entlassen und den Flughafen BER skandalfrei fertigstellen
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort hat Frau Abgeordnete Pop. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden jetzt wieder über so ein Großprojekt, Herr Schneider, für das wir nächstes Mal im Plenum einen dreistelligen Millionenbetrag werden nachschießen müssen, weil Ihre Großprojekte ja so erfolgreich sind – wie das Großprojekt „Wasserrückkauf“, wo Sie gerade mit 650 Millionen Euro die Fehler der Vergangenheit zu heilen versuchen, oder das Großprojekt BIH, wo Sie mit 740 Millionen Euro versuchen werden, Ihre Altlasten der Vergangenheit aufzuräumen. Und jetzt 444 Millionen Euro für den Flughafen – schöne Großprojekte haben Sie da, Herr Schneider!
Aber so ist es ja wahrlich nicht, stattdessen sehen wir dem inzwischen dritten Eröffnungstermin mit Bangen entgegen.
Der Flughafen und seine Verantwortlichen kommen bis heute nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus, bis heute hat niemand das Chaos dort im Griff. Herr Amann hat es öffentlich mehrmals gesagt, und zwar deutlich: Eine völlig verfehlte Strategie beim Planen und Bauen hat zu diesem Debakel geführt. Eine völlig verfehlte Grundlinie beim Flughafen, die von der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat beschlossen und durchgesetzt worden ist, eine Politik, die gleichzeitig die Vergrößerung des Fluggastterminals betrieben hat – von 300 000 Quadratmeter Bruttogrundfläche im Jahr 2007 auf 360 000 Quadratmeter Bruttogrundfläche im Jahr 2012 – und gleichzeitig massiven Termindruck reingegeben hat. Die Zitate von Herrn Wowereit, nach dem Motto: Da muss Druck im Kessel sein! –, sind Legion. Man hat also kräftig Druck im Kessel gemacht, ohne Rücksicht auf die Kosten – wie anders ist es sonst zu erklären, dass Sie vom Senat hier nächste Woche vorstellig werden und 444 Millionen Euro zusätzlich von uns haben wollen.
Diese Geschäftsstrategie von Herrn Wowereit und Herrn Schwarz, ständig zu vergrößern, den Termindruck aber aufrechtzuerhalten, hat dazu geführt, dass der Kessel explodiert ist, Herr Schneider! Das ist die verfehlte Geschäftspolitik der beiden, die einfach gegen die Wand gefahren ist!
Weil seit Jahren parallel gebaut und geplant worden ist, ist alles aus dem Ruder gelaufen, sind die Kosten explodiert, der Puffer von 600 Millionen Euro ist restlos aufgefressen worden – das hat Herr Wowereit ja hier gesagt. Für den Schluss, wo man das Geld noch benötigt hätte, hat man dann keinen Puffer mehr gehabt, aber kein Problem, Sie schießen ja einfach nach! Alle Verantwortlichen haben unterwegs offensichtlich den Überblick verloren, den Überblick über das wichtigste und größte Infrastrukturprojekt im Osten Deutschlands. Diese Druck-imKessel-Politik hat das Desaster ausgelöst, meine Damen und Herren von der Koalition, und nicht irgendein fehlgeleiteter Bauingenieur! Bei diesem Flughafen stinkt der Fisch vom Kopf her!
Aber vom desaströsen Krisenmanagement will ich ja schon fast gar nicht mehr anfangen – offensichtlich gab es bereits seit Ende letzten Jahres Warnungen noch und nöcher, dass der Eröffnungstermin nicht zu halten sein wird. Im März schrieb der Flughafen München, der gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft McKinsey die Inbetriebnahme absichern sollte, dass sie diese als höchst gefährdet ansehen. Die „FAZ“ fragt heute Herrn Schwarz, ob er über diesen Brief im März nicht den Aufsichtsrat hätte informieren müssen. Ich will mal vorlesen, was ihm in diesem Brief geschrieben wurde:
Nach knapp vier Monaten Probebetrieb muss festgestellt werden, dass aufgrund massiver Bauverzögerungen die operative Betriebsfähigkeit des neuen Flughafens deutlich unter Plan liegt. Dadurch entsteht ein sehr hohes Risiko für die Inbetriebnahme des BER am geplanten Eröffnungstermin am 3. Juni 2012.
Sehr hohes Risiko für die Inbetriebnahme! Und was sagt Herr Schwarz heute dazu? – Diese Postbesprechung hätte man dem Aufsichtsrat nicht vorgelegt. Wie kann man diese deutliche Warnung als irgendeinen x-beliebigen Brief abtun? „Sehr hohes Risiko der Inbetriebnahme“, und Herr Schwarz sagt: Ach, das war irgendein Brief. Oder man fragt sich, wenn man die Presse weiterliest: Ist er vielleicht doch zu seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Wowereit gelaufen, um zu fragen, wie man damit umzugehen hat, wenn so ein Brief bei einem eintrudelt? – Am 30. März, zwei Wochen später, hat man sich ja schließlich getroffen, Herr Schwarz und Herr Wowereit. Was ist da eigentlich über das sehr hohe Risiko der Inbetriebnahme gesprochen worden? – Das wüssten wir gerne, denn da gibt es genau zwei Möglichkeiten: Entweder Herr Schwarz hat eigenmächtig beschlossen, den Brief
einfach wegzuschmeißen und darüber nie wieder zu reden, oder er hat darüber mit Klaus Wowereit am 30. März gesprochen, und man hat gemeinsam beschlossen, den Aufsichtsrat nicht weiter zu informieren, keine außerordentliche Aufsichtsratssitzung zu machen und das hohe Risiko, das McKinsey benennt, schlichtweg für sich zu behalten.
Dann hat jedoch Klaus Wowereit hier im Verkehrsausschuss am 18. Mai die Unwahrheit gesagt, als er sagte – ich zitiere –: Ich bin von Herrn Schwarz über die Unmöglichkeit der Eröffnung am 3. Juni oder die große Wahrscheinlichkeit der Unmöglichkeit der Eröffnung am 3. Juni am 7. Mai informiert worden. – Was ist dann am 30. März zwischen Herrn Schwarz und Herrn Wowereit geschehen?
Und diese gleichen Leute – ich komme zum Schluss – sollen nun den Flughafen zum Erfolg führen! Wer soll das noch glauben? Für diejenigen in Aufsichtsrat und Geschäftsführung, die das alles zu verantworten haben – und das wird ans Tageslicht kommen –, darf es keinen Cent Steuergeld weiter zum Verschwenden geben!
Aufsichtsrat und Geschäftsführung müssen neu besetzt werden. Eine skandalfreie Fertigstellung dieses Flughafens kann es nur ohne Klaus Wowereit und ohne Rainer Schwarz geben!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielen Dank für die etwas schwierige Begründung des Antrags durch die Kollegin Frau Pop! Bei dem Antrag der Grünen handelt es sich um einen schönen Schaufensterantrag, allerdings ohne Substanz – nur Vermutungen, aber keine Fakten. Aber Sie haben richtig aus dem Ausschuss zitiert. Das muss man Ihnen zugestehen.
Ich fühle mich geradezu berufen, im Rahmen meiner Redezeit einiges klarzustellen: Das Parlament hat sich Anfang Oktober einstimmig nach nur kurzer Debatte für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit einem umfangreichen Fragenkatalog entschieden. Der Ausschuss wird sich mit Fragen zur Standortentscheidung und Planungsentscheidung, aber auch zur Finanzierung und zu den Verantwortlichkeiten für die Rückzüge beschäftigen. Das ist ein Untersuchungsausschuss, dessen Auftrag zur Erhellung und Aufklärung wir Sozialdemokraten ernst nehmen und an dem wir uns engagiert beteiligen.
Die Grünen nehmen mit diesem Antrag vorweg, was mögliche Ergebnisse dieses Untersuchungsausschusses sein könnten.