Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

werden, um einer Kontrolle oder einem eventuellen Missbrauch vorzubeugen.

Sie müssen jetzt wirklich zum Ende kommen!

Frau Präsidentin! Wenn Sie mir erlauben, würde ich gern einen Satz zu Herrn Zöllner sagen, außerhalb der Rede.

[Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD – Nein! von der SPD]

Bitte, nein! Tut mir leid!

Herr Zöllner! Vielen Dank! Wir werden Sie vermissen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor. Damit ist die Große Anfrage begründet, beantwortet und besprochen.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 10:

Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 17/0016

Zusammenstellung der vom Senat vorgelegten Rechtsverordnungen

Die Fraktionen der CDU und Bündnis 90/Die Grünen bitten um Überweisung der Verordnung mit der lfd. Nr. 6 – VO-Nr. 17/006 – Verordnung über die Festsetzung von erforderlichen Breiten für Winterdienstmaßnahmen auf Gehwegen – an den künftig für Umwelt zuständigen Ausschuss. Von den weiteren Verordnungen wird hiermit Kenntnis genommen.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 11:

Antrag der Fraktion Die Linke auf Annahme einer Entschließung Drucksache 17/0009

Berlin lehnt das Schwarzgeldabkommen mit der Schweiz ab

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt

die Fraktion der Linken. Das Wort hat Frau Dr. Schmidt. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach einer hitzigen Debatte zu Software und Trojanern kommen wir jetzt wieder zum lieben Geld. – Die Linksfraktion fordert mit diesem Antrag, das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt abzulehnen. Wir fordern den Senat auf, die Ratifizierung dieses Abkommens im Bundesrat abzulehnen.

[Beifall bei der LINKEN]

Dazu will ich im Wesentlichen zwei Gründe anführen. Zum einen sollte der Bund im Hinblick auf die Einnahmesituation der Länder und Kommunen ein Interesse daran haben, bei der Durchsetzung von Steuerforderungen hart zu verhandeln. Allerdings kann und wird das Abkommen hierzu nicht umfassend greifen, denn es enthält zahlreiche – nein, es enthält zu viele Umgehungsmöglichkeiten. Die einfachste und schnellste Form, um der Besteuerung des deutsch-schweizerischen Abkommens zu entgehen, besteht in der Kontenauslagerung in eine ausländische Niederlassung derselben Bank. Der Bankmitarbeiter bleibt für den Kunden derselbe, lediglich das Konto ist dann vielleicht in Hongkong oder Singapur. Somit kann die Zahlungsverpflichtung nicht mehr durchgesetzt werden.

Des Weiteren ist nicht alles, was irgendwo bei Schweizer Banken liegt, zu versteuerndes Kapital. Zu den Vermögenswerten im Sinn des Abkommens zählen beispielsweise nicht die Inhalte von Schrankfächern. Es gibt Hinweise, dass die Nachfrage nach Schrankfächern in der Schweiz in den letzten Wochen deutlich angestiegen ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Mit dem Vertrag soll auch die pauschale Nachversteuerung von bisher unversteuertem Altvermögen in der Schweiz geregelt werden. Schätzungen gehen von bis zu 300 Milliarden Euro aus. Die pauschale Besteuerung, die zwischen 19 und 34 Prozent liegen soll, ist für die meisten Betroffenen deutlich niedriger als ihr persönlicher Einkommensteuersatz, zu dem sie ihr Geld eigentlich hätten versteuern müssen. Es geht hier also um Steuermindereinnahmen in Milliardenhöhe, die der Allgemeinheit entzogen werden. Das widerspricht in eklatanter Weise dem Prinzip der Steuergerechtigkeit und damit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechend Artikel 3 unseres Grundgesetzes. Ich spreche hier vor allem die Kolleginnen und Kollegen der CDU an. Erklären Sie das doch mal dem normalen Steuerzahler, dem Bürger, der Bürgerin auf der Straße, wo doch schon jetzt Lohneinkünfte höher besteuert werden als Kapitaleinkünfte!

Zum Zweiten will ich auf das fragwürdige Rechtsverständnis in diesem Abkommen hinweisen. In Artikel 7 Abs. 7 steht, dass alle Steueransprüche vor dem Stichtag 31. Dezember 2002 komplett ohne jede Abgeltungsteuer erlöschen. Damit werden unzählige Milliarden Euro ohne Nachzahlung oder Strafe legalisiert. Gleichzeitig sollen die der pauschalen Nachbesteuerung unterfallenen Steuerflüchtlinge straffrei und anonym bleiben. Ich frage Sie besorgt: Was ist das für ein Rechtsverständnis? Es geht um hinterzogene Gelder. Jeder kleine Diebstahl wird – zu Recht! – strafrechtlich verfolgt. Wenn es aber darum geht, dass bis zu 300 Milliarden Euro unversteuert bleiben, dann soll das mit einer Amnestie belohnt werden. Mit der Linken ist das nicht zu machen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Insgesamt bedeutet das Abkommen keine konsequente Bekämpfung von Steuerbetrug, und es bedeutet die Legalisierung von erheblichen Steuermindereinnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe.

Herr Buchholz! Sie haben vorhin gefragt, wo die Mehreinnahmen herkommen. Ich sage es Ihnen: Lehnen Sie die Ratifizierung dieses Abkommens im Bundesrat ab! Stimmen Sie unserem Antrag zu, und lassen Sie nicht zu, dass wir hier auf Steuereinnahmen verzichten! Bleiben Sie konsequent in Ihrer Forderung nach Steuermehreinnahmen für die Länder und Kommunen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN]

Für die Fraktion der SPD hat nun Frau Flesch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen von der Linken! Es ist ein wirklich komplexes Thema, das Sie hier jetzt mal kurz durchwinken möchten. Komplex, kontrovers, höchst kompliziert!

[Wolfgang Brauer (LINKE): Also brauchen wir einen Sonderausschuss! Und man sollte auch darüber nachdenken, ob man erst nachdenkt und dann entscheidet oder ob man erst ent- scheidet und dann vielleicht nachdenkt. Sie wollen ganz auf die Schnelle dieses Thema beschließen und abräu- men, [Uwe Doering (LINKE): Was heißt „auf die Schnelle“? Im Bundesrat wird demnächst entschieden!]

obwohl dieses Steuerabkommen landauf, landab in den Parlamenten heftig diskutiert wird. Es wird im Bundestag diskutiert, es wird bei uns diskutiert, und die Schweizer müssen sogar noch eine Volksabstimmung machen. Ich weiß nicht, ob das die richtige Philosophie ist, eine Ent

schließung abzuräumen und sich dann mit dem Thema nicht mehr zu beschäftigen, oder ob es sinnvoller ist, dem Senat aufzugeben, bestimmte Forderungen im Bundesrat zu verhandeln. Ich weiß auch nicht, ob Ihre potenziellen 300 Milliarden Euro, an die wir ja nur rankommen, wenn wir entsprechend viele CDs zugespielt bekommen –

[Dr. Manuela Schmidt (LINKE): Da kommen wir doch ohnehin ran!]

also potenzielle, virtuelle 300 Milliarden Euro Steuereinnahmen –, tatsächlich sehr viel helfen.

All das sind Fragen, weshalb wir – die Fraktion der SPD und die Kollegen von der CDU – sagen: Wir möchten dieses Thema in den Ausschüssen besprechen.

[Uwe Doering (LINKE): Das wäre dann nach der Bundesratssitzung!]

Denn – und da gebe ich Ihnen recht – dieses Abkommen ist nicht gut.

[Zurufe von der LINKEN]

Aber man kann versuchen, es nachzuverhandeln, und ich denke, das ist der richtige Weg. Dabei sind dann wichtige Forderungen einzubringen, und erst wenn man damit scheitert, kann man sagen: Lieber kein Abkommen als ein schlechtes Abkommen!

Die Forderung, die Nachbesteuerung auf eine vernünftige finanzielle, also eine reelle Zahlenbasis zu stellen – –

[Uwe Doering (LINKE): Aber Ende November, Anfang Dezember ist es im Bundesrat!]

Kollege Doering! Ich möchte nicht lauter werden müssen, aber ich möchte mich noch gerne selber verstehen.

[Uwe Doering (LINKE): Aber Sie müssen trotzdem etwas dazu sagen, was im Bundesrat beschlossen werden soll!]

Auch die Steuersätze in der Pauschale zwischen 19 und 34 Prozent sind fragwürdig. Auch da müsste nachverhandelt werden. Und natürlich dürfen die deutschen Steuer- und Strafverfolgungsbehörden keine zahnlosen Tiger bleiben. Aber das sind Forderungen, die man nicht mehr erheben kann, wenn man sagt: Ich entschließe jetzt – nein!

Wir werden das in den Ausschüssen beraten. Wir werden im Zweifel dem Senat aufgeben, im Bundesrat entsprechende Verhandlungen zu führen.

[Uwe Doering (LINKE): Im Zweifel! – Udo Wolf (LINKE): Nach der Bundesratsentscheidung!]

Wir müssen darüber nachdenken, ob potenzielle Steuereinnahmen, von denen wir nicht wissen, ob wir sie bekommen, sondern wo wir nur vermuten, dass sie da sind, und an die wir nur durch am äußersten Rand der Legalität

erwirtschaftete Daten rankommen könnten, besser sind als ein solches Abkommen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Flesch?