Nein, vielen Dank! – Vielleicht kommt man zu dem Ergebnis: Kein Abkommen ist besser als dieses Abkommen! – Aber ich denke schon, dafür sollten wir uns die Zeit nehmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt ist in der Tat – da gebe ich der Kollegin Flesch recht – ein sehr vielschichtiges, komplexes und auch sehr ernstes Thema. Frau Kollegin Dr. Schmidt! Ich finde nicht, dass Sie das in der gebotenen Ernsthaftigkeit angegangen sind, sondern es war Populismus und nichts anderes, was Sie hier dargelegt haben.
Ich glaube auch, dass man das im Lichte dessen diskutieren muss, was möglich und machbar ist, denn wir haben hier keine einseitige Vereinbarung, die wir abschließen können, sondern wir müssen das in einer Verhandlung mit der Schweiz erreichen. Wenn wir einmal ehrlich sind: Was hat denn der Druck, den wir in den letzten Jahren gegenüber der Schweiz aufzubauen versucht haben, gebracht? – Er hat nichts gebracht. Also ist der Weg eines Abkommens dann doch wohl der vernünftige Weg, denn Steuergerechtigkeit ist ein sehr hohes und wirklich wichtiges Gut.
Deshalb muss man aus meiner Sicht bei diesem gesamten Abkommen folgende Prämissen sehen: Die erste ist die berechtigte Durchsetzung von Steueransprüchen deutscher Behörden, und zwar konsequent. Hierbei gibt das Abkommen einen Weg für die Zukunft und für die Vergangenheit auf. Für die Vergangenheit ist schon gesagt worden, dass unversteuerte Vermögenswerte mit einem
Steuersatz zwischen 19 und 34 Prozent pauschal versteuert werden sollen, und damit ebnet man – zwar anonym – den Weg aus der Steuerflucht. Aber auch für die Zukunft wählt man eine pauschale Abgeltungsteuer – unabhängig davon, ob in Deutschland oder in der Schweiz Vermögenswerte oder Einkünfte erzielt wurden.
Der Weg ist auch nicht neu. Das letzte Mal ist dieser Weg der Steueramnestie 2004 von der rot-grünen Bundesregierung gegangen worden. Was waren die wesentlichen Elemente, die Rot-Grün 2004 aufgelegt hat? – Eine strafbefreiende Erklärung und eine pauschale Besteuerung von 25 Prozent, abzüglich Werbungskosten, was effektiv 15 Prozent bedeutete! Und am Ende hat man von den prognostizierten 50 Milliarden Euro an Mehreinnahmen nur 1,5 Milliarden Euro realisiert.
Insofern verspricht das jetzige Abkommen schon allein durch die Vorauszahlung der Schweiz in Höhe von 2 Milliarden Franken, die gleich fließen – wobei insgesamt ein zweistelliger Milliardebetrag erwartet wird – finanziell für Bund und Länder mehr.
Man muss auch sehen, dass ein solches Abkommen durch die pauschale Besteuerung für die Zukunft dazu führt, dass es ein unkalkulierbares Entdeckungsrisiko für Steuerhinterzieher gibt, was einen Abschreckungseffekt hat – ähnlich wie die von Ihnen, Frau Kollegin von der Linken, offenbar favorisierte Form des CD-Ankaufs. Ich finde, Abschreckungseffekte sind wichtig, um Steuerflucht zu verhindern. Das Entscheidende ist doch, dass die Steuerflucht unattraktiv gestaltet wird – dadurch, dass sie pauschal besteuert wird.
Ihr Vorgehen lässt viele Fragen offen. Sie sagen nicht, dass Sie nachverhandeln wollen, sondern Sie wollen, dass das Abkommen im Bundesrat abgelehnt wird. Wollen Sie, dass es kein Abkommen gibt? – Wenn es aber kein Abkommen gibt, wäre die Folge, dass die alte Rechtslage gilt, und das heißt, dass Sie diejenigen, die Sie heute nicht haftbar machen können, nicht haftbar machen. Stattdessen gehen Sie dann einen Weg des geringsten Widerstandes und lassen die Rechtslage so, wie sie ist. Ich würde dann doch lieber die bekannten Möglichkeiten durch ein Abkommen nutzen.
Oder aber Sie sagen am Ende, dass Sie ganz auf die Einnahmen verzichten, denn das, was Sie hier beziffern – die Vermögenswerte, die in die Schweiz transferiert werden –, ist virtuell. Sie können die Steuersünder doch gar nicht haftbar machen. Dass das Ganze anonym läuft, trägt doch auch dazu bei, dass man hier über eine pauschale Versteuerung vorgehen kann.
Also ich teile das, was Frau Flesch gesagt hat. Es gibt viele Fragen, die in dem Zusammenhang zu klären sind. Das wollen wir gemeinsam im Ausschuss tun, und dann
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Willkommen wieder hier in diesem Theater! Frau Flesch! Herr Graf! Ja, ich finde, man muss abwägen, aber meine Grundthese wäre: Was wir über dieses Abkommen wissen, zeigt, dass diese Abwägung bei Ihnen falsch ausfällt, dass Sie sich dieses Abkommen schönreden und dass die Linkspartei insbesondere, weil hier Gefahr im Verzuge ist, nicht nur mit dem Inhalt des Antrags, sondern auch mit der Bitte um eine Sofortabstimmung völlig richtig liegt, wofür sie unsere Unterstützung hat.
Ja, das ist eine trockene Materie. Aber der Bund der deutschen Kriminalbeamten hat das Abkommen meines Erachtens richtig auf den Begriff gebracht: Dies ist die größte Begnadigung deutscher Straftäter, die die Geschichte je gesehen hat, sagt der Bund der deutschen Kriminalbeamten.
Es werden nicht nur die Steuerhinterzieher amnestiert, sondern es werden auch die Mitarbeiter der Schweizer Banken, die eigentlich Beihilfe zur Steuerhinterziehung und andere Delikte begangen haben, amnestiert. Die Einzigen, die von dieser Amnestie ausgenommen sind, sind die Mitarbeiter bei Schweizer Banken, sofern sie Taten nach Schweizer Recht begangen haben. Das heißt im Klartext, dass es diejenigen sind, die die Steuer-CDs entwendet haben und damit maßgeblich zur Aufdeckung Tausender von Straftaten in Deutschland beigetragen haben. Sie sind die Einzigen bei diesem Abkommen, die nicht straffrei ausgehen. Ich finde das skandalös.
Nun kann man sich natürlich – genau wie Sie das gesagt haben – fragen: Was bekomme ich denn dafür? Herr
Graf, ich habe mir einmal die Mühe gemacht – Sie kennen mich –, mir die einschlägigen Foren, Zeitschriften und Artikel anzuschauen, in denen – was völlig in Ordnung ist – Steuerberater, Rechtsanwaltskanzleien etc. die Betroffenen beraten, wie man sich jetzt zu der Sache praktisch verhalten soll, wenn man Geld in die Schweiz hinterzogen hat. Daraus – das kann man grob sagen – entstehen drei Gruppen. Es gibt eine Gruppe derer, die versteuertes Geld in den letzten acht Jahren in die Schweiz gebracht haben und die normale Kapitalerträge und Zinseinkünfte gehabt haben. Denen wird geraten, dass sie mit dieser Abgeltung besser dastehen, als sie ansonsten an Steuern hätten zahlen müssen; sie haben damit nichts zu verlieren.
Ferner gibt es die Gruppe derer, die in der letzten Zeit wiederum aus versteuertem Einkommen ihre Kapitalbeträge in der Schweiz aufgestockt haben. Denen wird geraten, dass die Abgeltung nachteilig ist. Es wäre möglicherweise besser, sie zeigten sich selbst an.
Dann gibt es die dritte Gruppe – das ist der eigentliche Skandal –, die einen echten und richtig hohen steuerlichen Vorteil erzielen, indem sie nicht versteuerte Schwarzeinkünfte in den letzten Jahren in die Schweiz verbracht haben und in erheblichem Maß nicht deklarierte Erbschaften, Schenkungen, verschwiegene Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Provisionen und Tantiemen in die Schweiz getragen und daraus Einkünfte erzielt haben. Diese kommen durch dieses Verfahren auf eine maximale Belastung von 34 Prozent. Sie hätten bei einer Normalbesteuerung in Deutschland mit über 50 Prozent zur Ader gelassen werden müssen. Das ist nicht nur meiner Ansicht nach unter Gerechtigkeitsaspekten und allen anderen Aspekten, die man hier diskutieren kann, ein politischer Skandal, sondern wirft auch schwerwiegende verfassungsrechtliche Fragen auf. Kann es rechtlich überhaupt so gehen, dass ausgerechnet die Gruppe, die die schwersten Vergehen begangen hat, diejenige ist, die aus dem Abkommen am allerbesten herauskommt? Wohl kaum!
[Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Nikolaus Karsten (SPD)]
Es sind beispielsweise die Umgehungsmöglichkeiten genannt worden, beispielsweise das Konto geht woanders hin, die Bank und der Mitarbeiter bleiben gleich. Die Erbschaftsteuer ist in der Sache nicht verhandelt. Letztendlich läuft es in der deutschen Steuersystematik auch auf eine Zementierung des Systems der Abgeltungsteuer
Frau Präsidentin! Sie waren heute so korrekt und müssen es auch zu mir sein. – Damit bin ich am Ende, habe aber vielleicht erklärt, warum ich der Meinung bin, die Abwägung treffen zu können; ich lehne dieses Abkommen ab.
Danke schön! – Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stimme der Kollegin Flesch zu, dass das ganze Thema äußerst komplex ist und durchaus auch länger diskutiert werden kann. Die Frage ist natürlich auch, welches Medium man dafür wählt. Die Piratenpartei hat dafür sechs Tage gebraucht. Wir haben LiquidFeedback genutzt, unser Online-Abstimmungssystem, und haben ein Ergebnis erzielt.
Sie sind gerade Zeuge einer historischen Situation. Wir haben 391 Dafür-Stimmen, 22 Enthaltungen und 64 Ablehnungen. Das entspricht einer Zustimmungsrate von 86 Prozent. Wir unterstützen den Antrag der Linken und lehnen das Steuerabkommen mit der Schweiz ab.
Offensichtlich ist der Kompromiss faul. Warum wird also dieser faule Kompromiss geschlossen? – Es geht darum zu sagen: Wir wollen etwas Geld, weil es besser ist, als vielleicht gar kein Geld zu bekommen. Das ist natürlich eine Mischung aus Faulheit oder Feigheit oder auch einfach eine Kapitulation vor den Umständen. Diese Kapitulation vor den Umständen ist sicherlich nicht der richtige Weg.