Stattdessen sollen wir heute hier als Parlament für das unternehmerische Versagen von Wowereit und Co. einfach so einen Blankoscheck ausstellen. – Ja, unternehmerisches Versagen ist es tatsächlich gewesen. Kommen Sie nicht mit der Geschichte, der Flughafen sei doch faktisch schlüsselfertig bis auf die Brandschutzanlage.
Wofür brauchen Sie eigentlich dann noch 1,2 Milliarden Euro zusätzlich, frage ich mich. Nach allem, was Sie hier geliefert haben in den letzten Monaten, alle Vorwarnungen, die im März noch von Ihren Beratungsgesellschaften kamen, in den Wind geschlagen haben, in Ihrem Tunnel zum Schluss noch glaubten, die Mensch-MaschineSchnittstelle wird es schon noch richten – nach all dem haben Sie die Chuzpe, hier anzukommen und einfach beim Parlament die Hand aufzuhalten. Sie liefern zur Begründung von immerhin 444 Millionen und zur Finanzierung Ihres Debakels einen läppischen Schmierzettel ab – selten so was gesehen –: Keine einzige Frage wird von Ihnen beantwortet. Wann erreicht der Flughafen seine schwarze Null, fragt man sich. – Die langfristige Planung steht –, ist Ihre Antwort. Wie ist der Stand des EUBeihilfeverfahrens? – Läuft, ist Ihre Antwort. Reichen die 322 Millionen Euro Risikovorsorge für die Schadenersatzforderungen, die nicht nur Air Berlin einklagen wird? – Kein Thema, sagt der Senatssprecher in der Zeitung. Wie nannte es die Süddeutsche Zeitung völlig zu Recht? – Das ist die Rückkehr in die mentale Wagenburg –, und genauso ist es wieder.
Wir haben es in den ganzen letzten Monaten erlebt: Nichts sagen, Probleme totschweigen, Durchhalteparolen ausgeben. So ist das Debakel am BER zustande gekommen. Genauso machen Sie von Schwarz bis Wowereit untergehakt weiter.
Wir wollen diesen Flughafen skandalfrei und ohne weitere Risiken fertigstellen. Doch für diejenigen in Aufsichtsrat und Geschäftsführung, die dieses Desaster veranstaltet haben, darf es aus unserer Sicht keinen weiteren Cent mehr Steuergeld zu verschwenden und ohne jegliche
Bedingung geben. Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, stellen Sie diesen gleichen Leuten heute bedingungslos eine Wanne voller Geld hin und sagen achselzuckend: Macht doch einfach weiter so! – Wo bleibt eigentlich Ihr Selbstbewusstsein als Abgeordnete? Wo bleibt Ihre Verantwortung für die Zukunft und für den Berliner Haushalt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Am 31. Oktober sollten alle Bezirke eine Zielvereinbarung mit der Senatsverwaltung für Finanzen zu ihrem Personalabbaupfad abgeschlossen haben. Heute, am 8. November, liegen lediglich die Zielvereinbarungen mit Pankow, Steglitz-Zehlendorf und Reinickendorf vor.
Die Bezirke Neukölln und Tempelhof-Schöneberg müssen kein weiteres Personal abbauen. Weitere Zielvereinbarungen liegen uns nicht vor. Woran liegt das? Liegt es möglicherweise daran, dass bereits jetzt die Personalsituation in den Bezirken so prekär ist, dass wichtige Aufgaben nicht im notwendigen Umfang und mit gebotener Qualität umgesetzt werden können? Liegt es möglicherweise auch daran, dass den Verantwortlichen in den Bezirken schlichtweg die Fantasie fehlt, welche Aufgaben künftig wegfallen oder privatisiert werden sollen? Welche Antworten geben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den besonders betroffenen Bezirksämtern in Treptow-Köpenick, Lichtenberg, Mitte, Marzahn-Hellersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg? Darüber müssen wir jetzt und hier reden, weil sonst irreparable Schäden in den Bezirken eintreten werden.
In dieser Woche startet der Senat die versprochene Offensive für 10 000 neue Straßenbäume. Großartig!
Es ist nämlich gleichzeitig Hohn, wenn in MarzahnHellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg bis zum Jahr 2016 ein Viertel aller Gärtnerinnen und Gärtner in den Ruhestand gehen und die Stellen nicht wieder besetzt werden sollen. In Marzahn-Hellersdorf müssen derzeit
Jugendfreizeiteinrichtungen temporär geschlossen bleiben, weil die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen die personelle Notlage im Kinderschutz ausgleichen sollen.
Der Bezirk denkt auch laut darüber nach, alle Stellen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst des Ordnungsamts ersatzlos wegfallen zu lassen. Hundebesitzer und Parksünder wird das sicherlich freuen. Da kann man nicht auf ein Konzept warten, das der Senat für das kommende Jahr angekündigt hat. Da muss jetzt und sofort gegengesteuert werden. Das wollen wir mit Ihnen in dieser Aktuellen Stunde diskutieren.
Wir brauchen keine Fortschreibung alter Konzepte, die nur auf Altersfluktuation setzen. Wir brauchen gezielte Maßnahmen auch zur Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Bezirken. Es ist eine alte Weisheit, dass ein verstärkter Einsatz von qualifiziertem Personal Ausgaben an anderer Stelle verringern kann. In Mitte haben drei Kolleginnen und Kollegen, die die Abrechnung der mehr als 200 Pflegedienste im Bezirk kontrollieren, Minderungen der Rechnungsbeträge in Höhe von mehr als 300 000 Euro erwirtschaften können. In Neukölln wurde die gleiche Erfahrung gemacht, nur andersherum. Dort führten Personaleinsparungen im Sozialamt zu einem sprunghaften Anstieg der Ausgaben für Wohnungshilfen in Millionenhöhe.
Das sind nur einige der vielen Beispiele, die zeigen, wohin Personalabbaukonzepte führen, die Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, den Bezirken verordnen, nur um am Ende der Wahlperiode sklavisch die Zielzahl von 20 000 Vollzeitäquivalenten zu erreichen.
Sehr geehrte Damen und Herren von der SPD und von der CDU! Nach Ihrer Auffassung haben wir uns im Hauptausschuss nun schon genug mit dem Thema „Personal und Bezirke“ befasst. Zu mehr haben Sie ja wohl keine Lust. Doch sieben Bezirke sind in der Not und wissen nicht, wie sie die von Ihnen geforderten Personaleinsparungen untersetzen sollen. Darüber wollen wir jetzt und hier reden.
Wie gehen Sie mit der Tatsache um, dass allein in den Bezirken in den nächsten sechs Jahren fast 7 000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen? Welche Ideen haben Sie, um den Bedarf an Fachkräften für das kommende Jahrzehnt zu decken? Wollen Sie wirklich warten, bis die Zahl der Knöllchenschreiber größer ist als die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bürgerämtern? Wir wollen einen gut funktionierenden öffentlichen Dienst im Land Berlin und in den Bezirken, und wir wollen gut qualifizierte und hochmotivierte Mitarbei
terinnen und Mitarbeiter. Es ist Ihre und unsere gemeinsame Pflicht, Schaden vom Land Berlin abzuwenden, und die Bezirke sind wichtiger Teil dieses Landes. Stellen Sie sich also jetzt Ihrer Verantwortung!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Meine Fraktion beantragt eine Aktuelle Stunde, in der es um die Vorkommnisse auf dem Pariser Platz seit dem 24. Oktober geht. Dort protestieren geflüchtete Menschen gemeinsam mit Unterstützerinnen und Unterstützern gegen die unmenschlichen Asylgesetze und die menschenunwürdigen Zustände in Sammelunterkünften. Ihre Forderungen sind: sofortiger Abschiebungsstopp, Abschaffung der Residenzpflicht, die Menschen daran hindert, ohne Genehmigung einen von der Behörde zugewiesenen Landkreis zu verlassen, Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das Asylsuchenden gerade einmal 60 Prozent des ALG-II-Satzes zubilligt – 30 Euro Taschengeld bekommt man als Asylbewerberin oder Asylbewerber, so viel steht nach Empfehlung des Jugendamts einer 16-Jährigen zu – und Abschaffung der zwangsweisen Unterbringung in Sammelunterkünften. So weit zum Thema der Versammlung. Das ist nämlich nicht ganz irrelevant, wenn es darum geht, das Vorgehen von Versammlungsbehörde, Polizei und Bezirksamt Mitte zu bewerten.
Dieses rechtsstaatliche Vorgehen im Umgang damit ließen Versammlungsbehörde, namentlich der Polizeipräsident von Berlin und die eingesetzten Beamten an vielen Stellen vermissen. Entgegen den Aussagen des innenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion und seinem fachfremden Innensenator kam es da nämlich durchaus zu Rechtsverstößen der Polizei. Zwei Beispiele: Am 26. Oktober beschlagnahmte die Polizei bei einer Versammlungsteilnehmerin eine Isomatte, die sie sich um den Körper gewickelt hatte und einen Schlafsack, den sie in einem Rucksack bei sich führte. Die Polizei verhinderte zudem wiederholt, dass den Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern Decken, Schlafsäcke u. Ä. gereicht wurden. In der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober nahm die Polizei 16 Regenschirme, 9 Decken, einen Schlafsack, 9 Wärmflaschen und diverse Pappen, die als Schlafunterlagen genutzt wurden, in Verwahrung. Für die sichergestellten Gegenstände wurde den Eigentümerinnen und Eigentümern nicht eine einzige Quittung ausgestellt.
Das Verwaltungsgericht Berlin bewertet den Vorgang so: Soweit es um die Nutzung – ich zitiere – „von Zelten und
Pavillons ohne entsprechende Sondernutzungserlaubnis geht“, hat das Verwaltungsgericht das Verhalten der Polizei gebilligt. So habe das Zelt, das entfernt wurde, bereits am 24. Oktober für einen objektiven Betrachter nach außen hin neutral gewirkt – Zitat wieder –, „sodass hieraus kein auf die kollektive Meinungsäußerung gerichteter Zweck sich entnehmen lässt“. Hätten die Versammlungsteilnehmer das Zelt mit entsprechenden Parolen beschriftet und durch weitere Gestaltungsideen eine Assoziation zu den unwürdigen Unterkünften von Flüchtlingen hergestellt, hätte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts anders ausgehen müssen.
Soweit es um die Wegnahme von Sitzkissen, kleiner Pappen oder ähnlicher Sitzunterlagen sowie am Körper getragene Isomatten oder Manteldecken geht, hat das Verwaltungsgericht die entsprechenden Auflagen und das daran anknüpfende Verhalten der Polizei vor Ort für rechtswidrig erklärt. Es hat hierin einen Verstoß gegen Artikel 8 des Grundgesetzes – namentlich Versammlungsfreiheit – gesehen. Es hat sich sogar veranlasst gesehen, darauf hinzuweisen, dass die – ich zitiere wieder –
Nutzung von Wärmflaschen, Handwärmern, warmen Getränken u. Ä. ebenfalls ohne Weiteres dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit untersteht und entgegen der bisherigen Handhabung polizeilich in jedem Fall zuzulassen ist.
Sie sehen, das Berliner Verwaltungsgericht ist mitnichten der Auffassung der Berliner Innenverwaltung oder der CDU. Vielmehr ist hier die Polizei Berlin eingesetzt worden, um mit rechtsstaatlichen und rechtswidrigen Mitteln eine angemeldete Versammlung zu beenden. Das Verfahren kennen wir aus vielen Beispielen. Zuerst werden Tatsachen geschaffen, die dann zwar im Nachgang als rechtswidrig eingestuft werden dürfen, aber nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Ob das Einsätze auf Demonstrationen sind, Hausdurchsuchungen, Räumungen, die Liste kann lang werden. Dabei kann man den einzelnen Beamten immer nur teilweise einen Vorwurf machen, denn Korpsgeist und das Feindbild Demonstrant oder die Fehlinterpretation von Einsatzbefehlen haben System und werden von den Vorgesetzten noch gefördert.
Was neben der technokratischen Art, wie in Berlin Flüchtlinge behandelt werden, deutlich geworden ist, ist die heuchlerische Art und Weise unserer christlichen Demokraten, der CDU.
Da erklärt der innenpolitische Sprecher Juhnke, dass die Polizei, die mehrmals in die Menge der Flüchtlinge hineinprügelte, rechtmäßig gehandelt habe. Dass Herr Juhnke dann den Pariser Platz fälschlicherweise noch als be
friedeten Bezirk bezeichnet, zeigt die fachliche Inkompetenz dieses innenpolitischen Sprechers. Herr Juhnke! Sie sollten sich vielleicht einen neuen PR-Berater zulegen. Wenn alle Ihre öffentlichen Aussagen so viel Halbwertszeit besitzen wie die in Ihrer Pressemitteilung, in der es so schön heißt, das Verhalten der Polizei war rechtmäßig, scheint das eine adäquate Maßnahme. Ich erinnere mich auch noch an die vorletzte Plenarsitzung, in der Sie persönlich behaupteten, es seien keine Akten über den NSU in Berliner Behörden geschreddert worden. Wie weit das gehalten wurde, sehen wir ja gerade. Herr Juhnke findet das deutsche Asylrecht unheimlich human. Er findet Polizeischikane rechtmäßig. Und er findet, dass man geschwächten, hungernden Menschen bei nächtlichen Minusgraden ruhig Decken und Schlafsäcke wegnehmen kann, denn die Asylanten sollen es in seinem schönen Deutschland nicht allzu bequem haben.
Diese Haltung kennt man eigentlich aus der bräunlichen Ecke. Berührungsängste sucht man ebenfalls vergebens. So trat er zum Beispiel im April dieses Jahres bei der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg auf, einer schlagenden Verbindung, die nach eigenen Angaben einen volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff vertritt, –
Ich bin sofort fertig! – also Ausdrücke, die man aus weniger demokratischen Parteien kennt. Selbst Günther Beckstein hatte 2001 vor dieser Burschenschaft gewarnt, hat sie vom Verfassungsschutz beobachten lassen. Dort tritt Herr Juhnke auf und salbadert über Berliner Verhältnisse.
Berliner Verhältnisse, das sieht Herr Juhnke anders. Das ist auch der schäbige Umgang mit Flüchtlingen und Demonstranten. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, für den sich im Ältestenrat eine Mehrheit abzeichnete. Wer diesem Thema zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen, die Koalitionsfraktionen, der fraktionslose Kollege und die Piraten. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei der Fraktion Die Linke. Somit rufe ich dieses Thema für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 a auf. Die Fraktionen haben sich darauf verständigt,