Herr Kollege Buchholz! Vielen Dank erst mal für die klare Absage an die Energiepolitik der schwarz-gelben Bundesregierung! Sie koalieren ja hier im Land mit der CDU, und ich wollte Sie fragen, wie Sie es bewerten, dass keine zuständigen Senatoren zu dem Thema im Raum sind.
Die Bewertung liegt, glaube ich, nicht bei mir. Das können Sie bewerten. Vielleicht wäre es auch schön, wenn wenigstens einer da wäre. Da bin ich bei Ihnen. Aber das müssen wir uns alle an der Stelle so anschauen.
Von Frau Dr. Hiller? – Natürlich! Die Dame, die eben als Erste und Einzige geklatscht hat! Bitte sehr, Kollegin!
Was die Abschaffung von Industrieprivilegien, die unberechtigt sind, angeht, sind wir uns absolut einig.
Wenn es um das Thema Strompreisaufsicht geht – auch da zeigt der Antrag der Linken in die richtige Richtung. Ob man das in dieser Form technisch umsetzen sollte, ob man eine Behörde schaffen muss, ob man sich andere strompreisregulierende Mechanismen überlegen muss, das würden wir gern noch mit Ihnen im Fachausschuss diskutieren. Ich glaube, Sie wissen, es gibt dort verschiedene Lösungsansätze, aber die Grundintention ist korrekt: Es fehlt eine verbindliche Energieaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland. Das brauchen wir wieder.
Zum dritten Punkt, „Energiewende sozial gestalten“: Wir erleben im Augenblick rasant steigende Energiepreise. Wenn wir jetzt eine Umfrage machen würden auf den Straßen von Berlin: Woran, glauben Sie, liegt es, dass Ihr Strompreis gerade so ansteigt, dass Vattenfall 13 Prozent
mehr haben möchte, dass andere Versorger um 10, um 12 Prozent erhöhen? Dann werden die meisten sagen: Es liegt an den erneuerbaren Energien und der Umlage dafür. Da kann ich nur sagen: Die Kohle- und die Atomlobby haben gut gearbeitet, haben viel Geld für Kampagnen ausgegeben und dabei ein Stück weit auch – ich kann es fast nur so nennen – Volksverdummung betrieben, denn wenn man sich die realen Kosten und die realen Umverteilungen anschaut, die im System stehen – was auch immer gern unterschlagen wird –: Was wurde anfangs investiert und an Forschungsgeldern ausgegeben für bestimmte Technologien? – Kohleindustrie: fast 200 Milliarden Euro, Atomindustrie mit allen Atomforschungsbereichen: weit über 50 Milliarden Euro. Wenn wir nur einen Bruchteil davon für die Zukunft ausgeben, für erneuerbare Energien, dann nehmen wir die richtige Weichenstellung vor, nämlich dass wir saubere Energie haben, die auch, ohne dass wir in anderen Ländern etwas einkaufen müssen und ohne dass wir die Umwelt belasten, eine vernünftige Energieversorgung für uns sicherstellt. Dafür sollten wir gemeinsam kämpfen, auch als Abgeordnetenhaus.
Wir haben als SPD-Fraktion und als SPD-Landesparteitag, was das Thema Energiearmut angeht, einen wegweisenden Beschluss gefasst – übrigens schon vor zwei Jahren. Sie haben hier einen Ansatz, der sagt: Stromsperren grundsätzlich verbieten! – Hört sich gut an, wird vielleicht für einen Teil eine Lösung sein, aber es ist keine langfristige Lösung. Wir schlagen vor, dass wir bundesweit dazu kommen müssen, dass jeder Endverbraucher und jede Endverbraucherin letztlich eine Art Grundkontingent zu einem verbilligten Preis bekommen soll, diese 500 Kilowattstunden pro Jahr pro Nase. Das kann ich an meinem Hauptwohnort meinem Grundversorger mitteilen, das ist letztlich ein verbilligtes Stromkontingent, und danach gibt es eine klare Preissprungfunktion, die nächste Kilowattstunde wird deutlich teurer. Damit habe ich zwei tolle Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen wird jemand, der Energie spart, wirklich bevorzugt. Leute, die wenig Einkommen haben, Haushalte, die wenig Einkommen haben, haben durch dieses verbilligte Grundkontingent auch eine sehr gute Grundlage, das selbst stemmen zu können – auch mit einem Hartz-IV-Satz. Und wir haben auch die echte Einsparanreizwirkung für alle anderen Haushalte, die wir dringend benötigen. Wir würden das gern verfolgen, ob das nun über ein Stromsperrverbot – –
Ja, Frau Präsidentin, gerne! – Das müssen wir nicht mit einem Sperrverbot machen, sondern wir glauben, ein Grundkontingent wäre der richtige Weg.
Die SPD steht im Bund wie im Land für eine zukunftsfähige Energiepolitik. Wir wünschen uns Ihre Unterstützung dafür hier im Land wie auch insgesamt im Bund. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Buchholz! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Schäfer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich so in die Reihen von CDU und SPD gucke, wo die Mehrheit nicht da ist, und im Senat auch, dann frage ich mich: Gibt es irgendwo noch einen zweiten Plenarsaal, wo die alle sitzen?
Da wurde wohl gerade Herrn Müller gesagt, dass er jetzt in die Verantwortung muss und sich diese Debatte anhören muss, deshalb ist er wohl als Erster gekommen. Schön wäre auch, wenn der Verbraucherschutzsenator anwesend wäre. Na gut, man kann nicht alles haben! Aber das ist ein Symbol dafür, was wir bei diesem Senat und dieser Koalition im Bereich Energiepolitik erleben. Das ist einfach Arbeitsverweigerung.
Das Thema Energiearmut, das die Linksfraktion auf die Tagesordnung gebracht hat, ist ein Beispiel dafür. Da sagt Herr Heilmann, die höheren Strompreise lägen am Atomausstieg und dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Dass der Ölpreis gestiegen ist, sich mehr als verdreifacht hat, dass der Kohlepreis sich mehr als verdoppelt hat, ist ihm nicht aufgefallen. Dass jetzt Investitionen in die Kraftwerkparks in Deutschland anstehen, und zwar egal, ob das neue Braunkohlekraftwerke sind, wie sie Herr Altmaier gerne einweiht, oder erneuerbare Energien, und dass deshalb der Strompreis steigen wird, diese Wahrheit bringt der Verbraucherschutzminister nicht über die Lippen, und ich frage mich, ob er sich dessen bewusst ist. Dass ihm diese Argumentation mit der Energiearmut gegen die Energiewende einer Bundesregierung, die gerade die Entwicklungshilfe gekürzt hat, keiner abnimmt, dass sollte Herr Heilmann mal merken.
Herr Müller hat dankenswerterweise gestern wenigstens klargestellt, dass Herr Heilmann da nicht für den Senat spricht, aber er hat auch gesagt: Es gibt keine Senatsposi
tion zu diesem Thema Energiearmut. – Es gibt sie einfach nicht, man beschäftigt sich damit nicht. – Herr Müller! Es ist Ihre Aufgabe, da eine Position herbeizuführen, und dass Sie das nicht tun, ist Arbeitsverweigerung auch von Ihnen.
Da helfen die schönsten Beschlüsse von SPD-Parteitagen nicht, Sie müssen dafür kämpfen, dass es hier mal eine Senatsposition gibt.
Arbeitsverweigerung, Herr Buchholz! – Landeseigene Netzgesellschaft, wo jeder Senator, der irgendwie Gestaltungswillen hat, doch sagen müsste: Ja, ich will! Ich will! Nein, ich! – Und was ist? – Das Gegenteil ist der Fall, der Senat muss den Herrn Müller dahin prügeln, weil Frau Yzer nicht will, weil Herr Nußbaum nicht will, und Herr Müller möchte auch nicht und muss es dann aber machen. Diese Art, Politik zu machen, dass man keinen Gestaltungswillen hat, sondern sich im Gegenteil davor drückt, ist das Problem Ihrer Koalition.
Herr Saleh! Seit vier Monaten kennen Sie den Gesetzentwurf, und wir müssen bis zum 16. Dezember hier darüber entscheiden, ob wir ihn im Kern annehmen oder nicht. Wo ist denn Ihr Gesetzentwurf? Wo ist denn Ihr Finanzantrag, um ein Stadtwerk zu gründen? Wo ist denn Ihr Kriterienkatalog für die Partnerwahl von BerlinEnergie? Herr Müller hat heute noch nicht mal ausgeschlossen, dass Vattenfall der Partner sein soll. Meinen Sie, so überzeugen Sie die Leute vom Energietisch? Sicher nicht, Herr Saleh!
Einfach da mal hingehen gestern Abend und ein bisschen erzählen, was eh jeder weiß, und gute Laune machen, das funktioniert nicht, denn die gute Laune hatten am Ende vielleicht Sie, die anderen nicht.
Nein, das tut mir überhaupt nicht weh! – Das Problem ist, wir haben hier eine Chance für dieses Land, endlich ein Stadtwerk zu gründen und die Netze endlich in Bürgerhand zu nehmen. Diese Chance haben wir, und Sie verspielen diese Chance gerade, weil Sie nichts unternommen haben, weil Sie keinen einzigen konkreten Schritt gemacht haben. Alles leere Worthülsen! So können Sie in der SPD vielleicht Politik machen, aber doch nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern!
Diese Art, sich vor den Aufgaben zu drücken und keine Vorschläge vorzulegen, im Senat keine Position zu finden, ist ein Problem, weil wir damit als Land auf Bundesebene unhörbar sind. Deshalb begrüßen wir, dass die Linksfraktion uns mit diesen Anträgen endlich dazu bringt, dass wir in diesem Haus eine Meinung finden, und Sie dazu zwingt, hier zu einer Position zu kommen. Denn einfach nur schöne Reden zu halten: Herr Buchholz! Es war eine schöne Rede, Sie haben mir ja inhaltlich fast nichts übriggelassen. Aber es kommt aufs Handeln an, und da sind Sie leider extrem schwach.
Vielen Dank, Herr Schäfer! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Garmer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Buchholz! Die Energiepolitik ist eines der Themen, an denen deutlich wird, warum SPD und CDU in Berlin koalieren und nicht fusionieren.
„Energiewende sozial gestalten“ – meine lieben Herren Kollegen Wolf, ich glaube, in diesem Ziel sind wir uns alle einig, nur was die Instrumente auf diesem Weg angeht, da haben wir verschiedene Auffassungen. Die CDU-Fraktion ist mit Ludwig Erhard der Meinung, dass ein funktionierender Markt aus sich heraus schon sozial ist, weil nur ein funktionierender Markt für die Verbraucherinnen und Verbraucher die beste Leistung zum besten Preis zur Verfügung stellt. Denken Sie zum Beispiel an die Erfahrungen, die wir im Bereich der Telekommunikation gemacht haben, als das Behördenmonopol durch den freien Wettbewerb abgelöst worden ist! Die Folge waren immer bessere, immer leistungsfähigere Telefongeräte und stetig sinkende Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das schafft nur der Wettbewerb, die beste Leistung zum besten Preis. Und das gilt auch für die Energiemärkte.