Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

insbesondere darüber, wen Sie eigentlich als Ihren Arbeitgeber sehen!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Piratenfraktion abstimmen. Das machen wir per Handzeichen. Wer dem Änderungsantrag Drucksache 17/0641-1 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind Piratenfraktion, Linksfraktion und die Fraktion der Grünen. Wer lehnt den Antrag ab? – Das sind SPD und CDU. Letzteres war die Mehrheit, damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun lasse ich über den Gesetzantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Druckssache 17/0075 abstimmen. Der Rechtsausschuss empfiehlt hierzu mehrheitlich – gegen die Oppositionsfraktionen – die Ablehnung. Zu diesem Antrag hat die Piratenfraktion die namentliche Abstimmung beantragt. Das hatten wir alles schon in der letzten Sitzung, das kennen wir jetzt gut. Ich bitte also zunächst den Saaldienst, die vorgesehenen Tische jeweils an den Seiten des Stenografentisches aufzustellen. Dann bitte ich die Beisitzerinnen und Beisitzer nach vorne. Nicht die, die hier oben sitzen – da kommt Frau Haußdörfer, die bereits ahnt, dass ich sie bitte, gleich zu reden, das kennt die Kollegin nämlich schon. Und zwar deshalb, weil die namentliche Abstimmung mit Namensaufruf durchzuführen ist, das steht in § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung.

Frau Kollegin Haußdörfer! Ich bitte Sie ganz herzlich, die Namen der Abgeordneten aufzurufen. Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen das ja: Ihnen werden die Stimmkarten durch die Präsidiumsmitglieder ausgegeben. – Frau Kollegin Michels! Sie haben den Überblick, sind alle da? – Ja, ich bekomme signalisiert, es sind alle da. Damit kein Kuddelmuddel entsteht, weise ich Sie darauf hin, dass die tatsächliche Stimmabgabe erst nach Namensaufruf möglich ist. Es werden zuvor die Urnenschlitze durch Präsidiumsmitglieder abgedeckt, nur so ist ein reibungsloser und geordneter Wahlgang möglich. Sie finden die Urnen vor, die eindeutig gekennzeichnet sind: Eine Urne für Ja, eine Urne für Nein, eine Urne für die Enthaltungen. Ich eröffne die Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0075. Der Rechtsausschuss hat, wie gesagt, mehrheitlich – gegen Grüne, Linke und Piraten – die Ablehnung empfohlen. – Frau Kollegin Haußdörfer! Ich bitte Sie, mit dem Namensaufruf zu beginnen!

[Aufruf der Namen und Abgabe der Stimmkarten]

Hatten alle Damen und Herren die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? – Frau Kollegin Haußdörfer, Sie

(Harald Wolf)

haben keinen gesehen, der noch nicht abgestimmt hat? – Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Präsidiumsmitglieder, die Auszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung wird die Sitzung unterbrochen.

[Auszählung]

Ich bitte, wieder Platz zu nehmen; denn ich beabsichtige, die Sitzung fortzusetzen und das Ergebnis zu verkünden. Ich bitte auch die Kollegen, die sich im kollegialen Gespräch befinden, Platz zu nehmen, falls es jemanden interessiert, wie die Abstimmung ausgegeben ist. – Kollege Doering ist interessiert. Das nehme ich wohlwollend zur Kenntnis.

Abgegebene Stimmen: 143

Ja-Stimmen:

Nein-Stimmen:

Enthaltungen gab es keine. Damit ist der Antrag Drucksache 17/0075 abgelehnt.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 26

a) Energiewende sozial gestalten (I) – ungerechtfertigte Industrieprivilegien abschaffen

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0636

b) Energiewende sozial gestalten (II) – Strompreisaufsicht einführen

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0637

c) Energiewende sozial gestalten (III) – Stromsperren verbieten

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0638

Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Kollege Harald Wolf hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat Vattenfall angekündigt, die Strompreise um 13 Prozent zu erhöhen. Vattenfall ist da nicht allein, in der Bundesrepublik haben mittlerweile ca. 600 Energieversorgungsunternehmen Strompreiserhöhungen in ähnlichen Dimensionen, zwischen 10 und 13 Prozent, angekündigt. Begründet wird dies damit, dass die Erneuerbare-Energien-Umlage gestiegen sei, weil die erneuerbaren Energien in der letzten Zeit so stark ausgebaut, in so großem Umfang zugebaut wurden.

Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die aufgrund der gestiegenen Preise ihre Strom- und Heizungsrechnungen nicht mehr zahlen können. Wir haben im letzten Jahr in Deutschland 312 000 Stromsperren gehabt, wie die Bundesnetzagentur gestern veröffentlicht hat. Und wir haben eine zunehmende Diskussion über Energiearmut in Deutschland, besorgte Stellungnahmen unter anderem der Wohlfahrtsverbände, aber auch des Deutschen Mieterbundes.

Gleichzeitig wird diese Situation von der Energiewirtschaft genutzt, um eine Kampagne gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz und gegen die Energiewende durchzuführen. Wenn man durch die Stadt geht, sieht man die Plakate, die teuer bezahlt werden. Hier arbeitet die Lobby daran, die Energiewende zu blockieren.

Wir sagen: Die Energiewende wird nur erfolgreich sein, wenn sie auch sozial ist und wenn sie auch auf Akzeptanz stößt. Deshalb schlagen wir vor, dass der Senat im Deutschen Bundesrat drei Initiativen auf den Weg bringt: Erstens: Die ungerechtfertigten Industrieprivilegien bei der Erneuerbare-Energien-Umlage sollen abgeschafft werden. Zweitens: Es soll wieder eine Strompreisaufsicht eingeführt werden. Drittens: Stromsperren für Privatkunden, die nachweislich ihre Rückstände nicht mehr bezahlen können, sollen gesetzlich unterbunden werden.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]

Wir haben in der letzten Zeit eine intensive Diskussion über dieses Thema gehabt, unter anderem auch über die Befreiung von Industriekunden von der ErneuerbareEnergien-Umlage. Diese Befreiung hatte ursprünglich den Sinn, dass Unternehmen, die eine hohe Energieintensität in ihrer Produktion haben und gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen, nicht benachteiligt werden. Mittlerweise sind diese Ausnahmeregelungen aber extensiv ausgeweitet worden. Gerade zum 1. Januar 2012 hat sich die Zahl der befreiten Unternehmen verdoppelt. Es sind nicht mehr die energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und bei denen eine Standortverlagerung droht, sondern das ist mittlerweile ein Wildwuchs. Man sieht an der Tatsache, dass diese Unternehmen 18 Prozent des deutschen Stromverbrauchs darstellen, aber nur 0,3 Prozent der ErneuerbareEnergien-Umlage zahlen, dass die Erneuerbare-EnergienUmlage überwiegend von den Privatkunden getragen wird.

Deshalb sagen wir: Hier muss eine Änderung stattfinden, hier muss die Befreiungsregelung auf ihren ursprünglichen Zweck zurückgeführt werden, dass nur die energieintensiven Unternehmen, die wirklich im internationalen Wettbewerb stehen, befreit werden und dort auch nur die energieintensiven Prozesse; denn es ist nicht einzusehen, dass sie auch noch für ihre Beleuchtung und für ihre

(Daniel Buchholz)

Kaffeemaschinen in der Verwaltung die Befreiung von der Erneuerbare-Energien-Umlage bekommen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) und Daniel Buchholz (SPD)]

Wir wollen – zweitens – eine Wiedereinführung einer staatlichen Strompreisaufsicht. Sie ist abgeschafft worden, weil man glaubte, der Wettbewerb würde es schon richten. Wir stellen aber gegenwärtig fest, dass der Preis an der Strombörse deutlich gesunken ist – allein im letzten Jahr zwischen 11 und 17 Prozent. Dies ist den erneuerbaren Energien zu verdanken, die gerade zu der Zeit des höchsten Verbrauchs, zur Mittagszeit, dafür sorgen, dass das Angebot höher ist und der Strompreis sinkt. Das wird aber von den Energieversorgungsunternehmen nicht weitergegeben. Selbst der Bundesumweltminister hat festgestellt, dass es nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Unternehmen dieses nicht weitergeben. Wenn es der Wettbewerb nicht regelt, muss der Staat wieder eine entsprechende Strompreisaufsicht einführen, damit diese gesunkenen Preise auch an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Letzter Punkt: Wir wollen, dass die Situation geändert wird, dass jemand, der im Zahlungsrückstand ist, mit einer einfachen Mahnung innerhalb kürzester Zeit vom Strom abgekappt werden kann.

[Beifall von Björn Eggert (SPD)]

Wenn jemand bei einem Mietrückstand eine Aufforderung bekommt, seine Wohnung zu räumen, ist das ein langwieriges gerichtliches Verfahren. Beim Strom ist das nicht so. Wir wollen, dass man einen Gerichtsentscheid braucht, sodass der Strom nicht einfach abgestellt werden kann. Ich ziehe mal einen Vergleich: In Deutschland wurde der Strom im letzten Jahr 312 000 Mal abgestellt. In Frankreich, wo die Sozialbehörde gesetzlich vorgeschrieben eingeschaltet werden muss, gab es im letzten Jahr 1 100 Stromsperren. Das macht den Unterschied aus. Deshalb schlagen wir vor, dass der Senat im Interesse der Berlinerinnen und Berliner und der Stromkunden und der Sicherung der Energiewende aktiv wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) und Björn Eggert (SPD)]

Ich danke auch! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Buchholz. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich freue mich sehr, dass wir als Landesparlament über Bundesenergiepolitik sprechen; denn es ist notwendig.

[Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE) – Uwe Doering (LINKE): Erst mal sehen, was kommt!]

Danke schön, Kollegin Hiller! Persönlicher Dank an die eine Applaudierende! – Ich darf mich nicht verplauschen. Ja, erst mal sehen, was kommt! – Herr Kollege Wolf! Sie haben völlig recht mit den Ausführungen, dass wir leider erleben, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung – das ist keine Landes-, sondern wirklich eine Bundesaufgabe – das, was wir in Deutschland dringend brauchen, nämlich eine tatsächlich vollzogene Energiewende, nicht bloß verzögert und verschleppt, nein, sie auch an vielen Stellen verhindert. Das darf nicht so bleiben.

[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Michael Schäfer (GRÜNE): Der Koalitionspartner klatscht gar nicht!]

Kollege Garmer hat gleich noch die Gelegenheit, selbst zu sprechen. – Ich glaube, dass wir, was die Sicht auf die Bundesenergiepolitik angeht, nicht immer einer Meinung sein können – bisher jedenfalls, vielleicht entwickelt sich da noch etwas; wir arbeiten daran, Kollege!

[Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Um die Industrieprivilegien anzusprechen – Herr Wolf hat es eben dargelegt –: Es sind nach meiner Kenntnis inzwischen schon mehrere Milliarden Euro, um die entlastet wird. Es sind inzwischen dreimal so viele große Industrieunternehmen von der Erneuerbare-EnergienUmlage befreit. Wenn man alle Befreiungen zusammennimmt – bei Steuern, bei Netzentgelten und bei sonstigen Umlagen, Kraft-Wärme-Kopplung und anderem –, dann ist das eine Dimension, die dazu führt, dass letztlich der Mittelstand und die Endverbraucher die Zeche zahlen. Wir als SPD-Fraktion sagen ganz klar im Land, im Bund: Das kann nicht so bleiben, das darf nicht so bleiben, wir brauchen dringend eine Entlastung der Verbraucher. Das kann nur heißen: Diese Privilegien, die mal für einen ganz kleinen Teil von Industrieunternehmen gedacht waren, müssen wieder auf den eigentlichen Kern reduziert werden, damit nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher die Zeche zahlen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]