Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Das ist ja auch ganz neu. – Bitte sehr!

Danke schön, Herr Präsident! Das ist unter uns parlamentarischen Geschäftsführern üblich, dass wir gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten.

[Torsten Schneider (SPD): Manchmal!]

Diesbezüglich möchte ich den Kollegen Schneider fragen, wie er es bewertet, – –

[Torsten Schneider (SPD): Zerstören Sie nicht meinen Ruf, Herr Lux!]

Das haben Sie sich mühsam aufgebaut, dass wir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit pflegen.

[Zuruf von der LINKEN: Frage!]

Ich würde Sie jetzt gern fragen, wie Sie es bewerten, dass der Senat, nämlich die Personen, die Ihre Gesetze einhalten sollen, fast komplett fehlt, während Sie hier vortragen.

Ich bin Teil dieses Plenums und nicht berufen, das zu bewerten. Wenn Sie da aber einen Antrag stellen wollen, dann können Sie das ja nachholen.

Zur Sache selbst: Wir haben – das hat der Kollege Brauner völlig zutreffend bereits ausgeführt – § 63 in den Blick genommen. § 63 schreibt hinsichtlich der Veräußerung von Vermögenswerten grundsätzlich den vollen Wert vor, ermöglicht aber die Ausnahme durch die Senatsverwaltung für Finanzen, im dringenden Interesse des Landes auch unterwertige Veräußerungen vorzunehmen. Da schlagen wir dem Parlament vor, dass auch dieses Haus das gleich Recht hat, denn wir sind der Auffassung, was im dringenden Interesse des Landes liegt, können wir in gleicher, bewährter Weise beurteilen. Das ist der erste Vorschlag, den wir dem Haus unterbreiten.

Zweitens und Kern der Liegenschaftsnovelle ist das parlamentarische Selbstbefassungsrecht. Dazu habe ich heute auch schon viel Polemik gehört: Das gebe es ja schon überall, und da würde man nur hinterher rennen. Ich will mich jetzt an diesem Unfug nicht beteiligen, an dem, was wir in der Showabteilung, in der B-Note schon haben wechselseitig über uns ergehen lassen müssen. Jedenfalls schlagen wir ein parlamentarisches Selbstbefassungsrecht vor, das also nach entsprechender Unterrichtung und mit entsprechenden Rückschlagmechanismen zulässt, dass das Parlament einzelne Vermögensgeschäfte, in dem Fall Grundstücksgeschäfte, auch dann an sich zieht, wenn die Wertgrenzen oder sonstigen Implikationen, z. B. der Zeitrahmen für Erbbaupachtverhältnisse, nicht greifen. Das ist also eine Form der Abstrahierung des politischen Zugriffs und gleichzeitig der Erhöhung der Transparenz, so wie in elf anderen Landesparlamenten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Vorschlag in der Sache, in der politischen Dimension auf Kritik stößt. Bezüglich handwerklicher Details sind wir sehr gespannt, ob Sie mit uns gemeinsam noch Veränderungen vornehmen möchten.

Dritte Säule: Wir wollen, dass die Anstalten öffentlichen Rechts – das ist hier auch schon angeklungen – in gleicher Weise betrachtet werden. Da machen wir folgende Vorschläge, nämlich erstens, dass die Regeln der §§ 63 bis 69 Landeshaushaltsordnung in gleicher Weise für die Anstalten öffentlichen Rechts des Betriebe-Gesetzes gelten, und ziehen darüber hinaus in Betracht, das für alle Landesbeteiligungen heranzuziehen. Da werden wir miteinander noch fachlich ins Gespräch kommen.

Aber wir sagen auch: Was soll – viertens –mit dem nicht mehr betriebsnotwendigen Immobilienvermögen der Anstalten öffentlichen Rechts geschehen? – Da schlagen wir vor, dass wir auch auf dieses Immobilienvermögen, wenn es denn nicht mehr für einen öffentlichen Zweck benötigt wird, ein politisches Zugriffsrecht haben, gegen Erstattung des gutachterlichen Verkehrswertes. Das, finden wir, ist ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Bilanzinteressen der Anstalten und den Interessen der Beschäftigten in den Anstalten einerseits, aber auch andererseits dem Interesse, dass das Parlament solche Grundstücksgeschäfte politisieren kann und das Geschäft nicht nur Vermögensinteressen oder Vermögensmaximierungsinteressen und Vermögensaktivierungsinteressen dient.

Wir finden, wir haben einen gesunden und vernünftigen Kompromiss gefunden, und laden Sie herzlich ein, sich zumindest in den Ausschüssen der allgemeinen Phraserei von vorhin zu entkleiden und mit uns substanziell an diesen sehr weit reichenden Vorschlägen zu arbeiten. – Ich bedanke mich und wünsche Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich bedanke mich auch, Kollege Schneider! – Ich erteile für die Linksfraktion Kollegin Lompscher das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun ist es ja schon Winter im Herbst der Entscheidungen, und viel ist nicht passiert, und wenn, dann nicht das Richtige. Insofern haben wir jetzt hier über einen Fortschritt zu reden. Allerdings ist unverkennbar, dass es große Meinungsunterschiede zwischen Senat und Koalitionsfraktionen gibt, gerade in der Liegenschaftspolitik. Dass die Senatoren, die sich für das Thema interessieren sollten, nicht anwesend sind, scheint das zu unterstreichen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Zur Erinnerung: Über zwei Jahre hat sich der Senat Zeit gelassen, auf den Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik überhaupt zu reagieren. Was dann Ende September als Senatsentwurf veröffentlicht wurde, ließ selbst Gutmeinende zweifeln. Die Koalitionsfraktionen reagierten kleinlaut. Die Bezirke kritisierten scharf und lehnten die Vorschläge am 15. November ab. Davon unbeeindruckt beschloss der Senat das Papier am 4. Dezember, also letzte Woche, unverändert. Sie haben nun Ihrerseits Änderungen angekündigt, auf die wir sehr gespannt sind. Diese Änderungen werden auch dringend nötig sein, denn die beiden Änderungen der Landeshaushaltsordnung, die Sie mit dem heutigen Antrag vorschlagen, reichen bei Weitem nicht aus und bedürfen selbst schon wieder der Überarbeitung. Will man den Koalitionsfraktionen also glauben – und das wollen wir gern –, ist das Senatspapier nur Makulatur. Mal sehen, ob Sie es besser machen als der Senat.

Dieser hat das Ansinnen des Finanzsenators, die Verwertbarkeit von Landesliegenschaften weiter zu optimieren, seine Dominanz in dieser Frage zu stärken und auch auf die Bezirke auszudehnen, offenbar kampflos akzeptiert. Mit der Einführung des spekulativen Potenzialwertes – Herr Esser wies schon darauf hin –, unauffällig übrigens als ergänzende kaufpreisbestimmende Betrachtung durch den Liegenschaftsfonds bezeichnet, und einer rein monetär verstandenen Stadtrendite wird das ursprüngliche Anliegen des Abgeordnetenhauses in sein Gegenteil verkehrt.

Zur Erinnerung: Das Parlament wollte 2010 wirklich eine neue Liegenschaftspolitik.

[Beifall bei der LINKEN]

Primär ging es dabei um die Gleichberechtigung der sozialen, stadtentwicklungs- und wirtschaftspolitischen Ziele in der Liegenschaftspolitik und das Zurückdrängen

der fiskalischen Dominanz, um die Aufgabe des Vorrangs von bedingungsfreien Bieterverfahren zugunsten von Konzeptverfahren, Zwischennutzungen und Vergaben in Erbpacht sowie die Einführung von sogenannten Vorhalteflächen, eine Neustrukturierung der Kriterien in der Clusterung der Grundstücke und darauf aufbauend der Kriterien der Vergabeverfahren, die Einbeziehung des Grundvermögens anderer Vermögensträger – da haben Sie jetzt einen Vorschlag gemacht – und auch eine Stärkung der Rechte des Parlaments.

Auch der damalige Beschluss hatte zweifellos Schwächen und Ungenauigkeiten. So ist z. B. die kreative soziokulturelle Entwicklung von Stadträumen als Treibsatz in der Stadtentwicklung nicht als Kernziel formuliert worden. Die Förderung des Wohnens kam schwammig daher, und die Kriterien der Vergabeverfahren waren nicht näher definiert. So etwas ist bei Kompromissen unvermeidlich – Sie haben ja daran mitgewirkt, insofern werden Sie wissen, was ich meine –, und es war dennoch ein epochaler Fortschritt.

Der aktuelle Senatsbeschluss „Transparente Liegenschaftspolitik“ hat damit nichts mehr zu tun. Am Anfang und Ende wird blumig von anderen als den fiskalischen Zielen erzählt, im Kern geht es aber um eine klare Ausrichtung der Liegenschaftspolitik auf maximalen Erlös. Es geht nicht um eine neue Politik, sondern die Ausmerzung der vermeintlichen Schwächen der alten, Ergänzung und Erweiterung des Verkaufsportfolios und überwiegend Verkauf zu maximalem Erlös. Das ist die Botschaft des Senatsbeschlusses. Dazu soll das Grundvermögen aus immobilienwirtschaftlicher Sicht strukturiert werden, entlang der Linie: verkaufbar, noch nicht verkaufbar, leider wahrscheinlich überhaupt nicht verkaufbar. Die Beweislast für die Notwendigkeit einer Liegenschaft wird umgekehrt. Bisher haben die Vermögensträger entschieden, was sie aufgeben wollen, jetzt müssen sie nachweisen, was sie behalten müssen. Und zum dringenden Thema bezahlbares Wohnen gibt es in diesem Beschluss überhaupt nichts Konkretes.

Jetzt ist meine These, dass Sie deshalb zeitgleich Ihren Vorstoß unternommen haben, um von dem peinlichen Senatsbeschluss abzulenken. Das ist im Übrigen auch notwendig. Die Ausweitung der Beschlussrechte des Parlaments und die Einbeziehung weiterer Liegenschaften in die Betrachtung finden wir gut und richtig. Sie binden es allerdings in Ihrem Beschluss an ein – Zitat – „vom Abgeordnetenhaus genehmigtes Liegenschaftskonzept.“ Dies liegt bekanntlich nicht vor. Insofern ist eine Beschlussfassung erst nach Änderung des Senatskonzepts möglich und sinnvoll.

[Beifall bei der LINKEN]

Bei dieser Gelegenheit sollten Sie noch einmal überlegen, ob die Einmonatsfrist für den Beschlussvorbehalt wirklich realistisch ist. Ansonsten könnte es passieren, dass kritische Grundstücksangelegenheiten künftig kurz vor

den Parlamentsferien eingereicht werden, und dann – sind leider vier Wochen vorbei und das Geschäft gilt als genehmigt.

Ihre Redezeit ist vorbei, Frau Kollegin! Sie müssten bitte zum Ende kommen! Letzter Satz!

Ich denke, die Einbeziehung betriebsnotwendiger Liegenschaften ist richtig. Das habe ich schon gesagt. Wenn es die Koalition mit einer neuen Liegenschaftspolitik tatsächlich ernst meint und dem Senat in dieser Sache die Stirn bieten will, dann kann sie auf unsere Unterstützung zählen. Eine Voraussetzung dafür ist aber

Frau Kollegin! Bitte zum Ende kommen!

die konstruktive Zusammenarbeit am Runden Tisch „Liegenschaftspolitik“ und die Umsetzung eines qualifizierten Verkaufsmoratoriums. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Ich danke auch und erteile für die Piratenfraktion dem Kollegen Reinhardt das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt schon zum zweiten Mal einen Antrag der Koalitionsfraktionen, dem man sich im Kern durchaus anschließen kann. In Ihrem ersten Antrag – das haben Sie schon gehört – fordern Sie eigentlich etwas, was der Senat sowieso vorhat. Da haben wir hier durchaus einen Konflikt, der mich, wenn er gelöst würde, durchaus zufriedenstellen würde.

Die Situation ist, dass das Land über den Liegenschaftsfonds zahlreiche Liegenschaften in Besitz hat, die gerade bei den steigenden Grundstückspreisen immer attraktiver werden. Dabei müssen wir natürlich aufpassen, dass wir nicht die Chance aus der Hand geben, die Entwicklung der Stadt mit zu beeinflussen. Gerade Liegenschaften, die zum Höchstpreis vergeben werden, ziehen häufig Bieter an, deren Ziel – natürlich – die Gewinnmaximierung ist. Wer den höchsten Preis bieten kann, ist häufig auch auf maximale Verwertung aus. Das heißt, er treibt die Mietpreise hoch, stellt hässliche Bürogebäude hin und nimmt auf Kultur und Nachbarschaft keine Rücksicht.

Wer allerdings im bezirklichen Interesse handelt und die kulturelle und soziale Bedeutung der Nachbarschaft im Blick hat, kann häufig nicht mit dem Höchstbieter mithalten. Ein Beispiel dafür sind die Prinzessinnengärten in Kreuzberg, ein Mittelpunkt des kulturellen Lebens, über deren Erhaltung ich mich sehr freue.

Erst ab 3 Millionen Euro wird der Vermögensausschuss informiert und muss dann entscheiden. Dass sich an dieser Situation etwas ändern muss, darüber sind sich mittlerweile, glaube ich, alle Fraktionen einig, was mich sehr freut. Schon 2010 hat das Abgeordnetenhaus die Abkehr von der Höchstpreisstrategie beschlossen. Zwei Jahre hat es nun seit diesem Beschluss gedauert – vorher gab es noch einige Jahre Diskussion –, bis nun endlich ein Antrag vorliegt. Warum hat das eigentlich so lange gedauert?, frage ich mich.

Nun haben wir den Antrag. Ein Vorschlag ist, dass der Hauptausschuss des Parlaments konkrete Mitspracherechte bekommt. Das ist eine Variante, die durchaus sinnvoll scheint und der ich mich anschließen könnte. Die Frage ist aber, ob da nicht andere Akteure hinten runterfallen. Man müsste einmal schauen, wer bei der Vergabe solcher Grundstücke besonders das Interesse und das soziokulturelle Leben der Gegend im Blick hat, und das sind meiner Ansicht nach vor allem die Bezirke. Das heißt, man müsste einmal schauen, ob nicht die Bezirke, die sehr stark am soziokulturellen Leben eines Grundstücks und einer Nachbarschaft Anteil nehmen, stärker in diesen Prozess eingebunden werden könnten. Das ist etwas, was wir in den Ausschüssen diskutieren sollten. Ich weise noch auf einen anderen Punkt hin: Die Kriterien sind im Antrag wenig bis gar nicht ausdefiniert. Auch das ist etwas, über das wir uns sicherlich in den Ausschüssen unterhalten sollten.

Es gibt noch eine Sache, auf die ich hinweisen möchte: Selbst wenn wir Vergabeverfahren haben, mit denen wir sehr klare Vorschriften machen, zum Beispiel zum sozialen Neubau oder Ähnliches, verlieren wir nach 15 Jahren die Möglichkeit, weiterhin Einfluss zu nehmen, da dies die maximale Zeit ist, über die die Vorgaben eingehalten werden müssen. Das heißt, man sollte stärker darüber nachdenken, wie wir die Möglichkeiten der Erbpacht weiterhin im Auge behalten. Die Erbpacht ist ja eine Möglichkeit, die uns eine längerfristige Mitsprache gegenüber dem konkreten Verkauf sichert.

Ich komme zum Ende meiner kurzen Rede: Der Antrag ist als Vorschlag durchaus diskutierenswert. Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Reinhardt!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und mitberatend an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 18

Bildung braucht Bewegung