Protokoll der Sitzung vom 17.01.2013

Mit der Föderalismusreform I wurde beschlossen, die bisherigen Finanzhilfen auslaufen zu lassen. Dabei wurde jedoch nicht betrachtet, dass in den nächsten Jahrzehnten große Summen für Ersatz- und Erhaltungsinvestitionen in diesem Bereich notwendig werden. Deswegen muss sich Berlin, müssen sich alle Bundesländer für eine nachhaltige Finanzierung des ÖPNV einsetzen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Denn die Finanzierung hängt im Wesentlichen von Bundesmitteln ab. Aktuell erhält Berlin zum Beispiel 50 Millionen Euro nach dem sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Für diese Zahlung ist ab Januar 2014 eine Überprüfung vorgesehen, und es steht zu befürchten, dass der Bund hier eine starke Reduzierung der Mittel anstrebt. Auch die Finanzmittel für den Betrieb der öffentlichen Verkehrsmittel sind nicht über das Jahr 2014 hinaus gesichert, und dabei geht es dann immerhin schon um 400 Millionen Euro. Ich denke, wir sind uns da einig, dass wir das Geld weiterhin brauchen und weiterhin haben wollen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Der genannte Antrag wurde in den Ausschussberatungen vorgestellt, und schnell wurde klar, dass es in den einzelnen Sachpunkten keinen Dissens gibt. Das war schon bemerkenswert: Der Senat hat durch Staatssekretär Gaebler sogar erklärt, er verfolge diese Themen bereits intensiv, aber bislang nicht mit greifbaren Ergebnissen. Das bedaure ich ausdrücklich, und ich habe es schon im Ausschuss betont: Wir müssen uns hier gemeinsam stark machen, um die Zukunft unseres Berliner ÖPNV zu sichern.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Denn die Mittel müssen ab 2019 mindestens konstant bleiben. Deswegen suchen gerade alle Bundesländer nach Wegen, wie man die Zeit danach sichern kann, wie man das hinbekommt.

Im Verkehrsausschuss ist also klar geworden, dass der Senat und alle Oppositionsfraktionen hier an einem Strang ziehen, dass das formulierte Anliegen geteilt wird. Man muss zudem festhalten: Auch die Koalitionsfraktionen haben zu keinem einzigen Punkt einen inhaltlichen Widerspruch angemeldet. Das ist nicht verwunderlich, weil es typische Forderungen sind, die nicht nur in Berlin erhoben werden, sondern auch andernorts, und die dort teilweise auch schon beschlossen wurden.

Was gab es an Einwänden, die man berücksichtigen müsste? – Vom Kollegen Kreins wurde ein formaler Punkt aufgerufen. Er sagte, nach seiner Auffassung weise ein auffordernder Antrag mit der Formel „Der Senat wird aufgefordert“ auf ein Defizit des Senats hin. – Nun ja, hier handelt es sich um eine übliche Formulierung, die ab und zu auch in Koalitionsanträgen steht. Aber um die Sache voranzubringen, haben wir eine Änderung der Formulierung vorgenommen, denn Formulierungen soll

ten einem gemeinsamen Anliegen nicht im Wege stehen. Deswegen haben wir formuliert, dass wir den Senat bei der Sicherung der Finanzierung des ÖPNV unterstützen wollen, und das im Antrag entsprechend geändert. Deswegen können und müssen wir die Sicherung des ÖPNV und seiner Finanzierung hier und heute zu einer gemeinsamen Anstrengung machen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht um erhebliche Summen für den Berliner Haushalt. In Rede stehen Hunderte Millionen Euro. Einige Landtage, etwa der von Baden-Württemberg, haben einen in der Sache ähnlichen Antrag einstimmig, also mit den Stimmen aller Abgeordneten, beschlossen. Daran sieht man: Parteitaktisches Kalkül gehört nicht hier her. Ich meine, wir sollten uns, wie andere Landtage auch, einstimmig gegenüber dem Bund positionieren. Wir müssen gemeinsam sagen, dass wir auch weiterhin diese Zuschüsse für den Regionalverkehr, für den ÖPNV auf dem gegenwärtigen Niveau benötigen. Deswegen möchte ich heute erneut beantragen, diesen Antrag gemeinsam und einstimmig zu beschließen. Parlament und Senat sollten hier ganz klar ein gemeinsames Ziel verfolgen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

In den letzten zehn Sekunden noch ein kleiner Schlenker: Im Antrag steht „Der Senat wird dabei unterstützt, dass“. – Ich fände es schräg, wenn die Koalitionsfraktionen dem Senat ihre Unterstützung versagen würden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Der Kollege Kreins für die SPD-Fraktion!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Gelbhaar! Ich war gespannt – weil wir das im Ausschuss tatsächlich schon einmal auf der Tagesordnung hatten –, welches qualitative Argument Sie heute noch bringen, damit wir diesem Antrag zustimmen. Was ist neu daran, was im Ausschuss nicht schon besprochen worden ist, und was ist neu daran, was wir nicht schon in der Plenardebatte – ich glaube, im September – dazu diskutiert haben?

Vielen Dank auch noch einmal für die Vorstellung der Zitate aus dem Ausschuss! Ich nehme einmal an, Sie haben richtig zitiert. Es ist ja nicht überall so, dass richtig zitiert wird. Richtig ist in der Tat: Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – kurz GVFG – läuft aus. Das Gesetz zur Entflechtungen der Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen – kurz Entflechtungsgesetz – regelt die Kompensation zwischen 2007 und 2019. Sie ist jährlich in einer Höhe von über 1,3 Milliarden Euro festgelegt.

Das haben Sie in Ihrem Antrag schön beschrieben. Aber 2014 – das haben Sie nicht geschrieben – fällt die Zweckbindung für Verkehrsleistungen weg. Das muss man noch einmal klarstellen. Die Mittel stehen allerdings weiterhin für Investitionen im Verkehrsbereich zur Verfügung. Das heißt nicht, dass sie nicht auch für Investitionen in den ÖPNV gehen, nur nicht eben für den Betrieb.

Als Verkehrspolitiker legen wir natürlich die Priorität auf den Erhalt und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, und Berlin bekennt sich zur Mobilität als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir wollen Mobilität, die für die Menschen bezahlbar bleibt, zuverlässig ist und den Ansprüchen einer wachsenden Metropole gerecht wird. Derzeit laufen die Verhandlungen im Rahmen dieser Revisionsklausel zur Verlängerung des Überleitungszeitraums bzw. zur Neuausgestaltung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. Der Investitionsbedarf im Land Berlin endet natürlich nicht an der Laufzeit von solchen Gesetzen, sondern ist ein permanenter Investitionsbedarf, den wir auch sehen. Deshalb hat die Senatsverwaltung im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr auch verdeutlicht, dass der Erhalt der Verkehrsinfrastruktur, der Erhalt der Finanzierung der Verkehrsleistung, eine permanente Aufgabe ist. Insbesondere im Arbeitskreis Bahnpolitik der Konferenz der Ministerpräsidenten und der Verkehrsministerkonferenz werden diese Sachverhalte gemeinsam mit anderen Bundesländern und dem Bund erörtert. So ist bereits zum 1. Dezember 2011 eine Kommission mit dem Namen „Zukunft der Verkehrsinfrastruktur“ durch die Verkehrsminister der Länder gebildet worden. Diese erarbeitet derzeit Vorschläge, wie die Verkehrsinfrastrukturfinanzierung zukünftig unter anderem unter veränderten Rahmenbedingungen sichergestellt werden kann.

Derzeit lassen sich dazu zwei Trends feststellen. Erstens: Den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur wird man nur mit einem höheren Mitteleinsatz sicherstellen können. Schon jetzt sind Brücken, Tunnelbauwerke, Straßen und Schienenwege in einem bedenklichen Zustand. Das ist ein bundesweiter Trend, das ist keine Berliner Besonderheit.

Der zweite Trend: Unter dem Stichwort Nutzerfinanzierung wird diskutiert, wie die Nutzer von Verkehrsinfrastruktur an ihrem Erhalt und an dem Erhalt der Substanz mit Zweckbindung beteiligt werden können.

Die Aspekte, die in dem Antrag der Grünen formuliert sind, finden in den Behandlungen Beachtung; das wurde auch vom Staatssekretär so vorgetragen. Nur: Es ist kein schnelles Ergebnis sichtbar, das war auch Konsens.

Parlamentarische Anträge dienen einerseits der öffentlichen Beratung, andererseits sollen sie auch das Handeln von Regierenden der Exekutive lenken. Im Bereich öffentliche Beratung hatte wir dazu zweimal eine Plenardebatte und eine Ausschusssitzung. Im Bereich des Re

gierungshandelns muss ich aber feststellen, dass dort schon in die Richtung gehandelt wird, auf die wir uns alle gemeinsam verständigt haben. Wenn also die Zielsetzung des Regierungshandelns mit den Vorstellungen übereinstimmt, kann man das erörtern, wie wir es gemacht haben, aber man braucht keinen Parlamentsbeschluss, weil es keinen Dissens gibt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD – Beifall von Florian Graf (CDU)]

Vielen Dank, Herr Kollege Kreins! – Für die Fraktion Die Linke erteile ich jetzt dem Kollegen Harald Wolf das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kreins! Ich habe heute von Ihnen etwas Neues über den Parlamentarismus gelernt,

[Ole Kreins (SPD): Schön!]

nämlich dass man parlamentarische Anträge nur stellt, wenn die Parlamentarier einen Dissens mit der Regierung haben. Daraus folgt: Jeder Antrag der Regierungsfraktionen signalisiert einen Dissens mit dem Senat. Das ist zwar gelegentlich festzustellen, aber bislang nicht in allen Fällen. Jedenfalls war das mein Eindruck. Aber wenn das jetzt die neue Gesetzmäßigkeit im Parlamentarismus ist, dass man nur noch Anträge stellt, wenn man einen Dissens mit der Regierung hat, dann werden wir in Zukunft kaum noch Anträge der Regierungsfraktionen bekommen, sondern nur noch Anträge der Opposition.

Wir haben – es wurde schon erwähnt – über das Thema schon ausführlich im Ausschuss diskutiert. Alle haben festgestellt, dass das, was in dem Grünen-Antrag formuliert ist und gefordert wird, eigentlich richtig ist. Die Regierung hat festgestellt, dass sie schon in diese Richtung arbeitet. Dann verstehe ich nicht, weshalb man der Regierung an dieser Stelle die Unterstützung versagt, wenn sie denn mal etwas Richtiges tut. Wir vonseiten der Opposition sind bereit, das mit der Unterstützung des Grünen-Antrags zu tun. Wenn das einzige Argument dafür, dass man dem Antrag nicht zustimmen kann, ist, dass er aus der Opposition kommt, hätten Sie einen Ersetzungsantrag schreiben, den gleichen Text nehmen und CDU und SPD darunterschreiben können. Dann hätten wir das einstimmig so beschließen können. Wir sollten nicht anfangen, uns gegenseitig ad absurdum zu führen. Es gibt einen breiten Konsens darüber, dann kann man es auch beschließen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Alexander Spies (PIRATEN)]

Danke, Herr Kollege Wolf! – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Friederici das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag bereits im zuständigen Fachausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr ausführlich beraten. Erlauben Sie mir zu erwähnen, dass dieser Antrag im Ansatz vielleicht die richtigen Ziele verfolgt. Es geht nämlich um die nachhaltige Finanzierung von Verkehrsinvestitionen. Wir alle wissen, dass spätestens 2019, nach dem Auslaufen der bisherigen Finanzierungsinstrumente des Bundes, diese Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu geregelt werden müssen.

Aber, meine Damen und Herren von den Grünen, der Senat verfolgt diese Themen bereits seit einiger Zeit sehr intensiv auf entsprechenden politischen Ebenen. Hierzu bedarf es keiner neuen Aufforderung. Wie uns der Senat berichtete, ist dieses Thema gerade auf Druck Berlins regelmäßig auf die Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz gesetzt worden. Auch außerhalb dieser Konferenz erfolgt in dieser Frage eine enge Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern. Für Berlin ist es wichtig, dass immer wieder deutlich gemacht wird, dass nach wie vor ein erheblicher Investitionsbedarf besteht.

Lieber Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Matuschek?

Ach ja, Frau Matuschek ja!

Ach ja! – Bitte schön!

Ach, vielen Dank, Herr Friederici! – Wenn wir in der Sache doch einig sind – meinen Sie nicht, dass das politische Signal, dass Berlin im Senat und im Parlament einig ist, auch an die anderen Bundesländer und an den Bund wichtig wäre und dieser Antrag deswegen auch eine Unterstützung hier im Parlament erfordert hätte?

Da könnten Sie in der Theorie vielleicht recht haben, verehrte Frau Matuschek, nur ist dieser Antrag längst als erledigt zu betrachten, da schon sehr viel erledigt worden ist. Insofern kommt er eindeutig zu spät. Da müssen wir uns überlegen: Was schadet mehr, wenn wir uns eher rückschrittlich bewegen oder wenn wir nach vorne bli

cken und einfach das aktive Senatshandeln durch aktive Politik unterstreichen? Das heißt eben nicht, dass wir einen rückwärtsgewandten Antrag unterstützen.

Daher müssen wir aus unserer Sicht in Berlin zunächst einmal die Mitte, die Berlin heute nach dem sogenannten Entflechtungsgesetz erhält, auch über das Jahr 2019 hinaus verstetigen. Die von Ihnen mit diesem Antrag aufgestellten Forderungen sind an der einen oder anderen Stelle sachlich zu befürworten, allerdings bestünde mit dieser einfordernden Haltung gegenüber dem Bund die Gefahr, dass die Verhandlungsposition Berlins deutlich geschwächt werden würde. Denn, wie wir erfahren haben, verfolgt der Bund möglicherweise die Strategie, die jeweiligen Finanzierungsmodelle in einem Gesamtpaket zusammenzufassen, was zur Folge hätte, dass dann die Zweckbindung der Mittel für bestimmte Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen nicht mehr bestünde. Deshalb, meine Damen und Herren von den Grünen, muss ich Ihnen mitteilen, dass bereits viele Punkte des Antrags durch aktives Senatshandeln erledigt sind.

Wichtig ist mir, an dieser Stelle noch Folgendes zu erwähnen: In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Angelegenheit bin ich dem Senat für die Zusage sehr dankbar, das Parlament bei Bedarf über die neuesten Ergebnisse aus den Verhandlungen zu informieren.

Lieber Kollege! Es gibt noch eine Zwischenfrage, des Kollegen Gelbhaar!

Nein! – Jedoch werden wir eine Verhandlungsstrategie auch zukünftig nicht öffentlich diskutieren können, weil dies nicht zielführend wäre und die Verhandlungsposition des Senats eindeutig schwächen würde. Deshalb vertrauen wir der Zusage von Herrn Senator Michael Müller, den Ausschuss über relevante Ergebnisse jederzeit zu informieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Herzlichen Dank, Herr Kollege! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Claus-Brunner das Wort. – Bitte sehr!

So! Alle aufmerksam am Zuhören? – Gut!

[Heiterkeit]

Die Begrüßungsformel sparen wir uns jetzt mal langsam.

[Zurufe von der CDU]

Ich kann Sie auch als Neutrum einsortieren, das ist auch kein Problem.