Protokoll der Sitzung vom 17.01.2013

Menschenfeindlichkeit hat hier in diesem Hohen Haus keinen Platz.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ende 2012 hat die Berliner Ausländerbehörde entgegen der Gepflogenheit der Vorjahre, lieber Herr Kleineidam, Abschiebungen von Roma nach Serbien vorgenommen. Ich empfinde das als unverantwortlich.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Wie aus der Begründung unseres gemeinsamen Antrags hervorgeht, sind sich nicht nur internationale Behörden und Organisationen darüber einig, dass viele Minderheiten, lieber Herr Dregger, beispielsweise Roma, Aschkali, Ägypter und Goran in den Balkanstaaten vielfacher Diskriminierung bis hin zu Verfolgung ausgesetzt sind. Davon haben Sie sicherlich, Herr Dregger, nichts mitbekommen. Dies geht auch aus den Entscheiderbriefen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hervor. Aus Gründen, die auf der Hand liegen, ist die Lebenssituation dieser Bevölkerungsgruppen naturgemäß im Winter zusätzlich erschwert.

[Unruhe]

Darf ich vielleicht?

Jetzt hat der Kollege Taş das Wort. Bitte, vielleicht die Geschäftsführer kurz zur Seite zu gehen!

Das gilt erst recht für besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Menschen mit Behinderung oder traumatischen Erfahrungen.

Unser gemeinsamer Antrag ist ein, wenn Sie so wollen, Minimalantrag, der zumindest Schutz für die harten Win

termonate erreichen will. Mag sein, dass bei den betroffenen Menschen die engen gesetzlichen Kriterien des politischen Asyls nicht greifen. Wir, die Bundesrepublik Deutschland, haben aber nicht nur die grundgesetzliche Verpflichtung, politisch Verfolgten Asyl zu gewähren. Ich möchte wiederholen, was ich hier bereits im letzten Jahr ausgeführt hatte: Flucht und Einreise aus sozialen und ökonomischen Gründen sind kein Verbrechen. Flucht und Einreise aus sozialen und ökonomischen Gründen sind kein Missbrauch. Es ist deshalb auch unsere politische und soziale Verpflichtung, Menschen in Not, die bei uns Schutz gesucht haben, unsere humanitäre Unterstützung zu gewähren.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Folgen wir dem Beispiel, Herr Dregger, der Bundesländer Schleswig-Holstein, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Bremen und beschließen wir einen Abschiebungsstopp bis zum 31. März dieses Jahres!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und weil der nächste Winter, Herr Dregger, bestimmt kommt, machen wir einen solchen Winterabschiebungsstopp zur Regel, bis sich die Situation auf dem Balkan normalisiert hat und keiner wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit oder anderer Merkmale Diskriminierung und Verfolgung befürchten muss! – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Danke schön! – Meine Damen und Herren! Vorhin ist wohl in der Rede von Frau Bayram dem Kollegen Dregger der Vorwurf gemacht worden, er habe Ausländerraus-Parolen hier verbreitet. Das rüge ich ausdrücklich.

[Beifall bei der CDU – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Zur Geschäftsordnung, bitte sehr, Herr Kollege!

[Zurufe]

Jetzt hat der Kollege Lux das Wort.

Herr Präsident! Ich möchte mich gern zu zwei Tatbeständen zur Geschäftsordnung äußern. Erstens frage ich das Präsidium, ob das einhellige Meinung des Präsidiums ist? Ist das mehrheitliche Meinung des Präsidiums, dass das zu rügen ist?

[Beifall von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Das ist meine Meinung, und ich bleibe dabei.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Es ist Geschäftsordnung, das wissen Sie auch, Herr Präsident, dass hier die Entscheidungen des Präsidiums mehrheitlich fallen und nicht die des wortführenden Präsidenten. Deswegen beantrage ich eine Auszeit, damit das Präsidium das klären kann.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Klar ist die Regelung, dass der Präsident allein entscheidet und ein solcher Antrag unzulässig ist. Dabei bleiben wir jetzt.

Und was war Ihr zweiter Vorschlag?

Zum Zweiten sage ich, dass Ihre Rüge auch in der Sache unzulässig ist, Herr Präsident, und hier die einheitliche Parteinahme für die CDU-Fraktion, der Sie auch angehören, ist,

[Zurufe von der SPD und der CDU]

dass Sie hier den Redner einseitig, entgegen zwei Beisitzern des Präsidiums, rügen

[Andreas Kugler (SPD): Das ist ja ungeheuerlich!]

und dass Sie natürlich – und jetzt kommen wir auch zur Sache –, dass Herr Dregger hier „Ausländer raus!“-Parolen von sich gibt, das bekräftige ich für meine Fraktion ausdrücklich.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Zurufe von der CDU]

Und somit rüge ich Sie auch!

Und ich kann Ihnen das auch noch mal begründen. Ich möchte die Gelegenheit von Ihnen haben, Herr Präsident, das zu begründen.

[Zurufe von der CDU]

Sie können danach ja immer noch entscheiden, ob es Ihre persönliche Auffassung ist, –

Ja, ich darf das auch!

dass das rügefähig ist.

Herr Dregger hat hier davon gesprochen, wenn sich das in den entsendenden Staaten herumspricht, dass Menschen hierherkommen, die dann im Winter vor der Abschiebung bewahrt werden – aus humanitären Gründen wohlgemerkt –, wenn sich das herumspricht, dass das dann – sinngemäß weiter – zu Missbrauch der aufenthaltsrechtlichen Regelungen der Bundesrepublik Deutschland führt.

Was beantragen Sie jetzt?

Damit spielen Sie mit dem Gedanken, dass Fremde in diesem Land, dass Ausländer unerwünscht sind.

Herr Kollege Lux! Sie müssen jetzt einen Antrag stellen.

Das ist nichts anderes als „Ausländer raus!“-Parolen. Deshalb gehört die Rüge zurückgenommen, Herr Präsident!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Das tue ich nicht. – Es hat sich jetzt der Kollege Melzer zu Wort gemeldet. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben eine bewusste Inszenierung vonseiten der GrünenFraktion,

[Beifall bei der CDU]

die hier absichtlich und völlig bewusst an den Haaren herbeigezogene Thesen verbreitet und dies auf dem Rücken anderer Parlamentarier austragen möchte.