Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

[Benedikt Lux (GRÜNE): Doch!]

Zum Zweiten: Wir haben beschrieben, wie die Situation ist. Wir sind zwei Parteien mit durchaus unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Wenn man nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen kann, dann führt das gegebenenfalls zu einer Enthaltung. Herr Abgeordneter Otto! Sie wissen, dass so etwas in Koalitionen passieren kann, wenn ich beispielsweise an das Verhalten der Grünen in Hamburg in Bezug auf Kraftwerksbauten erinnern darf. Kompromisse scheinen Ihnen nicht fremd zu sein.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Da waren wir aber der kleinere Koalitionspartner!]

Die Fragestunde ist damit beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß § 51 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung mit einer Beantwortungsfrist von einer Woche schriftlich beantwortet.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 2:

Spontane Fragestunde

gemäß § 51 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Es beginnt Frau Kollegin Spranger. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herzlichen Dank! – Ich möchte eine Frage an den Stadtentwicklungssenator stellen bezüglich des Mauerparks. Es gab in letzter Zeit eine heftige Diskussion in der Öffentlichkeit zum möglichen Bebauungskonzept des Investors Groth. Was ist der genaue Inhalt, den Sie vertraglich mit dem Bezirk Mitte und dem eventuellen Investor bezüglich der Durchmischung des Gebiets und des Wohnungsneubaus ausgemacht haben? Ich bitte um Aufklärung, da es große Verunsicherung über das Konzept gab.

Vielen Dank! – Bitte, Herr Senator Müller!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Spranger! Es ist richtig: Am 23. November des letzten Jahres ist ein Vertrag zwischen den damaligen Eigentümern – der CA Immo –, dem Bezirk Mitte und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geschlossen worden. Darin ist Folgendes geregelt:

Die weitere Bauleitplanung für das Wohngebiet soll sich an dem im Jahr 2011 im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs erarbeiteten Entwicklungskonzept für ein allgemeines Wohngebiet, in dem insgesamt 58 000 Quadratmeter Geschossfläche realisiert werden können, orientieren. Die dort vorgesehenen durchgehenden Wege und Grünverbindungen in Nord-Süd- und Ost-WestRichtung werden weiterentwickelt.

In dem Vertrag heißt es weiter:

Die Vertragsparteien streben eine nachhaltige und ökologisch ausgewogene Entwicklung und eine soziale Durchmischung des Gebietes an. Daher sollen die Wohnungen in einem ausgewogenen Verhältnis auch durch Baugruppen, Genossenschaften oder landeseigene Wohnungsbaugesellschaften errichtet werden, und es wird ein möglichst hoher Mietanteil angestrebt.

Träger der Bauleitplanung ist der Bezirk Mitte. Ich finde, mit den Zitaten aus dem Vertrag wird deutlich, dass wir damit eine gute Grundlage für den weiteren Planungsprozess haben.

Da auch ich daran interessiert bin, dass das Projekt Mauerpark insgesamt zu einem glücklichen Ende findet, bin ich gerne bereit, vermittelnd einzugreifen. Staatssekretär Gothe hat bereits mit dem zuständigen Baustadtrat und dem neuen Eigentümer gesprochen. Von dem Eigentümer ist mündlich und schriftlich signalisiert worden, dass er sein Konzept überarbeitet und es gerne zur Diskussion stellt, um den Ansprüchen an Durchmischung, die wir im Vertrag festgehalten haben, gerecht zu werden.

(Bürgermeister Michael Müller)

Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass uns die soziale Durchmischung besonders wichtig ist! Deswegen sind uns auch die Partner – die Baugruppen, Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften – wichtig für die Entwicklung des Geländes. Denn über diese Form der Durchmischung haben wir eine gemischte Architektur, Nutzung und Mieterstruktur und ein entsprechendes Mietenniveau. Man muss immer berücksichtigen, dass zu einem lebendigen Quartier mehrere Komponenten gehören. Deshalb ist uns diese Vielfalt wichtig.

[Andreas Otto (GRÜNE): Aber es wird doch nichts davon passieren!]

Danke schön! – Es gibt keine Nachfrage.

Dann ist nun für die CDU der Kollege Rissmann an der Reihe.

Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Senator für Justiz: Gibt es vor dem Hintergrund der im Oktober des letzten Jahres erfolgten Ernennung des ersten Opferschutzbeauftragten im Land Berlin und der Ankündigung, sich verstärkt um die Opfer mit Migrationshintergrund zu kümmern, erste Ergebnisse?

Bitte schon, Herr Senator Heilmann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Abgeordneter Sven Rissmann! Wir haben mit dem Opferbeauftragten entschieden, dass wir mit der größten Migrantengruppe der Stadt beginnen wollen. Das sind die türkischen Migranten. Es gibt ein Bündnis zwischen den Opferorganisationen in Berlin, dem Opferbeauftragten, dem türkischen Generalkonsul und verschiedenen türkischen Organisationen mit dem Ziel, dass sich Opfer türkischer Abstammung – seien sie türkische oder deutsche Staatsbürger – verstärkt dem Opferorganisationen zuwenden können und sollen. Sie tun das bisher leider nur in minimalem Umfang.

Konkret heißt das, dass die ganzen Unterlagen und Materialien jetzt ins Türkische übersetzt werden. Türkische Opfer – in großem Umfang auch aus Berlin – tendieren dazu, die Hotline des Generalkonsuls anzurufen. Dort wird man mit Ankara verbunden. Da gab es bisher gar keine Kenntnisse über das Opferentschädigungsgesetz, die Zeugenbetreuung, die Opferambulanz und dem Werkzeugkoffer, den wir haben. Insofern haben wir eine sehr wirkungsvolle Initiative starten können.

Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kollege? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir jetzt zu Herrn Beck von den Grünen. – Bitte schön, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Herrn Senator Czaja: Am 22. Februar hat das Sozialgericht Berlin die Wohnaufwendungenverordnung zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft für unwirksam erklärt. Herr Senator! Wollen Sie die Realität auf dem Berliner Wohnungsmarkt, die das Urteil widerspiegelt, weiterhin ignorieren, oder in welcher Form wollen Sie der halben Million Berliner Bürgerinnen und Bürger, die von Arbeitslosengeld II abhängig sind, die von Ihnen überstürzt versprochene Rechtssicherheit in Bezug auf die Bezahlung ihrer Mieten geben?

Herr Senator Czaja – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Beck! Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Deswegen ist eine Schlussfolgerung aus diesem Urteil derzeitig gar nicht zu ziehen.

[Lachen bei den GRÜNEN]

Haben Sie eine Nachfrage, Herr Kollege Beck? – Bitte schön!

Sie können sich vorstellen, dass die Frage uns natürlich in keiner Weise zufriedenstellt, und der Protest nimmt ja auch zu. Ich habe aber eine weitere Frage, Herr Senator: Was folgern Sie aus der Einschätzung des Gerichts, dass der Berliner Mietenspiegel nicht ausreichend ist, um die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu ermitteln?

Herr Czaja! – Bitte schön, Herr Senator!

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordneter Beck! Mich wundert, dass Ihnen Ihre Frage nicht ausreichend ist. Dann müssten Sie eine andere Frage stellen.

(Senator Mario Czaja)

Zu der Frage, ob der Mietenspiegel zur Grundlage für die Wohnaufwendungenverordnung herangezogen werden kann oder nicht – oder ausreichend ist oder nicht –, sage ich: Wir haben alle Kriterien, die das Bundessozialgericht für eine Wohnaufwendungenverordnung vorgibt, bei der Wohnaufwendungenverordnung miteinbezogen. Das ist aus unserer Sicht ein rechtssicheres Verfahren, das gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Senatsverwaltung für Justiz und der Senatsverwaltung für Finanzen abgestimmt ist. Wir sind uns sicher, dass wir vor Gericht mit dieser rechtssicheren Verordnung auch bestehen werden.

Zu Ihrer Annahme, dass Sie nicht gültig ist oder Ähnliches – so etwas äußern Sie ja an unterschiedlichen Stellen, und es ist ja häufig sogar so, dass Verfahren abgewiesen werden und Sie trotzdem noch erklären, dass die Wohnaufwendungenverordnung jetzt nicht mehr rechtskräftig ist –, kann ich nur sagen: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit, damit Sie auch nicht die Betroffenen in Bezug darauf verunsichern, dass die Wohnaufwendungenverordnung, die zu einer rechtssicheren Grundlage geführt hat, in Berlin Bestand hat!

Im Übrigen: Ich weiß, dass das für Sie sehr schwer ist, aber die Zahl der Umzüge hat sich seit der neuen Wohnaufwendungenverordnung in Berlin halbiert – von 1 200 auf 600. Wenn man nur den Zeitraum betrachtet, seitdem die neue Wohnaufwendungenverordnung gilt, zeigt sich, dass der Stillstand, der bei Rot-Rot geherrscht hat, weil man sich nicht auf eine neue Wohnaufwendungenverordnung verständigen konnte, zu mehr Umzügen geführt hat als die Wohnaufwendungenverordnung, die wir jetzt in Berlin verabschiedet haben und die gültig ist und gut angenommen wird.

[Beifall bei der CDU]

Die nächste spontane Frage stellt jetzt Frau Matuschek für die Fraktion Die Linke. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an die Wirtschaftssenatorin, Frau Yzer: Nokia, Siemens, Tetra Pak und nun Vattenfall! Was tut der Senat gegen den massenhaften Abbau von Industriearbeitsplätzen in der Stadt?

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Frau Senatorin – bitte schön!

Es gibt keinen massenhaften Abbau von Industriearbeitsplätzen in der Stadt.

[Uwe Doering (LINKE): Was ist das denn dann?]

Im Gegenteil: Wir können feststellen, dass industrielle Ansiedlungen in der Stadt wieder zunehmen und hier demzufolge auch ein Aufwuchs von Arbeitsplätzen zu verzeichnen ist. Nichtsdestoweniger hat es in den Fällen, die Sie gerade genannt haben, Ankündigungen der Unternehmen gegeben, dass sie einen Abbau von Arbeitsplätzen vornehmen werden, der auch Berlin treffen wird. Aktuellster Fall ist die Mitteilung von Vattenfall, insgesamt 1 500 Stellen abzubauen. Hier gibt es im Moment noch keine Details, da die Gespräche mit dem Betriebsrat noch aufzunehmen sind. Es gab im Fall von Vattenfall lediglich eine Mitteilung, dass Berlin mit 250 bis 300 Stellen betroffen sein wird.

Mit Blick auf Tetra Pak habe ich bereits umfassend mitgeteilt, dass es hier vonseiten des Unternehmens eine frühzeitige Information der Senatsverwaltung für Wirtschaft gegeben hat, in der insbesondere darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Rahmenbedingungen für das Unternehmen durch Mehrwegsysteme, die in Deutschland in den letzten Jahren eingeführt wurden, beeinträchtigt worden sind.

[Zuruf von den GRÜNEN: Quatsch!]

Dies hat dazu geführt, dass ein Absatzrückgang bei den Produkten des Unternehmens von 7,5 Milliarden auf 4,7 Milliarden Verpackungen zu verzeichnen war und demzufolge das Unternehmen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass ein Werk in Berlin für die Zukunft nicht mehr aufrechterhalten werden kann.