Dass wir da hingekommen sind, dass wir – vielleicht noch nicht vollständig, aber in ganz großen Schritten – eine individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamten
erreicht haben, war ein langwieriger Prozess und hat sehr viel Überzeugungsarbeit verlangt. Es war damals eine bewusste Entscheidung, dass wir dies im Dialog mit den Gewerkschaften und den Beschäftigten in der Polizeibehörde selbst entwickeln und gemeinsam erarbeiten und gerade nicht, Herr Höfinghoff, durch Gesetzesbefehl. Wir waren der festen Überzeugung, dass ein solches Gesetz die Sache nicht erleichtert, sondern erschwert hätte.
Der Erfolg auf Dauer hängt davon ab, dass eine solche Veränderung eben nicht von außen aufgedrückt wird, sondern dass sie durch gemeinsame Überzeugungsarbeit, durch eine Debatte, durch einen Dialog entwickelt wird. Der damalige Polizeipräsident Glietsch hat dies, wie ich finde, in einer beeindruckenden Weise umgesetzt. Er hat das gemeinsam mit anderen in der Polizeibehörde getan, und wir können an dem Punkt dem ehemaligen Polizeipräsidenten auch einmal dafür danken.
Dieses Verfahren war die Geschäftsgrundlage, dass wir nämlich nicht als Gesetzgeber anordnen, was zu tun ist. Ich glaube, Herr Höfinghoff, es wäre besser, wenn wir bei dieser Geschäftsgrundlage blieben und sie nicht im Nachhinein veränderten; denn alle haben darauf gesetzt, dass dieser Prozess so läuft. Wenn wir jetzt – mit welchen Kautelen auch immer – irgendeine andere Grundlage für diese Maßnahme schüfen, würden wir eher Unsicherheit denn Sicherheit schaffen. Deswegen meine Bitte: Nicht nachträglich verändern, sondern diesen Prozess so weiter unterstützen, den wir inzwischen gemeinsam oder mit einer ganz großen Mehrheit wollen.
Ein letzter Gedanke noch zu der Frage, dass hier eventuell aus grundrechtsdogmatischen Gründen ein Gesetz nötig sei. Es wurde in der Debatte immer mal wieder angeführt: Wenn man eine solche Pflicht – wenn man so will – regelt, bräuchte man eine gesetzliche Grundlage. Wir sind fest davon überzeugt, dass es behördenintern geregelt werden kann und völlig ausreichend ist, mit anderen Maßnahmen, die in der Polizeibehörde gang und gäbe sind, eine solche Regelung für Dienstkleidung und Ergänzung der Dienstkleidung zu treffen und nicht eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen. Wir haben das eingehend geprüft. Auch aus diesem Grund sehen wir keine Notwendigkeit. Deswegen bitten wir, von diesem Vorschlag abzusehen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Lauer von den Piraten. – Bitte sehr!
Vielen lieben Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Zimmermann! Natürlich brauchen wir ein Gesetz dafür. Das Problem mit der Dienstanweisung durch den Innensenator ist, dass sie jederzeit wieder aufgehoben werden kann. Herr Höfinghoff hat es schon gesagt, es geht uns hier um Rechtssicherheit, dass Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, die eben mit der Polizei in Kontakt sind, genau wissen, was sie verlangen und was sie nicht verlangen dürfen.
Mich wundert natürlich schon, dass Sie an dieser Stelle gesagt haben, ja, es sei sehr wichtig, dass man da mit der Polizei besonders behutsam umgehe. Ich habe jetzt in meiner Zeit als Parlamentarier noch keine Behörde hier in Berlin gefunden, die so strikt hierarchisch organisiert ist wie die Berliner Polizei und die auch gerne, wenn es – das Refugee-Camp wurde ja hier heute schon einmal erwähnt – z. B. um solche Lagen geht, dann immer auf diese Hierarchie verweist und sagt, wir müssen doch hier das Zeug wegnehmen, das wurde uns doch von oben so gesagt. Die Berliner Polizei arbeitet im Rahmen der Gesetze, die wir hier erlassen. Sie trägt das Gewaltmonopol des Staates, und deswegen muss sie da auch in besondere Leistungen gegenüber dem Bürger treten. Das steht auch in unserer Antragsbegründung. Es geht uns hier nicht um eine Drangsalierung der Polizei, sondern es geht uns darum, dass dieses Gewaltmonopol, das diese Staatsmacht eben erkennbar auftritt und nicht als anonyme Masse.
Deswegen würde mich schon interessieren, warum es Ihrer Meinung nach komplizierter ist, wenn wir hier an dieser Stelle Rechtssicherheit schaffen, einmal für die Polizistinnen und Polizisten, einmal für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und vor dem Hintergrund, dass die Berliner Polizei wie alle anderen Polizeibehörden eben strikt hierarchisch organisierte Vereinigungen sind und eben kein Debattierklub, wo man einmal fragt, ja hättet ihr denn ein Problem damit, wenn und so. Da würde mich schon interessieren: Warum macht ein klares Gesetz es komplizierter als eine Dienstanweisung, die jederzeit abgeschafft werden kann und die, wie Herr Höfinghoff auch ausgeführt hat, nicht öffentlich verfügbar ist? – Vielen lieben Dank!
Frau Präsidentin! Ich kann natürlich durch Interpretation schon ermitteln, dass das auf meine Rede bezogen war, denn deren Aussage war: kein Gesetz, und Sie sagen, es muss ein Gesetz her, weil das Gewaltmonopol des Staats das verlangt und weil das unumkehrbar gemacht werden
müsse. – Ich kann Ihnen sagen, dass wir im langen Prozess der Diskussion immer davon ausgegangen sind, dass das, wenn wir einen einmal erreichten Stand wirklich durchgesetzt haben, wenn wir eine Akzeptanz gefunden haben, aufgrund dieser Akzeptanz erst unumkehrbar ist. Eine Anordnung kann man zurücknehmen, aber auch ein Gesetz kann man irgendwann zurücknehmen. Das ist auch nicht für die Ewigkeit.
Ich glaube, dass der Weg so herum schon richtig gewählt war, dass wir nicht besonders behutsam und auch nicht nur mal darüber geredet haben, sondern dass wir ernsthaft und nachhaltig die Erwartung gegenüber der Polizei geäußert haben, dass es hier vorangehen muss mit der Kennzeichnung. Das hat die Polizei, glaube ich, auch erkannt. Das wird nicht zurückgedreht. Wir werden darauf achten, dass wir dies in allen Einheiten, die dafür vorgesehen sind, auch umsetzen können. Ein Gesetz ist dafür tatsächlich nicht erforderlich, es sei denn, Sie bringen uns Argumente, die zeigen, dass wir bei der Grundrechtswahrung von einzelnen Polizisten eine gesetzliche Grundlage brauchen, damit es nicht am Ende aufgehoben wird. Aber hier sind sich, glaube ich, alle Verfassungsjuristen einig, dass hier keine Gefahr droht. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Zimmermann! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Lux! – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich in meine Redezeit einsteige, möchte ich bitte den zuständigen Senator gemäß § 84 unserer Geschäftsordnung herbeirufen
mit dem Hinweis darauf, dass wir vereinbart hatten, dass – sofern Senatoren nicht entschuldigt sind, und Kollege Henkel ist nicht entschuldigt – sich die Koalitionsfraktionen dabei enthalten werden, wenn wir diese Herbeirufung beantragen.
[Lars Oberg (SPD): Ja, zu Recht! – Karlheinz Nolte (SPD): Und das sind Sie! – Björn Eggert (SPD): Ja!]
Gibt es Widerspruch gegen den Antrag, den zuständigen Senator herbeizurufen? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich ganz formal: Ich bitte um das Handzeichen zur Zustimmung. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Fraktion Die Linke und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Höre ich keine, doch eine Stimme bei der SPD. Enthaltungen? – Die übrigen Mitglieder der SPD-Fraktion und die CDU und der fraktionslose Abgeordnete.
Der Senator ist anwesend. Vielen Dank! – Wir können also fortfahren. – Herr Lux, Sie haben das Wort!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Es ist mir wichtig, dass der zuständige Senator hier ist und sich, auch wenn er die Rede seines Koalitionspartners von der SPD verpasst hat, hier trotzdem diesem wichtigen Thema stellt. Denn, wie Kollege Zimmermann von der SPD zu Recht gesagt hat, die Kennzeichnung der Polizei, die Erkennbarkeit durch individuelle Zurechnung mittels einer Nummer oder noch besser des Namens, ist ein Erfolg in Berlin geworden. Es ist ein Erfolg des ehemaligen Polizeipräsidenten Glietsch, der Polizeipräsidentin Koppers, ist aber auch ein Erfolg – das möchte ich hier ausdrücklich sagen – der Kollegin Marion Seelig, derer wir heute Morgen gemeinsam gedacht haben. Sie alle haben dafür lange und beharrlich gestritten, dass sich die Berliner Hauptstadtpolizei aufmacht und individuell erkennbar für ihr Gegenüber auftritt und sich damit auch entsprechend ihrem Handeln stellen muss.
Der Staatssekretär hat im Innenausschuss am 6. Februar erklärt, dass es keine zunehmenden Beschwerden gibt, sondern dass die individuelle Kennzeichnung läuft, dass Erfahrungen in der Praxis gesammelt werden, dass sie fortlaufend evaluiert wird. Es gibt keine erkennbaren Beschwerden seitens der Berliner Polizei. Vorhin haben Kollege Tom Schreiber und ich Polizeischüler hier zusammen in einer Runde gehabt. Sie werden wie selbstverständlich diese Nummer oder ein Namensschild tragen. Andere Bundesländer wie Bremen, Niedersachsen,
Schleswig-Holstein, wie Nordrhein-Westfalen, aber auch Brandenburg machen sich, wie gesagt, auf, um die Kennzeichnung der Polizistinnen und Polizisten einzuführen, damit ein modernes Bild von Polizei und Auftreten der Staatsmacht besteht, die letztendlich Mittel der Gewalt hat, um den Bürger oder die Bürgerin zu behandeln. Diese soll bürgerfreundlich und transparent ausgestattet werden. Das ist modern. Und ich bin froh, dass es hier eine breite Mehrheit dafür gibt, die individuelle Kennzeichnung bei der Polizei zu haben.
Herr Innensenator! Ich wünsche mir einen Innensenator, der die Kraft hat, diese individuelle Kennzeichnung, mit der sich Berlin aufgemacht hat, zu verteidigen, aber auch weiter für sie zu werben. Das ist nicht leicht für jeden neuen Polizisten oder jede neue Polizistin zu akzeptieren. Darüber hat Herr Zimmermann ja gesprochen in Ihrer Abwesenheit. Ich wünsche mir, dass Sie die Kraft haben, das zu verteidigen und sogar dafür zu werben, dass es richtig ist und dass wir Berlinerinnen und Berliner, wir Abgeordnete stolz sein können auf eine Polizei, die wie selbstverständlich erkennbar gegenüber der Bürgerin und dem Bürger auftritt. Diesen Wunsch, Herr Innensenator, wollte ich Ihnen in Ihrer Anwesenheit hier übermitteln.
Ich habe meine Zweifel. Vielleicht gibt es deshalb keinen Applaus, weil alle hier Zweifel daran haben, dass Sie die Kraft dafür haben.
[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Lachen bei der SPD – Zuruf von Lars Oberg (SPD)]
Alle hier zweifeln, dass Sie die Kraft dafür haben, genauso wie Sie im Wahlkampf immer versprochen haben, es sei das erste, das Sie abschaffen. Sie haben nicht die Kraft dazu, sich dem zu stellen, sich der Diskussion hier zu stellen und sich hinzustellen und zu sagen: Das war ein Erfolg, was Rot-Rot vor mir gemacht hat, was Polizeipräsident Glietsch mit auf den Weg gebracht hat –, dafür haben Sie nicht die Kraft. Es ist sehr schade, dass Sie nicht mal dafür die Kraft haben. Denn Sie haben in der Aktuellen Stunde – wir alle haben es noch in den Ohren – nicht mal die Kraft gehabt zu sagen, was der Senat gedenkt, gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu tun. Das ist die Wahrheit, Herr Innensenator. Da hatten Sie kein Konzept. Sie haben keine Haltung hier an diesem Pult hingelegt, um in der Aktuellen Stunde ein deutliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu setzen. Das war leeres Oppositionsgedresche, das Sie vorhin hier fabriziert haben.
Dabei ist es bitter nötig, dass Sie, Herr Innensenator, Ihre Versprechen einhalten, sei es bei der Aufklärung des NSU-Skandals, der NSU-Terrorserie, dass Sie endlich klar Tisch machen, Ihr eigenes Wort halten, statt sich vom Acker zu machen und jede Innenausschusssitzung nicht anwesend zu sein, wenn darüber geredet wird. Aber Sie müssen auch Wort halten bei dem Versprechen, das Sie gegeben haben, mehr zu tun für die Sicherheit in dieser Stadt. Da haben Sie nämlich ein ganz schön schwieriges Versprechen gemacht, das haben Sie nämlich gar nicht so im Einfluss, und Sie werden dort ein böses Erwachen haben, Herr Innensenator, wenn Sie es nicht schaffen, Ihre Versprechen auch realistisch aufzubringen.
Wo Sie es auch nicht schaffen werden, und das ist wirklich Ihnen selbst zuzuschreiben, ist bei der Beamtenbesoldung. Hier machen Sie sich vom Acker.
Hier können Polizistinnen und Polizisten und alle anderen Bediensteten des Landes Berlin sich nicht auf Sie verlassen. Es ist eine Frage des Bedienstetenrechts, dass Sie sorgsam mit Ihren Beamtinnen und Beamten umgehen, um eben auch die Akzeptanz
einer individuellen Kennzeichnung durch eine gesetzliche Regelung zu ermöglichen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!