Frank Zimmermann
Sitzungen
17/3
17/7
17/10
17/11
17/12
17/14
17/18
17/26
17/29
17/30
17/33
17/35
17/38
17/39
17/40
17/41
17/43
17/45
17/48
17/49
17/50
17/51
17/52
17/55
17/56
17/57
17/60
17/61
17/62
17/64
17/65
17/67
17/69
17/70
17/71
17/72
17/73
17/75
17/76
17/77
17/78
17/79
17/80
17/81
17/82
17/83
17/85
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Juhnke! Sie haben, wie zuvor auch schon der Senator, heute die Geschichte des Gesetzentwurfs erzählt, wie zum Beweis, dass Sie, mehr als alle anderen, für Sicherheit in dieser Stadt sorgen.
Die Fakten sprechen eine andere Sprache. Das Thema Videoüberwachung haben Sie haben in einer beispiellosen Hektik hochgezogen, um Ihre Schlagzeilen zu kriegen. Was Sie aber gerade nicht haben, ist ein Sicherheitskonzept für kriminalitätsbelastete Orte, für Plätze wie den Alexanderplatz. Sie haben sich einen Wahlkampfslogan erarbeitet, nicht aber mehr Sicherheit geschaffen.
Darauf komme ich gleich noch zu sprechen, Herr Juhnke!
Eine solche Konzeption verlangt eine gleichzeitige Festlegung auf ausreichende polizeiliche Präsenz vor Ort, um bei beobachteten Gefahren, meinetwegen auch durch videobeobachteten Gefahren, kurzfristig eingreifen zu können, andernfalls haben wir eine Scheinsicherheit. Wir haben vorgeschlagen, parallel zum Gesetzentwurf einen klaren Auftrag des Parlaments zu beschließen, den Sie kategorisch abgelehnt haben. Sie haben ihn sich noch nicht einmal angeguckt. Eine solche Konzeption verlangt weitergehende Maßnahmen, zum Beispiel für ein besseres Zusammenwirken von Landespolizei und Bundespolizei, zum Beispiel durch die Einrichtung einer gemeinsamen Wache am Alex, wie wir sie angeregt haben. Die Menschen würden sich eine solche Ansprechbarkeit vor Ort mit dem blauen Schild „Polizei“ sehr wünschen, zumindest wäre eine solche Möglichkeit wenigstens in Betracht zu ziehen. Sie wird von Ihnen jedoch kategorisch abgelehnt.
Zu einer nachhaltigen Sicherheitspolitik gehört selbstverständlich auch eine fundierte wissenschaftliche Basis, um
auf Aggression und Gewalt in der Gesellschaft adäquat reagieren zu können. Wo planvoll vorgehende Täter mit dem Entdeckungsrisiko kalkulieren, auch durch Video, kommen Sie zum Beispiel bei Affekttätern überhaupt nicht weiter. Wo, frage ich Sie, ist der Forschungsauftrag des Senats an die Wissenschaft in Berlin, die zunehmende Gewaltbereitschaft, ja Radikalisierung bestimmter Gruppen zu untersuchen und Vorschläge für einen adäquaten Umgang mit diesen Entwicklungen zu unterbreiten? Sie haben sich auf eine einzige Maßnahme geradezu versteift und alles andere schlicht vom Tisch gewischt. Sie warnen vor Experimenten, wir warnen vor eindimensionaler Sicherheitspolitik.
Eine flankierende und punktuelle Maßnahme kann nach unserer Überzeugung auch die Videoüberwachung sein. Herr Senator! Herr Juhnke! Sie hätten sie auch haben können, wenn Sie sie rechtzeitig in den Senat eingebracht hätten.
Ja, es ist daran gescheitert, dass Sie zu spät aus dem Knick gekommen sind, und wer zu spät kommt, sollte nicht mit dem Finger auf andere zeigen.
Im Frühjahr hatten wir im Innenausschuss, Sie erinnern sich, signalisiert, dass wir uns einen Modellversuch am Alex, den Sie ins Spiel gebracht hatten, durchaus vorstellen können. Dann Sie: Ja, aber nicht nur am Alex. – Daraufhin wir: Okay, dann machen wir eben eine präzise, abstrakte Rechtsgrundlage nicht nur für einen Ort, sondern für zwei oder drei vergleichbare Plätze. – Daraufhin Sie: Aber nicht als Modellversuch. – Das ist keine ernst zu nehmende Linie. Sie haben Ihren eigenen Vorschlag nicht mehr ernst genommen. Sie haben ihn modifiziert, und nicht nur das. Sie waren auch nicht bereit, eine hinreichende Klarheit in das Gesetz zu schreiben, wo überall Videoanlagen installiert werden dürfen und wo nicht. Nach Ihrem Vorschlag wäre den Berlinerinnen und Berlinern dunkel geblieben, wo sie aufgezeichnet werden. Eine unbeschränkte Befugnis zur Überwachung aller möglichen Plätze konnten und werden wir nicht mittragen.
Ja, der Regierende, darauf komme ich in meinen letzten 60 Sekunden. Sie behaupten immer, wir hätten den Regierenden Bürgermeister hier im Regen stehen lassen.
(Benedikt Lux)
Ich will nur noch mal darauf hinweisen, was in Artikel 58 Abs. 5 der Verfassung von Berlin steht. Das wissen Sie vielleicht noch, ich will es dennoch in Erinnerung rufen.
Jedes Mitglied des Senats leitet seinen Geschäftsbereich selbstständig und in eigener Verantwortung innerhalb der Richtlinien der Regierungspolitik.
Es liegt in der Verantwortung des Innensenators, welche Vorlagen des Innen- und Sicherheitsbereichs dieses Parlament erreichen. Für die Vorlage der ASOG-Änderung, die jetzt der Diskontinuität zum Opfer fällt,
sind allein Sie, Herr Innensenator, verantwortlich.
Weil Sie immer sagen, dass wir Michael Müllers Gesetzentwurf nicht eins zu eins übernommen hätten: Es ist Ihr Gesetzentwurf, und wir haben in dieser Wahlperiode nahezu jeden Entwurf von Ihnen verändern, teilweise sogar völlig umschreiben müssen. So viel zur Qualität Ihrer Gesetzesvorlagen.
Wir sind uns im Ergebnis vollkommen mit dem Regierenden Bürgermeister einig, dass wir modellhaft evaluiert an bestimmten Plätzen des Landes, der Stadt eine solche Videoaufzeichnung, Videoüberwachung machen sollten und dass wir dort auswerten müssen, was daraus an Vorteilen erwächst. Wir können es nun leider nicht beschließen.
Ihre, Herr Senator, ideologisch aufgeladene Symbolpolitik ist das Gegenteil einer nachhaltig wirksamen Kriminalitätsbekämpfung. Sie verstellt auch den Blick für eine kühle, nüchterne Folgenabschätzung staatlichen Handelns. Das betrifft nicht nur Ihre Videotechnik, wie Sie sie nennen, sondern auch Themen wie linksautonome Gewalt, Rigaer Straße, die Großrazzia in Halensee, das Burkaverbot oder die Kampagne gegen die doppelte Staatsangehörigkeit. Das Produzieren von Schlagzeilen ist nicht das Produzieren von Sicherheit. Letzteres ist aber das, worauf es ankommt. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns diesem Problem der statistischen Erhebung von Daten im Zusammenhang mit der stillen SMS stellen wollen, müssen wir zum einen die etwas überhöhte Bedeutung, die dem in der Debatte beigemessen wird, ein bisschen herunterzoomen und müssen zum anderen feststellen: Die stille SMS ist nach § 100a StPO ein gesetzliches Ermittlungsinstrument, das angewendet werden darf, und es ist auch verfassungsgemäß. Was in der Begründung des Antrags erläutert wird – das haben Sie jetzt mündlich nicht so deutlich wiederholt, Herr Lauer –, der Zusammenhang, der dort konstruiert wird, dass erst, wenn all die Daten erfasst und uns übermittelt sind, und wir dann entscheiden, ob das Instrument geeignet und erforderlich ist, und danach entscheiden, ob es genügend Erfolge gibt, sodass es verfassungsgemäß, erforderlich und geeignet ist, dieser Mechanismus ist nicht vorhanden. Es ist bereits jetzt verfassungsgemäß. Wir brauchen diese besonderen statistischen Daten, die Sie haben wollen, nicht, um die Verfassungsmäßigkeit dieses Instruments herzustellen. Das ist die erste Feststellung, die wichtig ist zur Einordnung des Problems.
Wir haben aber trotzdem zu klären, welche Daten die Polizei dokumentieren und welche sie uns übermitteln soll. Da ist eine erste Klärung durch den Datenschutzbeauftragten vom Dezember 2014 bis August 2015 erfolgt, der bestimmte Daten nachgeprüft hat. Das hat die Polizei – das haben Sie gesagt – daraufhin aufgearbeitet. Das ist auch der richtige Weg, dass der oder jetzt die Datenschutzbeauftragte, die von uns eingesetzt und gewählt ist, genau diese bestimmungsgemäße, zweckgerichtete
(Christopher Lauer)
Verwendung von Daten überprüft und guckt, ob das alles verfassungsgemäß ist.
Der nächste Schritt ist – das ist die Frage, über die wir entscheiden müssen –: Wollen wir festlegen, durch einen Antrag oder irgendeine Beschlussfassung hier, welche statistischen zusätzlichen Daten die Polizei dauernd in diesem Zusammenhang erheben, dokumentieren und weitergeben muss, wollen wir also feststellen, wie die Verwendungspraxis bei stiller SMS und die Datenerhebung künftig aussehen soll? – Da habe ich ein Problem, das so schematisch festzulegen. Eine solche Festlegung, was jetzt alles von der Polizei genau geleistet werden muss, geht mir zu schnell. Ich möchte mich dem Problem nähern, indem ich mit der Polizei darüber spreche, was sie darstellen kann, was sie dokumentieren kann, ohne dass ihre Ermittlungstätigkeit durch überbordende Verwendungsnachweise erschwert wird. Und das möchte ich mit denen besprechen und nicht, weil wir jetzt plötzlich die bessere Erkenntnis haben, wie es alles besser ist, einseitig beschließen. Also, die Frage ist für uns: Wie erheblich ist der Aufwand, um das zu machen? Ist es überhaupt erforderlich, dass wir diese ganzen detaillierten Daten haben? Und wie kann man zu einem auch im Datenschutzinteresse vernünftigen Ausgleich kommen, der aber immer eins beachten muss, neben den Bürgerrechten, die Sie betonen: dass wichtige Ermittlungsarbeit der Polizei an diesem Punkt nicht behindert werden darf; das ist entscheidend. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Es geht in der Tat vor allen Dingen um Korruptionsbekämpfung, und da will ich gleich anschließen an Ihre Rede, Herr Behrendt. Wir haben über die Jahre eine Reihe von Instrumenten im Land Berlin installiert, die sehr wohl wirksam Korruption bekämpfen helfen. Ich erinnere an das sogenannte Business Keeper Monitoring System, in dem Leute Hinweise geben können, die dann verarbeitet werden. Wir haben den Vertrauensanwalt, den Ombudsmenschen als Institution. Es muss nur eine Besetzung stattfinden. Aber die Bedingungen sind gegeben. Wir haben schließlich auch noch das Parlament als Ansprechpartner. Es ist immer ein Quellenschutz da, wenn Abgeordnete über Fehlentwicklungen informiert werden. Es kann dort geklärt werden, ob etwas zu unternehmen ist. Es gibt also Korruptionsbekämpfungsinstrumente, die man sicherlich hier und da auch noch schärfen kann. Daran werden wir immer weiter arbeiten. Das können wir Ihnen versprechen.
Hier geht es Ihnen darum, ein Anzeigerecht der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst zu kreieren, womit der Schutz vor Verfahren erhöht wird, nämlich vor Verfahren wegen der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, von Loyalitätspflichten usw. Hier ist interessant, dass wir auch eine Entwicklung in der Rechtsprechung haben. Wir haben in den letzten Jahren eine Stärkung der Position von Whistleblowern erfahren.
(Dirk Behrendt)
Ich will ein wesentliches Urteil herausgreifen. Es stammt vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof – da guckt nicht jeder dauernd hin, aber es sind teilweise wichtige Entscheidungen – aus dem Jahr 2011. Eine Altenpflegerin hatte sich an das Gericht wegen ihrer Kündigung durch einen Klinikkonzern gewandt. Sie hatte ihren Arbeitgeber beklagt, da zu wenige Pfleger für die Patienten im Pflegeheim da waren, wodurch unhaltbare Zustände entstanden sind. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren eingestellt, und daraufhin kündigte der Arbeitgeber der Altenpflegerin. Diese bekam am Ende vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof recht. Es war der Ansicht, dass die Arbeitnehmerin bei ihrer Meinungsäußerung und gegebenen Hinweisen geschützt sein muss. Ich will festhalten, dass durch diese Rechtsauffassung – bestätigt durch höchstrichterliche Entscheidung – weitreichende Folgen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung aufgrund einer behaupteten Verletzung von Loyalitätspflichten oder Verschwiegenheitspflichten entstehen. Damit wird die Position von Whistleblowern deutlich gestärkt. Das sind die Anknüpfungspunkte, die wir brauchen, um weiter den Schutz der Rechtsordnung, wie Sie sagen, für zu Recht gegebene Hinweise durch Hinweisgeber zu erhöhen.
Dieser Antrag ist dazu nicht erforderlich, und es ist auch die Frage, ob wir mit einem Anzeigerecht wirklich weiterkommen. Daran hatten wir unsere Zweifel. Im Innenausschuss hätten wir das natürlich beraten. Wir beraten es aber jetzt im Plenum. Die Argumente sprechen dafür, dass wir diese Anträge jetzt nicht weiterverfolgen, aber der Schutz von Whistleblowern ist weiter ein wichtiges Anliegen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Umsteuerung bei der Beamtenbesoldung im Land Berlin hat bereits im Jahr 2014 begonnen und nicht erst heute. Wir haben 2014 begonnen, den Abstand zum Schnitt der anderen Bundesländer zu senken. Wir tun das zwar langsam, aber der Abstand verringert sich. Deswegen steht nicht erst heute das Thema der Umsteuerung im Zentrum, sondern es wurde bereits in mehreren Debatten vorher behandelt. Wir sind ein bisschen stolz darauf, dass wir gemeinsam in der Koalition dieses Umsteuern geschafft und auch einen Konsens erzielt haben, dass der Abstand jetzt regelmäßig jedes Jahr verringert werden soll.
Wir verteilen keine Almosen, lieber Kollege Lux. Man kann sehr gut darüber streiten, ob man noch mehr drauflegen kann, ob die Haushaltslage das ergibt oder nicht, aber Almosen ist aus meiner Sicht der völlig falsche Begriff. Die Beamtinnen und Beamten haben einen gesetzlichen Anspruch. Den regeln wir, und wir müssen
(Benedikt Lux)
entscheiden, wie wir nach Haushaltslage und auch nach dem Alimentationsprinzip deren Besoldungssteigerung ausgestalten können. Das ist verbindlich. Es gibt diesen Anspruch, und deswegen ist Almosen der falsche Begriff dafür.
Herr Lux, bitte!
Lieber Kollege Lux! Wir haben im gesamten öffentlichen Bereich Nachholbedarf. Er ist in den unteren und höheren Einkommensgruppen gegeben. Deswegen war es richtig, erst einmal mit einer prozentualen Erhöhung zu arbeiten. Wir sollten überlegen, ob man in künftigen Schritten – das betrifft die künftigen Abgeordneten – eine andere Gewichtung vornimmt. In der Tat ist das bedenkenswert, aber jetzt war es erst einmal richtig, für alle diese Erhöhung zu schaffen. Sie wird in diesem und im nächsten Jahr bei 3 Prozent liegen. Wir werden uns an diese Linie, dass es regelmäßig eine Erhöhung gibt, halten.
Der Abstand zum Durchschnitt der anderen Länder wird nicht 15 Jahre andauern, wenn es so weiterläuft, sondern nach unserer Rechnung zwölf. Zwölf Jahre sind aus meiner Sicht eine lange Zeit. Ich meine, dass man diesen Zeitraum weiter verkürzen muss. Das werden wir in dieser Wahlperiode nicht mehr entscheiden. Das müssen die nächsten Kolleginnen und Kollegen tun.
Wir sollten eine Gesamtschau für den öffentlichen Dienst vornehmen. Wir brauchen einen Stellenzuwachs in verschiedenen Bereichen. Wir brauen eine Funktionsverbesserung – partiell auch Qualifikation – und eine Besoldungserhöhung über die nächsten Jahre. Da muss geguckt werden, wie man einen schnelleren Pfad hin zu einer Angleichung schaffen kann. Das sollte nicht in zwölf oder zehn Jahren sein. Es wäre wünschenswert, wenn das in einem kürzeren Zeitraum gelänge. Dafür werden wir uns sicher einsetzen. Wir werden gucken, dass wir in der Umsetzung des Haushaltsplans für die einzelnen Bereiche in der Verwaltung, in denen es wirklich eng und schwie
rig ist – wir wissen das; das geht nicht an uns vorbei –, in den nächsten Jahren für qualitative Verbesserungen sorgen können. Das wird unsere Aufgabe sein. Darüber sind wir uns hier im Haus einig. Deswegen wird der öffentliche Dienst in den nächsten Jahren deutlich bessergestellt. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zurzeit fahndet die Polizei mit Fotos aus der Videoüberwachung in Lankwitz nach mehreren potenziellen Gewalttätern. Sie hat in den letzten Jahren mit einer Reihe von Fotos aus der Videoüberwachung Täter überführen können, die in den öffentlichen Bahnen Gewalttaten begangen haben. Das ist das, was wir von Anfang an in Sachen Videoüberwachung immer wieder gesagt haben: Wir müssen wissen, was sie kann und was sie nicht kann. Die Videoüberwachung kann im Zweifel Täter identifizieren und Beweise für Gewalttaten liefern – zum Beispiel auf Bahnhöfen. Solange sie das kann – es ist erwiesen, dass sie das kann –, kann man nicht einfach darüber hinweggehen und sagen, das bringt gar nichts. Wir wissen aus den Erfahrungen der letzten Jahre, dass damit eine erhebliche Anzahl von Tätern überführt werden konnte, und insofern ist das ein sinnvolles Instrument.
Nein! Ich muss meinen Gedankengang im Zusammenhang vortragen, sonst wird nicht deutlich, was wir dazu meinen.
Die zweite Seite ist natürlich, dass man beschreiben muss, was Videoüberwachung nicht kann. Selbstverständlich ist bisher nicht messbar, welche generalpräventive, sicherheitsschaffende, vorbeugende Wirkung die Videoüberwachung haben kann, und deswegen haben wir sie auch nicht eingeführt. Das war nicht der Grund, warum wir das ausgeweitet haben, sondern das waren einzig und allein die Repression und die Beweisführung. Deswegen sind wir nach wie vor skeptisch bei der Behauptung, die Videoüberwachung schaffe mehr Prävention oder Sicherheit. Nein! Sicherheit schafft man durch Personal, durch Doppelstreifen, durch Präsenz vor Ort und durch Reaktionen tatsächlich in dieser Minute – wenn es denn möglich ist.
Das ist die eigentliche sicherheitserhöhende Maßnahme, die getroffen werden muss. Deswegen noch einmal: Man
muss sehr differenzieren, was man damit erreichen will und was man nicht erreichen kann. Das haben wir von Anfang an so gesehen.
In diesem Antrag, den Sie vorlegen, beantragen Sie ein Moratorium. Das heißt, bis eine längere Evaluation abgeschlossen ist, soll keine weitere Videoüberwachung,
keine Ausweitung der Videoüberwachung stattfinden. Und das halten wir in der Tat für fahrlässig, das kann man so strikt nicht machen. Wenn es eine Berechtigung gibt und die Polizei sagt, wir können an einem bestimmten Ort durch Überwachung Täter eventuell leichter überführen, dann müssen wir uns dieser Sache stellen und können sie nicht von Vornherein ablehnen. Wir können zum Beispiel darüber diskutieren, was wir am Alexanderplatz machen, allerdings muss man gleichzeitig auch immer darüber nachdenken und mitentscheiden, dass dort mehr Personal zur tatsächlichen Erhöhung der Sicherheit eingesetzt wird. Das wäre unverzichtbar, wenn man die Überwachung ausweiten will. In diesem Zusammenhang macht die Videoüberwachung Sinn,
und deswegen werden wir Ihrem Antrag nicht folgen. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Herr Behrendt! Ihr Antrag ist nicht nur vollkommen untauglich, er ist sogar ausgesprochen schädlich.
(Dirk Behrendt)
Sie unterschreiten hier Ihre eigenen Qualitätsmaßstäbe so eklatant, dass ich mich wundere, wie es der Antrag überhaupt bis hierher geschafft hat.
Wenn Sie den Einfluss von Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatern beschränken wollen, ist Ihr Antrag vollkommen ungeeignet, denn die haben sowieso das Recht auf kostenlose Erstberatung. Das ist alles richterlich entschieden und in der Rechtsprechung anerkannt. Die treffen Sie mit Ihrem Antrag überhaupt nicht, abgesehen davon, dass Sie ihn auch noch mit widerlegten Behauptungen begründen, was Kinsey und Erwartungen usw. betrifft. Das ist alles neben der Sache.
Dafür aber treffen Sie ins Mark des ehrenamtlichen Engagements und des freiwilligen Engagements in Berlin.
Denn das lebt davon, dass Pro-bono-Leistungen, also unentgeltliche Hilfen und Unterstützung im öffentlichen Interesse, erbracht werden. Wenn Sie engagierte Helfer erst mal grundsätzlich von einer künftigen Auftragsvergabe ausschließen wollen, schaffen Sie Nachteile für diese Gruppe, mindestens aber eine Rechtsunsicherheit, ob sie nicht berufliche Nachteile erleiden müssen. Ein solches Hemmnis für ehrenamtliches Engagement werden wir auf gar keinen Fall zulassen.
Nehmen Sie z. B. Sprachlehrer, die umsonst in Flüchtlingseinrichtungen helfen! Sie erwerben Kompetenzen, und sie hoffen natürlich auch darauf, später eine Anstellung zu bekommen. Wenn nun tatsächlich bezahlte Kurse eingerichtet werden, wollen Sie genau diese Leute, die am besten geeignet sind, für diese Kurse ausschließen. Das ist ein absurdes Ergebnis.
Wer sich aufgrund freiwilliger Leistungen Fähigkeiten und Kompetenzen aneignet, soll sie auch nutzen können. Es liegt übrigens auch im Allgemeininteresse, auf solche Qualifikationen zurückgreifen zu können, und genau das wollen wir gewährleisten. Sie bauen dafür Hindernisse auf, und deswegen ist es wirklich voll daneben.
Sie werden großes Verständnis dafür haben, dass wir dieses ehrenamtliche Engagement nicht behindern, sondern befördern wollen. Ihr Antrag ist dazu völlig kontraproduktiv und, um es mit der „taz“ von heute zu sagen, voll daneben. Das hat mein Kollege Schneider schon gesagt. Dann nehme ich den Begriff „sinnentleert“. Das ist auch ein sehr schönes Attribut, das zutrifft.
Wir sollten diesen Minuteneinfall der Grünen mit der heutigen Sitzung beenden und sofort abstimmen, damit er in weiteren Beratungen nicht etwa noch mehr Schaden anrichtet. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Egal wie wir heute über Ihren Antrag abstimmen, Herr Schatz, eines wird nicht passieren – dass wir hier im Berliner Abgeordnetenhaus für oder gegen das Freihandelsabkommen stimmen, denn das geschieht woanders. Da haben Sie die Sache doch ein bisschen überhöht und überschätzen sich auch ein klein wenig.
Wir zeigen hier, dass wir uns – bezogen auf Ihren Antrag – ein bisschen wiederholen, denn es ist wirklich so, dass wir das alles schon besprochen haben. Wir haben die Argumente alle ausgetauscht. Die Tatsache, dass Sie das erneut vorbringen, hilft uns auch nicht weiter. Sie sind in der Europapolitik ein bisschen monothematisch. Wir brauchen mehr Engagement in vielen anderen Fragen. Es ist nicht alles nur TTIP und CETA, sondern es gibt einen Haufen andere Punkte, die man besprechen muss.
Aber wir führen die Debatte mit Ihnen trotzdem und sagen: Entscheidend ist nicht, dauernd solche Bekenntnisse abzugeben, sondern entscheidend ist zu handeln, wo man die Möglichkeit dazu hat, und das haben wir gemacht.
Wir haben das Schiedsverfahren, so wie es ursprünglich geplant war, gegenüber Frau Malmström als inakzeptabel abgelehnt. In der Kommission hat ein Umdenken begonnen, und ich wage die Behauptung, dass das ursprünglich
geplante Investorenschiedsverfahren vom Tisch ist. Wenn etwas zustande kommt, dann kommt allenfalls ein öffentlich-rechtlich durchtränktes, von Staaten gesteuertes Regulationsinstrument zustande, aber nicht das ursprüngliche inakzeptable Schiedsverfahren.
Das Zweite ist – und das können wir jetzt wirklich an echten Verhandlungserfolgen ablesen – CETA. CETA sollte die Blaupause sein für etwas, wenn man denn überhaupt etwas vereinbaren will, nämlich dieser Etappensieg in den Verhandlungen mit Kanada hat gezeigt, dass auf Druck der Sozialdemokraten in dem nun vorliegenden Verhandlungsergebnis entscheidende Veränderungen vorgenommen wurden. In Streitfällen müssen nämlich die Institutionen eine Qualifikation entsprechend einem internationalen Gerichtshof aufweisen, und diese Institutionen müssen von Staaten gestellt werden, also diese privaten Anwälte, die da herumschwirren, sind bei CETA vom Tisch.
Dann muss es eine verbindliche Revisionsinstanz geben, die im Abkommen auch fixiert ist. Schließlich dürfen Entscheidungen dieser Instanz nur Fragen des Völkerrechts und dieses Abkommens betreffen, nicht EU- und mitgliedsstaatliche Rechtsfragen. All diese Punkte sind entscheidend, um einzugrenzen, was sie überhaupt dürfen und was sie nicht dürfen. Das ist der richtige Weg auch für TTIP.
Ich sage aber ganz klar – und da gibt es inhaltlich eine große Übereinstimmung –: TTIP hat nach wie vor eine Reihe problematischer Punkte, denen wir kritisch gegenüberstehen und über die wir verhandeln müssen. – Danke schön!
Danke schön! – Herr Schatz! Nur einen Satz zur Antwort: Selbstverständlich werden wir alle kritischen Stellungnahmen, auch die des Richterbundes und anderer, in den Debatten berücksichtigen. Der Druck auf die Verhandler muss aufrechterhalten bleiben, dass wir Standards hier nicht preisgeben. Deswegen wird es auf den verschiedenen Ebenen diese Haltung geben.
Ja, aber mit diesem Beschluss, den Sie hier anstreben erreichen Sie das nicht, sondern Sie erreichen es nur mit konkreten Interventionen und Verhandlungen in den jeweiligen Institutionen. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da es sich hier hauptsächlich um die Videoüberwachung im ÖPNV dreht, ist die wichtigste Aussage die, dass es uns um ein Höchstmaß an Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr geht. Das ist das Ziel, das wir verfolgen. Deswegen ist ein Moratorium unangebracht, sondern eher die Anpassung der Überwachungssysteme und der Überwachungsmaßnahmen zwischen U- und S-Bahnen und der gezielte Ausbau dort, wo es nötig ist.
(Christopher Lauer)
Videoüberwachung ist überhaupt kein Allheilmittel in dieser Frage. Personal auf den Bahnhöfen ist viel wichtiger, das haben Sie angedeutet, damit haben Sie auch recht.
Bei der S-Bahn ist unsere Einwirkungsmöglichkeit gering, denn das ist Deutsche Bahn und wir können darüber nicht befinden. Wir halten es aber für richtig, dass mehr mobiles Personal wo nötig auf den Bahnhöfen und in den Zügen vorhanden ist, denn das schafft tatsächlich mehr objektive Sicherheit und ein erhöhtes Sicherheitsgefühlt. Das ist die Maßnahme der Wahl.
Wir können aber daneben auf Videoüberwachung und auf Aufzeichnungen nicht verzichten. Dazu sagen Sie jetzt, Sie brauchen eine Evaluation, um zu klären, ob sie überhaupt eine präventive oder repressive Wirkung haben und um überhaupt eine Aussage treffen zu können. Ich kann Ihnen sagen, dass von solch einer Evaluation nicht viele neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Denn es ist ganz klar, dass die präventive Wirkung von Videoaufzeichnungen und Videoüberwachung sehr gering ist. Man könnte auch sagen, es ist schwer zu messen, wie viele Straftaten durch Video verhindert werden, denn das ist objektiv ein Problem. Aber es ist auch tatsächlich nicht unsere Annahme, dass wir mit Videoüberwachung Kriminalprävention betreiben. Denn es ist nicht anzunehmen, dass sich dadurch betrunkene oder sonstige Täter von enthemmten Taten abhalten lassen, sondern die Wirkung und die Bedeutung von Videoüberwachung ist eindeutig die Ermittlung von Straftaten, die Überführung von Tätern. Und die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir schlimme Schlägertypen und schlimme Taten damit haben aufklären können, dass das zur Verurteilung beigetragen hat, zur Überführung der Täter. Und auf diese Hilfe, auf dieses Instrument können und wollen wir nicht verzichten. Die einzige Frage bleibt, ob man für die Zukunft noch neuere Erkenntnisse, weitere Daten erheben kann, ermitteln kann, um die Sache zu verfeinern, zu verbessern. Da setzen wir auf BVG und auf die Polizei. Wir werden nicht eine flächendeckende Videoüberwachung überall unterstützen, sondern dort, wo es gezielt nötig ist im öffentlichen Nahverkehr, dort soll es das geben – zur Ermittlung und zur Überführung von Tätern. Das ist der Zweck der Übung. Dazu brauchen wir keine Evaluation. Und deswegen brauchen wir auch diesen Antrag nicht so sehr. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mir nicht so ganz sicher, Herr Behrendt, ob es unbedingt so sein muss, dass Senatoren künftig kein Wissen mehr erwerben sollen, um hinterher, wenn sie ausscheiden aus dem Amt, mit diesem Wissen nicht etwas anfangen zu können. Ich finde schon, dass das möglich sein muss. Aber ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass Interessenkollisionen oder auch nur der Anschein der Käuflichkeit oder der Beeinflussung von Handeln im Senat, der durch bestimmte wirtschaftliche oder sonstige Interessen erzeugt wird, vermieden werden muss. Da sind wir, glaube ich, uns in der Tat alle einig, dass die öffentlichen Interessen sowohl von Senatoren im Amt als auch von solchen, die aus dem Amt ausgeschieden sind, beachtet werden müssen und durch ihr Handeln nicht verletzt werden dürfen. Das ist, glaube ich, ganz klar. Die Frage ist, ob wir hier eine gesetzliche Regelung zwingend brauchen. Da haben Sie ja in Ihrem Antrag zwei Elemente
(Dirk Behrendt)
vorgeschlagen, das eine ist die Anzeigepflicht innerhalb von zwei Jahren, die Sie erläutert haben.
Die zweite, die haben Sie jetzt nicht erläutert, ist die gesetzliche Vermutung, dass eine Interessenkollision schon dann bestehe, wenn irgendein Zusammenhang des neuen Jobs des ausgeschiedenen Senators mit dem früheren Amt besteht. Eine solche gesetzliche regelmäßige Vermutung einer Interessenkollision würde mir, so wie sie hier formuliert ist, allerdings erheblich zu weit gehen. Dass jeder Zusammenhang mit dem Amt in irgendeiner Form schon eine regelmäßige Verletzung öffentlichen Interesses sei, das erscheint mir nicht richtig. Deswegen können wir den Punkt schon einmal auslassen.
Bei der Anzeigepflicht ist die Frage, ob in Berlin wirklich ein Anlass besteht, dass man die einführt. Da sind, ehrlich gesagt, in Ihrem Antrag keine Beispiele enthalten. Da ist das Beispiel Ronald Pofalla und Deutsche Bahn drin. Das ist nichts, was wir in Berlin regeln, und nichts, was mit dem Berliner Senat irgendwie zu tun hat. Es sind auch sonst keine Beispiele gekommen. Das waren mehr fiktive, die Sie genannt haben.
Die sind ja ganz wichtig, aber ein echter Handlungsbedarf ist hier nicht erläutert worden. Deswegen plädieren wir für eine Zurückhaltung bei einer gesetzlichen Regelung. Ungeachtet dessen bleibt das Ziel, das ein Anschein von Interessenkollision natürlich immer vermieden werden muss. Das halten wir auch für möglich, dass die Senatoren sowohl im Amt als auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt das von sich aus beachten. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie ist der Stand der Vorbereitungen des Myfests?
Vielen Dank! – Wie wird der Senat vorgehen, um einem möglichen Aufkommen von Gewalt am 30. April und am 1. Mai in Friedrichshain-Kreuzberg deeskalierend entgegenzuwirken?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Senat ist da, und die SPD-Fraktion ist auch da. Ich hatte mir hier aufgeschrieben: Empörung zurückweisen!
Aber Sie haben sich gar nicht so sehr empört, Herr Kollege Lederer, und deswegen muss ich das jetzt gar nicht machen. Wir haben ja auch – das haben Sie gesagt – einige Punkte aufgenommen, die in der Anhörung deutlich geworden sind. Deswegen ist für Alarmismus gar kein Platz und gar kein Anlass.
Ich will hier kurz erklären, was genau wir heute beschließen. Das ist trocken, aber es muss sein, um deutlich zu machen, worum es wirklich geht. Die Straßensammlung ist nicht verändert. Wir haben jetzt gesagt, dass das Geburtsdatum zwingend ist. Bei allen anderen Angaben kann bei Unleserlichkeit, Unvollständigkeit oder Ähnlichem ermittelt werden, ob die Person identifizierbar ist. Die freie Unterschriftensammlung wird nicht erschwert und nicht verschärft. Das ist, glaube ich, inzwischen auch Konsens. Deswegen ist dieses Problem weg.
Das große Thema ist die Finanzierung des Senats. Da möchte ich Ihnen gern mal nur einen Absatz aus dem geltenden Recht vorlesen. Das ist jetzt leider anstrengend, muss aber sein. Das ist § 32 Abs. 4 im geltenden Abstimmungsgesetz. Den haben bisher alle Kritiker übersehen, aber der sagt eine ganze Menge:
Jede stimmberechtigte Person erhält eine Information in Form einer amtlichen Mitteilung, in der neben dem Wortlaut des Volksentscheids und des Gesetzentwurfs oder des sonstigen Beschlusses die Argumente jeweils im gleichen Umfang der Trägerin einerseits sowie des Senats und des Abgeordnetenhauses andererseits darzulegen sind und in der auf weitere Informationsmöglichkeiten hingewiesen wird.
Das wird nirgends angegriffen. Das ist geltendes Recht von Anfang an. Deswegen sagen wir: Wir wollten von Anfang an, dass der Senat das nicht nur in seinem amtlichen Mitteilungsblatt oder Ähnlichem erklärt, sondern auch weitere Informationsmöglichkeiten nutzen können muss.
Er muss es können, denn er ist aufgerufen, er ist berechtigt und sogar verpflichtet, über seine Position zu informieren. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht zu erfahren, welche Ansicht die von Ihnen gewählte Regierung zu dem vorgelegten Gesetzentwurf einer Initiative hat, und zwar über das amtliche Mitteilungsblatt hinaus.
Jetzt kommt das OVG 2009 und sagt: Nicht mit öffentlichen Mitteln! Die Intention des Gesetzgebers war von Anfang an eine andere. Wir verschieben hier keine Kräfteverhältnisse, Herr Kollege Lederer, sondern stellen den
(Dr. Klaus Lederer)
alten Zustand wieder her. Dass wir das dürfen, bestätigen uns der bayerische Verfassungsgerichtshof und andere Obergerichte.
Diese haben aber sehr klug dort entschieden. Wir machen hier die Gesetze. Deswegen steht das OVG hier vollkommen allein im Bundesgebiet. Wir regeln das jetzt und stellen den alten Zustand her.
Allerdings, Herr Kollege Zillich, eines ist klar: Der Senat darf jetzt nicht eine bescheiden auftretende Initiative mit einem voluminösen Angebot oder einer Kampagne platt machen. Das wäre rechtswidrig. Das haben wir festgestellt. Das steht auch im Gesetz.
Es gilt das Sachlichkeitsgebot und das Übermaßverbot. Es muss alles verhältnismäßig zugehen. Das ergibt sich sowieso schon aus dem Grundsatz der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit nach Haushaltsrecht. Es gibt also keinen Grund für Alarmismus. Alles ist klar. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss Sie noch mal ganz kurz in dieser Sache bemühen. Ich kann das so nicht stehenlassen, Herr Kollege Behrendt, was Sie als Anlass oder Motiv für die Gesetzesinitiative vorgetragen haben. Das ist eine komplette Legende. Ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen! Was Herr Blesing gesagt hat, was in seinem Bezirksamt los war, das war eine Angelegenheit des Bezirksamts, das hat uns nicht motiviert, diese Gesetzesinitiative zu starten. Es war über einen längeren Zeitraum eine Interpretationsschwierigkeit, eine unterschiedliche Auslegung, was bei einer freien Unterschrift auf der Straße alles zu leisten ist und was nicht zu leisten ist. Da haben wir gesagt: Selbstverständlich muss das Geburtsdatum dabei sein, alles andere kann interpretiert sein.
Da hat die Landesabstimmungsleiterin gesagt: Nein, auch das kann fehlerhaft sein, wir interpretieren es hinzu. – Es gab in Berlin in verschiedenen Bezirken eine Unklarheit darüber, was jemand leisten muss, damit eine Unterschrift gültig ist.
Das war der Anlass, warum wir dieses Gesetz angefasst haben: Um Klarheit herzustellen, damit für alle im Sinne einer funktionierenden freien Straßensammlung klar ist: Wann ist meine Unterschrift gültig? – Alle haben jetzt eingeräumt, dass wir in dem Punkt nicht verschärfen. Das war der Ursprung der Gesetzesinitiative.
Zweite Anmerkung: Uns war im Prozess ganz wichtig festzustellen, dass der Senat gerade nicht alle möglichen
Mittel für eine überbordende Kampagne bereitstellen darf. Das ist ausgeschlossen.
Aus verschiedenen Rechtsgründen! Wir haben im Gesetz festgehalten, dass das angemessen sein muss. Das bedeutet, angemessen in Bezug auf die Initiative, nicht auf irgendeine andere fiktive Größe. Es muss sich an dem orientieren, was die Initiative investiert und finanziert.
Der Senat kann nicht unverhältnismäßig darüber hinausgehen. Das ist gemeint mit „angemessen“. Außerdem gilt Haushaltsrecht. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Berliner Beamtinnen und Beamten dürfen nicht dauerhaft schlechtergestellt werden als ihre Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern. Das war problematisch, und das ist es jetzt erst recht angesichts der wachsenden Stadt und angesichts der zunehmenden Anforderungen an den öffentlichen Dienst in Berlin, und deshalb gilt die Feststellung: Die Bedeutung des öffentlichen Dienstes nimmt zu und nicht ab, wie manche in den Neunzigerjahren geglaubt haben. Deswegen wird der öffentliche Dienst von uns in den nächsten Jahren weiterqualifiziert werden.
Aus diesem Grund und natürlich auch aus Gründen der Gerechtigkeit haben wir 2014 die Trendwende eingeleitet und die Besoldung seitdem stärker angehoben, jeweils um die 3 Prozent im Jahr. Wir haben damals beschlossen, auf den Durchschnitt der Erhöhung der anderen mindestens 0,5 Prozentpunkte draufzulegen. Und hier liegt die Betonung auf „mindestens“. Uns ist doch vollkommen klar, dass es nicht zwölf Jahre
dauern darf, bis der Länderdurchschnitt in Berlin erreicht wird. Deshalb werden wir uns als SPD-Fraktion starkmachen, dass wir künftige Spielräume im Haushalt dafür nutzen, die Anpassungsschritte zu vergrößern und die verbleibende Interimszeit zu verringern.
Der Bedeutungszuwachs des öffentlichen Sektors und damit des öffentlichen Dienstes verlangt aber noch mehr von uns. Er verlangt zusätzliche Stellen, ich nenne zum Beispiel die Lehrerinnen und Lehrer, Frau Senatorin hat die Zahl genannt – 8 700 in dieser Wahlperiode neu, das ist natürlich auch ein großer Teil Fluktuation, aber es sind eben auch zusätzliche Stellen. Es ist der Zuwachs bei der Polizei, der übrigens in den künftigen Jahren auch weitergehen soll angesichts der wachsenden Einwohnerzahlen in der Stadt. Es ist zum Beispiel die Qualifizierung von Erzieherinnen und Erziehern, es ist aber auch Investition und Qualifizierung der Infrastruktur im öffentlichen Dienst. Sie sehen, es sind vielfältige Aufgaben, die wir für den öffentlichen Dienst wahrzunehmen haben. Und
(Bürgermeister Frank Henkel)
ich sage das, weil wir als Parlament die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes insgesamt im Blick haben müssen und nicht nur einen Aspekt betrachten dürfen.
Dabei begrüßen wir es, dass die Beschäftigten sich selbst einbringen in diese Debatten und in Form einer Initiative auch ihre Interessen deutlich machen und auch einfordern. Das ist legitim. Wir haben diese Instrumente ja geschaffen, und es soll so sein, dass sie sich beteiligen. Es müssen sich aber auch alle an die Fakten und an den Rechtsrahmen halten. Und das ist für heute der entscheidende Punkt in der Debatte und bei dem heutigen Tagesordnungspunkt: Es gibt keine belastbare Prüfung oder irgendein Gutachten, das uns zeigt, dass die Berliner Beamtenalimentation verfassungswidrig sei.
Es gibt Urteile zur Richterbesoldung in Sachsen-Anhalt, es gibt ein jüngeres Urteil zu den Polizisten in Sachsen. Alle Urteile, auch die Begründungen, zeigen, wie schwer es ist, unmittelbare Schlussfolgerungen für Berlin zu ziehen.
Wir alle wissen, es gibt 5 Parameter, die das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat. Ich will nur Parameter Nummer eins nennen, den wichtigsten: Der für Berlin wesentliche Faktor ist der Vergleich der Tarife im öffentlichen Dienst. Hier muss man festhalten, dass das Verhältnis der Besoldungsentwicklung zur tariflichen Entwicklung im öffentlichen Dienst nicht mehr als 5 Prozent negative Differenz über jeweils 15 Jahre betragen darf – laut Verfassungsgericht. In den Jahren 2011 bis 2014 lagen die aus den relevanten 15-jährigen Zeiträumen errechneten negativen Differenzen in Berlin zwischen 3,35 Prozent und minus 0,66 Prozent. Allein diese Zahlen zeigen schon, eine einfache Schlussfolgerung für Berlin aus dem zu ziehen, was das Gericht gesagt hat, und zu sagen, Berlin handle verfassungswidrig, ist nicht machbar, das ist nicht haltbar.
Herr Zillich, bitte schön!
Herzlichen Dank, Herr Zillich, für diese Zwischenfrage! Das genau wollte ich ja erläutern: dass uns die Rechtspflicht nicht unbedingt verpflichtet, es zu tun, aber wir politisch sehr wohl die Pflicht haben, mehr zu tun für größere Schritte der Anpassung.
Das habe ich am Anfang angedeutet, das muss sein. Wir ziehen uns nicht auf eine Rechtsposition zurück, wir sagen aber auch, dass wir jetzt nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gezwungen sind, sofort riesige Schritte zu unternehmen. Das ist so nicht begründbar, und deshalb haben wir im Innenausschuss auch diese Beschlussempfehlung abgegeben: Wir wollen weitergehen auf diesem Pfad der Beamtenbesoldung und beenden damit dieses Beteiligungsverfahren an diesem Punkt. Das Thema ist damit nicht zu Ende, wir werden uns da weiter starkmachen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Taş! Sie sprechen viel über das, was alles nicht geht. Leider hören wir von Ihnen viel zu wenig bis gar nichts, was man alles Positives machen müsste, um dieses Flüchtlingsthema zu bewältigen.
Da kommt leider herzlich wenig.
Ich möchte die große und hervorragende Leistung der Bundeskanzlerin hervorheben, die mit ihren drei Worten eine Haltung bewiesen und Orientierung in der Bundesrepublik gegeben hat, die einzigartig ist, die sehr viel Respekt verdient und die in der Bundesrepublik wie auch international etwas ausgelöst hat. Das ist auch hier als
Vorgabe einer richtigen Linie und Orientierung in der Flüchtlingspolitik zu würdigen. Wichtig ist auch, festzuhalten, dass diese Orientierung Folgeentscheidungen verlangt. Diese Folgeentscheidungen sind es, worüber wir diskutieren müssen. Da gibt es einige, die nicht zum Thema Ihres Antrags gehören. Eine Folgeentscheidung ist ganz klar, dass, wenn die Integration gelingen soll, für alle in Deutschland die nötigen integrativen Maßnahmen finanziert werden müssen, was Arbeitsmarkt, Sozialwohnungen und andere Dinge angeht. Das ist etwas, was für alle Desintegrierten oder alle nicht Bevorzugten in der Bevölkerung geschehen muss. Nur wenn das gelingt, wird auch die Integration gelingen. Deswegen weist die Ansage des Bundesfinanzministers, dass dieser Kosten wegen endlich wieder ein Sparhaushalt kommen müsse, genau in die falsche Richtung. Wir brauchen Einnahmen, um das zu finanzieren, keine erneuten Sparhaushalte,
damit die Leute die Flüchtlingskosten bezahlen müssen.
Zum Inhalt Ihres Textes – –
Ja, das war einleitend, aber durchaus wichtig, denn: Es ist auch eine Folgeentscheidung, die man treffen muss, wie man die Verfahren vernünftig handhabt und eine Regulierung schafft. – Insofern nur kurz zum Stichwort sichere Herkunftsstaaten. Sie diskreditieren diese Maßnahme als eine solche Einschränkung des Asylrechts, dass es dahinter verschwinde. Nein, sichere Herkunftsstaaten bedeuten keine Einschränkung des individuellen Asylrechts. Es kann weiterhin jeder individuell Asylrecht beantragen, es gibt lediglich vereinfachte Verfahren. Materiell wird es aber, das ist alles entschieden, nicht beeinträchtigt.
Deswegen stimmt Ihr Vorwurf nicht. Es ist einfach eine Frage, ob man die Länder richtig einschätzt oder nicht. Da gibt es Einschätzungen der Maghreb-Staaten, die wir nicht selbst kontrollieren; das haben das Auswärtige Amt und andere gemacht. Und wir sagen, dass man das so machen kann.
Es gibt andere Punkte, über die man diskutieren kann – Familiennachzug. Sie wissen, es gibt unterschiedliche Meinungen dazu, ob man diesen einschränken sollte oder nicht. Auch ich habe da im Detail eine etwas andere Auffassung, sage aber, dass wir den Vorschlag des Bundes zur Regulierung dieses Themas nicht verhindern sollen. Wir sollten vielmehr in Bund und Ländern gemeinsam für eine vernünftige Umsetzung sorgen und damit gemeinsam für ein Gelingen der verschiedenen Integrationsmaßnahmen eintreten. Das muss auch unser Ziel in Berlin sein, das müssen wir diskutieren. Dieser Antrag ist nicht für eine Sofortabstimmung geeignet. Deswegen –
besser eine Überweisung in den Innenausschuss. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben sich sicher gesagt, Herr Reinhardt, die SPD-Fraktion hat ja vor einem Jahr auf ihrer Klausur beschlossen, die Ausländerbehörde zu qualifizieren. – Wir haben gemeinsam in der Koalition Schritte im Haushalt nachvollzogen, und jetzt kommen Sie mit einem Antrag, der das noch mal zusammenfasst. Aber leider ist Ihnen der Antrag komplett misslungen und kann uns hier nicht weiterhelfen. Sie sagen, die Ausländerbehörde müsse in die Ressortzuständigkeit der Integrationsverwaltung. Das haben wir auch mal angedacht. Wenn Sie das jetzt aber hier in einen Antrag schreiben und vom Abgeordnetenhaus beschlossen haben wollen, greifen Sie ein bisschen sehr stark in die Senatszuständigkeit ein, und da wird es schon sehr fragwürdig. Man kann das so nicht beschließen, und deswegen können wir den ersten Punkt schon mal gar nicht mitmachen.
Der zweite zeigt: Wenn Sie sagen, Ermessensspielräume voll ausschöpfen, immer zugunsten der Migranten oder der Ausländer, riecht das sehr nach Ermessensunterschreitung – so komisch das für Sie klingt. Aber wenn man eine solche Festlegung treffen würde, dass das immer in eine bestimmte Richtung an die Kante gehen muss, dann ist die Festlegung durch eine solche Weisung allzu starr. Das kann man wohl kaum machen; würden wir so nicht unterschreiben.
Einen Beirat einzurichten für einen weiteren Umbau der Ausländerbehörde – das wollen Sie haben. Aber welcher Umbau? Wo ist hier in Ihrem Antrag überhaupt ein Umbau beschrieben, außer dass Sie Ressortzuständigkeiten ändern wollen? – Sie haben keinen Umbau, sondern eine schrittweise Qualifizierung teilweise hier beschrieben, aber keinen organisatorischen Umbau. Deswegen kann ich nicht erkennen, wofür der Beirat da gut sein soll.
Und schließlich die Beschwerdestelle, Herr Reinhardt: Das ist deswegen schwierig, weil man schon aufpassen muss, diese Behörde nicht dauerhaft zu einem Objekt der Beschwerde zu machen und das geradezu zu zementieren, sondern sie systematisch zu qualifizieren und zu professionalisieren. Das ist genau das, was wir machen.
Ihre beiden mittleren Punkte sind allein diejenigen, über die man reden kann: personelle und räumliche Verbes
(Fabio Reinhardt)
serung, eine Verbesserung in der Ausstattung und tatsächlich Maßnahmen zur weiteren interkulturellen Öffnung. – Das sind genau die beiden Punkte, die wir seit Jahren durch permanentes Qualifizieren der Behörde voranbringen, wo wir auch Mittel eingesetzt haben, wo wir im Grunde schon vor vielen Jahren mit dieser Reform, mit der Modernisierung und Qualifizierung der Behörde begonnen haben und es konsequent weitermachen, also auch diese Punkte Ihres Antrags, die allein diskussionswürdig sind, bereits schrittweise umsetzen. Wir werden weitergehen in diesem Prozess; das ist längst erkannt. Das ist eine lernende Organisation, diese Ausländerbehörde, und deswegen werden wir alles das voranbringen.
Ihren Antrag brauchen wir dazu nicht. Er würde uns nicht weiterhelfen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Innenpolitik und insbesondere in der Politik für den öffentlichen Dienst des Landes Berlin haben wir nicht erst seit heute einen neuen Kurs eingeschlagen, den wir aus Gründen der Funktionsfähigkeit und der Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes begonnen haben, weil wir von einer Prognose ausgehen, dass Berlin in den nächsten Jahren bis zu 3,9 Millionen Einwohner bekommen wird. Das sind seriöse Prognosen. Das sind andere Prognosen als die unseriösen der frühen Neunzigerjahre, wo mit sehr viel Illusion und sehr vielen Fehlentscheidungen Probleme aufgehäuft wurden, die erst durch einen langen Konsolidierungskurs abgeräumt wurden.
Deswegen will ich am Beginn festhalten, dass das, was zu Zeiten von Rot-Rot als Konsolidierung geleistet wurde, aus heutiger Betrachtung nicht falsch ist, sondern im Wesentlichen erst die Spielräume geschaffen hat, die wir
heute nutzen können, um für die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes etwas tun zu können. Ich freue mich, dass wir auch um Innenausschuss diese Feststellung getroffen haben. Deswegen will ich das hier auch noch einmal sagen.
Das Umsteuern hat begonnen und betrifft vor allen Dingen zwei Bereiche, das ist die Stellenzahl, und das ist die Besoldung im öffentlichen Dienst. Und wir müssen beides beachten. Es hilft nichts, nur die Quantität zu erhöhen, und hilft auch nicht, nur die einzelne Qualität bei der Besoldung zu erhöhen, sondern wir müssen auf beides gucken. Ich will auf die Stellen gleich noch kommen. Bei der Besoldung ist ein Punkt entscheidend, nämlich dass wir schrittweise und verlässlich den Abstand zum Länderdurchschnitt abbauen, der Abstand, der für die Berliner Beamtinnen und Beamten immer noch zu groß ist. Deswegen brauchen wir hier Verlässlichkeit. Und wir wünschen uns, auch einen konkreten Zeitplan zu erarbeiten, damit man für alle Verlässlichkeit erzeugen kann.
Aber nicht nur die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in Berlin steigt, sondern auch die Aufgaben. Wir haben mehr Aufgaben in den wesentlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Ich will einige – die wichtigsten – herausgreifen und zunächst die Polizei nennen.
Wir haben, was Großlagen betrifft, was besondere Kriminalitätsschwerpunkte betrifft, auch was die Bekämpfung der organisierten Kriminalität betrifft, erhebliche zusätzliche Herausforderungen für die Berliner Polizei. Deswegen haben wir – das ist heute Morgen schon gesagt worden – 610 zusätzliche Stellen für die Polizei und 370 zusätzliche Anwärterpositionen. Das bedeutet, dass wir hier auch spürbar die Stellensituation in den Bereichen verbessern und der Polizei die nötigen Stellen an die Hand geben.
Aber das ist nicht alles. Wir haben auch eine Reihe von Details beschlossen – z. B. bei den Sachausgaben –, die heute noch nicht genannt worden sind, und deshalb will ich einige davon in aller Kürze nennen: Zusätzliche Ausgaben für gestiegene Kosten bei der Polizeischule, Ausbau der Polizeischule – 2,7 Millionen Euro in 2016! Mehr Aufwendungen für die Fahrzeugunterhaltung bei der Polizei – 0,9 Millionen Euro pro Jahr! Wir haben bei der Kriminaltechnik der Polizei draufgelegt – 2,5 Millionen und 2,1 Millionen Euro in den beiden nächsten Jahren. Wir machen etwas für die Schutzausstattung der Polizei – 2 Millionen Euro jedes Jahr. Wir machen etwas für die Sanierung und Erweiterung der Schießstände – 3 Millionen Euro ab 2017 –, und wir geben jedes Jahr mehr Geld für die Ausbildungsoffensive der Polizei aus – 2,9 Millionen Euro jedes Jahr. Das sind einige wenige Beispiele – und es gibt mehr –, die zeigen, dass wir auch in diesen Sachausgabenbereichen mehr tun als bisher.
(Regierender Bürgermeister Michael Müller)
Ich will zur Feuerwehr sagen, dass wir auch dort wegen der gestiegenen Einsatzzahlen gesagt haben: Wir brauchen erheblichen Zuwachs bei den Planstellen. – 90 sind es, oder genau gesagt: 89,5! Und wir haben natürlich auch weitere Maßnahmen bei der Feuerwehr wie Fahrzeugunterhaltung, Sondersanierungsprogramm – Gebäude – oder Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes. Das sind wichtige Punkte, die zusätzliche Aufwendungen bedeuten, die wir hiermit bereitstellen.
Beim Verfassungsschutz: 45 zusätzliche Stellen für die Herausforderungen im Extremismusbereich! Diese Herausforderungen sind gewachsen. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Rechtsextremismus und Salafismus müssen noch gezielter und noch stärker bearbeitet werden. Diese Herausforderung nehmen wir an.
Wir finanzieren das Präventionsprogramm gegen Islamismus, wo es um Deradikalisierung geht, mit erheblichen Beträgen in jedem Jahr. Das zeigt, dass wir auch in diesem Bereich tatsächlich mehr tun.
Ausländerbehörde ist ein Stichwort, wo ich jetzt keine weitere Zeit habe, um es auszuführen. Es ist uns aber auch wichtig, dass dort qualifiziert und verbessert wird.
Alles in allem: Dieser Haushalt für Inneres zeigt, dass die Trendumkehr unumkehrbar ist, sodass wir hier eine zielgerichtete Politik für einen zukunftsfähigen öffentlichen Dienst machen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Ihrer Begründung zu Ihrem Antrag zum Winterabschiebestopp sagen Sie im ersten Satz:
Aus der Sicht der Antragstellerinnen und Antragsteller sind Abschiebungen generell infrage zu stellen.
Ich will deswegen einmal am Beginn grundsätzlich werden: Wir können dem nicht folgen, dass Abschiebungen generell infrage zu stellen sind. Denn sie sind ein Mittel, um am Ende jemand Ausreisepflichtigen zur Abschiebung zu bewegen bzw. sie durchzusetzen, und man kann nicht vollkommen auf dieses Instrument verzichten.
Das ergibt sich schon aus dem Bundesrecht, und das ergibt sich auch aus den Anforderungen, die im Bund und mit den Ländern gemeinsam verabredet worden sind, um am Ende denjenigen, die offensichtlich unbegründete Anträge gestellt haben, ein Sanktionsmittel entgegenzustellen: dass man im Zweifel auch eine Ausreisepflicht durchsetzen kann.
Aber – und das kommt sofort als nächste Anmerkung, die unmittelbar in diesem Zusammenhang genannt werden muss: Das Thema Abschiebung so zu verwenden, als könne man mit dem Instrument die zunehmende Zahl von Flüchtlingen in nennenswerter Weise begrenzen oder das Problem in irgendeiner Weise abschwächen, ist eine Illusion, und diese Illusion zu nähren, ist ebenfalls ein Fehler. Auch dem stellen wir uns entgegen!
Es geht also darum, dieses Instrument in den Kontext einzuordnen, in den es gehört, und dieser Kontext heißt: Am Ende einer Kette von Verfahrensschritten, in der eine letzte Möglichkeit genutzt werden muss, muss dies zur Verfügung stehen. Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob es tatsächlich durchsetzbar ist.
Damit kommen wir zu dem Kernanliegen, das Sie äußern, Herr Lauer, oder was Sie auch in Ihrem Antrag geschrieben haben, dass natürlich, wenn die Situation in dem Herkunftsland schwierig oder gar dramatisch ist und humanitäre Gründe dagegen sprechen, dass jemand abgeschoben wird, am Ende aus humanitären Gründen von Abschiebungen abgesehen werden muss. Das ist unsere Haltung. Das wird im Einzelfall so geschehen müssen.
(Christopher Lauer)
Die Frage ist, ob man mit einem generellen, förmlichen Abschiebestopp für den Winter eine Regel über alles treffen kann. Aus all dem, was gesagt worden ist, was auch in den gesetzlichen Regelungen verankert ist, folgt, dass man den Einzelfällen gerecht werden muss und man deshalb keinen förmlichen generellen Stopp aussprechen kann. Übrigens gab es den auch früher nicht, auch bei Ehrhart Körting gab es ihn nicht. Wir haben in der Praxis immer darauf geachtet, wenn es Probleme humanitärer Art gibt, dass wir davon absehen, dass dann im Winter nur in sehr geringem Umfang, wenn überhaupt, abgeschoben wird.
Aber eine solche generelle Regelung werden wir nicht machen und werden sie auch nicht unterstützen. Der Appell und auch die Kontrollfunktion, die wir haben, heißt: Wir achten darauf, dass hier keine humanitären Grundsätze verletzt werden.
Deswegen glaube ich, dass wir hier nicht sofort abstimmen können, sondern das noch beraten müssen, auch wenn es schon Ende November ist. Wir werden uns aber in den Ausschüssen noch einmal damit auseinandersetzen müssen, welches Instrument wozu dient. Nicht überbewerten, keine Illusionen schaffen, aber andererseits den Einzelfällen immer gerecht werden, das ist unsere Linie, und dann wird man der Sache auch gerecht. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am liebsten wäre es uns ja, wenn dieser Firma wegen dieser Vorfälle gekündigt würde oder jedenfalls geprüft wird, ob es nicht nötig ist, diese Firma durch eine andere zu ersetzen. Ich habe vernommen, dass das ernsthaft geprüft wird, und da wollen wir in der Tat auch ein Ergebnis hören – als Bericht –, ob dies der Fall ist oder nicht.
Aber jenseits dieses konkreten Falls muss festgehalten werden, dass wir grundsätzlich für die Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben die Polizei zuständig sehen,
und jede Art von Privatisierung von Sicherheitsaufgaben erst mal gut begründet sein muss.
Wir wissen aber auch, dass wir oftmals auf die Mitarbeit von privaten Sicherheitsunternehmen nicht verzichten können. Und in diesen Zeiten allemal wird jeder einsehen, dass auch der Einsatz Privater erforderlich ist und vermutlich auch, dass in diesem Fall das LAGeSo ohne die Mitwirkung von privaten Sicherheitsunternehmen dort nicht zurechtkommt – und deswegen muss man das im Prinzip unterstützen. Es kommt darauf an, ob diese Unternehmen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geeignet und hinreichend zuverlässig sind und ob sie die Gesetze einhalten – und dass sie die Gesetze einhalten und nicht etwa Wartende vor dem LAGeSo verprügeln. Denn das gehört zum Gesetzeeinhalten, dass man das gerade nicht tut.
(Christopher Lauer)
Das erreicht man durch die entscheidenden Kriterien, die da eine Rolle spielen: das ist Qualifikation der Mitarbeiter, das ist eine vernünftige Bezahlung der Mitarbeiter, das ist eine vernünftige Prävention, und das ist Kontrolle. Und diese Aspekte müssen alle beim Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen erfüllt sein.
Jetzt legen Sie hier einen, wie ich finde, interessanten Vorschlag vor, wenn es um Prävention und Kontrolle geht – die beiden ebenfalls wichtigen Aspekte eines funktionierenden privaten Sicherheitsunternehmens. Sie schlagen vor, dass man dort die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter individuell kennzeichnet, wie es ja die Polizei sinnvollerweise seit einiger Zeit auch tut.
Bislang gibt es keine Verpflichtung für ein privates Unternehmen, dies zu tun. Die Frage ist tatsächlich: Soll man es tun? Kann man es tun? – Hier haben wir in der Tat den Hinweis von Ihnen im Antrag, aber auch in der – aus meiner Sicht – ziemlich überzeugenden Begründung des Antrags: dass dem Bundesrecht dieser Gedanke überhaupt nicht fremd ist. Wir haben, Sie haben es angesprochen, in § 11 in der Bewachungsverordnung genau diesen Aspekt, dass bei Einsatz in sensiblen Bereichen eine solche Kennzeichnung erforderlich ist, nur ist sie eben ausdrücklich für diesen Zweck – Arbeit vor den Flüchtlingseinrichtungen oder vor dem LAGeSo – nicht vorgesehen, man könnte sagen, sie ist ausdrücklich ausgeschlossen. – Ich würde aber nicht so weit gehen zu sagen, es ist ausgeschlossen durch Bundesrecht, sondern würde gerne festhalten, dass auch aus meiner Sicht dieser Gedanke dem Recht nicht fremd ist.
Und jetzt ist die entscheidende Frage: Können wir diesen Rechtsgedanken auf unsere Fragen hier übertragen, etwa mit dem Gedanken, dass bei Personenkontakt in einem quasi hoheitlichen Bereich ebenfalls eine Identifizierung von einzelnen Handelnden dort möglich sein muss – sowohl aus präventiven als auch aus repressiven Gründen? – Aus meiner Sicht liegt eine solche ernsthafte und wohlwollende Prüfung durchaus nahe. Wir sollten uns damit auseinandersetzen.
Sofortabstimmung, Herr Kollege Lauer, wäre ein bisschen zu forsch, denn man muss wirklich ein bisschen nachdenken, ob man es tatsächlich ohne eine gesetzliche Änderung hinkriegt – vielleicht – und in welchem Verfahren der Senat das in einem vertraglichen Verhandlungsprozess noch regeln kann, entweder im Vertraglichen oder Sonstigem, in einer nachträglichen Auflage oder Ähnliches. Da werden wir auf die richtige Form gucken müssen, was man da machen kann. Also es ist schon noch eine Beratung nötig, aber ich kann für meine Fraktion eine wohlwollende Prüfung zusagen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lederer! Das, was Sie hier kritisieren, haben Sie im Jahr 2009, als wir gemeinsam regiert haben, im anderen Sinn kritisiert, nämlich dass dem Senat damals eine vernünftige Darstellung seiner Position verwehrt werden könnte.
Das haben Sie genau so kritisiert, und Sie hatten damals recht damit.
Wir haben hier keine – wie Herr Kollege Lederer weismachen will – Vorlage, die alle möglichen neuen Hürden oder Restriktionen aufbaut. Von all diesen Hürden habe ich in meiner Vorlage nichts gefunden. Ich frage mich, ob Sie die richtige Drucksache gegriffen haben. In meiner steht das nicht.
Wir haben zwei entscheidende Veränderungen mit dieser Vorlage vor, nämlich vor allem, die Unklarheit dahin gehend zu beseitigen, ob das Geburtsdatum bei dem Eintragen in die Liste vorhanden sein muss oder nicht. Das ist geboren aus der Unklarheit in der Diskussion mit der Landeswahlleiterin und einer unterschiedlichen Rechtsauffassung in einigen Bezirksämtern. Wir können auf die Dauer nicht zulassen, dass zwischen Land und Bezirken unterschiedliche Auffassungen über das existieren, was bei einer Unterschrift gefordert wird. Deswegen brauchen wir diese Klarstellung.
Ich will erst einmal die Gründe darstellen, warum wir diese Vorlage hier einbringen. Später können wir vielleicht noch über Zwischenfragen reden. – Den Grundsatz der freien Sammlung haben wir 2008 gemeinsam eingeführt. Dieser Grundsatz der freien Sammlung wird überhaupt nicht tangiert. Er wird nicht angefasst. Im Gegenteil: Er wird dadurch geschützt, dass wir die Unterschriften, die bei freier Sammlung geworben werden, tatsächlich auch alle gültig sind. Dem dient diese Klarstellung in diesem Gesetz. Wir brauchen eine einheitliche Auffassung darüber, was jeder einzelne leisten muss, damit seine Unterschrift gültig ist. Er muss das Geburtsdatum aufschreiben. Das ist nicht zu viel verlangt. Das ist keine Diskriminierung und auch keine Restriktion. Es ist sehr vernünftig.
Der zweite Punkt ist, dass selbstverständlich der Senat und das Abgeordnetenhaus in einer vernünftigen, sachlichen Weise ihre Position öffentlich darstellen müssen. Das, was Sie als Zitat dargestellt haben, ist natürlich vollkommen richtig und bleibt richtig, selbst wenn es auch Bayern kommt. Dass eine angemessene Finanzierung natürlich aus Haushaltsmitteln erfolgen muss – woraus denn sonst; soll der Senat mit dem Klingelbeutel rumlaufen oder sonst was machen. – Wir brauchen eine Möglichkeit, das angemessen, nicht übertrieben und nicht verschwenderisch darzustellen. Das regeln wir mit dieser Vorlage – nicht mehr und nicht weniger. Deswegen glaube ich, dass das, was Sie hier von Trickserei erzählen, vollkommen unangebracht ist. Jeder kann sehen, was künftig verlangt ist. Hier sind keine Einschränkungen für die direkte Demokratie mit dieser Vorlage verbunden. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Herr Kollege Lederer! Die beiden Punkte beantworte ich kurz so: Missbrauch ja oder nein? Uns ging es nicht um die Frage des Missbrauchs. Es geht darum, dass man einheitlich im Land Berlin vorgehen muss in der Frage: Wann ist eine Unterschrift gültig und wann nicht. Wir konnten diese Unsicherheit nicht bestehen lassen, dass die Landeswahlleiterin es nicht verlangt, aber einige Bezirksämter meinen, es müsse verlangt werden, das Geburtsdatum aufzuschreiben. Um die ein für alle Mal zu klären, sagen wir jetzt: Das Geburtsdatum
soll mit aufgeschrieben werden. Ich glaube, es ist nicht zu viel verlangt, dass jemand, wenn er eine Unterschrift zu einem bestimmten Begehren leisten will, sein Geburtsdatum hinzuschreibt. Damit ist die ganze Unklarheit beseitigt, und niemand ist diskriminiert.
Zweiter Punkt: Es ist die Frage, wie man sich zu dem Verwenden öffentlicher Mittel stellt. Selbstverständlich muss der Staat äußerst sparsam mit öffentlichen Mitteln umgehen. Da sind wir uns vollkommen einig. Wir haben uns damals aber gemeinsam, Herr Kollege Lederer, über die Frage auseinandergesetzt, ob in dem Volksbegehren „Religion gegen Ethik“ der Senat seine Position pro Ethikunterricht mit all den Argumenten auch durch eine bestimmte Kampagne untermauern können darf oder nicht. Und wir haben gemeinsam die Haltung des Gerichts kritisiert, die dem Senat das untersagt hat. Ich erinnere mich an solche Debatten, wenn Sie das nicht tun, macht es jetzt nichts. Es ist der Punkt, dass man eine Klarheit haben muss, was beide Seiten dürfen, was sie aufwenden dürfen. Es ist aus unserer Sicht legitim, dass in einem angemessenen Umfang, so wie auch Gerichte das entschieden haben, andere Gerichte als das OVG Berlin-Brandenburg, auch öffentliche Organe dafür werben können. Sonst kann nämlich – –
Nein!
Die können eigene Mittel aufwenden. Es kann Initiativen geben, die so finanzstark sind,
und deswegen ist es sinnvoll, da auch ein vernünftiges Gegengewicht zumindest haben zu können. Deswegen bewegen wir uns im Einklang mit der Rechtsprechung auf diesem Weg, dort eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Ich glaube, das ist unmittelbar einsichtig. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verhandlungen zu TTIP bereiten uns schon seit längerer Zeit
einige Sorgen. Ich will nicht weiter vertiefen, dass die Kommission etwas peinlich die völlig überzogenen Wachstumserwartungen deutlich nach unten korrigiert hat. Ich will nicht weiter vertiefen, dass eine ganze Armada von Anwälten nur darauf wartet, mit Schadenersatzklagen gegen die TTIP-Staaten Millionen zu verdienen, und ich will auch nicht vertiefen, dass den Abgeordneten des Deutschen Bundestags immer noch die Einsicht in die konsolidierten Verhandlungsdokumente verwehrt wird. Das alles ist nicht dazu geeignet, Vertrauen aufzubauen, sondern eher im Gegenteil: Unser Misstrauen gegen dieses Vorhaben ist größer geworden, als es zu Beginn ohnehin schon war.
Deswegen will ich nur einen einzigen Punkt herausgreifen, der beleuchten soll, wie sich dieses ganze Vorhaben eigentlich in einem Widerspruch befindet, und deshalb ganz grundsätzlich ein Problem darstellt: Es gibt, aus meiner Sicht, entweder Wachstum oder Beibehaltung von Standards, aber nicht beides gleichzeitig. Es hat das Londoner Centre for Economic Policy Research schon im Jahr 2013 festgestellt, dass 80 Prozent der erwarteten Wachstumswirkungen dieses Abkommens aus zwei Faktoren herrühren, nämlich der Absenkung von Standards, also Beseitigung von nichttarifären Handelshemmnissen und Absenkung von gesetzlichen Standards, und dem Zugang zu den öffentlichen Aufträgen der jeweils anderen Seite. Wenn man das erleichtert, gibt es diese Wachstumserwartungen.
Das heißt, wenn man beteuert, dass keine Standards angetastet werden, und gleichzeitig Wachstum verspricht, kann man nur antworten: Es geht nicht beides zusammen! Wenn alle Regeln, von Arbeitnehmerschutz bis Verbraucherschutz, gehalten werden sollen, dann kann es nicht zu den Versprechungen und Segnungen des Abkommens kommen. Es bleibt ein leeres Versprechen. Wenn aber andersherum die versprochenen Wirkungen alle eintreten sollen, dann müssen Zugeständnisse bei den Schutzgesetzen gemacht werden, dann muss es zu Absenkungen kommen.
Mein Fazit ist: Es kann nicht beides gleichzeitig gehen. Deswegen muss es zu einer ganz grundsätzlichen Kritik an diesem Vorhaben kommen.
Wir haben diese Kritik allenthalben auch schon gehört. Ich glaube, dass man diesen Widerspruch nicht auflösen, sondern nur mit einer Reaktion beantworten kann, dass man sich nämlich auf ein echtes Freihandelsabkommen beschränkt. Abbau der letzten Zölle – ungefähr 5 Prozent der Warenströme sind noch mit Zöllen belegt – zwischen den USA und der EU: ja. Abbau der letzten Hindernisse wie Lizensierungsverfahren, dass man Angleichungen von Lizensierungsverfahren macht: ja, gar kein Problem. Ein echtes Freihandelsabkommen, dass die letzten ta
(Carsten Schatz)
rifären Handelshemmnisse beseitigt, von diesem Anspruch zu diesem hier: Das kann man machen. Bei allem anderen würde es uns am meisten nützen, wenn man es ganz weglässt.
Ob wir jetzt diesen Antrag brauchen oder nicht, werden wir noch gucken müssen. Ob man es tatsächlich so beschließen kann, darüber werden wir beraten. Aber ich halte es für entscheidend, dass wir in unseren Einlassungen auf Bundesebene und auf EU-Ebene diese ganz grundsätzliche Kritik auch deutlich machen. Es wird, fürchte ich, nicht mehr ausreichen, nur rote Linien zu definieren. Diese muss man auch definieren, aber, ich glaube, wir kommen über diesen Widerspruch nicht hinweg, und deswegen unsere doch sehr deutliche Ablehnung dieses Vorhabens. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einleitung von Strafverfahren gegen alle Flüchtlinge, die hierher gekommen sind und nach einem Beschluss der Bundesregierung und einer Äußerung der Kanzlerin gewünscht hier sind, weil wir sie aufnehmen wollen, ist ein unbefriedigendes Ergebnis und kann auf Dauer so nicht bleiben. Es konterkariert tatsächlich die offizielle Politik der Bundesregierung, und deshalb muss es dafür eine Lösung geben.
Herr Lauer hat vollkommen recht, es kommt das Aber und das Andererseits. Das Andererseits heißt, das Bundesrecht sieht im Aufenthaltsgesetz eine Strafverfolgung vor – und es gilt das Legalitätsprinzip. Es ist ein Offizialdelikt, und die Polizei ist Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft. Die Polizei hätte ein Problem, wenn sie von einer Strafverfolgung und der Einleitung von Verfahren absehen würde. Das ist die andere Seite der Medaille, die wir betrachten müssen, um eine Lösung zu finden.
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wir ändern das Bundesrecht. Das können wir hier nicht, das ist eine Frage, die der Bundestag tatsächlich beraten muss, ob das geht oder nicht. Dazu will ich mich hier nicht einlassen. Solange das aber nicht geändert ist, brauchen wir ein Verfahren, um unter der Geltung dieses Aufenthaltsgesetzes mit der Strafandrohung zu einem für alle erträglichen Umgang zu kommen. Da ist das Erste, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft abstimmen müssen. Ich habe gehört, dass das geschieht. Das Zweite ist, dass die Länder das untereinander und mit dem Bund gemeinsam beraten müssen, damit man zu einem vernünftigen Verfahren kommt. Ich habe gehört, dass das auch geschieht.
Jetzt ist die Frage: Wie kann die Lösung überhaupt aussehen? Man könnte daran denken, wie Sie das in dem Antrag nahelegen, Herr Taş, dass man Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention als einen echten Rechtfertigungsgrund nimmt. Damit würde das Unrecht entfallen. Man könnte tatsächlich von vornherein von einer Anzeige absehen.
Ich weiß nicht, ob das – –
Nein, jetzt im Moment gerade nicht. – Ich weiß nicht, ob das die richtige Lösung ist. Ich bitte wirklich die Kolleginnen und Kollegen im Bundestag, sich darüber einen
Kopf zu machen, ob das die richtigen Signale setzt oder nicht. Es gibt die andere Möglichkeit – so, wie es jetzt geschieht –, das als persönlichen Strafaufhebungsgrund zu betrachten, mit der Folge, dass zwar ein Verfahren eingeleitet werden muss, aber regelmäßig die Verfahren eingestellt werden. Jetzt geht es darum, wie man diese Schritte bis zur Einstellung des Verfahrens schneller, erträglicher und einfacher machen kann. Da gibt es eine Idee aus Bayern
ausnahmsweise einmal eine gute Idee aus Bayern. Die erstellen Excel-Tabellen mit Namen und reichen die der Staatsanwaltschaft rüber. Die entscheiden relativ schnell, ob das nach § 170 StPO eingestellt wird oder nach § 153 StPO und wahrscheinlich auch, ohne dass es die Betroffenen überhaupt erfahren und ohne dass irgendein Aufhebens darum gemacht wird. Vorermittlungen, die Frage ob ermittelt wird oder nicht, ist eine Frage, die die Leute nicht wirklich belastet.
Wenn dann eingestellt wird, hat niemand wirklich einen Nachteil davon. Vielleicht ist das ein Weg. Ich hoffe, dass alle gemeinsam eine vernünftige Lösung suchen und abstimmen. Dann kann man vielleicht zu einem erträglichen Umgang mit diesem Problem kommen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch uns ist die Sache sehr wichtig. Deswegen müssen wir hier wirklich sorgfältig und ernsthaft gucken, ob das, was Sie hier vortragen, Frau Bayram, für einen Untersuchungsausschuss reicht oder nicht. Das ist die Arbeit, die wir als Fraktion hier leisten müssen, jenseits der Frage, ob uns Menschenrechte wichtig sind. Die sind uns allen wichtig,
(Torsten Schneider)
das kann nicht das alleinige Ausschlagkriterium sein für einen Untersuchungsausschuss.
Wir sind also aufgerufen, sorgfältig zu prüfen, ob Anhaltspunkte für solche Missstände bestehen, die mit den ordentlichen Ausschüssen nicht mehr zu kontrollieren und aufzuklären sind, mit der Folge, dass wir Sie mit dem besonders scharfen Schwert des Untersuchungsausschusses sezieren müssen. Das muss unser Kriterium sein. Können wir in den zuständigen Ausschüssen alle relevanten Informationen beiziehen und bewerten? Brauchen wir dann noch ein weiteres Instrument, oder brauchen wir es nicht? Und ich will es ganz klar sagen, wenn wir es in den ordentlichen Ausschüssen können, dann sollten wir nicht ein weiteres Gremium und einen Untersuchungsausschuss einsetzen, weil wir dann Gefahr laufen, es zu entwerten.
Wir haben einen Monat lang im Innenausschuss ausschließlich dieses Thema behandelt, stundenlange, ausführliche Berichte gehört und bis ins Detail Direktabschiebungen und insbesondere die Frage des Umgangs mit Abschiebungshindernissen untersucht. Und diese umfangreichen Informationen haben keine Anhaltspunkte für untersuchungsausschusswürdige Missstände ergeben. Der ganze Sachverhalt rund um den Arzt, den Sie beschreiben, ist vollständig aufgeklärt.
Insbesondere war dessen Wirken nicht ursächlich für die Rechtswidrigkeit der Direktabschiebung, um die es hier geht.
Zweitens: Es gibt über einzelne Fälle von problematischem oder rechtswidrigem Handeln der Ausländerbehörde hinaus keine zureichenden Hinweise auf eine dauernde oder systematisch rechtswidrige oder, wie manchmal behauptet wird, rechtsstaatswidrige Praxis.
Drittens: Von allen angegriffenen Entscheidungen der Ausländerbehörde werden 93 Prozent von den Gerichten als rechtmäßig bestätigt, nur 7 Prozent als rechtsfehlerhaft. Das ist, vorsichtig gesagt, keine schlechte Quote.