Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Früchte ernten ist beim Landesnaturschutzgesetz ein besonders schönes Bild, wie ich finde. Nicht unerwähnt bleiben sollen natürlich die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz und die in ihr organisierten Verbände, welche die Knospen der Novelle so gut gegossen haben, dass sie anfingen zu blühen. Weiterhin möchte ich anführen, dass die Verbände sich von Anbeginn des Novellierungsprozesses in produktiver Zusammenarbeit mit

der in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz befassten Abteilung I E – Naturschutz, Landschaftsplanung und Forstwesen – befanden. Welche Früchte es sind, die wir in der Neufassung des Berliner Naturschutzgesetzes ernten können, haben meine Kollegen Frau Platta, Herr Dr. Altug und auch Herr Freymark und Herr Buchholz, denen ich an dieser Stelle übrigens auch ausdrücklich für ihre Kooperationsbereitschaft danken möchte, gerade schon zur Genüge dargestellt.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Katrin Lompscher (LINKE)]

Der Wermutstropfen aus meiner Sicht ist, dass wir eine Aufwertung der Naturschutzwacht leider nicht erreichen konnten, die wir gern hier noch mal als grundsätzlich ehrenamtlich ins Gesetz gebracht hätten, denn hier gibt es immer wieder Probleme bei der Finanzierung. Wenn wir eine Grundsätzlichkeit ins Gesetz aufgenommen hätten, hätten wir auch die Möglichkeit, mal eine Ausnahme zu gestatten und auch ehrenamtlichen Helfern hier finanziell unter die Arme zu greifen.

In aller Kürze vielleicht noch so viel: Dass jetzt Grundstücke und Räumlichkeiten für die Träger der Umweltbildung mietfrei möglich gemacht werden können, ist ein sehr großer Fortschritt, den wir hier ins Gesetz aufgenommen haben. Dass Naturerfahrungsräume, die eine besonders positive pädagogische Wirkung haben, gesetzlich verankert und festgeschrieben sind, ist ebenfalls dufte. Dass beim Verursacherprinzip die Kompensationsmaßnahmen jetzt auch grundsätzlich innerhalb des Landes Berlin stattzufinden haben, ist einwandfrei.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus unserem neuen Landesnaturschutzgesetz, das ich hiermit herzlich begrüße, und ich hoffe, dass es das Bewusstsein in Sachen Naturschutz in den Spitzen des Senats weiter festigen wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Magalski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zur Gesetzesvorlage Drucksache 17/0788 empfiehlt der Umweltausschuss einstimmig – mit allen Fraktionen – die Annahme mit Änderungen. Wer der Vorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung Drucksache 17/0955 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der CDU, Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion, die Piratenfraktion und der fraktionslose Abgeordnete. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Gibt es Enthaltungen? – Ich sehe auch keine Enthaltung. Damit ist das Berliner Naturschutzgesetz einstimmig so beschlossen. – Vielen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 8:

Gesetz über eine Übernachtungssteuer in Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/0951

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Frau Ludwig, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So einstimmig, wie eben das neue Naturschutzgesetz abgestimmt wurde, wünsche ich mir auch eine Abstimmung über das jetzt folgende Gesetz, dann in der zweiten Lesung.

Heute beraten wir in erster Lesung hier das Gesetz über eine Übernachtungssteuer.

Berlin führt rechtssicher zum 1.1.2013 eine CityTax als örtliche Aufwandsteuer ein. Sie soll 5 Prozent der Übernachtungskosten betragen.

So haben Sie es im Koalitionsvertrag festgelegt. Den Termin konnten Sie, wie wir wissen, nicht einhalten. Es gibt noch weitreichende Abstimmungsprozesse, juristische Fallstricke usw.

Spätestens nach dem Leipziger Urteil aus dem Juli 2012, das Geschäftsreisende von der City-Tax befreien soll, ist das auch verständlich, denn es war klar: Wenn dieses Urteil nicht angefochten wird und niemand das Bundesverfassungsgericht anruft, wird es ziemlich kompliziert. Jetzt sind also wiederum einige Monate ins Land gegangen, Zeit zu prüfen, wie man trotzdem eine City-Tax erheben kann, unbürokratisch und rechtssicher, evtl. Zeit zum Nachdenken über neue Wege, die sich andere Städte vielleicht bisher nicht zu gehen trauen.

Aber was kommt nach der langen Wartezeit heraus? – Nichts Neues, sondern abgeschrieben von Köln, Hamburg und anderen Städten, die mit dieser Form der CityTax derzeit recht glücklos sind! Das Gleiche hätten wir auch schon ein Jahr früher haben können, aber gut, was soll’s! Selbst eine Einführung zum 1. Juli dieses Jahres verhindern Sie allein dadurch, dass dieser Gesetzentwurf durch vier Ausschüsse geschickt wird. Aber die Reise durch die Ausschüsse wird an der komplexen Rechtslage nichts ändern.

Da der Senat seinen Entwurf hier heute leider nicht selbst vorstellt, können wir auch nur mutmaßen, für wie rechtssicher und praktikabel Sie ihn selber halten. Ob das Gerücht stimmt, dass sich der Gast zukünftig an der Rezeption durch ein vierseitiges Formular quälen muss, damit der Geschäftszweck seiner Reise bewiesen ist? Ob sich der Hotelier tatsächlich strafbar macht, wenn seine Gäste falsche Angaben zum Übernachtungszweck machen und er damit Steuern hinterzieht? Sie sagen uns nicht, welche Risiken Sie erwarten und welche Optionen und Alternativen Sie vielleicht geprüft haben.

Kaum hatte der Senat seinen Entwurf veröffentlicht, kam die Kritik aus den Reihen der Regierungskoalition, von der CDU. Ich frage mich, Herr Nußbaum,

[Zuruf von den GRÜNEN: Nußbaum ist auch nicht da!]

oder stellvertretend, Herr Henkel – ich weiß nicht, wer für den Senat da ist –, wie wollen Sie denn ein Gesetz durch das Parlament bringen, das von Ihrer eigenen Koalition nicht mitgetragen wird, ganz zu schweigen von der Stadtgesellschaft, mit der Sie sich anscheinend gar nicht mehr auseinandersetzen wollen. Der ganze Vorgang macht auf uns den Eindruck: Sie stehen selbst nicht hinter dem Gesetz, das Sie heute im Parlament einbringen.

Dabei lohnt es sich doch, wenn man sich noch mal einen Moment zurücklehnt und darüber nachdenkt, warum man überhaupt eine Tourismusabgabe einführen wollte: Berlin ist mit über 20 Millionen Übernachtungen jährlich der dynamischste Touristenmagnet Europas – sehr erfreulich für die Stadt insgesamt, für die Hotels, die Gastronomie, den Handel und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. An diesem Erfolg ist aber nicht allein Visit Berlin schuld, es ist auch und ganz besonders die kulturelle Vielfalt, die Berlin für seine Besucherinnen und Besucher so attraktiv macht. Das bunte Berlin, die offenen Räume, die freie Szene, das ist doch das Besondere, was uns von anderen Metropolen unterscheidet.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Diese Mischung macht Berlin so beliebt und ist maßgeblich für den Boom der Stadt verantwortlich. Damit das so bleibt, muss hier künftig mehr Geld zur Verfügung gestellt werden als bisher.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Auch in die touristische Infrastruktur muss investiert werden. Reisebuskonvois, Bierbikes, Kutschen, Rollkoffer, Trabi- und Käfersafaris, nächtliche Parties mitten in beliebten Wohnkiezen – um die Toleranz der Berlinerinnen und Berliner für die vielfältigen touristischen Aktivitäten zu erhalten, ist hier Handlungsbedarf gegeben, und es ist richtig, wenn man hierfür von den Besucherinnen und Besuchern der Stadt einen finanziellen Anteil erwartet. Daher halten auch wir nach wie vor an der Idee einer Tourismusabgabe fest.

Doch brauchen wir eine Form, die unbürokratisch und transparent ist, eine City-Tax, die praktikabel und rechtssicher ist, die die Akzeptanz der Gesellschaft findet und die selbstverständlich Jugendliche unter 18 Jahren ausnehmen muss.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Im Moment hat es nicht den Anschein, als ob Sie versuchen würden, hier einen gangbaren Weg zu finden. In den insgesamt vier Ausschüssen werden wir aber die Gelegenheit nutzen, mit Ihnen über Anpassungen und mögliche Rechtswege zur Vereinfachung der Abgabe zu diskutieren. Aus unserer Sicht gibt es da Möglichkeiten, denn es sind noch zwei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig, und es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass der Weg z. B. über eine Sonderabgabe dann wieder relevant wird – wenn er denn von Ihnen, Herr Nußbaum, überhaupt politisch gewollt ist.

Aus unserer Sicht liegen die Vorteile einer Sonderabgabe auf der Hand: Die Abgabe vereinfacht die Abrechnung im Hotel und bei Pauschalreisen erheblich. Die Abgabe ist transparent und nachvollziehbar. Sie müssten keine Trennung zwischen Privat- und Geschäftsreisenden vornehmen, und letztlich kann die Abgabe zweckgebunden für Kultur und touristische Infrastruktur eingesetzt werden.

Unser Ziel in den Ausschussberatungen ist daher klar: Wir wollen eine Tourismusabgabe, die umsetzbar ist, juristisch wasserdicht und vor allem von der Stadtgesellschaft mitgetragen ist, für den Erhalt von Berlins vielfältiger Kulturszene und für eine nachhaltige Tourismusentwicklung in Berlins Kiezen. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Katrin Lompscher (LINKE)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion jetzt der Kollege Schneider.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist heute nicht das erste Mal, dass wir erleben, dass es der Opposition relativ schwerfällt, hier etwas zu kritisieren, was wir ihr vorlegen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Bitte nicht verallgemeinern!]

Sie können ja noch den Beweis antreten, Herr Kollege Lauer, dass es auch anders geht. – Wir hatten es heute schon mal mit Blick auf den Rückkauf der Wasseranteile von Veolia, wo wir gemeinsam feststellen mussten, dass es hier eine Strategieverschiebung gibt. Nachdem Sie das also kritisiert haben und den Klageweg vorgeschlagen hatten, nähern Sie sich jetzt unserer Position an. Das

nehmen wir ja zur Kenntnis, das aber als eigenen Erfolg zu feiern, ist schon ein bisschen lustig.

Hier ist es so: Sie haben ein gepflegtes Sowohl-als-auch zum Ausdruck gebracht. Hallo, Frau Kosche! Sie wollen die Bettensteuer, und das nehmen ich und unsere Fraktion zur Kenntnis. Sie haben auch unseren Koalitionsvertrag zitiert. Aber Sie schlagen jetzt, wenn ich das richtig verstanden habe, eine Sonderabgabe vor. Das spiegelt möglicherweise wider – und damit komme ich zum vorliegenden Gesetzesentwurf –, was hier in dem Diskurs vorgebracht wird, den wir seit zwei Jahren auch öffentlich führen – nicht mit der Stadtgesellschaft, wie Sie das hier ausdrücken – das ist eine Zuschreibungsfrage –, sondern mit dem Hotel- und Gaststättenverband, der sich jetzt hier zur Stadtgesellschaft erklärt. Das ist ein beliebtes Spiel, das kann ich ja auch verstehen.

Da ist im Wesentlichen der Fokus: Keine Gesetzesdebatte mehr, sondern nach unserer Wahrnehmung eine reine Preisdebatte! – Da geht es um die kleinteilig scheinende Frage: Wo wird die City-Tax ausgewiesen – vor oder nach der Umsatzsteuer? – So hört sich das salopp an. Es geht nämlich um die Frage: Müssen die Hotels den Preis selbst umsetzen, müssen sie die Preise erhöhen, oder bleibt das bei ihnen hängen? – Das wollen sie gern von uns abgenommen bekommen, und genau das werden wir ihnen nicht abnehmen können.

Ich erinnere in diesem Kontext an die Umsatzsteuerprivilegierung um 12 Umsatzsteuerpunkte – die sogenannte Mövenpick-Steuer. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das bundesweit dazu geführt hätte, dass die Übernachtungspreise in diesem Kontext signifikant gesunken wären. Wenn man jetzt den umgekehrten Weg beschreitet, kann ich überhaupt keine Veranlassung erkennen, warum das hier anders sein sollte. Es bleibt den Hoteliers ja überlassen, das durch Preisanpassungen aufzufangen und dann diejenigen zu treffen, die wir adressieren.

Da gibt es klare Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtes – das ist ja erwähnt worden –, die nämlich sagen: Ihr dürft nicht das tun, was ihr gern tun würdet – ich persönlich und auch die meisten hier im Raum –, nämlich alle zu adressieren. Ihr müsst die Geschäftsreisenden herausnehmen. – Das hat zwei Folgen. Folge eins: Man darf sie danach fragen, denn sonst könnte ja das Bundesverwaltungsgericht eine solche Vorgabe nicht machen. Das wird jetzt natürlich bestritten, aber das Finanzgericht Hamburg hat das anders entschieden. Die Frage ist also datenschutzrechtlich zulässig, sodass am Ende übrig bleibt: Wir müssen die Geschäftsreisenden herausnehmen und dürfen sie fragen. – Das bedeutet: Wir werden es mit Privatreisenden zu tun haben.

Jetzt höre ich neuerdings: Was ist denn mit den Minderjährigen, mit den Bildungsreisenden? – Gut! Das gucken wir uns an. In Bremen ist das so vorgesehen, allerdings

dann auch beklagt. Ich meine das jetzt nicht im Sinne einer juristischen Auseinandersetzung, sondern beklagt unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten. Wir haben als oberste Prämisse: Wir wollen diese Steuer, um unsere Einnahmeseite zu fokussieren, und wenn es möglich ist, dabei sinnvolle Privilegierungen vorzunehmen, dann werden wir das im Diskurs mit Ihnen möglicherweise noch erarbeiten. Aber dass die Steuer als solche unter Druck kommt, das ist mit uns nicht zu machen.

Damit komme ich zu den Überweisungsanträgen. Wir haben vier Überweisungen vorgesehen: in den dafür zuständigen Hauptausschuss – das dürfte auf der Hand liegen –, allerdings auch in den Wirtschaftsausschuss, um die Bedenken aufzugreifen, ob sich das wirklich wirtschaftsfeindlich auswirkt – was wir nicht erkennen können –, in den Rechtsausschuss und in den ITDat-Ausschuss. Denn der Datenschutzbeauftragte hat ja diejenigen Bedenken formuliert, die in Hamburg vom Finanzgericht abgewiesen wurden.

Ich kann also zusammenfassend sagen: Eine Steuer zu erheben, ist nie für alle ein freundlicher Akt, und immer werden sich die Betroffenen dagegen wehren. Aber unter dem Aspekt, der uns auferlegt ist, nämlich nicht nur die Ausgaben zu betrachten, sondern auch die Einnahmen zu erhöhen – das wird landauf, landab gefordert, und deswegen nenne ich das auch gern Söder-Pfennig, über den wir hier reden –, ist das unabweisbar, und wir wollen das auch so. Wir möchten diese 20 bis 25 Millionen Euro für den Landeshaushalt Berlin vereinnahmen, und ich bin sehr zuversichtlich – so sind ja die Signale allenthalben –, dass wir da einen gemeinsamen Weg finden und dann vielleicht sogar zu einer konsensualen City-Tax kommen.

Letztes Wort: Ich sehe den 1. Juli nicht. Auch in unserer Fraktion sieht den 1. Juli niemand. Wir wollen eine seriöse Beratung, und ich bin sehr froh, wenn wir am 1. Januar mit dieser Steuer um die Ecke kommen, wenn wir nämlich den neuen Haushalt hier aufrufen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der SPD, der CDU und den PIRATEN]