Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

Nein! – Ich bin froh, dass wir unsere städtischen Gesellschaften haben.

[Joachim Esser (GRÜNE): Sie haben die verkauft und nicht wir!]

Ich will das nicht alles detailliert wiederholen. Ich bin froh, dass wir sie so, wie dargestellt, für das Mietenbündnis in unserer Stadt, für eine Kappung bei der Modernisierungsumlage und bei den Mietsteigerungen einsetzen können. Wir haben sie insbesondere auch für den Bereich Kaufen und Bauen von Wohnungen eingesetzt. Die städtischen Gesellschaften haben in den letzten anderthalb Jahren bereits rund 12 000 Wohnungen dazugekauft, um ihre Bestände zu erhöhen, um ihre Einflussmöglichkeiten in der Stadt zu erhöhen. Sie haben konkrete Baupläne in dieser Legislaturperiode, die teilweise schon in der Umsetzung sind, und zwar in einer Größenordnung von rund 5 000 Wohnungen. Dazu kommen weitere Aktivitäten für studentisches Wohnen. Der Regierende Bürgermeister hat dazu eine Initiative ergriffen, und auch in diesem Zusammenhang spielen die städtischen Gesellschaften eine entscheidende Rolle. Sie werden sich darüber hinaus zusätzlich bei der Randbebauung des Tempelhofer Felds engagieren. Ich bin in konkreten Gesprächen mit der DEGEWO, mit der Stadt und Land und mit der Wohnungsbaugenossenschaft Ideal, weil wir wollen, dass es gerade auf dieser städtischen Fläche kein Luxuswohnen gibt, sondern bezahlbares Wohnen für alle in dieser Stadt – genau deswegen diskutieren wir das mit ihnen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

(Bürgermeister Michael Müller)

Die Genossenschaften sind neben den städtischen Gesellschaften selbstverständlich wichtige Partner für unsere neue Wohnungs- und Mietenpolitik. Auch deshalb haben wir den Wettbewerb für genossenschaftliches Bauen angeregt und unterstützen das in der Zusammenarbeit mit der IBB finanziell.

Aber wir brauchen natürlich auch darüber hinaus weiterhin privates Engagement. Die Baugenehmigungszahlen gehen nach oben: 10 000 Baugenehmigungen haben wir inzwischen in unserer Stadt. Das ist nicht immer Bautätigkeit, aber auch die Bautätigkeit geht nach oben. Im Jahr 2012 konnten noch um die 5 500 Wohnungen fertiggestellt werden. Wir sind sicher und erkennen es jetzt schon an den Zahlen, dass wir uns deutlich oberhalb von 7 000 Wohnungen in diesem und in den nächsten Jahren bewegen werden.

Das heißt zweierlei: Erstens heißt das, dass die Koalition mit dem, was sie im Koalitionsvertrag verabredet hat, ihre Ziele auch erreichen wird, nämlich: Wir wollen die städtischen Bestände in dieser Legislaturperiode um 30 000 Wohnungen durch Zukaufen und Zubauen erhöhen. Genau das werden wir mit den Zahlen erreichen, die ich Ihnen eben genannt habe. Und die Koalition hat gesagt: Wir wollen, dass es darüber hinaus durch private Bautätigkeit 30 000 Wohnungen zusätzlich zu dem gibt, was die städtischen Gesellschaften machen. Auch das werden wir nicht nur erreichen, sondern mit den Zahlen übertreffen, die ich Ihnen gerade dargelegt habe.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein!

Keinerlei Fragen – okay!

Daraus schließe ich noch etwas anderes – und ich glaube, man sollte da auch einmal diesen überschaubaren Zeitraum formulieren: Wenn wir bis zum Ende dieser Legislaturperiode die von der Koalition verabredeten Ziele erreichen, dann müssen wir das selbstverständlich verstetigen, dann können wir uns damit nicht zurücklehnen. Das werden wir auch nicht tun, sondern bis 2020 oder zum Ende der nächsten Legislaturperiode muss und wird diese Aktivität verstetigt werden. Wir wollen und werden es erreichen, dass die städtischen Gesellschaften bis zum

Jahr 2020 ihre Bestände durch Neubau um rund 15 000 Wohnungen insgesamt erhöht. Wenn wir es schaffen, auch das private Engagement zu verstetigen, dann heißt das, dass bis zum Jahr 2020 über 60 000 Wohnungen zusätzlich in unserer Stadt gebaut werden. Das heißt, dass wir pro Jahr 10 000 neue Wohnungen in unserer Stadt haben. Das heißt auch, dass wir durch Neubau zu einer Entlastung auf dem Miet- und Wohnungsmarkt in unserer Stadt kommen, und das ist wichtig.

[Zuruf: Wann denn?]

Das gehört mit dazu: Neben anderen Aktivitäten brauchen wir dieses Engagement der Gesellschaften und der Privaten.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Es gibt weitere Aktivitäten, die ich in der Kürze der Zeit nur anreißen kann: Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir all das, was ich eben dargestellt habe, durch unsere neue Liegenschaftspolitik aktiv unterstützen. Das passiert auch. Und wenn Sie immer fragen, was denn mit weiteren Grundstücken sei, Frau Schmidberger – ich habe schon im Ausschuss versucht, es Ihnen zu erklären –, dann muss man doch mal sehen, dass die städtischen Gesellschaften eigene Grundstücke haben, auf denen sie bauen. Da findet bereits Bauaktivität statt. Sie haben auch schon 14 Grundstücke, praktisch die erste Tranche aus dem Liegenschaftsfonds, bekommen, und weitere Grundstücke werden folgen. Wir werden da dranbleiben. Aber im Moment gibt es überhaupt kein Problem, keinen Baustau wegen der Liegenschaften, weil die Gesellschaften ihre eigenen Grundstücke und ihre eigene Kraft nutzen. Das ist etwas, was wir in den Gesellschaftergesprächen durchgesetzt haben: dass sie schnell in Bauaktivität kommen, damit wir schnell neue und bezahlbare Wohnungen in unserer Stadt haben.

Neben dieser Liegenschaftspolitik gibt es weitere Maßnahmen: Es ist angesprochen worden, dass wir schnell Baugenehmigungen haben müssen. Ich freue mich darüber, dass die Koalition gesagt hat: Wir wollen die personelle Ausstattung in den Bezirken unterstützen. Ich hoffe, dass die Senatsverwaltung nicht ganz vergessen wird, denn dort müssen die entsprechenden Baugenehmigungen und das Bebauungsplanverfahren stattfinden. Auch wir müssen für schnelles Bauen in unserer Stadt ausgestattet werden.

Wir haben eine Wohnungsbauleitstelle eingerichtet, die direkt bei Staatssekretär Gothe angesiedelt ist. Die Wohnungsbauleitstelle wird in den nächsten Wochen konkret Zielvereinbarungen mit den Bezirken treffen, um festzuhalten, welche Potenziale und Aktivitäten für Wohnungsbau es in den Bezirken gibt, wo es vielleicht Probleme gibt und wo man auf Bezirks- und Landesebene nacharbeiten muss, damit wir schnell zu neuen Wohnungen kommen. Das wird konkret vor Ort diskutiert, und die Probleme werden ausgeräumt.

(Bürgermeister Michael Müller)

Wir haben Flächenpotenzial in unserer Stadt. Auch das muss man immer wieder erwähnen. Das ist ein Glücksfall für diese Stadt. Wir müssen nicht sagen: Dort, wo neu zum einen Gewerbe, aber insbesondere Wohnen stattfinden soll, muss es irgendwo vor der Stadt oder am Stadtrand sein. – Vielmehr haben wir ein Flächenpotenzial für rund 200 000 Wohnungen in unserer Stadt, das in den nächsten Jahren etappenweise genutzt werden kann.

In allen Innenstadtlagen, in allen Bezirken gibt es dieses Flächenpotenzial. Aber – und da frage ich insbesondere die Grünen direkt –: Wie halten Sie es denn mit diesem Flächenpotenzial? Sind Sie bereit, an so einer Stelle einmal zu sagen: Ja, wir wollen auch, dass diese Flächen für Wohnungsbau genutzt werden?

[Zurufe von den GRÜNEN]

Ich will ein konkretes Beispiel nennen, nämlich Tempelhof. Es ist für mich nur ein Beispiel für andere Flächen, aber es macht eine Haltung deutlich. Sie sagen nämlich immer: Wohnungsbau ist dann gut und richtig in unserer Stadt, wenn er irgendwo stattfindet, so lange es anonym ist.

[Weitere Zuruf von den GRÜNEN – Beifall bei der SPD und der CDU]

Sie haben noch nicht ein einziges Mal eine größere Fläche in der Stadt benannt, wo aus Ihrer Sicht Wohnungsbau stattfinden kann. Sie sagen immer – nun hören Sie einmal zu, ich habe Ihnen ja auch zugehört! – –

[Joachim Esser (GRÜNE): Eine Lüge nach der anderen! Sie lügen wie gedruckt! – Weitere Zurufe]

Meine Herrschaften! Ich kann ja nachvollziehen, dass es sich hierbei um ein emotionales Thema handelt. Ich bitte trotzdem darum, den Senator jetzt reden zu lassen und hinterher eine angemessene Form der Auseinandersetzung zu finden! – Herr Esser, Sie nenne ich jetzt persönlich! – Alle anderen sind jetzt bitte auch einmal ruhig!

Herr Esser! Ich freue mich, dass ich aus Ihren „sachlichen Hinweisen“ den Schluss ziehen kann, dass Sie für die Bebauung in Tempelhof sind. Sehr gut!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich meine das ohne Häme. Ich freue mich darüber, dass wir uns einig sind, dass wir nicht nur etwas für den Bestand und bei Baulücken machen müssen, sondern auch gemeinsam an die großen Flächen gehen und uns für eine behutsame Randbebauung in Tempelhof engagieren werden. Ich freue mich darüber!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Neben den Neubauaktivitäten und dem Aktivieren des Flächenpotenzials gehört natürlich auch ein entsprechender rechtlicher Rahmen dazu, um für den Bestand und die Mietentwicklung im Bestand etwas zu tun. Das ist ganz klar, und es ist darauf in ein, zwei Reden auch schon darauf hingewiesen worden, dass wir die Mietrechtsänderung, die uns die Bundesebene ermöglicht hat, in Berlin sofort zur Anwendung gebracht haben. Seit zwei Wochen wirkt sie in Berlin, und wir haben damit eine Kappungsgrenze von wenigstens 15 Prozent auf drei Jahre, um Mietsteigerungen begrenzen zu können. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, und darüber freue ich mich.

Ich hoffe sehr, dass die Initiativen des Landes Berlin und anderer Bundesländer mit dazu führen werden, dass wir auch die nächsten Schritte machen können. Wir haben noch die Bundesratsinitiative aus der rot-roten Regierungszeit, die Kappungsgrenzen weiter zu verstärken, also Mietsteigerungen von 15 Prozent in nur vier Jahren zuzulassen und die Modernisierungsumlage zu begrenzen. Andere Bundesländer wollen uns da in Zukunft unterstützen, und ich freue mich darüber, dass das in den nächsten Jahren dann auch auf Bundesebene entsprechend umgesetzt werden kann.

Die Zweckentfremdungsverbotsverordnung wurde angesprochen, aber leider ist da einiges durcheinandergegangen. Im Senat haben wir die Beschlusslage: Der Rückläufer des Rates der Bürgermeister ist da. Mir ist nur wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir genau das aufgenommen haben, was Ihnen auch wichtig ist, dass wir mit der Zweckentfremdungsverbotsverordnung nicht nur die Zweckentfremdung von Wohnraum verhindern, sondern ganz genau Ihre Sorgen aufgenommen und gesagt haben, dass mit diesem Verbotsgesetz auch spekulativer Leerstand und Abriss verhindert werden soll.

[Katrin Lompscher (LINKE): Dafür brauchen die Bezirke aber Personal!]

Es ist uns in dieser Zweckentfremdungsverbotsverordnung wichtig. Deswegen muss sie in unserer Stadt kommen. So schlimm es ist, diese Zweckentfremdung für Ferienwohnungen vorzunehmen, so unerträglich ist spekulativer Leerstand. Deswegen werden wir dafür das Gesetz vorlegen. Deswegen wird es diese Koalition auch beschließen.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von den GRÜNEN]

Wichtig ist mir auch, auf den verlängerten Kündigungsschutz bei angemeldetem Eigenbedarf hinzuweisen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): In ganz Berlin!]

Wir wollen ihn gemeinsam auf zehn Jahre verlängern. Auch dazu wird es in diesem Jahr die entsprechende rechtliche Regelung geben.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

(Bürgermeister Michael Müller)

Ich will abschließend noch ein anderes Thema ansprechen, das mir wichtig ist, weil ich glaube, dass wir bei all dem, was wir hier miteinander diskutieren und wo es jenseits der gerade hier gespielten Aufregung auch viel Gemeinsamkeiten – im Ausschuss merkt man, dass wir uns einig über den großen Handlungsbedarf sind – und ein großes Instrumentarium gibt, nicht den einen Königsweg, alle Instrumente auch anwenden müssen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wie lange wollen Sie darauf noch warten?]

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass wir uns gemeinsam für den sozialen Ausgleich in unserer Stadt engagieren. Es muss die Frage miteinander diskutiert werden, wie und wo wir in unserer Stadt eigentlich wohnen.

In diesem Zusammenhang möchte ich etwas zum Thema IBA, Internationale Bauausstellung, sagen. Es wird diskutiert, welche Möglichkeiten man mit einer IBA hat und wofür sie eingesetzt werden sollte und wie das im Spannungsverhältnis zur historischen Mitte steht. Vielleicht sollte ich in dem Zusammenhang zunächst etwas zur historischen Mitte sagen: Wenn wir sagen, dass wir Wohnungsbau in der ganzen Stadt und ein zusätzliches Angebot und eine soziale Durchmischung in der ganzen Stadt wollen, gehört selbstverständlich die historische Mitte auch mit dazu. Wir haben ohnehin schon die WBM in unserer Stadt, die in Mitte auch in diesem Stadtkernbereich 3 000 Wohnungen hat. Wir werden darüber hinaus weiteren Wohnungsbau auch in der Mitte Berlins initiieren. Es gibt ein Flächenpotential und konkrete Bauvorstellungen für rund 1 600 Wohnungen auch in der Mitte in unserer Stadt. Es ist eine gute Entwicklung, dass wir das haben und auch nutzen werden. Es gehört in der historischen Mitte auch dazu, dass dort auch zu bezahlbaren Preisen gewohnt werden kann. Deswegen wollen wir das und engagieren uns auch dafür.

[Beifall bei der SPD]

Wir müssen darüber hinaus ganz unabhängig vom Wohnen eine öffentliche, eine kontroverse Debatte um die Entwicklung der historischen Mitte führen. Wie wird sich das auch mit dem Humboldt-Forum verändern? Was passiert nach 2017, wenn die U-Bahn fertig ist? Wie geht es weiter mit dem Marx-Engels-Forum und dem RathausForum? Was passiert dahinter beim Alex? Gestern gab es eine – wie ich fand – sehr gute und konstruktive Debatte im Bauausschuss zum Thema neue Gestaltung des Alex. Wie kann man mit neuen Plänen umgehen? All das muss in der Stadtdiskussion eine Rolle spielen, vielleicht sogar darüber hinaus, denn wenn wir über die historische Mitte Berlins reden, reden wir über die historische Mitte der Hauptstadt und damit auch über die Mitte unseres Landes. Ich glaube, dass das viele Menschen in unserer Stadt interessiert. Lassen Sie uns also gern diskutieren.

Eine IBA kann sich aber doch nicht im Ernst mit Stuck und Türmchen sowie historischen Grundrissen befassen. Das ist überhaupt nicht der Punkt.