Protokoll der Sitzung vom 13.06.2013

Das ist auch der Grund, warum ich hier rede und nicht der sportpolitische Sprecher, der mich übrigens sehr gut in der entsprechenden Anhörung im Wissenschaftsausschuss vertreten hat. Sie sehen, dass wir in enger Abstimmung sind. Wir sind gemeinsam davon überzeugt, dass bei aller Liebe zum Sport und Unterstützung auch für das aktive Sporttreiben und insbesondere auch für jene, die sich mit hohem Einsatz und hoher Leistungsbereitschaft für den international und national konkurrenzfähigen Leistungssport einsetzen, dieses Gesetz aber falsch ist. Dieses Gesetz ist deswegen falsch, weil es völlig ohne Not – dazu komme ich gleich – das Tor wieder dafür aufmacht, dass sich viele Menschen angesichts der Studienplatzknappheit in Berlin – bei der rein rechnerisch auf jeden Studienplatz ungefähr zehn Bewerber und Bewerberinnen kommen – schlicht und ergreifend einklagen oder versuchen werden, sich einzuklagen. Das halten wir für unverantwortlich.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Warum sage ich: ohne Not, Herr Kollege? Sie sprechen von häufig. Nun ist häufig ein unbestimmter Begriff, über dessen wahren Inhalt man streiten kann. Ich habe mir die Mühe gemacht und habe mich, weil ich der Diskussion durchaus nicht fern stehe und eher eine pragmatisch ori

entierte Person bin, die ein bestehendes Problem gern löst, gefragt, wie groß das Problem wirklich ist. Glauben Sie mir, niemand hat mir belastbare Zahlen nennen können. Ganz ehrlich: Wenn mir in einer Kleinen Anfrage und in meinem E-Mail-Wechsel mit dem OSP und in direkter Frage niemand sagen kann, um wie viele Fälle es hier eigentlich geht, weiß ich doch nicht einmal, wie groß das Problem eigentlich ist. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Was in allen Anhörungen und Diskussionen immer wieder aufgetaucht ist, ist nicht etwa eine Behauptung unsererseits, die Sie hier entkräften müssten. Ich weiß auch gar nicht, woher Sie das nehmen. Ich habe das nicht gesagt. Ich vermute, dass Sie irgendetwas missverstanden haben. Wo Sie sich aber immer wieder widersprochen haben, ist, dass es einerseits heißt, die Sportler und Sportlerinnen sind an den Studienort Berlin gebunden. Entweder können sie hier studieren oder müssen das mit dem Studium sein lassen. Das ist etwas, was ich auch sehr bedauerlich fände. Das Argument, dass dann aber als zweites in der Debatte vorgetragen wurde, war, dass die Sportler aus Berlin weg an andere Studienstandorte gehen, wenn wir das jetzt nicht machen. Eines von beiden kann also nur stimmen. Das ist die zweite Sache, die mich sehr an der Art und Weise irritiert hat, wie diskutiert worden ist und die weiterhin unseren Zweifel stärkt, dass dieses Gesetz eigentlich nicht wirklich nötig ist.

Sie sagen, dass die Hochschulen das wollen. Dazu kann ich nur sagen, dass ich in den letzten Wochen mit relativ vielen Menschen aus den Berliner Hochschulen gesprochen habe. Ich tue es regelmäßig und stehe mit ihnen in regelmäßigem, engen Kontakt. Alle, denen ich das in der letzten Woche gesagt habe, sagten, es könne nicht wahr sein, dass dies wirklich getan werde. Wir öffnen dem Einklagen Tür und Tor. Vielleicht sollte man ein wenig differenzieren, welche Hochschulen und welche Akteure in welchen Hochschulen welche Interessen haben. Ich weiß, dass das eher nicht Ihr Metier ist. Sie machen Sportpolitik. Glauben Sie mir, dass es hier zuvorderst um eine Angelegenheit der Hochschulpolitik geht. Hier geht es um Hochschulzulassungsrecht. Damit spielt man nicht leichtfertig bei aller Leidenschaft und Liebe für den Sport. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke schön, Frau Kollegin Schillhaneck! – Als nächsten Redner für die SPD rufe ich auf Herrn Kollegen Schaddach. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir die Profilquote schon in der letzten Legislaturperiode gewünscht, da sich vor fünf Jahren schon abzeichnete, dass wir im Wettbewerb mit

(Tim-Christopher Zeelen)

den anderen Standorten in Deutschland schnell in das Hintertreffen geraten würden. Der Drang auf unseren attraktiven Berliner Standort, auch im Hinblick auf den universitären Bereich, lässt die vorgenannte These heute mehr als berechtigt erscheinen, da es an den Berliner Hochschulen im Wintersemester 2012/2013 zu den ersten Ablehnungen kam. Ich freue mich umso mehr, dass wir heute zum zweiten Mal im Plenum über diesen Punkt unsere Standpunkte austauschen können.

Sport und somit auch Spitzensport hat bei uns in Berlin Verfassungsrang. Die Entwicklung von Sport wird vom Breitensport bis hin zum Spitzensport kontinuierlich gefördert. Das System der sportlichen Entwicklung bietet in Berlin von der Kita bis zum Gymnasium, zur Berufsorientierung und zum Studium eine kontinuierliche Begleitung. Mehrere sportorientierte Gymnasien flankieren die sportliche Entwicklung der Hochschulleistungssportler und -sportlerinnen. Etliche Haushaltsmittel fließen so über viele Jahre in diesen Bereich.

Die Sportlerinnen und Sportler werden auf diesem Weg nicht allein gelassen. Passgenaue Programme werden durch den Olympiastützpunkt Berlin, hier vor allem durch die Laufbahnberater, denen unser Dank gebührt, in Kooperation mit den Vereins- und Verbandstrainern, mit den Sportlerinnen und Sportlern erarbeitet und im Rahmen der Möglichkeiten umgesetzt.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Im Wettbewerb mit 18 weiteren Olympiastützpunkten deutschlandweit müssen wir uns in Berlin behaupten, um ein Abwandern der Sportlerinnen und Sportler zu verhindern. Hier sind wir im Wettbewerb um die besten Athleten.

Meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen! Mit leichtem Schmunzeln habe ich in den Ausschüssen für Sport und Wissenschaft Ihre Argumente zur Ablehnung der Profilquote zur Kenntnis genommen. Von „nicht zielführend“, „nicht rechtssicher“ bis hin zu „nicht notwendig“ – unterschiedlich ausgeführt ist alles dabei. Ich denke, wenn man etwas nicht will, kann man es auch direkt sagen. Gerade die Vorlage bietet ein Höchstmaß an Rechtssicherheit in der Formulierung, aber auch in gelebten Verfahren in vielen anderen Bundesländern.

Die Universitäten und Hochschulen selber wollen es, das hat auch die Anhörung im Wissenschaftsausschuss ergeben. Trotz alledem wollen wir natürlich auch dieses Gesetz evaluieren und den Erfahrungen anpassen, wie es bei allen Gesetzen geschehen sollte. Wir, die Koalition, wollen die Profilquote, weil sie die konsequente Fortsetzung der Arbeit in der Sportförderung ist und unsere Wettbewerbssituation zu anderen Bundesländern verbessert. Für die Sportlerinnen und Sportler wird der nahtlose Übergang von der Eliteschule des Sports in die akademische Ausbildung gewährleistet, wenn die Rahmenbedingungen

passen. Und das Standortbindungsprinzip des Deutschen Olympischen Sportbundes wird nachvollzogen.

Auch in der Stellungnahme des Senats vom 10. Juni wird das Artikelgesetz zur Hochschulzulassung zur Einführung einer Sportprofilquote ausdrücklich gewürdigt. Insofern bitte ich Sie, dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalition von SPD und CDU zuzustimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Schaddach! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Herr Dr. Albers. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Zum zweiten Mal innerhalb von vier Wochen machen Sie dasselbe Thema zur Priorität. Offensichtlich gehen Ihnen die Themen aus, und Ihre Gemeinsamkeiten holen Sie mittlerweile aus der Krabbelkiste „Marginales“.

[Oliver Friederici (CDU): Seien Sie mal nicht so unsportlich!]

Ich hätte auf Ihren Antrag „Islamwissenschaft“ als Priorität gewettet, den die CDU auf ihrer Website so hoch preist und den Sie heute ohne Beratung durchziehen, aber für diese Peinlichkeit waren Ihnen die Schmerzensgeldforderungen der SPD dann wohl doch zu hoch.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Reden wir also noch einmal über die Sportprofilquote! Ich will nicht erneut auf all die grundsätzlichen Bedenken hinweisen, zu solcher Art von Vorabquoten, das ist schon zur Genüge geschehen, sondern noch mal auf den ersten Teil der Frage eingehen, die Kollege Baum in der Plenardebatte am 16. Mai – wie ich finde, zu Recht – aufgeworfen hat, ob hier eine ungeeignete Maßnahme ergriffen wird, um ein nicht vorhandenes Problem zu lösen.

[Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das Gesetz heißt: Gesetz zur Einführung einer Sportprofilquote bei der Studienplatzvergabe –, aber Ihr Herr Buchner hat die Inkonsequenz schon in der ersten Debatte deutlich gemacht. Zitat:

Da nennen wir Sportlerinnen und Sportler als Beispiel, aber es heißt im Text, es geht um junge Menschen, bei denen das im öffentlichen Interesse förderungswürdig ist …

Zitat Ende. – Na, was denn nun? Sportler als Beispiel oder als Subjekt gezielter Förderung? Wenn man etwas nicht will, Herr Schaddach, dass muss man es so machen, wie Sie es hier gemacht haben. Frau Gutheil, die Kanz

(Robert Schaddach)

lerin der TU, hat im Wissenschaftsausschuss am 22. Mai ebenfalls auf diesen Widerspruch hingewiesen. Zitat:

Im Folgenden möchte ich auf die Tauglichkeit des Artikelgesetzes für die Hochschulen eingehen und dabei besonders die zwei zentralen Unterschiede zur spezifischen Profilquote skizzieren. Erstens: Im Unterschied zur spezifischen Profilquote sind die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler im vorliegenden Vorschlag Teil eines öffentlichen Interesses, besonders förderungswürdigen Personenkreises. Damit wird innerhalb dieser Anspruchsgruppe eine potenzielle Konkurrenz mit anderen geschaffen.

Und dann fährt sie fort:

Die explizite Nennung der Sportlerinnen und Sportler macht diese jedoch zur Norm, zumal der Grund für dieses Artikelgesetz ja die Einführung einer Profilquote für eben diese Gruppe ist. Die Einbeziehung anderer Personen bedürfte deshalb aus unserer Sicht einer besonderen Begründung, die Abwägung liegt in der Entscheidungskompetenz der Hochschulen selbst.

Da liegt genau das Problem, das Frau Schillhaneck vorhin deutlich gemacht hat. Frau Gross von der BeuthHochschule haut in die gleiche Kerbe:

Des Weiteren sehen wir – auch wenn wir erkennen, dass wahrscheinlich …

usw. –

… dennoch die Formulierung „im öffentlichen Interesse förderungswürdiger Personenkreis“ als für die Hochschulen gegebenenfalls problematisch an, weil es den Kreis der Anspruchsberechtigten unspezifisch erweitert …

Und selbst der Vertreter des Olympiastützpunkts, Herr Bähr, sah diese Formulierung – diplomatischer – kritisch:

Im Detail haben wir dann die Formulierung gefunden: „im öffentlichen Interesse“. Dies ist sicherlich eine unscharfe Formulierung, die wir jetzt nicht juristisch bewerten wollen.

Eine spezifische Profilquote für Leistungssportler – mit diesem Anspruch gehen Sie hier hausieren – sieht anders aus, die setzen Sie mit Ihrem Gesetz eben nicht um. Wir haben Ihnen alternative Formulierungen vorgeschlagen, die den Schwarzen Peter nicht auf die Hochschulen abgewälzt hätten zu definieren, wer denn nun im öffentlichen Interesse besonders förderungswürdig wäre und mit wem der Leistungssportler um den einen Studienplatz von hundert zu konkurrieren hat. In Schleswig-Holstein hat man das konsequenter geregelt. In deren Hochschulzulassungsgesetz wird in § 5 Abs. 1 Ziffer 7 der entsprechende Personenkreis, der unter die Vorabquoten fällt, klar benannt:

Bewerberinnen und Bewerber, die einem auf Bundesebene gebildeten A-, B-, C- oder D/C-Kader

eines Bundesfachverbandes des Deutschen Olympischen Sportbundes angehören.

Sie werden als solche Personen definiert, und so würde es auch Sinn machen. Ihre Regelung dagegen fokussiert eben nicht auf Leistungssportler, sondern benennt unpräzise einen nicht genauer definierten im öffentlichen Interesse förderungswürdigen Personenkreis, zu dem neben vielen anderen gegebenenfalls auch Leistungssportler gehören können. Dieses Gesetz wird damit dem eigenen Anspruch nicht gerecht. Wir werden ihm deshalb auch nicht zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Albers! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Baum. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geehrte Gäste! Als Erstes bin ich auf die Evaluierung gespannt, die hier angekündigt wurde, einmal darauf, wie sie aussieht, und dann natürlich auch auf das Ergebnis, ob die Hochschulen danach immer noch so begeistert von genau dieser Regelung sind oder sich nicht lieber wünschen: Vielleicht hätten wir das doch lieber ein bisschen konkreter machen können.

Die Aussage von Herrn Zeelen, dass die Opposition auch die Förderung des Spitzensports ablehne oder kein Interesse habe, muss ich – zumindest für uns – zurückweisen. Ich denke, hier geht es um die genannten Probleme. Da kommen wir zu einer anderen Bewertung.

Ein Ziel der Koalition mit diesem Gesetzesantrag ist, dass Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern, die in Berlin ihren Trainingsstandort haben, hier auch ihr Studium ermöglicht wird. Dieses Ziel unterstützen natürlich auch wir als Piratenfraktion. Aber nicht nur das, wir wollen eben nicht nur ein Studium für diese Gruppe ermöglichen, sondern für all diejenigen, die hier in Berlin studieren wollen, eben nicht nur Spitzensportlern. Dazu brauchen wir einen Ausbau der Studienplätze in Berlin, eine ausreichende Ausstattung der Professuren. Wenn wir dieses Ziel erreichten, bräuchten wir kein spezielles Gesetz, das auch Spitzensportler umfasst, sondern dann bekäme einfach jeder einen Studienplatz, der die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt. Es ist ja nicht so, dass es ein Verbot für Spitzensportler gäbe, hier zu studieren. Das einzige Problem ist, dass in Berlin nicht genügend Studienplätze zur Verfügung stehen.

(Dr. Wolfgang Albers)